Grundlagen des Arbeitnehmererfindungsrechts (Teil 5)

Teil 5: Benutzung der Erfindung und Auskunftserteilung

Die Benutzung bzw. Verwertung einer Arbeitnehmererfindung stellt die Grundlage der Vergütungspflicht dar. Es können dabei unterschiedliche Benutzungsarten, insbesondere Umsatzsteigerung, Lizenzeinnahmen und Kostenersparnis, zu berücksichtigen sein. Der Beginn der Benutzung der Erfindung bedeutet auch einen Anspruch auf Auskunft des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich auf die Angabe der Arten der Verwertung und den jeweiligen Umfang.

Alle Artikel zur Artikelserie „Grundlagen des Arbeitnehmererfindungsrechts“:
Teil 1: Geltungsbereich und Arten von Erfindungen
Teil 2: Diensterfindung
Teil 3: Entstehen des Vergütungsanspruchs, Vereinbarung und Festsetzung
Teil 4: Anpassung der Regelung, Unbilligkeit und Unabdingbarkeit
Teil 5: Benutzung der Erfindung und Auskunftserteilung

1. Benutzung der Erfindung

Eine vergütungspflichtige Benutzung liegt vor, sobald der Arbeitgeber einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Erfindung seines Arbeitnehmers zieht. Eine relevante Benutzung ergibt sich insbesondere aus einer Umsatzsteigerung oder einer Kostenersparnis. Eine weitere wichtige Benutzungsart ist die Einnahme von Lizenzgebühren.

Wird zwar nicht die ursprüngliche Erfindung, sondern eine äquivalente Lösung, benutzt, die gleichwertig und gleichwirkend ist und die vor dem Hintergrund der Erfindung des Arbeitnehmers nicht erfinderisch ist, liegt dennoch eine zu vergütende Benutzung vor.

Bei der Bewertung, ob eine Benutzung vorliegt, ist die gemeldete Erfindungsmeldung entscheidend und nicht ein später eingereichtes Schutzrecht. Wird daher eine technische Lösung verwendet, die in dem eingereichten Schutzrecht beschrieben und beansprucht wird, die aber der ursprünglichen Erfindungsmeldung nicht zu entnehmen ist, ergibt sich keine vergütungspflichtige Benutzung. Wird andererseits eine technische Lösung realisiert, die nicht in dem Schutzrecht beschrieben wird, die aber in der ursprünglichen Erfindungsmeldung enthalten ist, liegt eine relevante Benutzung vor.[1]

Experimente, Testläufe und der Bau von Prototypen, die zur Erlangung der Marktreife dienen, stellen keine vergütungspflichtige Benutzung dar. Dasselbe gilt für Probeverkäufe und Messeveranstaltungen, die dem Taxieren der Marktakzeptanz dienen. Werden jedoch Experimente durchgeführt, deren Untersuchungsgegenstand nicht die Arbeitnehmererfindung selbst ist, liegt eine Benutzung vor, die zur Vergütung verpflichtet.  

Sonstige wirtschaftliche Vorteile, die sich ursächlich auf die Arbeitnehmererfindung zurückführen lassen, sind ebenfalls eine relevante Benutzung. Dies gilt auch dann, wenn der Zusammenhang indirekter Natur ist. Können beispielsweise Aufträge dank des Schutzrechts gewonnen werden, das die Erfindung beansprucht, ohne dass deswegen die Erfindung selbst direkt benutzt wird, liegt dennoch eine relevante Benutzung vor.

Eine „Benutzung“ von Sperrpatenten kann darin gesehen werden, dass Wettbewerber aus einem Markt gehalten werden und dadurch der Umsatz anderer Produkte des Arbeitgebers abgesichert oder gesteigert wird. Ein Sperrpatent ist nicht zu vergüten, falls die Wettbewerber eine gemeinfreie alternative Lösung verwenden.

2. Auskunftserteilung

Der Arbeitnehmer hat ein Recht darauf, sich ein Bild von dem Umfang der Vergütungspflicht seines Arbeitgebers ihm gegenüber zu verschaffen. Der Arbeitgeber hat hierbei eine Bringschuld zu erfüllen.[2] Dieses Recht des Arbeitnehmers besteht auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.[3]

Ein Anspruch auf Auskunft besteht nur, falls ein Vergütungsanspruch entstanden ist. Der Arbeitnehmer muss daher plausibel angeben können, dass ein Vergütungsanspruch vorliegt, um sein Recht auf Auskunft geltend machen zu können.

Der Auskunftsanspruch endet nicht bei der inländischen Benutzung der Erfindung, sondern erstreckt sich auch auf die Verwertung der Arbeitnehmererfindung im Ausland.

Die Auskunft ist bezüglich der Art der Benutzung und dem Umfang je Art der Verwertung der Arbeitnehmererfindung zu spezifizieren. Der Arbeitgeber muss also angeben, wie die Verwertung erfolgte, insbesondere durch Umsatzsteigerung, Kostenersparnis oder Lizenzeinnahmen, und in welchem Umfang diese je nach Art der Verwertung stattfand. Eine darüber hinausgehende Auskunftspflicht des Arbeitgebers besteht nicht. Insbesondere ist er nicht zu Angaben über seinen Gewinn verpflichtet.[4]

Ist der Aufwand zur Auskunftserteilung hoch und demgegenüber die Höhe des Vergütungsanspruchs gering, kann der Arbeitgeber eine umfassende Auskunftserteilung verweigern.[5]

Die Fälligkeit der Auskunft entspricht der Fälligkeit der Vergütung. Zumindest einmal pro Jahr sollte dem Auskunftsanspruch Genüge getan werden.


[1] BGH, 29.11.1988 – X ZR 63/87 „Schwermetalloxidationskatalysator“ – GRUR, 1989, 205, 207.
[2] BGH, 6.2.2002, X-ZR 215/00 „Drahtinjektionseinrichtung“ – GRUR, 2002, 609, 611.
[3] § 26 Arbeitnehmererfindungsgesetz.
[4] BGH, 17.11.2009 – X ZR 137/07 „Türinnenverstärkung“ – GRUR, 2010, 223.
[5] BGH, 13.11.1997 – X ZR 132/95 „Copolyester II“ – GRUR, 1998, 689, 694.

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Herr Dr. Thomas Heinz Meitinger ist Deutscher Patentanwalt sowie European Patent, Trademark and Design Attorney mit Elektrotechnik als technischem Hintergrund.