Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten im Zwangsvollstreckungsverfahren

Das LG Düsseldorf hatte sich in seiner Entscheidung vom 15.10.2019, Az. 4c O 6/19, mit der Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten zu beschäftigen, nachdem die Beklagte mit ihrem Patentanwalt eine Vergütungsvereinbarung auf Basis des RVG abgeschlossen hat.

1. Sachverhalt

Die Klägerin wendet sich mit der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstreckung der Beklagten aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Düsseldorf betreffend Patentanwaltskosten.

Der Klägerin ist durch Kostenfestsetzungsbeschluss aufgegeben worden, der Beklagten Kosten für ihre rechts- und patentanwaltliche Vertretung in Höhe von 158.605,00 € zzgl. Zinsen zu erstatten, die sich – auf die Tätigkeiten in 1. und 2. Instanz aufgeteilt – aus einer diesbezüglichen Rechnung der patentanwaltlichen Vertreter der Beklagten ergaben. Am Ende der Rechnung befand sich zudem noch ein Verrechnungsposten in Höhe von -13.356,00 €, der mit „EP‘020 #12a: 1.und 2. Instance Amount already settled“ bezeichnet und der von der Gesamtforderung für die beiden Instanzen in Abzug gebracht worden war. Die Beklagte hat die Rechnung beglichen.

Die Abrechnung der vorgenannten Vergütung erfolgte vor dem Hintergrund der zwischen der Beklagten und der Patentanwaltskanzlei geschlossenen Vergütungsvereinbarung mit der folgenden (übersetzten) Klausel in lit. e) in Anlage 1:

„e. Allgemeine Informationen für den MANDANTEN nach den deutschen Gesetzen.

Die Anwaltskosten werden in Deutschland auf der Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) berechnet. Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem ‚Streitwert‘. Grundsätzlich erlaubt das deutsche Recht den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen mit dem MANDANTEN auf einer vom RVG abweichenden Grundlage, z. B. eine zeitabhängige Abrechnung.

Nur außergerichtlich ist es zulässig, die auf der Grundlage des RVG berechnete Vergütung durch Vergütungsvereinbarung mit einer anderen Berechnungsweise zu unterbieten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 RVG). Im Übrigen ist es nicht zulässig, die auf der Grundlage des RVG berechnete Vergütung zu unterschreiten (§ 49b Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung, BRAO).

In Fällen, in denen die RVG-Gebühren höher sind als der Betrag aus abgerechneten Stunden, ist eine Abrechnung auf RVG-Basis zwingend erforderlich, um eine Unterschreitung dieser Gebühren zu vermeiden. Zur Einhaltung dieser Regeln des deutschen Rechts vereinbaren die Parteien, dass die Vergütung außer in außergerichtlichen Angelegenheiten mindestens die gesetzlichen Gebühren für einen aus dem RVG hervorgehenden Anwalt beträgt, die sich nach dem Streitwert bemessen. Der Streitwert wird vom Gericht festgelegt. […]“

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte könne nur die tatsächlich angefallenen Patentanwaltskosten ersetzt verlangen, die sich auf Grundlage der tatsächlich angefallenen und abgerechneten Stunden allenfalls auf 13.356,00 € beliefen. Da die Beklagte jedoch nicht mitgeteilt habe, wie sich dieser Betrag auf die beiden Instanzen aufteile, könne sie überhaupt keine Patentanwaltskosten für die erste Instanz vollstrecken.

Die Regelung in lit. e) der Anlage 1 zur Mandatsvereinbarung regele nur die Vergütung für die rechtsanwaltliche Beratung und nicht auch die Vergütung der beauftragten Patentanwälte, so dass die Beklagte nur die tatsächlich angefallenen Patentanwaltskosten und keine Mindestgebühr nach dem RVG verlangen könne.

Die Klägerin meint zudem, bei der Klausel in lit. e) der Anlage 1 zur Vergütungsvereinbarung handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB, da diese seitens der Patentanwaltskanzlei einseitig gestellt und zudem für eine Vielzahl an Verträgen erstellt worden sei.

Die Klausel sei jedenfalls nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden, da sie nach § 305c BGB überraschend sei.

2. Entscheidung des LG Düsseldorf

Das LG Düsseldorf kommt zu dem Ergebnis, dass die Klage unbegründet sei und der Beklagten der mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss titulierte Anspruch auf Erstattung der Patentanwaltskosten in voller Höhe zustehe.

Die Pflicht zur Zahlung von Patentanwaltsgebühren und damit auch ihre Erstattungsfähigkeit ergäben sich aus lit. e) der Anlage 1 zur Vergütungsvereinbarung, die die Beklagte mit der Patentanwaltskanzlei geschlossen hat.

