Teil 9: Verletzungsverfahren
Eine Patentverletzung kann mit einer Abmahnung außergerichtlich beseitigt werden. Ist die rechtliche Situation nicht eindeutig, ist zunächst eine Berechtigungsanfrage an den potentiellen Patentverletzer empfehlenswert. Bei Dringlichkeit kann eine einstweilige Verfügung geboten sein. Ansonsten kann vor einem zuständigen Landgericht der Klageweg beschritten werden.
Alle Artikel zur Artikelserie „Einführung in das Patentrecht“:
Teil 1: Erfindung, Patentanmeldung und Patent
Teil 2: Erfinder versus Anmelder
Teil 3: Neuheit, erfinderische Tätigkeit und gewerbliche Anwendbarkeit
Teil 4: Erteilungsverfahren
Teil 5: Einspruch
Teil 6: Nichtigkeit
Teil 7: Beschwerde, Rechtsbeschwerde und Berufung
Teil 8: Wirkung und Grenzen des Patentschutzes
Teil 9: Verletzungsverfahren
1. Berechtigungsanfrage
Ist sich der Patentinhaber nicht ausreichend sicher, dass eine Patentverletzung vorliegt, kann zunächst eine Berechtigungsanfrage an den potentiellen Verletzer adressiert werden. Mit einer Berechtigungsanfrage wird dem potentiellen Verletzer die Möglichkeit gegeben, beispielsweise auf ein Vorbenutzungsrecht hinzuweisen oder den Patentinhaber über Merkmale der Patentverletzung in Kenntnis zu setzen, die eine Patentverletzung ausschließen.
2. Abmahnung
Mit einer Abmahnung wird einem Verletzer eine letzte Möglichkeit eingeräumt, eine Patentverletzung außergerichtlich zu bereinigen. Aus der Abmahnung muss klar hervorgehen, dass Klage erhoben wird, wenn eine Einigung misslingt.
Eine Abmahnung muss eine Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung enthalten. Es ist üblich, dass der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt wird, die vom Patentverletzer nur noch zu unterzeichnen und an den Patentinhaber zurückzusenden ist.
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In der Unterlassungserklärung muss für den Wiederholungsfall einer Patentverletzung eine Vertragsstrafe in einer Höhe vorgesehen sein, die die Ernsthaftigkeit des Abgemahnten verdeutlicht, zukünftig auf eine Patentverletzung zu verzichten. Eine vorausgehende Abmahnung ist weder für eine einstweilige Verfügung noch für eine Klageerhebung erforderlich.
3. Einstweilige Verfügung
Voraussetzung einer einstweiligen Verfügung ist Dringlichkeit. Dringlichkeit liegt vor, falls dem Patentinhaber nicht zugemutet werden kann, die Angelegenheit im Wege eines Hauptsacheverfahrens zu klären, da in diesem Fall für den Patentinhaber ein nicht wieder gutzumachender Schaden entstehen würde.[1] Ein typisches Beispiel ist ein Messeauftritt. Eine Entscheidung nach Ende einer Fachmesse wird für den Patentinhaber nur noch von geringer Bedeutung sein. Eine weitere Voraussetzung ist, dass mit hoher Sicherheit vom Rechtsbestand des zugrundeliegenden Patents auszugehen ist. Ein überstandenes Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren würde die erforderliche Sicherheit herstellen. Schließlich muss die Patentverletzung klar erkennbar sein.
Eine einstweilige Verfügung kann vom befassten Gericht ohne mündliche Verhandlung angeordnet werden. Angesichts der üblicherweise komplexen Beurteilung einer Patentverletzung wird eine einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Gegenseite jedoch die Ausnahme sein.
4. Klageverfahren
Für Patentstreitsachen sind die Landgerichte in erster Instanz und Oberlandesgerichte in zweiter Instanz zuständig.[2] Um eine Fokussierung und hohe Professionalität und Qualität der Verfahren sicherzustellen, wurden für jedes Bundesland spezielle Kammern an einzelnen Landgerichten als allein zuständig für Patentstreitsachen eingerichtet.[3]
Das Verfahren vor dem Landgericht läuft in sieben Schritten ab. Zunächst erstellt der Patentinhaber eine Klageschrift, die zur Klageerhebung beim Landgericht eingereicht wird. Die Klageschrift wird dem Beklagten übermittelt. Dem Beklagten wird die Möglichkeit der Erwiderung eingeräumt. Der Kläger kann eine Replik als Antwort auf die Erwiderung des Beklagten beim Landgericht einreichen. Abschließend wird dem Beklagten die Möglichkeit eröffnet, mit einer Duplik auf die Replik des Klägers zu reagieren. Nach dem Austauschen der Schriftsätze der Parteien im schriftlichen Teil des Verfahrens folgt die mündliche Verhandlung. Nach Schließen der mündlichen Verhandlung ergeht die Entscheidung des Gerichts durch Urteil.
Das Urteil des Landgerichts kann die unterlegene Partei mit einer Berufung vor dem Oberlandesgericht anfechten. Eine Revision der Entscheidung des Oberlandesgerichts vor dem Bundesgerichtshof ist nur in extremen Ausnahmefällen möglich.
Vor dem Land- und dem Oberlandesgericht ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich.[4]
[1] §§ 935, 940 ZPO.
[2] §143 Absatz 1 Patentgesetz.
[3] §143 Absatz 2 Patentgesetz.
[4] §78 Absatz 1 Satz 1 ZPO