DPMA-Prüfer will sofort Anhörung

Kurt

*** KT-HERO ***
Hallo zusammen,

ich bekomme gerade den ersten Prüfungsbescheid für eine (in jeder Hinsicht sehr ordentliche) DE-Anmeldung.

Der Prüfer weist die Anmeldung mit einem eher oberflächlichen Prüfungsbescheid und m.E. wenig kritischen Druckschriften zurück. Am Schluss des Bescheids fordert er dazu auf, dass man zu einer Anhörung erscheinen solle, ansonsten die Anmeldung zurückgewiesen werde.

Was ist davon zu halten, hat jemand ähnliches schon mal gehabt?
 
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Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Kurt,

a) ein Bescheid, in dem nur wenig kritische Druckschriften zitiert werden,
b) mit oberflächlichen Argumenten, zu denen Dir also leicht Gegenargumente einfallen sollten, und
c) ein Prüfer, der Lust auf eine Anhörung schon am Anfang des Verfahrens hat, so dass Du nach der Anhörung ohne Bescheids-Eingaben-Pingpong vielleicht schon den Erteilungsbeschluss mitnehmen kannst:

Das sind doch sehr gute Nachrichten. Wo liegt das Problem?

Frohes Schaffen
Blood für PMZ
 

Rex

*** KT-HERO ***
Und was ist, wenn der Kanzleistandort zufällig nicht München sondern beispielweise Flensburg ist? Dann benötigt man schon allein für die Hin- und Rückreise mindestens einen Arbeitstag. Außerdem fallen für den Mandanten erhebliche Reisekosten an.

Ich finde das Verhalten des Prüfers recht ungewöhnlich und würde mir das nicht gefallen lassen.
 

Industrie_EPA

BRONZE - Mitglied
Der Mandant sollte stets über alle Handlungsoptionen, deren Vor-und Nachteile und deren Kosten im Bilde sein.

Neben einer Anhörung samt Reisekosten gibt es natürlich noch die Möglichkeit einen Beschluss nach Aktenlage zu beantragen und dann in die Beschwerde zu gehen. Über die Beschwerde wird meist im schriftlichen Verfahren entschieden, sodass keine Reisekosten entstehen.

Wenn der Mandant dazu grundsätzlich bereit ist, könnte vorab ein Telefonat mit dem Prüfer sinnvoll sein. Vielleicht möchte er die Beschwerde vermeiden.

Viele Grüße
Industrie_EPA
 

Fragender

GOLD - Mitglied
Der Prüfer weist die Anmeldung mit einem eher oberflächlichen Prüfungsbescheid und m.E. wenig kritischen Druckschriften zurück. Am Schluss des Bescheids fordert er dazu auf, dass man zu einer Anhörung erscheinen solle, ansonsten die Anmeldung zurückgewiesen werde.

Hat er zur Anhörung geladen (wäre schwierig ins System zu kriegen) oder fordert er nur dazu auf, einen Termin zu vereinbaren?

Das einfachste dürfte eine normale Erwiderung mit hilfsweisem Antrag auf Anhörung sein. Dann kann der Prüfer im nächsten Schritt entscheiden, ob er laden will oder lieber einen Bescheid schreiben.

Es könnte natürlich auch sein, dass der SdT doch tödlich ist und der Prüfer dies durch die Aufforderung zur Anhörung deutlich machen will...

Gruß, Fragender
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Nach Kurts Worten hat der Prüfer die Anmeldung mit seiner allerersten Nachricht bereits zurückgewiesen ("Der Prüfer weist die Anmeldung ... zurück"), ohne überhaupt vorher mal irgendetwas mitgeteilt zu haben. Das darf er nicht, siehe PatG § 45 Absatz 2. Das passiert auch nicht, und wenn doch, ist die Beschwerde mit automatischer Geld-zurück-Garantie angesagt.

