Grundlagen des Arbeitnehmererfindungsrechts (Teil 2)

Teil 2: Diensterfindung

Eine Diensterfindung ergibt sich während eines Arbeitsverhältnisses und steht in einer direkten Beziehung mit der beruflichen Tätigkeit des erfinderischen Arbeitnehmers oder basiert zumindest auf dem Know-How des Betriebs, in dem der Erfinder tätig ist.[1] Eine Erfindung wird nicht automatisch zur freien Erfindung, weil der eigentliche Schaffensprozess während des Urlaubs, des Feierabends oder am Wochenende stattfand.

Alle Artikel zur Artikelserie „Grundlagen des Arbeitnehmererfindungsrechts“:
Teil 1: Geltungsbereich und Arten von Erfindungen
Teil 2: Diensterfindung
Teil 3: Entstehen des Vergütungsanspruchs, Vereinbarung und Festsetzung
Teil 4: Anpassung der Regelung, Unbilligkeit und Unabdingbarkeit
Teil 5: Benutzung der Erfindung und Auskunftserteilung

1. Erfindungsmeldung

Ein Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Diensterfindung unverzüglich nach ihrer Schaffung dem Arbeitgeber zu melden.[2] Für die Erfindungsmeldung ist Textform erforderlich. Eine Erfindungsmeldung kann daher mit einer Email, einem Fax oder mit einem Schreiben erfolgen.

Die Aufgabe einer Erfindungsmeldung ist die Information des Arbeitgebers, damit sich dieser darüber klar werden kann, ob er die Diensterfindung in Anspruch nehmen möchte. Die ordnungsgemäße Meldung einer Erfindung setzt die Fristen des Arbeitnehmererfindungsgesetzes in Gang.

Eine Erfindungsmeldung muss gesondert erfolgen und deutlich erkennbar als die Meldung einer Erfindung sein. Eine Erfindungsmeldung darf nicht ein Abschnitt oder Unterpunkt einer Email sein. Es muss die Gefahr sicher gebannt sein, dass eine Erfindungsmeldung übersehen wird. Dies ist der rechtlichen Bedeutung einer Erfindungsmeldung geschuldet. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, liegt keine ordnungsgemäße Erfindungsmeldung vor und die Fristen zur Inanspruchnahme, zur Freigabe etc. haben nicht begonnen. 

Die Erfindungsmeldung muss die technische Aufgabe, die wesentlichen Aspekte der Erfindung und die verschiedenen Ausführungsformen beschreiben. Außerdem sind die Umstände der Schaffung der Erfindung zu nennen, damit eine Berechnung der Erfindervergütung möglich ist. Insbesondere sind die Erfinder und der jeweilige Anteil an der Erfindung bekannt zu geben. Außerdem ist anzugeben, welche technischen Hilfsmittel und welche betrieblichen Kenntnisse des Betriebs bei der Erfindung genutzt wurden. Zusätzlich ist zu erläutern, ob die Aufgabe und der Lösungsweg vom Betrieb vorgegeben wurde und ob die Mängel, die die Erfindung beseitigt, bereits bekannt waren oder von den Erfindern entdeckt wurden.[3]

Fehlen in der Erfindungsmeldung wesentliche Angaben, kann der Arbeitgeber den Erfinder innerhalb einer zweimonatigen Frist auffordern, die fehlenden Angaben nachzureichen. Verstreicht die zweimonatige Frist ungenutzt, gilt die Erfindungsmeldung als ordnungsgemäß.[4] 

2. Inanspruchnahme

Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, nicht die Pflicht, sich das Eigentum an der Erfindung seines Arbeitnehmers durch Inanspruchnahme zu verschaffen. Dies geschieht durch Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer.[5] Möchte ein Arbeitgeber nicht die Erfindung in Anspruch nehmen, muss er sie aktiv freigeben. Ansonsten gilt die Erfindung als in Anspruch genommen.[6] Für eine Freigabe genügt Schriftform.

