
Teil 9: Streitigkeiten
Der Gesetzgeber hat vorausgesehen, dass es zwischen dem erfinderischen Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber insbesondere über die Höhe der Vergütung für in Anspruch genommene Erfindungen Unstimmigkeiten geben kann. Um nicht den Arbeitsfrieden durch langwierige Gerichtsverfahren zu belasten, wurde eine Schiedsstelle beim Patentamt errichtet.[1] Diese Schiedsstelle befasst sich ausschließlich mit Streitfällen, die sich wegen Regelungen des Arbeitnehmererfindungsgesetzes ergeben.[2] Scheitert das Schiedsverfahren, bleibt den Beteiligten noch das Klageverfahren vor einem ordentlichen Gericht.[3]
Alle Artikel zur Artikelserie „Grundlagen des Arbeitnehmererfindungsrechts“:
Teil 1: Geltungsbereich und Arten von Erfindungen
Teil 2: Diensterfindung
Teil 3: Entstehen des Vergütungsanspruchs, Vereinbarung und Festsetzung
Teil 4: Anpassung der Regelung, Unbilligkeit und Unabdingbarkeit
Teil 5: Benutzung der Erfindung und Auskunftserteilung
Teil 6: Berechnen des Vergütungsanspruchs: Erfindungswert nach Lizenzanalogie
Teil 7: Berechnen des Vergütungsanspruchs: Sonderfälle des Erfindungswerts
Teil 8: Berechnen des Vergütungsanspruchs: Anteilsfaktor
Teil 9: Streitigkeiten
1. Schiedsstelle
Die Schiedsstelle kann jederzeit angerufen werden.[4] Voraussetzung hierzu ist ein schriftlicher Antrag, in dem der Sachverhalt zu erläutern ist und Namen und Anschrift des anderen Beteiligten zu nennen sind.[5] Der Antrag wird dem anderen Beteiligten übermittelt, der hierzu innerhalb einer vorgegebenen Frist Stellung nehmen kann.[6] Es wird jedem Beteiligten die Möglichkeit eingeräumt, auf eine Stellungnahme des anderen Beteiligten zu reagieren. Es ist daher mit einem mehrmaligen Austausch von Schriftsätzen zu rechnen.
Bevor ein Klageverfahren vor einem Landgericht begonnen werden kann, muss ein Verfahren vor der Schiedsstelle stattgefunden haben.[7] Dies gilt insbesondere nicht, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht[8] oder Rechte aus einer Vereinbarung einer Vergütung[9] oder einem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle geltend gemacht werden[10].
Außerdem kann das Landgericht direkt angerufen werden, falls geltend gemacht wird, dass eine Vereinbarung nach den §§ 12, 19, 22 oder 34 nicht rechtswirksam sei[11], falls bereits sechs Monate nach Anrufung der Schiedsstelle verstrichen sind[12] oder wenn die Parteien nach Auftreten eines Streitfalls sich darauf geeinigt haben, ein Schiedsverfahren nicht zu beginnen[13].
Die Beteiligten sind daher beispielsweise nach Ende eines Arbeitsverhältnisses nicht mehr verpflichtet, vor einem Klageverfahren die Schiedsstelle anzurufen. Es steht ihnen jedoch frei, dennoch zunächst ein Verfahren vor der Schiedsstelle zu führen.
Die Aufgabe der Schiedsstelle ist es, eine gütliche Einigung zwischen dem Arbeitgeber und seinem Arbeitnehmer herbeizuführen.[14] Hierzu erarbeitet die Schiedsstelle, nachdem sie aufgrund der Stellungnahmen der Beteiligten ausreichend Informationen sammeln konnte, einen Einigungsvorschlag.[15] Der Einigungsvorschlag wird den Beteiligten übermittelt.[16]
Der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle ist keine gerichtliche Entscheidung. Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer können innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch gegen den Einigungsvorschlag einlegen. Liegt der Schiedsstelle kein fristgemäßer Widerspruch eines Beteiligten vor, gilt der Einigungsverschlag als eine rechtswirksame Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer.[17]
2. Gerichtsverfahren
Ist das Schiedsverfahren gescheitert, kann eine Entscheidung eines ordentlichen Gerichts angestrebt werden. Örtlich zuständig sind Patentstreitkammern, die bei ausgesuchten Landgerichten errichtet wurden.[18] Die örtliche Einschränkung gilt nicht für Streitigkeiten wegen der Modalitäten der Auszahlung eines Vergütungsanspruchs.[19]
[1] § 29 Absatz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[2] § 28 Satz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[3] § 37 Absatz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[4] § 28 Satz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[5] § 31 Absatz 1 Sätze 1 und 3 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[6] § 31 Absatz 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[7] § 37 Absatz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[8] § 37 Absatz 2 Nr. 3 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[9] § 37 Absatz 2 Nr. 1 i.V.m. § 12 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[10] § 37 Absatz 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[11] § 37 Absatz 2 Nr. 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[12] § 37 Absatz 2 Nr. 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[13] § 37 Absatz 2 Nr. 4 Sätze 1 und 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[14] § 28 Satz 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[15] § 34 Absatz 2 Satz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[16] § 34 Absatz 2 Satz 4 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[17] § 34 Absatz 3 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[18] § 39 Absatz 1 Satz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[19] § 39 Absatz 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.