Schweizer Patentbox | Steuern sparen mit Patenten?

Die Schweiz belegte im Jahr 2023 bereits zum dreizehnten Mal in Folge den ersten Platz im Global Innovation Index der WIPO und gilt damit – zumindest gemessen an der Anzahl von Patentanmeldungen pro Kopf – als innovativstes Land der Welt. Einer der Gründe für die hohe Innovationskraft der Schweiz könnte die Patentbox sein, welche im Rahmen einer Steuerreform im Jahr 2020 eingeführt wurde, um innovative Unternehmen steuerlich zu entlasten.

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Bei einer Patentbox handelt es sich insofern um eine „Box“, als dass Unternehmensgewinne, welche durch patentierte Produkte oder Lizenzeinnahmen generiert werden, von anderen Gewinnen getrennt in einer fiktiven Box betrachtet und steuerlich begünstigt werden können. Mit Hilfe einer Patentbox kann der qualifizierende Gewinn für die kantonale Steuerbemessung deutlich reduziert werden, wenn ein Unternehmen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt. Auf Bundessteuern hat eine Patentbox hingegen keinen Einfluss.

Was sind die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Patentbox?

Wichtigste Grundvoraussetzung für die Einrichtung einer Patentbox ist das Vorhandensein mindestens eines qualifizierenden Schutzrechts. Was als qualifizierendes Schutzrecht gilt, ist in einer abschließenden Aufzählung in Art. 24a des Steuerharmonisierungsgesetzes geregelt. Neben erteilten Schweizer Patenten und Europäischen Patenten mit Benennung Schweiz, zählen auch (aus Schweizer Sicht) ausländische Patente, beispielsweise Deutsche Patente oder US-Patente, als qualifizierende Schutzrechte. Unklar ist indessen, ob auch Gebrauchsmuster als ausländische Patente im Sinne des Steuerharmonisierungsgesetzes verstanden werden können, da in der Schweiz bislang kein Äquivalent zu einem Gebrauchsmuster existiert. Neben Patenten können u.a. auch ergänzende Schutzzertifikate, geschützte Pflanzensorten und Halbleitertopographien für eine Patentbox qualifizieren. Nicht als qualifizierende Schutzrechte gelten hingegen andere Immaterialgüterrechte, wie beispielsweise Marken, Designs oder Urheberrechte. Außerdem qualifizieren nur bereits erteilte Patente für die Einrichtung einer Patentbox, wohingegen anhängige Patentanmeldungen (noch) nicht verwendet werden können.

Was sind die Einflussfaktoren auf die Höhe möglicher Steuerabzüge?

Die Kantone hatten bei der Gestaltung der Patentbox viel Spielraum. Dementsprechend variiert die Höhe möglicher Steuerabzüge von Kanton zu Kanton sehr stark. In vielen Kantonen können qualifizierende Gewinne, die auf Produkte mit patentierten Merkmalen oder Lizenzeinnahmen aus qualifizierenden Schutzrechten zurückzuführen sind, bis zu einer Obergrenze von 90 % reduziert werden. Für Unternehmen mit Sitz in einem Kanton, welcher einen vergleichsweise hohen kantonalen Gewinnsteuersatz bei zugleich hoher Obergrenze für Patentboxabzüge vorsieht, kann sich durch die Einrichtung einer Patentbox ein besonders großes Steuersparpotential ergeben. Dies ist zum Beispiel in den Kantonen Aargau, Bern und Zürich der Fall. Für Neuansiedlungen dürfte hingegen der Kanton Zug besonders attraktiv sein, welcher trotz des bereits niedrigsten Gewinnsteuersatzes aller Kantone zusätzlich eine Obergrenze von 90 % für den Patentboxabzug gewählt hat. Auch die Zentralschweizer Kantone Nidwalden, Obwalden und Schwyz bieten in dieser Hinsicht ähnlich attraktive Bedingungen.

Neben den Obergrenzen für den Patentboxabzug muss jedoch auch die sogenannte Entlastungsbegrenzung berücksichtigt werden, deren Höhe wiederum von Kanton zu Kanton variiert. Durch die Entlastungsbegrenzung wird die Summe aller steuerlichen Abzugsmöglichkeiten, welche in einigen Kantonen beispielsweise auch Abzüge für Forschungs- und Entwicklungskosten beinhalten, gedeckelt. In vielen Kantonen liegt die Entlastungsbegrenzung bei 70 %, sodass die kantonale Steuerlast im Idealfall bis zu dieser Grenze reduziert werden kann. Einige Kantone haben jedoch auch hier niedrigere Obergrenzen festgelegt.

