Hallo miteinander,
für die Entscheidung, wie in solchen Fällen vorgegangen werden soll, verwende ich folgende Fragen als Entscheidungshilfe:
- Wieviel Aufwand (Zeit/Geld) verursacht die Neuheits-Recherche und das anschließende Prozedere der Freigabe?
- Was ist, wenn außer dem eigenen Erfinder ein Erfinder eines Mitbewerbers die gleiche Erfindung gemacht hätte und der Mitbewerber entgegen dem Stand der Technik ein Patent bekäme?
- Ist es möglich, für den gleichen oder ähnlichen Aufwand die Patentanmeldung zu schreiben und vom Amt eine Entscheidung zu bekommen?
- Wie lange dauern die Verfahren vor dem Patentamt und dem Patentgericht?
Es sollte immer bedacht werden, dass es durchaus möglich ist, dass das Amt zu einem anderen Ergebnis bei der Patentfähigkeit kommt als man selbst. Das gilt insbesondere dann, wenn man die Patentanmeldung nicht darauf auslegt erteilt zu werden, sondern möglichst viel Unsicherheit zu erzeugen, indem man z.B. erst nach 7 Jahren Prüfungsantrag stellt.
Aus meiner Sicht ist nämlich das Ziel von Schutzrechten, die Mitbewerber davon abzuhalten, den geschützten Gegenstand zu benutzen. Hierfür benötige ich aber kein rechtsbeständiges Schutzrecht (auch wenn das natürlich hilft), sondern lediglich die Unsicherheit der Mitbewerber, die durch die Anmeldung hervorgerufen wird. Insofern halte ich sogar die anghängige Patentanmeldung dem erteilten Patent gegenüber für überlegen.
Hierzu eine Anekdote:
Ich hatte schon mehrere Fälle, bei denen die Anmelderin eine Anmeldung einreichen ließ, obwohl sie selbst der Überzeugung war, dass die Erfindung nicht neu ist. Das Prüfungsverfahren hat sich, nicht zuletzt durch Stellung des Prüfungsantrags erst nach sieben Jahren, bis ins 13. Jahr hingezogen und endete mit der Erteilung. Das Amt hatte den Stand der Technik, den die Anmelderin kannte, entweder nicht gefunden oder anders gewürdigt.
Es ging weiter mit dem Einspruch von Mitbewerbern, die sich sehr viel Mühe gaben, und sehr guten Stand der Technik aufgefunden hatten. Dennoch die Entscheidung im 17. Jahr: Aufrechterhaltung in vollem Umfang. Es wird Beschwerde eingelegt. Die Verfahrensdauer am Patentgericht ist aber länger als die Restlaufzeit des Patents. Es gab also keine endgültige Entscheidung mehr.
Ergebnis: Patent war nach Erteilung die volle Laufzeit gültig und hat die Mitbewerber anscheinend davon abgehalten, die Erfindung zu benutzen, obwohl die Erfindung aus Sicht der Anmelderin (und auch aus meiner) nicht neu war.
Viele Grüße
Expatriot