Bei der Auslegung der Vergütungsvereinbarung betont das LG Düsseldorf, dass sich die Beklagte gemäß dem Wortlaut der lit. e) Satz 7 verpflichtet habe, ihren (Patent)Anwälten für die patentanwaltliche Vertretung in dem Verfügungsverfahren mindestens eine Vergütung zu zahlen, wie sie für einen Rechtsanwalt nach dem RVG gesetzlich geschuldet wäre. Zwar sei in der als Anspruchsgrundlage ausgestalteten Klausel nicht ausdrücklich von den Patentanwälten die Rede, die Beklagte habe indes unwidersprochen vorgetragen, dass sie für die rechtsanwaltliche Vertretung in dem Verfügungsverfahren bereits ihre hiesigen Prozessbevollmächtigten beauftragt hatte und die Vertretung der gemischten Rechts- und Patentanwaltskanzlei nur mit Blick auf die patentanwaltliche Beratung und Vertretung erfolgen sollte.

Weiter führt das LG Düsseldorf aus, dass die Wirksamkeit der Vereinbarung einer RVG-Gebühr als Mindestgebühr unabhängig davon zu beurteilen sei, ob die Beklagte mit der Patentanwaltskanzlei für ihre Vertretung in dem betroffenen Verfügungsverfahren darüber hinaus eine über die gesetzliche Vergütung hinausgehende, stundenabhängige Vergütung vereinbart hat und in welcher Höhe tatsächlich abgerechnet wurde.

Die Einleitung in Satz 7 der lit. e) nehme Bezug auf die vorangestellte Darstellung der deutschen Rechtslage, nach der in Fällen, in denen die RVG-Gebühren höher sind als der Betrag aus abgerechneten Stunden, eine Abrechnung auf RVG-Basis zwingend erforderlich sein soll, um eine Unterschreitung dieser Gebühren zu vermeiden. Daraus folge, dass die RVG-Mindestgebühr nur dann geschuldet sein soll, wenn die auf Grundlage der angefallenen Stunden geschuldete Vergütung – wie vorliegend – geringer ist als die gesetzliche Vergütung. Auch wenn die Klausel Bezug auf die Regelungen des RVG und der BRAO nehme, mithin auf gesetzliche Vorschriften, die für Rechtsanwälte gelten, so verweise die Klausel insbesondere auf § 4 Abs. 1 RVG und § 49b BRAO, die den Rechtsanwälten die Verpflichtung auferlegen, ihre gerichtlichen Tätigkeiten mindestens in Höhe der gesetzlichen Vergütung als Mindestvergütung abzurechnen. Ob das Verbot der Gebührenunterschreitung überhaupt auf die Abrechnung eines Patentanwalts Anwendung finde, könne vorliegend jedoch dahingestellt bleiben. Auch wenn die entsprechende Vergütungsvereinbarung in erläuternde Ausführungen zu dem im RVG verankerten Verbot der Unterschreitung der gesetzlichen Gebühren eingebettet ist, gehe aus ihr klar hervor, dass jedenfalls die gesetzlichen Gebühren geschuldet sein sollen.

Hinsichtlich der Frage über einen vermeintlichen Verstoß gegen Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB stellt das LG Düsseldorf Folgendes fest:

Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handele es sich um Vertragsbedingungen, die vorformuliert sind, für eine Vielzahl von Verträgen verwendet wurden bzw. gedacht sind und die einseitig von einer Partei gestellt werden. Nach der herrschenden Ansicht seien für eine Vielzahl von Verträgen gedachte Vertragsbedingungen dann vorformuliert, wenn zumindest die Absicht zur dreimaligen Verwendung seitens des Verwenders besteht. AGB liegen demgegenüber nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB dann nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt wurden.

Wer sich auf den Schutz der AGB-Vorschriften beruft, den treffe die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der Anwendbarkeit der Vorschriften gegeben sind.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze vermochte das LG Düsseldorf nicht festzustellen, dass es sich bei der angegriffenen Klausel um AGB handelt.

Die Vereinfachung des Vertragstextes durch Verwendung der Bezeichnung „Client/Mandant“ entspricht nach Auffassung des LG Düsseldorf der üblichen Vorgehensweise bei Erstellung eines Vertragswerkes. Zwar möge die gewählte Klauselgestaltung die mehrfache Verwendung erleichtern, sie sei jedoch nicht geeignet, ohne weitere Anhaltspunkte prima facie die Eigenschaft als AGB zu begründen.

Im Ergebnis könne es aber dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Klausel um AGB handelt, da das LG Düsseldorf zu dem Ergebnis kommt, dass die Klausel nicht überraschend im Sinne von § 305c BGB und damit wirksam in die Vergütungsvereinbarung einbezogen ist.