Ein weiterer Einflussfaktor auf die Höhe möglicher Steuerabzüge ist die Eintrittsbesteuerung. Unternehmen, welche eine Patentbox einrichten möchten, lösen über die Eintrittsbesteuerung gewissermaßen die Eintrittskarte für zukünftige Steuererleichterungen. Hierzu müssen die in den letzten zehn vorangegangenen Steuerperioden steuerlich effektiv zum Abzug gebrachten Forschungs- und Entwicklungskostenaufwendungen gesondert nachversteuert werden. Auch bei der Eintrittsbesteuerung gibt es wieder große Unterschiede in den kantonalen Ausgestaltungen, beispielsweise was die Höhe des Steuersatzes und die Möglichkeit betrifft, die Zahlung der Eintrittsteuer über mehrere Steuerperioden zu strecken und mit zukünftigen Patentboxabzügen zu verrechnen.

Keine kantonalen Unterschiede gibt es hingegen beim sogenannten Nexus-Quotienten, welcher einen weiteren Einflussfaktor auf die Höhe möglicher Steuerentlastungen darstellt. Der Nexus-Quotient beschreibt den Anteil der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, die in der Schweiz angefallen sind. Wenn Unternehmen ihre Forschung und Entwicklung vollständig in der Schweiz angesiedelt haben und keine Schutzrechte von Dritten zukaufen oder lizensieren, können sie die Abzugsmöglichkeiten über die Patentbox voll ausschöpfen. Für Unternehmen, welche diese Kriterien erfüllen, kann die Einrichtung einer Patentbox deshalb besonders interessant sein. Alle anderen Unternehmen müssen sich näher mit der Berechnungsformel für den Nexus-Quotienten befassen, welche in Art. 5 der Patentbox-Verordnung zu finden ist.

Welche Arten von Patentboxen gibt es?

Theoretisch kann für jedes einzelne erteilte Patent eine eigene Patentbox eingerichtet werden. Dies kann dann sinnvoll sein, wenn Gewinne aus einem Patent ausschließlich durch die Vergabe von Lizenzen generiert werden. Werden hingegen Gewinne aus Produkten mit patentierten Merkmalen erzielt, ist es aufgrund des administrativen Aufwands bei der Zuordnung der Gewinne zu einzelnen Patenten meist sinnvoll, so wenige Patentboxen wie möglich einzurichten. Dies kann dadurch erreicht werden, dass eine Patentbox auch für einzelne Produkte oder Produktgruppen mit patentierten Merkmalen eingerichtet werden kann. Eine einzelne Patentbox kann dann auch mehrere Patente enthalten.

Strategische Überlegungen aus patentrechtlicher Sicht

Bekanntermaßen vergehen vom Tag der Einreichung einer Europäischen Patentanmeldung bis zur Patenterteilung regelmäßig mehrere Jahre. Dies hat im Hinblick auf die Patentbox mehrere Nachteile: Wie bereits erwähnt, qualifizieren nur erteilte Patente für die Patentbox. Insbesondere für Unternehmen, welche bislang keine erteilten Patente besitzen, verschiebt sich hierdurch eine mögliche Einrichtung einer Patentbox zeitlich nach hinten. Zudem ist auch die Laufzeit der Patentbox durch die maximale Schutzdauer des zugrundeliegenden Patents, die sich ab dem Anmeldetag berechnet, begrenzt. Für die Einrichtung einer Patentbox ist daher eine möglichst schnelle Erteilung erstrebenswert. Hierzu kann die Einreichung einer Schweizer Patentanmeldung in Betracht gezogen werden, welche bei Ausnutzung aller Beschleunigungsmöglichkeiten erfahrungsgemäß bereits innerhalb von etwa einem Jahr zur Erteilung gebracht werden kann.

