So nun nur ein Post auf alle
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@ Alfred,
kannst du mir bitte zu dieser Einrede des älteren Rechts im Zusammenhang von Patenten bitte den Paragraphen sagen auf dem diese Einrede basiert und/oder eine entsprechende Entscheidung nennen, wo eine solche erfolgreich war? Das würde mich interessieren, weil sowas kenne ich nicht und widerspricht eigentlich vollständig der Trennung zwischen Rechtsbeständigkeit und Verletzung beim Patent. Oder meinst du das „positive Benutzungsrecht“? Dann auch hierzu, kannst du mir entsprechende Entscheidungen nennen, wo das durchkam? Das geistert zwar immer wieder durch die Gegend, gibt es aber nicht und ist aus §9 auch nicht ableitbar
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@ Pat-Ente
Ich hatte ja schon auf den Unterschied zwischen einem Wechsel des Oberbegriffs und einer Kombination hingewiesen
. Das Beispiel bezog sich nur auf das Ändern des Oberbegriffs, weil Hans bezweifelte, dass sowas „erzwungen“ sein könnte (wobei er immer noch nicht beantwortet hat, was er genau mit „erzwungen“ meint). Wir sind uns aber anscheinend immerhin einig, dass bei einer echten Untergruppe kein Problem in Hinblick auf Art. 123(3) gibt. Jetzt ist höchstens die Frage, ob es einen Fall geben kann, wo die Aufnahme eines positiven Merkmals (und nur solche dürfen grundsätzlich in den Anspruch) nicht eine echte Untergruppe darstellt. Den gibt es aber grundsätzlich nicht. Egal es eine Aufnahme durch Hinzufügen eines weiteren Merkmals (Bremse aufweisend XY) oder durch die Kombination mit einem anderen „Gegenstand“ (Auto mit der Bremse) ist dies grundsätzlich immer eine echte Untergruppe. Es geht nicht anders, weil ja immer noch alle Merkmale der Bremse plus im Höchstfall mehr Merkmale aber nie weniger Merkmale für die Verletzung nötig sind. Das geht nicht anders. Und die Entscheidung T 0352/04 zeigt gerade, dass sich ein Patenterteilungsorgan wie das EPA nicht mit Fragen der Verletzung/Schutzbereich beschäftigen sollte, weil die haben damit grundsätzlich Probleme zu verstehen, was das ist. Ist ja auch nicht ihre Aufgabe. Das ist gerade das prinzipielle dogmatische/logische Problem des Art. 123(3). Der gehört dogmatisch eigentlich als Einrede im Verletzungsprozess verankert und nicht im Erteilungs-/Einspruchsverfahren. Dort geht der dem Zweck nach gar nicht zu beurteilen. Erst in einem Verletzungsprozess mit dem konkreten möglichen Verletzungsprodukt vor Augen, kann prinzipiell entschieden werden, ob die Änderung bewirkt hat, dass das Verletzungsprodukt nun drunter fällt, obwohl sie vorher nicht drunter gefallen wäre. Nur da könnte er seinen Zweck erfüllen. Also soweit ich mir die T0352/04 durchlesen konnte, bevor ich nix mehr sehen konnte, weil die Hände reflexartig vor die Augen hochgeschnellt sind, um sich und mein Gehirn zu schützen, gehört die Beschwerdekammer sofort aufgelöst.
Das Ganze „grundsätzlich“ da oben begründet sich aus dem vorsichtigen Anwalt und vor allem auf das Vorhandensein des §10PatG, der das Ganze noch komplizierter macht und noch mehr klarmacht, dass vom Sinn her der Art. 123(3) eigentlich eine Einrede im Verletzungsprozess darstellen sollte.
Und noch zu deiner abschließenden Anmerkung. Die von dir (und vorher schon von Alfred) zitierte Stelle des „Elektronischen Moduls“ entspricht exakt der Regel 80 EPÜ. Die „in der Sache veranlaßten Verteidigungsmöglichkeiten“ sind die nach Regel 80 zulässigen Änderungen (ggf. zusammen mit der Verfahrensautonomie, nicht ein nachfolgendes dann erfolgreiches Nichtigkeitsverfahren durchziehen zu müssen). Das „nicht darüber hinaus der Gestaltung des Patents“ entspricht gerade den nicht zulässigen Klarstellungen, Verschönerungen usw.
@ Hans
Also deinem ersten Absatz kann ich dem Sinn nach noch zustimmen, wenn ich jetzt mal nicht versuche zu pingelig zu interpretiere, was du unter Schutz/Schutzbereich verstehst.
