Marc N. Zeichen
*** KT-HERO ***
O.K. danke Fip.
Wir sind uns einig.
Ich fürchte, dass die deutsche Sicht wirklich auf einem simplen, verschleppten Verständnisfehler beruht:
Die 1. Alternative ("Das Patent wird widerrufen, wenn es gegenüber sich selbst unzulässig erweitert ist") gilt einfach für alle Patente einschließlich Teilpatente, und zusätzlich kommt bei den letzteren noch die 2. Alternative hinzu, nach der diese zusätzlich halt auch nicht über die Stammanmeldung hinausgehen dürfen. Eigentlich doch ganz klar und einfach.
Welche zitierte BPatG Entscheidung meinst Du hier noch mal?
Ja.
Richtig, das ist inkonsequent und unverständlich. Kann es wahr sein, dass dies tatsächlich geltende deutsche Praxis ist?
O.k. mal angenommen, wir hätten Einspruch gegen ein deutsches "Teilpatent" eingelegt. Dieses sei aus einer Teilanmeldung hervorgegangen, welche nur einen Teil der Offenbarung der Stammanmeldung aufwies. Im Einspruchsverfahren hätte der Patentinhaber dann Merkmale, die nur in der Stammanmeldung, nicht aber in der Teilanmeldung enthalten waren, wieder in das Teilpatent aufgenommen, und dieses sei dann so erteilt bzw. aufrechterhalten worden.
Gemäß aktuell geltender deutscher Rechtsauffassung war dies anscheinend möglich und korrekt.
In einem europäischen Einspruchsverfahren wäre das Patent jedoch widerrufen worden, da es gegenüber seinen eigenen Anmeldungsunterlagen erweitert wurde (EPÜ Art. 138(1) c) Alternative 2).
Wir wollen nun argumentieren wie auch von Dir oben zusammengefasst:
Diese Argumentation geht im Moment natürlich entgegen der gesamten deutschen Rechtsprechung und Literatur, welche ja die als seltsam zu bezeichnende Auffassung vertritt, dass ein Teilpatent gar kein "Patent" im Sinne von § 21 (1) PatG ist (denn sonst gälte ja Vorstehendes), sondern dass für ein Teilpatent speziell und nur folgendes gilt:
Erfolgsaussichten...?
Grüße
Marc
Unten wurde der Busse wie folgt zitiert:
Der Schlussfolgerung, die Keukenshrijver hier vornimmt, stimme ich schlicht nicht zu. Denn § 21 (1) Nr. 4 2. Halbs. PatG stellt meines Erachtens etwas ganz anderes klar. Die Vorschrift liest sich grob vereinfacht wiedergegeben wie folgt:Keukenschrijver (Busse 7. Ausg. PatG § 21, Rn. 85) schreibt sogar:
"Für das nach Teilung der Anmeldung (§ 39) erteilte Patent stellt Abs 1 Nr 4 2. Halbs. klar, dass das erteilte Patent nicht mit dem Offenbarungsgehalt einer (strenggenommen gar nicht erforderlichen) 'Teilanmeldung', sondern mit dem der ursprünglichen Anmeldung zu vergleichen ist."
Die Worte "das gleiche gilt" beziehen sich aus meiner Sicht auf "widerrufen" und heißen für mich, dass dies für Teilanmeldungen zusätzlich gilt, nicht aber an Stelle von Alternative 1. Damit ist meines Erachtens klargestellt, dass bei Teilanmeldungen zusätzlich zur ersten Alternative auch noch die zweite Alternative hinzukommt. Die Klarstellung, die Keukenshrijver zu sehen glaubt, sehe ich da jedenfalls nicht."Das Patent wird widerrufen,
wenn es gegenüber sich selbst unzulässig erweitert ist (Alternative 1);
das gleiche gilt [sprich: das Patent wird auch dann widerrufen],
wenn es aus einer Teilanmeldung hervorgegangen ist, die inhaltlich über die Fassung der Stammanmeldung hinausgeht (Alternative 2)."
Wir sind uns einig.