Schutzfähige Weiterentwicklungen der ursprünglichen Erfindung sind dem Arbeitgeber erneut als Diensterfindung zu melden und können in Anspruch genommen oder freigegeben werden. Ist eine Weiterentwicklung nicht schutzfähig, muss sie nicht gemeldet werden und steht dem Arbeitgeber ohnehin nach Arbeitsrecht als Arbeitsergebnis zu.

Die Erklärung der Inanspruchnahme ist ein einseitiges Rechtsgeschäft durch Willenserklärung. Ein eventueller Widerspruch des Arbeitnehmers ist ohne rechtliche Wirkung. Durch die Inanspruchnahme gehen sämtliche vermögensrelevanten Rechte auf den Arbeitgeber über. Außerdem entsteht durch die Inanspruchnahme der Anspruch des Erfinders auf Vergütung.

3. Patentanmeldung

Eine in Anspruch genommene Erfindung muss vom Arbeitgeber umgehend zum Patent angemeldet werden.[7] Eine Patentanmeldung ist zu bevorzugen. Allerdings kann sich der Arbeitgeber auch entscheiden, eine Erfindung als betriebsgeheime Erfindung zu verwerten, falls schwerwiegende Gründe dies rechtfertigen.

Dem Arbeitgeber ist gestattet, sich vor der Anmeldung einer Erfindung zum Patent von der Erteilungsfähigkeit der Erfindung innerhalb einer angemessenen Frist durch eine Patentrecherche ein Bild zu machen. Kommt der Arbeitgeber jedoch seiner Pflicht zur umgehenden Anmeldung der Erfindung nicht nach, kann der erfinderische Arbeitnehmer auf Kosten des Arbeitgebers eine Patentanmeldung initiieren. Verliert die Erfindung ihre Patentfähigkeit, da der Arbeitgeber die Erfindung nicht umgehend zum Patent angemeldet hat, wird der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig.

Der Arbeitnehmer ist nach Aufforderung durch den Arbeitgeber zur Mitwirkung bei der Erarbeitung von einreichungsfähigen Unterlagen und bei der Erlangung von Schutzrechten durch die Abgabe von erforderlichen Erklärungen verpflichtet.[8]

4. Schutzrechtsaufgabe

Einem Arbeitgeber ist es nicht gestattet, sein Schutzrecht auf eine Diensterfindung einfach aufzugeben. Hat der Arbeitgeber die Absicht, ein Schutzrecht aufzugeben, muss er es dem erfinderischen Arbeitnehmer rechtzeitig vor Ablauf von relevanten Fristen zur Übernahme anbieten.

Nach der Mitteilung des Arbeitgebers über seine Absicht ein Schutzrecht aufzugeben, hat der Arbeitnehmer drei Monate Zeit, um seinen Anspruch auf Übernahme des Schutzrechts geltend zu machen. Wird diese Frist nicht genutzt, kann der Arbeitgeber das Schutzrecht fallen lassen.[9] Eine Pflicht zum Anbieten der Übernahme gilt jedoch nicht, falls der komplette Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers bereits erfüllt ist.

5. Ende der Rechte und Pflichten aus einer Diensterfindung

Das Ende der Rechte und Pflichten ergibt sich, falls die Schutzunfähigkeit der Erfindung festgestellt wird und damit die Monopolstellung durch die Erfindung beendet ist. Dies kann durch die Zurückweisung der Patentanmeldung durch das Patentamt, ein Einspruchs- oder ein Nichtigkeitsverfahren erfolgen. In diesem Fall erlischt der Vergütungsanspruch. Bereits gezahlte Vergütungen können nicht zurückgefordert werden.


[1] § 4 Absatz 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[2] § 5 Absatz 1 Satz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[3] § 5 Absatz 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[4] § 5 Absatz 3 Satz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[5] § 6 Absatz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[6] § 6 Absatz 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[7] § 13 Absatz 1 Satz 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[8] § 15 Absatz 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[9] § 16 Absatz 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz.

Über Thomas Heinz Meitinger 32 Artikel
Herr Dr. Thomas Heinz Meitinger ist Deutscher Patentanwalt sowie European Patent, Trademark and Design Attorney mit Elektrotechnik als technischem Hintergrund.