Ein wie ich finde, sehr interessanter Thread, der viele verschiedene Aspekte der Berufswahl und des sich anschließenden Berufslebens abdeckt, wobei hier primär zwei Gruppen miteinander diskutieren:
Berufsanfänger bzw. diejenigen, die sich mit dem Gedanken tragen den Beruf Patentanwalt zu wählen, und die arivierten Berufsträger. Allein dadurch entsteht schon ein sehr interessantes Spannungsfeld aus Erwartungen/Vorstellungen und Realitäten und enttäuschten Erwartungen.
Der Beruf Patentanwalt ist allein dadurch, dass er im Vergleich zu anderen Berufen so selten ausgeübt wird schon einer gewissen Verklärung ausgesetzt. Fragt man einmal im Bekanntenkreis herum, was die Leute über Patente wissen, so kommen viele Meinungen, aber wenig echte Ahnung. Das gleiche gilt für den Beruf, um den sich einfach zu viele Mythen ranken. Gleiches übrigens für den Beruf Zahnarzt, der ein Knochenjob ist, gut bezahlt meinethalben in der Großstadt, wo Privatpatienten mit viel Geld unterwegs sind bzw. im Speckgürtel, aber sonst auch ein Job mit vielen Nachteilen.
Es gab meiner bescheidenen Meinung nach eine "goldene Zeit", wie ja schon von jemand in diesem Thread angesprochen, die bis in die frühen 2000 reichte, wo manche Kanzlei in München sehr gute Verdienste erzielte. Ich glaube (!) die Zeiten sind vorbei. Aber gut leben wird man auch heute noch als Patentanwalt können, den Level der langsam ausscheidenden Seniorpartner, die in den 70ern/80ern/90ern einen guten Umsatz gemacht haben, wird wohl niemand mehr erreichen. Das Bild des erfolgreichen Patentanwalts stammt aber noch aus dieser Zeit und wird aus verschiedenen Gründen auch heute noch transportiert.
Damit kann man junge Bewerber locken, Kandidaten finden, den Status in der Gesellschaft erhöhen etc.
Ein Beruf der erfolgreich ausgeübt werden soll, ist immer auch eine Berufung. Nur wenn man diese verspürt und eine gewisse Erfüllung im Job erreicht, wird man auch erfolgreich sein.Um sehr erfolgreich zu sein, ist die Berufung absolute Voraussetzung, sonst kann man die notwendige Hingabe und die Opfer nicht erbringen. Auch dies, man entschuldige mir dies, ein Allgemeinplatz.
Vielleicht ist bei manchem Kandidaten in spe das Bild des sehr gutverdienenden Patentanwalts im Kopf, der mit wenig Aufwand großes erreicht. Diese Bild trifft auf diesem Forum auf die Realität, vielleicht wird dieses Bild hier auch bewusst etwas gestutzt, damit die High Potentials nicht gleich Flügel bekommen und über die Kanzleiflure fliegen.
Was allerdings eine mMn sehr wichtige Botschaft ist, die hinter den als "pessimistisch" verbrämten Antworten stehen ist folgende:
Auch der Patentanwalt kennt Routine, langweilige Arbeiten, die abgeschrubbt werden müssen (das hin und her zwischen JP Mandant und EP Prüfer ist so eine Geschichte, die sehr an den Nerven zehren kann). Zwischen der Routine tauchen ab und an Nuggets auf, die auch intellektuel ansprechend sind und einen persönlich weiter bringen. Je weiter unten man auf der Leiter steht, desto seltener sind solche Nuggets, da diese weiter oben schon abgefischt werden. ABER: der Seniorpartner hat auch ein gutes Recht dies zu tun, weil er den Mandantenstamm ja vor dem Juniorpartner/PA aufgebaut hat. Wenn sich der Juniorpartner selber einen Mandanten angelt (sehr schwer!) kann er wohl gerne auch die interessanten Dinge machen. Aber um einen Mandanten zu angeln ist viel viel Arbeit notwendig. Fürher gingen die PAs sogar zum Klinkenputzen ins Ausland. Heute ist das einfach schwerer, weil es eben auch schon sehr viele gut etablierte Großkanzleien gibt, die Mandanten kennen den Namen und gehen erst einmal dahin.