Und wenn Kurt das nicht so gemeint hat, sondern so, dass ein Prüfer freiwillig von sich aus eine mündliche Anhörung anbietet, fahre ich auch von der dänischen, holländischen oder polnischen Grenze aus hin. Das lässt sich immer mit irgendwelchen anderen Terminen in München (Einspruchsverhandlungen, Markenbeschwerdesachen, weiteren Anhörungen etc.) kombinieren und natürlich spricht man das samt sämtlicher Alternativen und Kosten vorab mit dem Mandanten ab oder klärt in der Industriepatentabteilung, dass man bei der Gelegenheit gleich mehrere Fälle vielleicht beim gleichen Prüfer erörtert, denn gerade da hat man üblicherweise meist branchenbezogene Patentanmeldungen bei der gleichen Prüfungsstelle oder im Nachbarraum. Man kann - gerade wenn wie im vorliegenden Fall der Prüfer offenbar etwas nicht richtig verstanden oder interpretiert hat - auch den Erfinder oder jemand anderen vom Mandanten mitnehmen, allerlei Gimmicks vorführen lassen, usw.

Reisekosten? Bahncard 50 dürfte jeder haben und das man die Termine nicht gerade auf irgendwelche hotelpreistreibende Messeveranstaltungen in München legt, dürfte auch klar sein. Kann man mit dem Prüfer doch frei vereinbaren.

Gerade wenn es der Erstbescheid ist, ist doch ohnehin wesentlich relevanter, dass nach Kurts Angaben die Aussichten für Nachanmeldungen offenbar gut sind. Da könnte man auch über die übliche jährliche Fristverlängerung nachdenken beziehungsweise mit dem Mandanten darüber sprechen. Das spart natürlich und erübrigt die Anhörung.

Frohes Schaffen
Blood für PMZ
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Was bedeutet bei dir "wenig kritische Druckschriften"? Entweder er hat Schriften, die den Gegenstand des Anspruchs 1 (oder wenigstens eines Nebenanspruchs) nahelegen, oder nicht.

Wenn ja, dann muss der Anspruch geändert werden, sonst droht in der Tat die Zurückweisung. Das kann man sofort machen, dafür braucht man an sich keine Anhörung. Aber manchmal ist das Neuformlieren der Ansprüche in einer Anhörung effektiver, vor allem, wenn der Prüfer nicht bereits zu einem Unteranspruch gesagt hat, dass der gehen würde. Wer den Prüfer schon persönlich kennt, kann manchmal recht gut abschätzen, ob es sich lohnt, entsprechend einen Anhörungsantrag stellen.

Wenn die Entgegenhaltungen nicht ziehen, dann soll der Prüfer die Klappe halten und das Patent erteilen. Schriften, die nicht patenthindend sind, hat jeder zu Tausenden zu Hause, da braucht niemand einen Prüfungsbescheid.

Hat der Prüfer nur schlecht argumentiert, so dass du zu einem anderen Urteil kommst, dann kannst du das entweder für dich behalten und den Anspruch trotzdem ändern, oder du kannst mit ihm über Neuheit und erfinderische Tätigkeit diskutieren, schriftlich oder in einer Anhörung. Was da effektiver ist, hängt vom Einzelfall ab. Ohne Anhörung gibts meist unmittelbar die Zurückweisung (oder eine Erteilung nach Hilfsantrag), falls er die Gegenargumente nicht akzeptiert; in der Anhörung hast du immer noch die Möglichkeit, die Ansprüche "spontan" zu ändern. Der große Vorteil des DPMA-Verfahrens ist ja, dass die Zahl der Änderungen der Unterlagen nicht beschränkt ist (§ 38 PatG).

Der Prüfer kann zwar die Anmeldung jederzeit zurückweisen, aber er bekommt sie postwendend vom BPatG zurück, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt, und zwar unter Rückzahlung der Beschwerdegebühr. Und ein Verfahrensfehler liegt sicher vor, wenn er eine Anhörung für erforderlich hält (und dies aktenkundig gemacht hat), aber zur Anhörung nicht oder nicht ordnungsgemäß geladen wurde. Der dumme Hinweis auf eine Anhörung gibt dir also nur eine relativ hohe Sicherheit, dass er ohne formelle Ladung zu einer Anhörung mit diesen Ansprüchen gar nicht mehr verfahrensfehlerfrei zurückweisen kann, auch wenn er genau das Gegenteil schreibt.
 

patachon

GOLD - Mitglied
Ich habe übrigens gerade einen ersten Prüfbescheid vom DPMA vorliegen, der zusammen mit einer korrekten Ladung zur Anhörung ergeht. Also sofort geladen, wie wohl auch im hier besprochenen Fall, der mir dann sofort einfiel. Ist mir bisher noch nie passiert, aber mal sehen, ob das zur Gewohnheit wird...