Zum zweiten Absatz: Kein Problem auch nicht alles, was ich schreibe stimmt, ist exakt oder bis ins letzte durchdacht
. Darum schreibe ich hier ja, um es selber nochmal zu überdenken und mir ein paar Sachen klarer zu machen ;-). Den zweiten und dritten Satz verstehe ich aber logisch wieder gar nicht. Wirklich nicht. Ich hatte eigentlich versucht mit dem Beispiel klar zu machen, dass deine Aussage und vor allem dein Schluss, dass ein Wechsel des Oberbegriffs ein „unzulässiger Vorteil“ sein soll, für mich logische Schwächen aufweist. Es ging mir darum klar zu machen, dass jede (sinnvolle, z.B. nach Regel 80 zulässige), absolut jede, Änderung immer einen Vorteil erbringt. Stimmst du mir da zu oder nicht? Wenn ja, dann bleibt die Frage bestehen, was denn der Unterschied zwischen den von dir wohl als zulässig angesehenen Änderungen und nicht zulässigen Änderungen ist? Die Erzielung eines „Vorteils“ kann es ja dann nicht sein, weil dann alle Änderungen unzulässig wären. Das „Auto“ war nur ein Beispiel, abstrahier es halt, so wie Pat-Ente es gemacht hat. Der neue Oberbegriff beschreibt eine echte Untergruppe des alten Oberbegriffs. Dann ist es zwangsläufig (solange man keine mittelbare Patentverletzung berücksichtigt), dass der Schutzbereich hinterher kleiner ist als vorher. Da kann auch keine „Verschiebung“ sein. Das ist unmöglich! Wie oben zu Pat-Ente schon geschrieben, ist es auch eine zwangsläufige Folge, dass bei einer Kombination mit einem positiven Merkmal oder einer Aufnahme eines positiven Merkmals (was sowieso das gleiche ist
) eine echte Untergruppe gebildet wird. Es kann keine „Verschiebung“ des Schutzbereiches eintreten. Anders wird es bei Hinzunahme der mittelbaren Patentverletzung. Da ist dann aber wieder grundsätzlich jede Aufnahme eines weiteren Merkmals in den geänderten Anspruch zumindest eine „Verschiebung“ des Schutzbereichs, weil sich immer die nach §10PatG geforderten Anknüpfungspunkte neu bilden, weil ja ein neues Merkmal da ist. Da dies in den allermeisten Fällen ja wohl auch DAS erfindungswesentliche Merkmal sein dürfe (warum nehme ich es sonst auf?), bezieht sich dieser Anknüpfungspunkt folglich auch immer auf ein „wesentliches Element der Erfindung“. Somit wären unter Berücksichtigung des §10PatG alle Änderungen des Patents, die auf der Beschreibung und nicht nur auf den abhängigen Ansprüchen basieren, nach Art. 123(3) extrem kritisch.
So jetzt muss ich aber mal an meine derzeitige Akte, wo ich mich gerade mal wieder mit den tollen Ansichten des EPA rumschlagen darf, das Patente erteilt, die schonmal gegenüber dem in der Anmeldung ursprünglich zitierten Stand der Technik nicht neu sind, dass das Merkmal des abhängigen Anspruchs 2 genau das Gegenteil von dem fordert, was im Anspruch 1 drinsteht, die die Sprache, die sie verwenden nicht verstehen und damit schonmal genau das Gegenteil von dem aussagen, was sie eigentlich wollten
. Wenn das Ganze nicht so traurig wäre, wäre es zum Totlachen
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P.S. da ich gerade gesehen habe, dass der Thread weiterging. Auch die äquivalente Patentverletzung hat vom Wortlaut her nichts mit dem Art. 123(3) zu tun, dem Zweck nach natürlich schon, kann aber genauso nur im Zusammenhang mit der tatsächlichen Verletzungsform entschieden werden. Viel Spass bei der Grenzziehung beim EPA was die Auswirkungen der äquivalenten Patentverletzung sind. Und was sind das für „besondere Effekte“, die eine eingebaute Bremse nicht mehr aufweist? Und warum sollte bei der Betrachtung der äquivalenten Verletzung der Kombination Auto/Bremse der besondere Effekt der Bremse, der ja wohl in der Beschreibung beschrieben ist, nicht mehr zu berücksichtigen sein? Also das wird mir jetzt zu esoterisch und zeigt im Höchstfall, dass man entweder keinerlei Änderungen im Einspruchsverfahren durchführen darf (die nicht schon in abhängigen Ansprüchen standen) oder sich streng nach dem Wortlaut des Art. 123(3) zu richten hat, d.h. mittelbare und äquivalente Verletzung nichts darin zu suchen haben. Vielleicht sollte man den einfach umändern und "der wortsinngemäße und direkte Schutzbereich..." schreiben, aber da gäbe es Probleme mit den Ländern, die keine äquivalente Verletzung wollen und/oder mittelbare Verletzung haben
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P.P.S. Jetzt melde ich mich hier ab