Ich möchte hier die BGH-Entscheidung X ZB 5/16 (Phosphatidylcholin) zur Diskussion stellen. Genauer: den zweiten Leitsatz.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f413d10742eb69bd3fdcab40369e821f&nr=79577&pos=0&anz=1
In dieser Ertscheidung erlaubt der BGH die Aufnahme eines nicht ursprünglich offenbarte Merkmals in den Anspuch 1, und er überrascht damit wohl nicht nur den Prüfer des DPMA, der deshalb die Anmeldung zurückgewiesen hatte, sondern vermutlich auch die Richter des BPatG, deren diesbezügliche Bestätigung der Entscheidung des Prüfers aufgehoben wird. Die Aufnahme dieses Merkmals in den Anspruch 1 erfolgt dabei ausdrücklich mit dem Ziel, dadurch die Neuheit des Anspruchsgegenstands gegenüber einem ganz bestimmten (im Beschluss genannnten) Stand der Technik herzustellen.
Diese Entscheidung steht wohl im Widerspruch zu allem, was man so in der Ausbildung lernt, nämlich, dass Einschränkungen des Anspruchsgegenstands im Prüfungsverfahren immer dadurch erfolgen, dass in die beanspruchte (= zu patentierende) Erfindung (= Lehre) ein zusätzliches Merkmal eingefügt wird, welches aber in den ursprünglichen Unterlagen offenbart sein muss. Und nicht nur das. Dieses zusätzliche Merkmal muss auch mit den anderen Merkmalen des Anspuchs im Sinne einer in sich geschlossenen Lehre zusammenwirken, und darf daher z.B. nicht aus einem für den betreffenden Anspruch (hier Anspruch 1) irrelevanten Ausführungsbeispiel entnommen werden.
Stattdessen ist es nach der o.a. Entscheidung umgekehrt, nämlich, dass das verneint aufgenommene Merkmal im Zusammenhang mit dem übrigen Anspruch gerade keine technische Wirkung entfaltet; es muss also im Hinblick auf die zu patentierende Erfindung irrelevant sein.
Kann man das also demnächst im Prüfungsverfahren immer so machen, um die Neuheit gegenüber einer bestimmten Druckschrift zu sichern? Man könnte in der entgegengehaltenen Druckschrift also nach einem Merkmal suchen, das technisch bedeutungslos ist und das in der Anmeldung nicht offenbart ist, --- dann wird einfach dieses Merkmal mit "nicht" in den Anspruch eingefügt, und schon ist die Neuheit gegenüber dieser Schrift gegegeben.
Demnächst werden Patentansprüche dann wohl oft so aussehen, dass am Schluss des Anspruchs 1 angehängt wird: "..., aber nicht dies, nicht das, nicht jenes Merkmal...", aber ohne Offenbarung dieser Merkmale? Und dies sichert die Neuheit gegenüber drei Schriften, die sonst neuheitsschädlich wären?
Und falls das nur eine Spezialität für chemische Sachverhalte ist - gilt dann da ein besonderes Patentrecht?
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f413d10742eb69bd3fdcab40369e821f&nr=79577&pos=0&anz=1
In dieser Ertscheidung erlaubt der BGH die Aufnahme eines nicht ursprünglich offenbarte Merkmals in den Anspuch 1, und er überrascht damit wohl nicht nur den Prüfer des DPMA, der deshalb die Anmeldung zurückgewiesen hatte, sondern vermutlich auch die Richter des BPatG, deren diesbezügliche Bestätigung der Entscheidung des Prüfers aufgehoben wird. Die Aufnahme dieses Merkmals in den Anspruch 1 erfolgt dabei ausdrücklich mit dem Ziel, dadurch die Neuheit des Anspruchsgegenstands gegenüber einem ganz bestimmten (im Beschluss genannnten) Stand der Technik herzustellen.
Diese Entscheidung steht wohl im Widerspruch zu allem, was man so in der Ausbildung lernt, nämlich, dass Einschränkungen des Anspruchsgegenstands im Prüfungsverfahren immer dadurch erfolgen, dass in die beanspruchte (= zu patentierende) Erfindung (= Lehre) ein zusätzliches Merkmal eingefügt wird, welches aber in den ursprünglichen Unterlagen offenbart sein muss. Und nicht nur das. Dieses zusätzliche Merkmal muss auch mit den anderen Merkmalen des Anspuchs im Sinne einer in sich geschlossenen Lehre zusammenwirken, und darf daher z.B. nicht aus einem für den betreffenden Anspruch (hier Anspruch 1) irrelevanten Ausführungsbeispiel entnommen werden.
Stattdessen ist es nach der o.a. Entscheidung umgekehrt, nämlich, dass das verneint aufgenommene Merkmal im Zusammenhang mit dem übrigen Anspruch gerade keine technische Wirkung entfaltet; es muss also im Hinblick auf die zu patentierende Erfindung irrelevant sein.
Kann man das also demnächst im Prüfungsverfahren immer so machen, um die Neuheit gegenüber einer bestimmten Druckschrift zu sichern? Man könnte in der entgegengehaltenen Druckschrift also nach einem Merkmal suchen, das technisch bedeutungslos ist und das in der Anmeldung nicht offenbart ist, --- dann wird einfach dieses Merkmal mit "nicht" in den Anspruch eingefügt, und schon ist die Neuheit gegenüber dieser Schrift gegegeben.
Demnächst werden Patentansprüche dann wohl oft so aussehen, dass am Schluss des Anspruchs 1 angehängt wird: "..., aber nicht dies, nicht das, nicht jenes Merkmal...", aber ohne Offenbarung dieser Merkmale? Und dies sichert die Neuheit gegenüber drei Schriften, die sonst neuheitsschädlich wären?
Und falls das nur eine Spezialität für chemische Sachverhalte ist - gilt dann da ein besonderes Patentrecht?