Ich finde es immer noch ungewöhnlich, nicht erst mal das schriftliche Verfahren zu nutzen. Aber tja.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Und, mit welcher Begründung? Bei mir war es wohl einfach die Makellosigkeit der Anmeldung, zusammen mit einem unverschämt breiten Patentanspruch, die den Prüfer dazu gebracht haben, mich gleich vorzuladen :D
 

Rex

*** KT-HERO ***
Also Kurt, ich finde das nicht lustig. Das bisher übliche schriftliche Verfahren hat sich bewährt und es hat Vorteile für den Anwalt und den Mandanten, auch wenn hier leichthin das Gegenteil behauptet wird.
Wenn also jetzt schon zum zweiten Mal hiervon abgewichen wird, würde mich natürlich interessieren, ob die Prüfer selbst entschieden haben oder auf Anweisung. Und in jedem Fall sollten wir uns dagegen wehren.


Die Frage nach der Begründung zeigt auch eine gewisse Betriebsblindheit, nämlich immer nach einer Rechtsgrundlage zu suchen. Ich würde umgekehrt vom Amt eine konkrete Begründung verlangen, warum es vom üblichen Verfahren abweicht (weniger Aufwand für den Prüfer?) und auf die erheblichen Nachteile für den Mandanten hinweisen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Wenn also jetzt schon zum zweiten Mal hiervon abgewichen wird, würde mich natürlich interessieren, ob die Prüfer selbst entschieden haben oder auf Anweisung. Und in jedem Fall sollten wir uns dagegen wehren.

Wie man hört, gibt es diesbezüglich neue Anweisungen an die Prüfer.

Bekanntlich ist das DPMA chronisch unterbesetzt und hat enorme Probleme mit der Verfahrensdauer. Dies führte dazu, dass das DPMA im internationalen Vergleich stark an Attraktivität für die Anmelder verloren hat. Z.B. wird gerne der Vergleich mit dem UKIPO getroffen und es ist für internationale Anmelder nicht einsichtig, warum das DPMA so viel länger braucht.

Es dürfte auch allgemeine Auffassung in der Anwaltschaft sein, dass eine Anhörung wesentlich effizienter ist. Die meisten Anmelder dürften es daher begrüßen, auf diese Weise schneller zu einer Erteilung zu kommen. Die Anwaltschaft wird sich daher daran anpassen müssen, z.B. durch mehre Anhörungen am gleichen Tag.
 

Rex

*** KT-HERO ***
Das sind interessante Nachrichten. Danke für die Information.


Wenn das DPMA chronisch unterbesetzt ist, wäre ich eigentlich der Meinung, dass man mehr Stellen schaffen sollte.



Aber als Gutmensch verstehe ich natürlich, dass überhaupt kein Geld für derartige nebensächlichen Dinge vorhanden ist.



Das brauchen wir alles für unsere Willkommenskultur.
 

pak

*** KT-HERO ***
Ich habe dieselbe Beobachtung gemacht. Ein Bescheid plus Erwiderung darauf, danach sofort die Ladung. Effektiver ist dies sicher, allerdings für diejenigen Vertreter, die erst noch nach München reisen müssen, um die Anhörung wahrzunehmen, vielleicht weniger effektiv, sprich deutlich zeitraubender ...


Gruß


pak
 

patachon

GOLD - Mitglied
Ja, der Bescheid sieht auch nicht ungewöhnlich anders aus als sonst (zwei Druckschriften, mittelmäßige Prüfer-Argumente, da ist schon was zu machen). Scheint einfach ein neuer Weg der Beschleunigung zu sein.

Da laut Richtlinien "jederzeit" zur Anhörung geladen werden kann, sehe ich da auch keine großartige Grundlage zu Protest - wir werden vor der Anhörung schriftlich etwas einreichen und mal sehen, ob damit die Anhörung erledigt ist.

