AW: Angeblich üblicher "Comparative Test" im Rahmen des Problem Solution Approach
Wo aber steht, dass man mit einem solchen Stoff irgendetwas "viel besser" machen können muss als im Stand der Technik und so ein "ambitionierteres technisches Problem" gelöst wurde? Ich denke, außerhalb der Chemie dürfte es regelmäßig genügen, dass man irgendetwas lediglich "anders" macht als der Stand der Technik, und dass das dann (unter nicht näher genannten Voraussetzungen) manchmal besser oder billiger ist.
Als Nicht-Chemiker habe ich kein Gefühl dafür, woraus diese zusätzliche Patentfähigkeitsforderung abgeleitet ist.
Es gibt hier kein zusätzliches Patentierungserfordernis. Dass ein „technischer Effekt“ erforderlich ist, ergibt sich aus dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz, den das EPA meines Wissens auch auf nicht-chemischen Technologiegebieten verwendet.
Denn der Aufgabe-Lösungs-Ansatz verlangt nun mal, eine
Aufgabe zu formulieren, die von der Erfindung
gelöst wird. Die Aufgabe muss eine technische Aufgabe sein, und die Lösung dieser Aufgabe kann man auch als „technischen Effekt“ bezeichnen (muss man aber nicht). Jedenfalls ist es aber so, dass nur eine Aufgabe in den Aufgabe-Lösungs-Ansatz einfließen kann, die die Erfindung nachweislich zu lösen im Stande ist.
Um ein nichtchemisches Beispiel zu nehmen:
Die Erfindung richtet sich auf einen Apparat, in dem ein wichtiges Bauteil durch eine Siebenkantschraube befestigt ist. Der S. d. T. offenbart den haargenau gleichen Apparat, jedoch ist das Bauteil mit einer Sechskantschraube befestigt. Der Unterschied ist klar: Die Siebenkantschraube. Frage: Welche Aufgabe wird durch die Verwendung einer Siebenkantschraube gelöst?
Die Schraube befestigt offensichtlich das Bauteil, das tut die Sechskantschraube aber auch. Also ist prima facie die Siebenkantschraube lediglich eine alternative Befestigungsmöglichkeit zur Sechskantschraube. Wenn Siebenkantschrauben bereits im S. d. T. bekannt waren, ist es eine völlig offensichtliche Alternative. Klappe zu, Affe tot.
Um zu einem erfinderischen Schritt zu gelangen, müsste es der Fall sein, dass in diesem speziellen Apparat die Verwendung der Siebenkantschraube irgendeinen technischen Vorteil gegenüber der Sechskantschraube bringt, der aus dem S. d. T. nicht offensichtlich ist. Dann kann nämlich die Aufgabe anders formuliert werden: Nicht mehr das Bereitstellen einer alternativen Befestigungsmöglichkeit, sondern einer
besseren Befestigungsmöglichkeit. Wenn schon aus dem S. d. T. hervorgeht, dass die Siebenkantschraube in diesem Fall (warum auch immer) besser sein dürfte, hat der Fachmann einen Anreiz, sie zu verwenden, und die Erfindung ist auch nicht erfinderisch. Da der Vorteil also aus dem S. d. T.
nicht offensichtlich sein darf, ist der Anmelder für sein Vorliegen beweispflichtig, wenn er sich darauf beruft. Er muss das in der Anmeldung, oder zumindest in nachgereichten Daten, zeigen. Praktischerweise, indem er die Verwendung von Siebenkantschraube und Sechskantschraube
vergleicht und einen Effekt zeigt.