Der Job des PAs kann auch (wie hier schon oft angesprochen) sehr einsam machen. Ein Gehirnhandwerker, der für sich alleine arbeitet, unterbrochen von menschlichen Kontakten zur Sekretärin, die einige Akten bringt uws. Damit muss man zurecht kommen. Mandantenkontakt in den frühen Jahren kann schon stattfinden, nimmt aber nur wenig Raum ein, d.h. Telefonate und vielleicht ein Besuch beim Mandanten, wobei der Ausbilder auf jeden Fall mit dabei ist bei Kandidaten.
Oft wird geschrieben, der PA muss sich sehr schnell in neue Arbeitsgebiete einlesen und dann Wissen präsentieren. Dies ist vielleicht auch etwas, das nicht jedem leicht fällt. Jack of all trades, master of none (im Mandantengespräch auf jeden Fall). Der PA muss auch ein bißchen schauspielern können, damit nicht auffällt, dass er bei manchem Fachgespräch mit dem Mandanten einfach zu wenig Ahnung hat. Gute PAs geben ganz offen zu was nicht zu wissen (sollte nur ganz selten passieren), stellen dann aber aufgrund einer guten Auffassungsgabe schnell die richtigen Fragen, das liebt der Mandant dann wieder, denn jetzt kann er ja wieder mit seinem Wissen brillieren (alles zutiefst menschlich, aber es funktioniert sehr gut).
Jeder potentielle PA-Anwärter sollte sich also fragen:
*was kann ich
*bin ich willens auch mit einem technischen Halbwissen aufzutreten
*bin ich schnell in der Auffassungsgabe
*kann ich mich gut verkaufen
*kann ich mir vorstellen tagelang alleine vor mich hinzubrüten
*will ich einen Job, der mit wichtigen Fristen verbunden ist? D.h. Frist verpasst, Bett ganz nass? Wiedereinsetzungsalpträume etc.
*will ich wirklich Freiberufler werden
*zahlt sich die lange Ausbildung aus, wenn die kolportierten Verdienste aus den 80er/90er Jahren nicht mehr Realität sind
*macht mir das Sezieren von Sätzen und Halbsätzen Spaß? Macht es mir Freude über Wortbedeutungen zu diskutieren
*ist mir klar, dass sehr viel Arbeit auf mich zukommen wird, um erfolgreich zu sein, vielleicht mehr als ich mir jemals vorstellen konnte (RAs die M&A machen sind da ganz krass, die würden auch noch unter Vollnarkose ans Handy gehen)
Ich denke Student und Maschinenbauingenieur sollten die Beiträge der erfahrenen im Beruf stehenden Mitglieder schon genau lesen auch zwischen den Zeilen. Die beiden würden sich, wenn sie sich denn berufen fühlen würden, wohl nicht davon abhalten lassen, die Ausbildung zu machen, nur weil jemand aus seiner subjektiven Realität berichtet. Aber sie sollten absolut ehrlich zu sich sein und hinterfragen, warum sie den Beruf wählen wollen und vielleicht ein Praktikum machen (bei dem wirklich alles abgedeckt ist, vom Aktenziehen bis hin zur Bescheidserwiderung).
Ich denke es wird aufgrund der größer werdenden Konkurrenz in Zukunft nicht einfacher werden. Einige PAs werden in die Industrie drängen (Gott stehe davor
. Anmeldungen werden mMn eher abnehmen, aber das ist Kaffeesatzleserei, man verzeihe mir. Konkurrenz aus dem EU-Ausland usw. usw.
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