Ich fürchte, dass die deutsche Sicht wirklich auf einem simplen, verschleppten Verständnisfehler beruht:
Womöglich liegt es nur daran, dass die deutsche Rechtsprechung bisher überlesen hat, dass die beiden Alternativen in § 21 (1) Nr. 4 PatG genauso ODER-verknüpft sind wie die beiden Alternativen in Art. 138 (1) EPÜ...
Die 1. Alternative ("Das Patent wird widerrufen, wenn es gegenüber sich selbst unzulässig erweitert ist") gilt einfach für alle Patente einschließlich Teilpatente, und zusätzlich kommt bei den letzteren noch die 2. Alternative hinzu, nach der diese zusätzlich halt auch nicht über die Stammanmeldung hinausgehen dürfen. Eigentlich doch ganz klar und einfach.
In der Tat steht dies in der zitierten BPatG Entscheidung allerdings anders drin, als es vom EPA gehandhabt wird. Und in der BPatG Entscheidung wird auch von gefestigter Rechtsprechung gesprochen, ohne diese allerdings zu zitieren (was per so schon mal ein Schwachpunkt ist).
Welche zitierte BPatG Entscheidung meinst Du hier noch mal?
Die eigentlich entscheidende Frage, die man sich an dieser Stelle aber außerdem stellen muss, hat man sich aber nie wirklich gestellt: Was passiert mit Gegenständen bzw. Merkmalen, die zwar in der Stammanmeldung offenbart sind, die aber in den Anmeldeunterlagen der Teilanmeldung nicht mehr enthalten sind.
Ja.
Wenn man das so handhabt wie das BPatG es zu tun scheint, dann würde eine Teilanmeldung immer alle Gegenstände, die mal in der Stammanmeldung offenbart waren, in der Teilanmeldung selbst aber nicht erwähnt werden, sozusagen "verdeckt" mitführen. Rechtssicherheit für Dritte sieht anders aus. [...] Würde man die deutsche Praxis weiterdenken, könnten längst liegen gelassene Merkmale bzw. Gegenstände irgendwann plötzlich wieder auftauchen. Das kann es nicht sein.
Richtig, das ist inkonsequent und unverständlich. Kann es wahr sein, dass dies tatsächlich geltende deutsche Praxis ist?
Daher bin ich mir sicher: Wenn man einen Fall hat, bei dem diese ganze Problematik entscheidungserheblich ist, dann wird spätestens der BGH auf die Linie des EPA umschwenken.
O.k. mal angenommen, wir hätten Einspruch gegen ein deutsches "Teilpatent" eingelegt. Dieses sei aus einer Teilanmeldung hervorgegangen, welche nur einen Teil der Offenbarung der Stammanmeldung aufwies. Im Einspruchsverfahren hätte der Patentinhaber dann Merkmale, die nur in der Stammanmeldung, nicht aber in der Teilanmeldung enthalten waren, wieder in das Teilpatent aufgenommen, und dieses sei dann so erteilt bzw. aufrechterhalten worden.
Gemäß aktuell geltender deutscher Rechtsauffassung war dies anscheinend möglich und korrekt.
In einem europäischen Einspruchsverfahren wäre das Patent jedoch widerrufen worden, da es gegenüber seinen eigenen Anmeldungsunterlagen erweitert wurde (EPÜ Art. 138(1) c) Alternative 2).
Wir wollen nun argumentieren wie auch von Dir oben zusammengefasst:
PatG §21 (1) Nr. 4 [1. Alternative] stellt [...] klar:
"Das Patent wird widerrufen, wenn es gegenüber sich selbst unzulässig erweitert ist.
Diese Argumentation geht im Moment natürlich entgegen der gesamten deutschen Rechtsprechung und Literatur, welche ja die als seltsam zu bezeichnende Auffassung vertritt, dass ein Teilpatent gar kein "Patent" im Sinne von § 21 (1) PatG ist (denn sonst gälte ja Vorstehendes), sondern dass für ein Teilpatent speziell und nur folgendes gilt:
PatG §21 (1) Nr. 4 Alternative 2 (2. Halbs.):
"Das Teilpatent wird (nur) widerrufen, wenn es gegenüber seiner Stammanmeldung unzulässig erweitert ist;
Erfolgsaussichten...?
Grüße
Marc
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