Hallo!
Art. 123(3) verbietet die Schutzbereichserweiterung erst für erteilte Patente (im Einspruch). Wenn Du also einen Anspruch A im Laufe des Verfahrens mit Merkmal M.1 einschränkst, um den Prüfer von etwas zu überzeugen, dann aber merkst, dass der Prüfer eine Einschränkung auf M.2 will und M.1 ihm ganz egal ist, kannst Du problemlos M.1 wieder rauslassen.
Du kannst sogar ein Merkmal M.3, das von Anfang an im Anspruch enthalten ist, streichen, sofern es nicht erfindungswesentlich ist. Der zugehörige Test, den dieses Merkmal bestehen muss, ist in RiLi H-V 3.1 (Punkte i), ii), iii)) dargelegt. In Teil B der EQE kann man mit sowas manchmal Punkte holen, in der Praxis ist es wohl eher irrelevant.
Gewisse Einschränkungen ergeben sich aber aus Regel 64 und Regel 137 (3) und (5). So darfst Du während des Prüfungsverfahrens nicht plötzlich die Auswahl der zu prüfenden Erfindung ändern (T158/12). Dort wird dies aus Art. 76, Art. 82, R. 137 (2) und R. 137(3) hergeleitet., nach welcher nach der R. 70(2) jede weitere Änderung der Zustimmung des Prüfers bedarf.
Weiter geht R. 137(5): Wenn Du Merkmale aus der Beschreibung hervorzauberst oder gar einen ganz neuen Anspruch erstellst, der/die nichts mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung zu tun haben, so dass die Rechercheabteilung, selbst wenn sie die ganze Anmeldung gelesen hätte, keinen realistischen Grund sehen musste, diese Merkmale zu recherchieren, kann Dir das verweigert werden und eine Teilanmeldung notwendig werden.
Und schließlich ist da noch R. 64: Ein Anspruch, für den Du einen Einheitlichkeitseinwand hattest, den Du nicht ausgeräumt hast und für den Du keine weitere Recherchegebühr bezahlt hast, darf nicht später wieder eingeführt werden. Das führt zu Rückweisung nach Art. 97(1), R. 64 iVm G 2/92.
Zum Unterschied zwischen der Situation nach R. 137(5) und nach R. 64 siehe auch RiLI H-II 7.2.