Merke: Gemäß § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. „Überraschend“ im Sinne dieser Norm ist eine AGB-Klausel somit nur dann, wenn zwischen ihrem Inhalt und den Erwartungen des Vertragspartners des Verwenders eine deutliche Diskrepanz besteht. Dass die Klausel unüblich ist, reicht nicht aus, ebenso wenig genügt es, wenn sie für den Vertragspartner unerwartet kommt. Vielmehr muss der Klausel ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen; sie muss eine Regelung enthalten, auf die der Vertragspartner nach Lage der Umstände und vernünftigerweise nicht gefasst zu sein brauchte.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze seien – so das LG Düsseldorf – die Klausel und die darin enthaltene Verpflichtung zur Zahlung einer Mindestgebühr in Höhe des RVG auch für die Tätigkeit des Patentanwaltes nicht überraschend. Insbesondere hänge die Verpflichtung zur Zahlung einer Mindestgebühr – jedenfalls in Fällen der Dienstleistungserbringung durch einen Rechtsanwalt – zwingend mit den Normen des deutschen RVG und der BRAO zusammen, so dass ein thematischer Zusammenhang zwischen der Information über diese Gesetzeslage und der Pflicht zur Zahlung besteht. Der entsprechende Zusammenhang entfalle im vorliegenden Fall auch nicht deshalb, da die Kanzlei nicht rechtsanwaltlich, sondern nur patentanwaltlich tätig geworden ist, da dieser Umstand den Vertragsparteien bei Vertragsschluss bewusst war und sie zur Vermeidung etwaiger Streitigkeiten gerade vereinbaren wollten, dass auch die Patentanwälte eine Mindestgebühr erhalten. Daher komme es nicht darauf an, ob der deutsche Gesetzgeber eine solche Mindestvergütung auch von Patentanwälten fordert, da die Vereinbarung jedenfalls entsprechende Diskussionen überflüssig machen sollte.

Zudem sei zu berücksichtigen gewesen, dass es sich bei der Beklagten um ein Unternehmen mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen im Hinblick auf den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen mit Patentanwälten handelt. Da in Patentverletzungsverfahren in der Praxis – bis auf einige wenige Ausnahmen – ganz überwiegend Unternehmen beteiligt sind, komme es für den Abschluss einer diesbezüglichen Mandats- und Honorarvereinbarung auch auf die Kenntnisse eines durchschnittlichen Unternehmens an. Auch für ein solches objektives Durchschnittsunternehmen mit Erfahrungen in Patentverletzungsverfahren sei es indes nicht überraschend, das sich die Vergütung eines Patentanwalts an der Vergütung eines Rechtsanwalts orientiert bzw. auch ein Patentanwalt eine Mindestgebühr als Vergütung beansprucht.

Letztlich beschäftigt sich das LG Düsseldorf noch mit der Frage, ob die Klausel eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB darstellt.

Merke: Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung kann sich insbesondere auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist, sog. Transparenzgebot (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Das Transparenzgebot umfasst das Gebot, den Klauselinhalt möglichst weitgehend zu konkretisieren, so dass der Vertragspartner seine Rechte und Pflichten dem Vertragstext mit größtmöglicher Bestimmtheit entnehmen kann (Bestimmtheitsgebot). Demnach hat der Verwender Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Klausel möglichst eindeutig und nachvollziehbar darzustellen, so dass dem Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Ferner muss die Klausel dem Verständlichkeitsgebot (Gebot der angemessenen Klarheit und Durchschaubarkeit) genügen.

Bei der Beurteilung ist – wie auch schon im Rahmen des § 305c BGB – nicht auf den konkreten Einzelfall abzustellen, sondern eine überindividuelle-generalisierende Betrachtung anzustellen, wobei zugleich zu berücksichtigen ist, dass bei einer AGB-Prüfung zwischen Unternehmen ein geschäftserfahrenes Unternehmen nicht in gleichem Maße schutzbedürftig ist wie ein Verbraucher.

Das LG Düsseldorf stellt letztlich unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe fest, dass die Klausel den Voraussetzungen des Transparenzgebotes gerecht wird und daher wirksam ist.

Anmerkung: Die Entscheidung des LG Düsseldorf enthält hilfreiche Überlegungen zur Gestaltung von Vergütungsvereinbarungen in patentanwaltlichen Rechtsberatungsfällen.

Über Anja Bartenbach 2 Artikel
Frau Dr. Anja Bartenbach, L.L.M., ist Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz mit Tätigkeitsschwerpunkt auf den Gebieten des Arbeitnehmererfindungsrechts, Patentrechts und Lizenzvertragsrechts.