DE Teilanmeldung ohne Figuren

Hans35

*** KT-HERO ***
Bislang war ich davon ausgegangen, dass in einer Teilanmeldung eine Erfindung (eine andere als in der Stammanmeldung) beansprucht werden, sofern sie in den ursprünglichen Unterlagen offenbart ist. In den dafür einzureichenden Unterlagen muss diese (zweite) Erfindung (im Rahmen dieser Offenbarung) beschrieben werden. Wenn dafür keine Figuren gebraucht werden, dann halt ohne.

In der Entscheidung 1 W (pat) 15/24 (vom 9.8.2024) lese ich das aber ganz anders: Wenn da keine Zeichnungen beigefügt sind, obwohl Zeichnungen zur Stammanmeldung gehört hatten, dann ist gilt die Teilungserklärung als nicht abgegeben, ohne dass überhaupt in Betracht gezogen wird, was da beansprucht wird. Kann man das verstehen?
 

der_markus

*** KT-HERO ***
In der Entscheidung 1 W (pat) 15/24 (vom 9.8.2024) lese ich das aber ganz anders: Wenn da keine Zeichnungen beigefügt sind, obwohl Zeichnungen zur Stammanmeldung gehört hatten, dann ist gilt die Teilungserklärung als nicht abgegeben, ohne dass überhaupt in Betracht gezogen wird, was da beansprucht wird. Kann man das verstehen?
Nach meinem Verständnis geht das in dieser Pauschalität nicht aus der Entscheidung hervor. Ich zitiere Seite 4, 3. Absatz dieser Entscheidung:
Zeichnungen waren bei den zur Teilungserklärung eingereichten Anmeldeunterlagen jedoch nicht enthalten, obwohl in der Beschreibung auf Zeichnungen (Figuren 1 bis 13) ausdrücklich Bezug genommen wird und diese erläutert werden. Gem. §§ 39 Abs. 3 i. V. m. 34 Abs. 3 Nr. 5 PatG gehören zu den einzureichenden Anmeldeunterlagen auch die Zeichnungen, auf die sich die Patentansprüche oder die Beschreibung beziehen. Damit wurden die Anmeldeunterlagen nicht vollständig eingereicht.
Hört sich für mich eher danach an, als wären die Unterlagen der Teilanmeldung nicht ausreichend bereinigt worden. Wenn für den Gegenstand der Teilanmeldungen keine Zeichnungen notwendig sind, müssen aus der Beschreibung nunmal alle Verweise und Bezüge auf Zeichnungen entfernt werden. Und das scheint nicht der Fall gewesen zu sein.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Ich lese den Verfahrensgang so: Mit den Zeichnungen gab es bereits in der Stammanmeldung ein Problem, nämlich weil sie dort gefehlt hatten. Daraufhin wurde die (hier entschiedene) Teilanmeldung ohne Zeichnungen eingereicht, in der keine Unsicherheit darüber bestehen sollte, dass die Figuren nicht zu den Anmeldungsunterlagen gehören, während gleichzeitig in der Stammanmeldung versucht wurde, dass die Offenbarung mittels der Figuren in der Prioanmeldung ausnahmsweise (?) anerkannt wurde. Letzteres war (sicher überraschender Weise) erfolgreich, die Stammanmeldung konnte wie ursprünglich geplant weiterverfolgt werden, und die Teilanmeldung war überflüssig geworden. Da aber hatte der Anmelder, statt die Teilanmeldung zurückzunehmen, die Idee, zu bitten, "... die Nichtwirksamkeit der Teilungserklärung festzustellen und zu veranlassen, dass die entrichteten Gebühren zurückerstattet werden." Dieses "Zuckerl" hat ihm der Senat dann tatsächlich auch noch gegeben.

Gibt es deshalb nun möglicher Weise in bestimmten Fällen ungeeignete Anmeldungsunterlagen, die zur Nichtwirksamkeit der Teilungserklärung (und nicht etwa zur begründeten Zurückweisung der Teilanmeldung) führen? Und das, ohne dass wenigstens § 35 Abs. 2 PatG angewandt wird?
Nach meinem Verständnis geht das in dieser Pauschalität nicht aus der Entscheidung hervor.
Hoffentlich gibt es niemanden, der das anders sieht.
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Hans,

vielleicht hilft dir bei deinen Fragen/Problemen einfach mal im entsprechenden §39 des PatG nachzuschauen ;-) ?

Vielleicht insbesondere §39(1) Satz 4? Wie willst du den denn in Einklang mit dem wohl von dir gemeinten §35(2) Satz 3 bringen ;-) ? Und was würde dir wohl bei Anwendung der Rechtsfolge von §35(2) Satz 3 im Falle einer "Teilanmeldung" drohen ;-) ?

Vielleicht stellt ja auch §39 sowas wie ein lex speciales dar, in dem auch die Folgen gleich eindeutig im §39(3) die Rechtsfolge benannt wird ;-) ?
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Hallo PatFragen,

offenbar habe ich nicht ausrechend deutlich gemacht, dass mein Hinweis auf § 35 (2) nur die Absurdität des Beschlusses unterstreichen sollte. Zentral ist doch § 38, d.h. offenbart wird nur am AT der Stammanmeldung etwas, und alle späteren Änderungen an den Unterlagen müssen sich in diesem Rahmen bewegen, wobei solche Änderungen keinen Verzicht bedeuten.