Aufgrund fehlender Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit wird Schweizer Patenten zuweilen eine geringe Rechtsbeständigkeit nachgesagt. Im Hinblick auf die Patentbox ergeben sich hierdurch jedoch keine unmittelbaren Nachteile. Für den Fall, dass der Schutz des Patents, auf welchem die Patentbox basiert, rückwirkend, beispielsweise im Rahmen einer Nichtigkeitsklage, entfallen sollte, wirkt sich dies nicht auf die begünstigte Besteuerung in den vorangegangenen Steuerperioden aus. Erst ab dem Entfall des Patentschutzes würde dann in der laufenden und in den folgenden Steuerperioden keine vergünstigte Besteuerung mehr gewährt werden.

Ferner hat auch der Schutzbereich des zugrundeliegenden Patents einen großen Einfluss auf die Patentbox. Je größer und allgemeiner dieser ist, desto leichter lässt sich gegenüber der Steuerbehörde auch begründen, dass hohe Anteile am Gewinn auf den Patentschutz zurückzuführen und daher als qualifizierende Gewinne anzusehen sind. Auch in dieser Hinsicht können sich lediglich zum Teil geprüfte Schweizer Patente aus taktischer Sicht als hilfreich erweisen. Kritiker befürchten deshalb einen Missbrauch der Patentbox durch Schweizer Patente. Unter anderem aus diesem Grund wurde gefordert, eine zwingende Prüfung der materiell-rechtlichen Erfordernisse in Bezug auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit im Rahmen der Revision des Patentgesetzes einzuführen. Letztlich konnte diese Forderung jedoch nicht voll durchgesetzt werden. In der vom National- und Ständerat am 15.03.2024 beschlossenen Teilrevision des Patentgesetzes ist lediglich eine optionale Prüfung sämtlicher Patentierungsvoraussetzungen inklusive Neuheit und erfinderischer Tätigkeit vorgesehen. Insofern wird es auch in Zukunft weiterhin möglich sein, ein lediglich zum Teil geprüftes Schweizer Patent, welches möglicherweise nicht neu oder zumindest nicht erfinderisch ist, für die Einrichtung einer Patentbox zu verwenden.

Wie groß ist das Steuersparpotential durch eine Patentbox?

Maßgeblich für das Steuersparpotential einer Patentbox ist neben dem Sitzkanton in erster Linie auch der steuerbare Reingewinn, welcher auf Patente zurückzuführen ist. Als Richtgröße kann angegeben werden, dass die Einrichtung einer Patentbox ab einem qualifizierenden Reingewinn von 100.000 CHF pro Jahr interessant wird. Zukünftige Gewinne, die auf Patente zurückzuführen sind, lassen sich in der Regel nicht präzise prognostizieren. Vereinfachte Modellrechnungen zeigen jedoch, dass die gesamten Patentkosten von der Ausarbeitung über die Einreichung und Erteilung bis zur Aufrechterhaltung über die gesamte Laufzeit, in vielen Fällen durch mögliche Steuereinsparungen mittels einer Patentbox deutlich überkompensiert werden dürften. Im Idealfall kann eine Patentbox sämtliche damit verbunden Kosten bereits nach wenigen Jahren wieder einspielen und dann erhebliche zusätzliche Erträge in Form von Steuerentlastungen generieren. Ob sich die Einrichtung einer Patentbox lohnt, ist jedoch letztlich immer eine Einzelfallentscheidung, da die Höhe möglicher Steuerabzüge von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig ist, die stets individuell betrachtet werden müssen.

Fazit

Während die Patentbox für einige Schweizer Großkonzerne aufgrund der kürzlich beschlossenen Einführung der globalen Mindeststeuer wohl wieder weniger interessant geworden sein dürfte, bleibt sie für innovative Schweizer Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 750 Millionen CHF weiter sehr interessant. Diese Unternehmen sollten die Möglichkeit zur Einrichtung einer Patentbox als zusätzlichen Vorteil eines Patentschutzes betrachten und in jedem Fall in zukünftige Entscheidungen über Patentanmeldungen mit einbeziehen. Insofern sollte die Patentbox bei der Beratung von Schweizer Mandanten stets als Option mit einbezogen und gegebenenfalls bereits bei der Wahl der Anmeldestrategie berücksichtigt werden.

Über Jonas Lenz 1 Artikel
Herr Jonas Lenz ist European Patent Attorney und Schweizer Patentanwaltskandidat mit einem technischen Hintergrund in Umweltverfahrenstechnik.