Grundlagen des Arbeitnehmererfindungsrechts (Teil 6)

Teil 6: Berechnen des Vergütungsanspruchs: Erfindungswert nach Lizenzanalogie

Der Erfindungswert stellt den wirtschaftlichen Wert dar, der sich für den Arbeitgeber aus der Verwertung der Diensterfindung ergibt. Der Erfindungswert kann als derjenige finanzielle Betrag verstanden werden, den der Arbeitgeber für den Erwerb der Eigentumsrechte an der Erfindung bereit wäre zu bezahlen.

Alle Artikel zur Artikelserie „Grundlagen des Arbeitnehmererfindungsrechts“:
Teil 1: Geltungsbereich und Arten von Erfindungen
Teil 2: Diensterfindung
Teil 3: Entstehen des Vergütungsanspruchs, Vereinbarung und Festsetzung
Teil 4: Anpassung der Regelung, Unbilligkeit und Unabdingbarkeit
Teil 5: Benutzung der Erfindung und Auskunftserteilung
Teil 6: Berechnen des Vergütungsanspruchs: Erfindungswert nach Lizenzanalogie

Bei der Bestimmung des Erfindungswerts wird zumeist das Verfahren nach der Lizenzanalogie angewandt. Der Erfindungswert ergibt sich hierbei als derjenige Umsatz, der mit der Diensterfindung erwirtschaftet wurde, multipliziert mit einem anzunehmenden Lizenzsatz. Die Anwendung der Lizenzanalogie zur Berechnung des Erfindungswerts stellt in der Praxis den Regelfall dar.[1] 

1. Lizenzsatz

Es wird ein Lizenzsatz angenommen, den ein externer Lizenzgeber mit dem Arbeitgeber vernünftigerweise vereinbaren würde.[2] Der Lizenzsatz muss einem Lizenzsatz entsprechen, der von einem exklusiven Lizenznehmer verlangt werden würde.

Der anzunehmende Lizenzsatz schwankt je nach Branche. In aller Regel wird sich der Lizenzsatz im Bereich zwischen 0,5% bis 1,5 % befinden. Es kann sogar ein Lizenzsatz von unter 0,5% sachgerecht sein. Dies gilt beispielsweise für die Computerindustrie und die Kfz-Zulieferindustrie. Für Massenartikel ist üblicherweise kein Lizenzsatz über 0,5% anzusetzen. Andererseits kann bei sehr hochwertigen Produkten ein Lizenzsatz bis zu 5% angemessen sein.   

2. Bezugsgröße

In den meisten Fällen wird eine Erfindung nicht ein komplettes Produkt des Arbeitgebers betreffen, sondern nur einen Teil. Dieser Teil muss sein „kennzeichnendes Gepräge“ von der Diensterfindung erhalten haben.[3] Dieser relevante Teil stellt die Bezugsgröße dar. Es ist der Umsatzanteil der Bezugsgröße zu bestimmen, da nur dieser Umsatzanteil in die Berechnung des Erfindungswerts einfließt. 

3. Höchstlizenzgrenze

Tritt der Fall ein, dass in einem einzelnen Produkt des Arbeitgebers mehrere Diensterfindungen realisiert werden, wäre ein Aufaddieren von Lizenzsätzen nicht sachgerecht. Vernünftigerweise wird ein Höchstlizenzsatz anzunehmen sein. Ein Höchstlizenzsatz stellt insbesondere das obere Ende des Bereichs dar, der für Lizenzsätze in der jeweiligen Branche gilt. Alternativ kann der doppelte Einzellizenzsatz als Höchstlizenzsatz angesehen werden.

4. Abstaffelung

Bei hohen Umsätzen ist eine Abstaffelung vorzunehmen, das bedeutet, dass nicht der volle Umsatz der Bezugsgröße zur Berechnung der Vergütung anzusetzen ist. Eine Reduzierung ist bereits ab einem Umsatz von ca. 1,5 Millionen Euro für den über dieser Schwelle liegenden Betrag vorgesehen. Die Reduzierung erfolgt in Staffeln, sodass zunächst nur 10% abzuziehen ist. Ab einem Betrag von ca. 2,5 Millionen Euro ist der Betrag über dieser Schwelle bereits um 20% abzusenken etc. Die Abstaffelung kann bis zu 80% betragen. Die genaue Berechnungsweise kann der Richtlinie Nr. 11 der „Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst“[4] entnommen werden. 

5. Berechnung nach Lizenzanalogie

Der Erfindungswert berechnet sich daher nach der Lizenzanalogie zu:

Erfindungswert = UmsatzBezugsgröße (eventuell abgestaffelt) * Lizenzsatz

Zur Berechnung der Vergütung des erfinderischen Arbeitnehmers fehlt noch der Anteilsfaktor. Die Höhe der Vergütung ist:

Vergütung = Erfindungswert * Anteilsfaktor

und damit:

Vergütung = UmsatzBezugsgröße * Lizenzsatz * Anteilsfaktor


[1] BGH, 21.12.2005 – X ZR 165/04 „Zylinderrohr“, GRUR 2006, 401.
[2] BGH, 13.11.1997 – X ZR 6/96 „Spulkopf“, GRUR 1998, 684, 687.
[3] BGH, 13.3.1962 – I ZR 18/61 „Kreuzbodenventilsäcke III“, GRUR 1962, 401, 402 f.
[4] DPMA, https://www.dpma.de/docs/dpma/richtlinienfuerdieverguetungvonarbeitnehmererfindungen.pdf, abgerufen am 22.3.2024.

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Herr Dr. Thomas Heinz Meitinger ist Deutscher Patentanwalt sowie European Patent, Trademark and Design Attorney mit Elektrotechnik als technischem Hintergrund.