Teil 8: Durchsetzen eines Designrechts
Ein Designrecht kann mit einer Berechtigungsanfrage, einer Abmahnung, einer einstweiligen Verfügung oder im Klageverfahren durchgesetzt werden.
1. Berechtigungsanfrage
Eine Berechtigungsanfrage dient allein der Klärung der rechtlichen Situation. Es werden keine gerichtlichen Schritte angedroht und keine Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung gefordert.
Alle Artikel zur Artikelserie „Einführung ins Designrecht“:
Teil 1: Gegenstand eines Designrechts
Teil 2: Schutzvoraussetzungen eines Designrechts
Teil 3: Rechte des Designinhabers
Teil 4: Deutsches Designrecht
Teil 5: Europäisches und internationales Designrecht
Teil 6: Anmelden eines Designrechts
Teil 7: Verletzung von Designrechten
Teil 8: Durchsetzen eines Designrechts
Teil 9: Nichtigkeitsverfahren
Angesichts der Tatsache, dass es kaum recherchierbare nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gibt und ein Designrecht ein ungeprüftes Schutzrecht ist, kann eine Berechtigungsanfrage als erster Schritt einer Durchsetzung angeraten sein.
2. Abmahnung
Eine Abmahnung ist der letzte Versuch einer außergerichtlichen Bereinigung einer Rechtsverletzung. Mit einer Abmahnung wird der Abgemahnte aufgefordert, eine Rechtsverletzung endgültig zu beenden.
Eine Abmahnung sollte nicht mit Verweis auf die Tatsache, dass ein Designrecht ein ungeprüftes Schutzrecht ist, leichthin abgetan werden. Bei einer Abmahnung, die von einem versierten Patentanwalt oder einer versierten Patentanwältin stammt, kann davon ausgegangen werden, dass die Rechtsbeständigkeit und ein ausreichender Schutzumfang geprüft wurden.
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In einer Abmahnung werden gerichtliche Schritte angedroht, falls der Abgemahnte die Designverletzung nicht beendet. Außerdem umfasst die Abmahnung eine Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Üblicherweise wird der Abmahnung eine fertig erstellte Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe beigefügt. Eine ausreichende Höhe der Vertragsstrafe ist erforderlich, um die Ernsthaftigkeit des Abgemahnten, auf weitere Rechtsverletzungen zu verzichten, zu verdeutlichen.
Eine Abmahnung vor einer Klageerhebung verhindert die Möglichkeit des Designverletzers wegen Klageüberfalls die Kosten des Klageverfahrens durch sofortige Anerkenntnis auf den Designinhaber zu überwälzen.
Zur Antwort auf eine Abmahnung wird in aller Regel eine sehr kurze Frist gesetzt. Eine Antwortfrist von nur einer Woche ist keine Seltenheit. Hierdurch erhält sich der Abmahnende die Möglichkeit, durch eine einstweilige Verfügung seine Rechte durchzusetzen. Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung ist Dringlichkeit. Es widerspricht einer Dringlichkeit, wenn zwischen dem Erkennen der Rechtsverletzung, dokumentiert durch die Abmahnung, und dem letzten Tag einer Frist zur Antwort auf eine Abmahnung ein längerer Zeitraum liegt. Eine Antwortfrist von einen Monat gefährdet bereits die Dringlichkeit.
Andererseits sollte eine sehr knappe Frist, beispielsweise von Freitag auf Montag, und ein übertrieben hoher angenommener Streitwert misstrauisch machen. Eventuell soll damit ein hoher Druck aufgebaut werden, da die rechtliche Situation des Designinhabers eher schwach ist. Auf jeden Fall sollte eine Abmahnung sorgfältig geprüft werden. Von einer überhasteten Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung ist abzuraten.
Ist die Antwortfrist einer Abmahnung zu knapp, wird dadurch die Abmahnung nicht unwirksam. Stattdessen ist die zu knappe Frist durch eine angemessene Frist zu ersetzen. Auf jeden Fall muss dem Abgemahnten die Möglichkeit verbleiben, einen Fachmann zu konsultieren. Zumindest von einer Antwortfrist von 3 bis 4 Werktagen ist auszugehen.
Die Kosten einer Abmahnung sind von dem zu Recht Abgemahnten zu erstatten. Allerdings gilt dies nur, falls in der Abmahnung gerichtliche Schritte angedroht wurden und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert wurde. Andernfalls liegt keine Abmahnung, sondern eine Berechtigungsanfrage vor und deren Kosten sind vom Designinhaber zu tragen.
3. Einstweilige Verfügung
Das einstweilige Verfügungsverfahren dient der schnellen Durchsetzung bei Dringlichkeit. Droht beispielsweise das Fortschaffen von designverletzenden Produkten und damit das Vereiteln eines Vernichtungsanspruchs oder ist auf ein Messegeschehen zu reagieren, kann eine einstweilige Verfügung angezeigt sein.
Allerdings wird ein Richter kaum allein auf Basis eines ungeprüften Designrechts, ohne dass beispielsweise bereits früher das Designrecht in einem zweiseitigen Verfahren seine Rechtsbeständigkeit bewiesen hat, eine einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Gegenseite erlassen. Allenfalls wird der Richter in einem zumindest kurzfristig anberaumten zweiseitigen Verfahren über eine einstweilige Verfügung entscheiden.
4. Klageverfahren
Ein Klageverfahren findet vor einem ordentlichen Gericht statt, wobei für jedes Bundesland besondere Land- und Oberlandesgerichte bestimmt wurden, die auf Designverletzungen spezialisiert sind.[1]
In einem Verletzungsverfahren kann die Rechtsbeständigkeit im Wege einer Widerklage bestritten werden.[2] In diesem Fall prüft das befasste Gericht nicht nur das Vorliegen einer Designverletzung, sondern auch die Rechtsbeständigkeit des zugrundeliegenden Designrechts.
5. Grenzen der Durchsetzung
Eine Durchsetzung kann insbesondere bei einem Vorbenutzungsrecht, einer ausschließlich technisch bedingten Gestaltung und einer mangelnden Sichtbarkeit scheitern.
Vorbenutzungsrecht: Ein Recht zur Benutzung durch einen Dritten ergibt sich, falls das betreffende Design bereits vor der Anmeldung des Designrechts in Benutzung durch den Dritten war.[3]
Technisch bedingte Gestaltung: Ein Designschutz ist hinfällig, falls sich die Gestaltung als ausschließlich technisch bedingt herausstellt.[4] Technische Gestaltungen können durch ein Gebrauchsmuster oder ein Patent geschützt werden.
Mangelnde Sichtbarkeit: Ein Designschutz kann nur für Elemente in Anspruch genommen werden, die im üblichen Gebrauch sichtbar sind.[5]
[1] § 52 Absätze 2 und 3 Designgesetz.
[2] § 52b Absatz 1 Satz 1 Designgesetz.
[3] BGH, 29.6.2017, I ZR 9/16 – Bettgestell, https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=I%20ZR%209/16&nr=80242, abgerufen am 6.9.2023.
[4] § 3 Absatz 1 Nr. 1 Designgesetz bzw. Artikel 8 Absatz 1 GGV.
[5] § 4 Designgesetz bzw. Artikel 4 Absatz 2 lit. a GGV.