@HSP im allgemeinen
Ich finde es bedauerlich, dass von Ihnen ausschließlich über die angeblich (und in der Mehrzahl der Fälle vieleicht auch tatsächlich) unzureichenden Rechtskenntnisse der PA´s fürs kommende EU-Patentgericht geredet wird. Ich finde es ja ok, eventuelle Kompetenzmängel zu thematisieren, aber dann bitte von allen.
Ein Rechtsanwalt, der 0 Ahnung von Technik hat, ist bei Prozessen, die auch technich komplizierte Aspekte involvieren sicher mindestens genauso inkompetent wie ein Patentanwalt bei Spezialfragen zum Prozessrecht. Ich stelle mir grade einen Rechtsanwalt vor, der bei einem komplizierten Lasersystem diskutiert ob da nun irgend ein bestimmtes Merkmal hinsichtlich der Strahlcharakteristika gezeigt ist oder nicht... Ich rede hier nicht von nem RA aus Bulgarien sondern von der weiten Mehrheit aller RA´s. Von so nem typischen Vertreter des Standes, so wie Sie vieleicht. Ich glaube jedem hier wird bei der Vorstellung übel...
Es mag lobenswerte Ausnahmen geben (die meist in Patentanwaltskanzleien angestellt sind...) aber die Mehrheit der Rechtsanwälte ist dafür weder aktuell hinreichend ausgebildet noch in der Lage sich bei Bedarf eigenständig hinreichend einzuarbeiten. Im übrigen halte ich die Menge der Rechtsanwälte, die sich freiwillig hinreichend in Technikfragen eingearbeitet haben für deutlich kleiner als die Menge der PA´s die sich freiwillig rechtliche Zusatzkenntnisse angeeignet haben.
Es ist jetzt schon schlimm genug, dass Rechtsanwält vor nationalen Ämtern Patente anmelden dürfen. Wer schonmal ein von einem RA verfasstes Patent gelesen hat, weiß was ich meine. Zum Glück sind die meisten gewerblichen Mandanten hinreichend vorgebildet, dass sie zu einem Patentanwalt und nicht zu einem Rechtsanwalt gehen. Einzelerfinder, die leider durch die falsche Tür gehen, tun mir leid.
Und zur (Patent)rechtlichen Kompetenz von RA: Ich hatte schon mal den Fall, dass ne vollkommen durchgeknallte Gegenseite (vertreten durch einen RA) versucht hat mit nem Patent auf einen Mandanten loszugehen, aufgrund eines Produkts was der schon vor dem AT des Patents europaweit vertrieben hat (jeder gute PA hätte dies versucht abzuklären...). Ging nicht so gut aus für die Gegenseite...
Also: Ich kann die Gründe, warum ein PA ein Zusatzzertifikat braucht bestens nachvollziehen. Sachliche Gründe, warum ein RA keine zusätzliche Ausbildung braucht sehe ich jedoch nicht. Es ist nicht ohne Grund so, dass in Verletzungsangelegenheiten üblicherweise PA´s und RA´s zusammenarbeiten. Beiden fehlt etwas, was für derartige Prozesse wichtig ist.
Zwar ist es so, dass RA´s in beliebigen Patentangelegenheiten vertreten, von dieser rein deskriptiven Aussage kann jedoch nicht auf eine normative Aussage geschlossen werden, es kann also nicht gefolgert werden, dass diese Regelung tatsächlich erhaltenswert ist.
Damit ein Mandant gut beraten ist, braucht er zumindest in Verletzungsverfahren einen PA mit zusätzlichen Rechtskenntnissen oder einen RA der hinreichende Technikkentnisse hat (ist mir so gut wie nie untergekommen) oder, wie seit langem bewährt, einen PA und einen RA. In Nichtigkeitssachen finde ich einen PA hinreichend (aufgrund der oft technischen Fragestellungen einen RA definitiv nicht).
@HSP hinsichtlich "Bedenken Sie immer bei Gericht, daß Sie ein Urteil kaufen und keine Gerechtigkeit!" und "P.S. Um jeden Knochen zu kämpfen ist übrigens eine Tugend eines ,litigators'!"
Ich dachte immer Rechtsanwälte wären ein Organ der Rechtspflege, oder ist mir da was entgangen? Naja, dass man noch irgendetwas anderem als seinem Mandanten (und seinem Portemonee) verpflichtet ist, scheint irgendwie ein wenig aus der Mode gekommen zu sein. O tempora, o mores...