Das Kandidatendasein ist nicht einfach. Man lernt einen ganz neuen Beruf, hat einen ständig wachsenden Aktenstapel auf dem Arbeitstisch und muss sich auch noch auf jede Menge Prüfungen vorbereiten, meistens an den Wochenenden, was Familie und Freunde vielleicht nicht so toll finden. Und dann so etwas: Die Europäische Eignungsprüfung (EEP) wird plötzlich ganz anders. Was die wichtigsten Änderungen sind und wie es in den nächsten Jahren weitergeht wird in diesem Artikel erläutert.
Achtung – Fristen!
Es gibt ein paar wichtige Eckdaten, die sich die Kandidaten merken sollten. Bis zum 28.05.24 müssen sich alle Kandidaten, die die Aufgabe F („Foundation“) der neuen Prüfung im Jahr 2025 schreiben wollen, beim EEP-Sekretariat registrieren. Die Aufgabe F der neuen Prüfung gibt es nächstes Jahr, und zwar am 21.03.25, zum ersten Mal und kann bereits nach nur 12 Monaten Kandidatenzeit geschrieben werden.
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Wie bei der „alten“ Prüfung erfolgt die Registrierung für die EEP in zwei Schritten: man registriert sich einmal als Kandidat unter R.28 ABVEP und dann meldet man sich für eine oder mehrere Prüfungsaufgaben an, die man schreiben möchte.
Vorsicht: Wer sich für die Aufgabe F registriert, muss später alle Aufgaben nach den neuen Regelungen ablegen und ist von der Teilnahme an der alten Prüfung, die in den Jahren 2025 und 2026 noch angeboten wird, ausgeschlossen.
Die Vorprüfung findet im Jahr 2025 nicht statt. Die Anmeldung für die Aufgabe F der neuen Prüfung und auch für die Aufgaben A, B, C, D der alten Prüfung wird vom 08.07.24 bis zum 23.09.24 laufen, diese Daten sollten sich die Kandidaten notieren, da eine spätere Anmeldung normalerweise nicht möglich ist. Mehr Infos dazu gibt es auf der Seite des EPA.
Angemessene Vorkehrungen für Beeinträchtigungen
Kandidaten die aufgrund einer vorübergehenden oder dauerhaften Beeinträchtigung (z.B. Behinderung, Krankheit, Verletzung, Schwangerschaft oder andere Umstände) an der Prüfung unter besonderen Bedingungen teilnehmen möchten, sollten dies dem EEP-Sekretariat so früh wie möglich mitteilen (R.17 ABVEP). Im Idealfall sollte dies bereits bei der Anmeldung zu den Prüfungen beantragt werden – dies ist natürlich in manchen Fällen nicht möglich.
Ein bisschen Vorgeschichte
Wie kam es überhaupt zu dieser neuen Prüfung? Kurz gesagt, nach der pandemiebedingten Absage der EEP 2020 war es allen klar, dass die Prüfung in nächster Zeit nur gewährleistet werden kann, wenn sie in einem Online-Format angeboten wird. So entstand die e-EEP, die die Kandidaten von 2021 bis 2026 erleben werden. Die e-EEP hat viele Vorteile. So entfällt beispielsweise die Anreise und eine eigene Ausrüstung kann eingesetzt werden. Außerdem kann getippt statt geschrieben werden. Aber es bestehen auch viele Nachteile. Die EEP in ihrer jetzigen Form ist als Online-Prüfung nicht geeignet. Die Aufgabe C, die in sechs Stunden geschrieben wird, lässt sich nur schwer aufteilen. Versuche, dies sinnvoll zu tun, waren in den letzten Jahren umstritten. Auch andere Prüfungsaufgaben haben Nachteile bei der Durchführung der e-EEP. So ist die neue EEP entstanden. Die Prüfung soll modular aufgebaut sein, die Aufgaben/Module sollen kürzer werden und weniger Wiederholungen ähnlicher Aufgaben enthalten.