@pak: in unserem Fall gab es noch nicht mal eine Erwiderung auf den ersten Bescheid. Es wurde zeitgleich MIT dem Bescheid geladen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Rex

*** KT-HERO ***
@patachon


Mein Kommentar war nur eine Meinungäußerung, welche natürlich nicht nötig aber auch nicht unzulässig war. Deine Anmerkung ist daher trivial.


Über den reinen Wortsinn hinaus ist Dein Beitrag aber offensichtlich eine Missfallens- und insoweit auch nur Meinungsäußerung, also gleichfalls völlig unnötig.
 
Zuletzt bearbeitet:

Hans35

*** KT-HERO ***
@Rex:

Sachlich:
Das DPMA war schon unterbesetzt, als es noch gar keine "Willkommenskultur" gab. Die Sachverhalte haben nun wirklich nichts miteinander zu tun.

Politisch:
Es handelt sich bei derartigen Statements*) nicht um eine Meinungsäußerung, sondern um Meinungsmache mit dem einzigen Effekt, die Gesellschaft - und nun sogar dieses Forum - zu spalten. Ich weiß nicht, ob du zu denen gehörst, die diese Spaltung befeuern, weil sie damit ihr Süppchen kochen, oder ob du zu den armen Menschen gehörst, die darauf reingefallen sind. In beiden Fällen würde ich mir wünschen, dass die Redaktion alle betroffenen Beiträge - und bitte auch diesen hier von mir - löscht. In dieses Forum gehört ausschließlich eine sachliche Diskussion über Patentecht.

*) Unwahre Behauptungen werden in einen absurden Zusammenhang gestellt. Jetzt sollen die Asylanten also auch noch an der langen Bearbeitungszeit der Patente schuld sein.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Wenn das DPMA chronisch unterbesetzt ist, wäre ich eigentlich der Meinung, dass man mehr Stellen schaffen sollte.
Leider sind die Mechanismen zum Schaffen zusätzlicher Stellen - wie überall in der Verwaltung - recht kompliziert. Das DPMA kann ohne Beteiligung des BMJV und des Parlaments keine Prüferstellen oder sonstige Beamtenstellen schaffen. Spätestens im Rahmen des Haushaltsrechts des Parlaments ist abzuwägen, wofür das Geld ausgegeben wird, und da hat der Patentbereich wohl keine besonders gute Lobby. Daher hinkt die Zahl der Stellen schon immer hinter dem Bedarf her.

Parallel dazu gibt es wohl immer wieder interne Versuche des DPMA, das Prüfungsverfahren zu beschleunigen. Die scheinen aber von wenig Erfolg gekrönt zu sein, weil die durchschnittliche Zahl der durch Beschluss oder Zurücknahme erledigten Akten pro Prüfer und Jahr seit etlichen Jahrzehnten im wesentlichen konstant ist.

Hat man sich jetzt das häufigere Durchführen von Anhörungen als Mittel der Beschleunigung ausgedacht? Das könnte m.E. allenfalls funktionieren, wenn die Anmelder sich darauf einlassen und weniger zu recherchierende Anspruchsvarianten zur Anhörung mitbringen, als sie vorher (über das ganze Verfahren betrachtet) schriftlich eingereicht haben. Es kann aber auch der Effekt eintreten, dass vorsorglich zusätzlich Varianten hinzukommen. Und wenn nur eine dieser Anspruchsvarianten später nachrecherchiert werden muss, gibt es in der Anhörung ohnehin keinen Beschluss, zumal manche Anmelder auch gar nicht so schnell ein Patent wollen.

Zusätzlichen Anhörungen bewirken jedenfalls für alle weiteren Anmeldungen, die demselben Prüfer vorliegen, zusätzliche Verfahrensverzögerungen, die sich aufsummieren werden. Zumindest die Änderung des § 46 Abs. 1 S. 2 PatG von 2014 (Wegfall der Sachdienlichkeit) war deshalb als Verfahrensbeschleunigung sicher eher kontraproduktiv.

Das sind aber nur Spekulationen von mir. Vielleicht würde ja helfen, die Sache ensthaft mit Warteschlangentheorie zu betrachten. Aber da Mathematik nichttechnisch ist, gibt es im DPMA wohl keine Mathematiker als Prüfer.
 
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