Unzulässige Erweiterung bei Teilanmeldung

Lysios

*** KT-HERO ***
Tatsächlich ist der Bezug auf BGH Sammelhefter von Hans35 sehr unglücklich gewählt, da es dort um die 2006 abgeschaffte Teilung des Patents im Einspruchsverfahren ging. Zu dem von Dir diskutierten Thema existiert noch gar keine BGH-Entscheidung. Im Schrifttum wurde das Thema aber sehr umfänglich diskutiert und ich empfehle dazu Ann, Patentrecht, 8. Auflage 2022, § 25 Rn. 186-203. Dieser Schlussfolgerung dort habe ich mich in dieser Diskussion bereits früher angeschlossen:
Als richtig erweist sich damit das von Keukenschrijver (Rn. 193) empfohlene rein verfahrensrechtliche Verständnis der Teilung.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Tatsächlich ist der Bezug auf BGH Sammelhefter von Hans35 sehr unglücklich gewählt, da es dort um die 2006 abgeschaffte Teilung des Patents im Einspruchsverfahren ging.
Stimmt. Damals gab es eine Serie von Entscheidungen zum Thema Teilung. Treffender ist vielleicht die Entscheidung "Graustufenbild" vom 28.3.2000. Darin heißt es z.B. auf Seite 9:

"Der Wirksamkeit einer nach der Herausgabe des Erteilungsbeschlusses an die Postabfertigungsstelle erklärten Teilung kann auch nicht entgegengehalten werden, daß sie bei einer - von dem Inhaber nicht angegriffenen - antragsgemäßen Erteilung des Patents zu einer Teilanmeldung mit einem im Verhältnis zu diesem identischen oder über ihn hinausgehenden Gegenstand führen kann. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist auch der Inhaber eines erteilten Patents nicht gehindert, nach dessen Teilung auf den gesamten Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung zurückzugreifen und dabei ein Schutzrecht mit einem über das erteilte Patent hinausgehenden Gegenstand zu beanspruchen. Eine Präklusion durch das erteilte Patent findet insoweit nicht statt (BGHZ 115, 234, 238 - Straßenkehrmaschine). Für die Patentanmeldung, die dem Anmelder nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung eine größere Gestaltungsfreiheit gewährt, kann insoweit nichts anderes gelten. Im Verfahren der Trennanmeldung kann lediglich kein Gegenstand beansprucht werden, über den in der Stammanmeldung bereits abschließend sachlich entschieden ist. Darüber hinaus ist nach Sinn und Zweck der Regelung die Entstehung identischer Schutzrechte ausgeschlossen, für die ein schutzwürdiges Interesse nicht zu erkennen ist. Ob das der Fall ist, kann jedoch erst am Ende des Prüfungsverfahrens der Teilanmeldung beurteilt werden; ihr Vorliegen oder Fehlen kann schon von daher keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Teilungserklärung sein. Insoweit handelt es sich um eine erst im Prüfungsverfahren der Teilanmeldung zu klärende Frage, die weder das Vorliegen einer Teilung noch deren Wirksamkeit betrifft (vgl. dazu auch BGH, Beschl. v. 23.9.1997 - X ZB 14/96, GRUR 1998, 458, 459 - Textdatenwiedergabe)."

Das ist m.E. als eine besonders klare Zusammenfassung der vorherigen Rechtsprechung (Straßenkehrmaschine, Textdatenwiedergabe u.a.) zu verstehen. Demgemäß kann in der Teilanmeldung alles beansprucht werden, was in der Stammanmeldung ursprünglich offenbart wurde; die Teilanmeldung als solche ergänzt diesen Offenbarungsumfang nicht und schränkt ihn auch nicht ein. Der Inhalt der "Anmeldungsunterlagen" der Teilanmeldung hat insofern also keine Bedeutung. Ausnahmen: Es kann nicht mehr das beansprucht werden, über das bereits rechtskräftig (in der Stammanmeldung) entschieden wurde, und auch das nicht, was in der Stammanmeldung identisch beansprucht wird.

Ich kann keinen Grund sehen, warum und in welcher Weise hiervon abgewichen werden könnte, wenn die geteilte Anmeldung ihrerseits eine Teilanmeldung ist, auch wenn dieser Fall dem BGH noch nicht explizit vorgelegen hat.
 
Oben