Optionen für die Übergangsjahre
Kandidaten, die die Vorprüfung im Jahr 2025 hätten schreiben können, also nach mindestens 2 Jahren Kandidatenzeit, haben verschiedene Optionen für die nächsten Jahre. Die nachstehende graphische Übersicht des epi Instituts zeigt die verschiedenen Optionen für diejenigen auf, die die Vorprüfung im Jahr 2025 hätten schreiben können:
Die neue EEP – flexibel und modern
Die neue Prüfung besteht aus einer Foundation-Aufgabe (F) und vier Hauptaufgaben M1 bis M4. Eine detaillierte Beschreibung der Prüfungsaufgaben F und M1 bis M4 – soweit dies derzeit bekannt ist – kann hier heruntergeladen werden. Insgesamt soll die Prüfung flexibler und moderner werden. Die einzelnen Aufgabenteile sollen nicht länger als 2,5 Stunden dauern. Die Inhalte der Aufgaben, insbesondere die Aufgabe M3, sollen auch weniger stark vorgegeben sein. Zum Beispiel könnte Teil 3 der Aufgabe M3 nicht nur einen Einspruch gegen ein europäisches Patent enthalten, sondern auch die schriftliche Begründung einer Beschwerde oder Einwendungen Dritter in der internationalen Phase.
Weitere Flexibilität soll durch variable Bestehensschwellen für die Prüfungsaufgaben bzw. Teilaufgaben erreicht werden, die von der Prüfungskommission festgelegt werden. Damit kann die Bestehensschwelle an den Schwierigkeitsgrad der Prüfung angepasst werden.
Die neue Prüfung beinhaltet eine weitere Option für die Kandidaten, nämlich einen sogenannten „Intensiven Prüfungsweg“. Kandidaten können in diesem Fall nach drei Jahren Kandidatenzeit alle vier Aufgaben M1 bis M4 ablegen, ohne vorher die Aufgabe F bestehen zu müssen. Diese Option kann jedoch riskant sein, wenn einige Aufgaben nicht bestanden werden. In bestimmten Fällen muss dann die Aufgabe F später doch noch abgelegt und bestanden werden.
Ausbildungskombo und Amtsjahr
Kandidaten, die gleichzeitig die deutsche und die europäische Ausbildung absolvieren, müssen besonders auf das Timing des Amtsjahres achten. Diese Zeit zählt nämlich nicht als Beschäftigungszeit für die EEP – sie wird vielmehr erst nach Abschluss des Amtsjahres und der Zulassung zur deutschen Prüfung anteilig mit sechs Monaten angerechnet. Deshalb haben deutsche Kandidaten in der Vergangenheit die EEP oft erst nach vier statt nach drei Jahren abgelegt. Wie bei der alten EEP kann es auch bei der neuen EEP sinnvoll sein, das Amtsjahr zu verschieben, z.B. wenn nach zweijähriger Kandidatenzeit die Prüfungsteile F, M1 und M2 bestanden sind. Dann können die beiden letzten Prüfungsteile M3 und M4 noch vor oder während des Amtsjahres abgelegt werden und die europäischen Prüfungen werden nicht durch ein weiteres Jahr getrennt.
Schlusswort
Die neue EEP bringt viele Veränderungen mit sich, bleibt aber im Kern der alten Prüfung ähnlich. Die Prüfung soll weiterhin die gleichen Kompetenzen der Kandidaten testen – von der Ausarbeitung von Patentansprüchen bis hin zur rechtlichen Beratung eines Mandanten. Das Ziel bleibt dasselbe: Die Prüfung soll feststellen, ob ein Kandidat geeignet ist, als zugelassener Vertreter vor dem EPA aufzutreten. Für Kandidaten, die sich in der Übergangsphase zwischen alter und neuer Prüfung befinden, ist es sehr wichtig, alle Optionen, die ihnen zur Verfügung stehen, zu verstehen und zu entscheiden, welche am besten zu ihnen passt.
Co-Autorin: Dr. Martina Stork, Deutsche Patentanwältin / European Patent Attorney