Optimierung des Schutzbereichs aus internationaler Sicht

Internationale Unternehmen stellen oft fest, dass die Erteilungsraten ihrer Patente in ihrer eigenen Jurisdiktion deutlich höher sind als in anderen Jurisdiktionen. Oder dass der erhaltene Schutzumfang in den Gerichtsbarkeiten anderer Länder vergleichsweise gering ist. Ein Grund für diesen Effekt ist, dass die Patentanmeldungen nur unter Berücksichtigung der Anforderungen einer einzigen Jurisdiktion erstellt werden.

Patentanmeldungen zu erstellen, ist ohnehin eine herausfordernde Aufgabe, aber es wird noch schwieriger, wenn die Anforderungen verschiedener Gerichtsbarkeiten berücksichtigt werden sollen. Ein Ausarbeitungsstil, der für eine Jurisdiktion funktioniert, kann in anderen Gerichtsbarkeiten große Probleme verursachen. Viele Probleme könnten vermieden werden, wenn sie bereits in der Ausarbeitungsphase der Patentanmeldung berücksichtigt werden würden.

Durch Schwächen in der Ausarbeitung oder im Erteilungsverfahren können Probleme entstehen, die zu Zurückweisungen oder engen Schutzbereichen führen. Das folgende Beispiel beruht auf einem echten Fall, wobei die ursprüngliche Formulierung gekürzt wurde, um sich nur auf das Hauptproblem zu konzentrieren. So bezieht sich der folgende Anspruch auf Verfahrensschritte, die von Benutzern und externen Einheiten ausgeführt werden.

Anspruchsbeispiel

Method for planning deployment of a device… having the following steps:
data relating to a load is input on a client;
the data relating to the load is transmitted to a central unit via the Internet;
central unit calculates X; and
X is transmitted to the client via the Internet.

Die Beschreibung offenbart dazu, dass „data relating to a load“ von einem Benutzer auf dem Client eingegeben werden

Probleme

Der angegebene Beispielanspruch weist mehrere Schwächen auf.

  1. Der erste Schritt des Verfahrens, nämlich „data relating to a load is input on a client“, wird vom Benutzer und nicht von der Software ausgeführt. Dies kann die Frage aufwerfen, ob der Anspruch überhaupt verletzt werden kann oder ob zumindest eine mittelbare Verletzung möglich ist. Diese Frage kann in verschiedenen Gerichtsbarkeiten unterschiedlich beantwortet werden.
  2. Die verschiedenen Verfahrensschritte werden von verschiedenen Entitäten ausgeführt, was zu einem verteilten Verletzungsszenario führt. Dies könnte die Frage aufwerfen, ob auch nur eine der Entitäten den Anspruch verletzen kann.
  3. Der Begriff „steps“ könnte in einigen Gerichtsbarkeiten zu einer engen Auslegung führen. Stichwort: US Means-Plus-Function

Die Frage lautet also: Wie kann eine solche Situation vermieden werden?

Lösung

Zu 1.:
Der erste Verfahrenschritt, nämlich „data relating to a load is input on a client“, kann leicht umformuliert werden, indem die Perspektive der auf dem Client laufenden Software eingenommen wird, beispielsweise wie folgt:
“receiving data relating to a load entered on a client”
Auf diese Weise wird der erste Verfahrensschritt nicht mehr vom Benutzer, sondern von der Software ausgeführt.

Zu 2.:
Die ersten beiden Verfahrensschritte können umformuliert werden, indem die Perspektive der Software auf der Zentraleinheit eingenommen wird:
“receiving data relating to a load from a client via the Internet”
Auf diese Weise werden alle Schritte des Verfahrens an der Zentraleinheit ausgeführt, wodurch ein Szenario mit geteilter Verletzung vermieden wird. Der Fokus sollte auf der Einheit liegen, die den erfinderischen Schritt ausführt.

Zu 3.:
Die Formulierung „having the following steps“ kann einfach durch „the method comprising“ ersetzt werden, um eine zu enge Auslegung zu vermeiden

Zusammenfassung

Alle Merkmale eines Anspruchs sollten aus der Perspektive der erfinderischen Einheit definiert werden, um zu vermeiden, dass auch externe Einheiten umfasst sind. Die Frage, wie und von wem ein Anspruch verletzt werden kann, sollte immer ein zentraler Punkt bei der Ausarbeitung von Ansprüchen sein.

Um hohe Erteilungsraten und einen breiten Schutzumfang in allen für den Kunden relevanten Gerichtsbarkeiten zu erreichen, sollte der ausarbeitende Patentanwalt darauf achten, dass die wichtigsten Anforderungen all dieser Jurisdiktionen in der Ausarbeitungsphase berücksichtigt werden, da dadurch viele Probleme im Erteilungsverfahren vermieden werden können. In den meisten Fällen reicht es schon aus, die US- und EP-Anforderungen zu berücksichtigen, um auch in anderen Gerichtsbarkeiten ein reibungsloses Erteilungsverfahren sicherzustellen.

Über Stefan Müller 1 Artikel
Herr Stefan Müller ist Deutscher Patentanwalt und European Patent Attorney mit Technischer Physik als Hintergrund.