Im Fall einer Teilanmeldung gilt das auch für die "nach § 34 ... erforderlichen Anmeldungsunterlagen" (vgl. § 39 (3) ) und die späteren Änderungen daran; denn die mit der Teilanmeldung eingereichten Unterlagen beeinflussen die Offenbarung am AT der Stammanmeldung nicht. Das soll heißen: Der Anmelder kann den in der Teilanmeldung einzureichenden Unterlagen alle, eine oder auch keine der ursprünglichen Figuren beifügen, je nachdem, was er sachlich für notwendig hält, das verletzt § 38 nicht. Wenn es dann in der Beschreibung Verweise auf Figuren gibt, die nicht in den Unterlagen der Teilanmeldung enthalten sein sollen, dann ist das ein Mangel, der im Rahmen des Prüfungsverfahrens in Ordnung zu bringen ist.

Im Gegenteil: Ich lese § 39 so, dass sich der in den "erforderlichen Anmeldungsunterlagen" enthaltene Teil der Offenbarung möglichst verdeutlichen soll, worin die in der Teilanmeldung zu patentierende Erfindung bestehen soll. Und das kann nur durch eine Beschränkung geschehen, verglichen mit den Unterlagen vom AT der Stammanmeldung, was neben dem Streichen von Teilen der Beschreibung auch eine Verminderung der Zahl der Figuren, auch auf null, umfassen mag; den Rest hält der Anmelder halt für nicht "erforderlich".
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Wenn es dann in der Beschreibung Verweise auf Figuren gibt, die nicht in den Unterlagen der Teilanmeldung enthalten sein sollen, dann ist das ein Mangel, der im Rahmen des Prüfungsverfahrens in Ordnung zu bringen ist.
Genau, was hier aber eben nicht in der dafür vorgeschriebenen Frist nach § 39 Abs. 3 PatG erfolgt ist, wie schon im obigen Zitat aus dem BPatG-Beschluss erläutert wird.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Im Gegenteil: Ich lese § 39 so, dass sich der in den "erforderlichen Anmeldungsunterlagen" enthaltene Teil der Offenbarung möglichst verdeutlichen soll, worin die in der Teilanmeldung zu patentierende Erfindung bestehen soll. Und das kann nur durch eine Beschränkung geschehen, verglichen mit den Unterlagen vom AT der Stammanmeldung, was neben dem Streichen von Teilen der Beschreibung auch eine Verminderung der Zahl der Figuren, auch auf null, umfassen mag; den Rest hält der Anmelder halt für nicht "erforderlich".
Die wohl h.M. ist aber Benkard PatG/Schacht, 12. Aufl. 2023, PatG § 39 Rn. 94:
Es dürfte unschädlich sein, wenn der Anmelder in dem Verfahren der Teilanmeldung zunächst den kompletten Bestand der Unterlagen der Ursprungsanmeldung einreicht, Ann PatR § 25 Rn 201.
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Hans,

naja, vielleicht bist du aber der einzige (oder hoffentlich zumindest einer der wenigen) der die „Absurdität des Beschlusses“ so sieht ;-). Und womöglich könnte man darin ein Zeichen dafür sehen, dass Andere (und das Gericht) deine Ansicht, dass das Gesetz (§39) nicht einzuhalten ist, sagen wir einmal als „interessant“ ansehen ;-). Ich bin ja durchaus auch der Meinung, dass viele Entscheidungen der Spruchkörper (vor allem des EPA, dort in meinen Augen mindestens 2/3 aller Entscheidungen) absurd sind (weswesen es ja auch für mich so wenig Sinn ergibt, ständig Entscheidungen zu lesen ;-) ) aber diese Entscheidung ist nun gerade nicht „absurd“, sondern eindeutig gesetzeskonform und da lässt das Gesetz auch keinerlei Spielraum zu (weswegen es auch für das Gericht nicht wirklich schwer war, korrekt zu entscheiden :) ). Wie soll denn dein Hinweis auf § 35(2) „die Absurdität des Beschlusses unterstreichen“, wenn doch §39 fordert, dass „die nach den §§ 34, 35 und 36 erforderlichen Anmeldungsunterlagen“ innerhalb einer Frist von drei Monaten einzureichen sind und du gerade die Erfordernisse des §35 nicht erfüllt haben willst (sondern erst im Prüfungsverfahren) ?

Tut mir leid laut Gesetz ist nunmal für die Teilanmeldung der §39 zentral. Da ist alles drin geregelt, an was du dich halten musst ;-). Und der sagt halt nunmal eindeutig aus, dass du für die Einreichung der Unterlagen, die den Erfordernissen der §§34 bis 36 genügen müssen, genau 3 Monate nach Eingang der Teilungserklärung zur Verfügung hast. Punkt aus. Da ist keinerlei Spielraum noch irgendetwas daran „im Prüfungsverfahren“ in Ordnung zu bringen. Wo hast du denn die Idee her, dass dafür Spielraum während des Prüfungsverfahrens vorgesehen ist? Auch in einer „normalen“ Anmeldung sind doch die Erfordernisse des §34(3) oder (4) beispielsweise nicht erst im Prüfungsverfahren zu erfüllen (oder „darfst“ du die fehlende Offenbarung des 34(4) noch im Prüfungsverfahren nachreichen. Auch das Erfordernis, dass es zumindest einen Patentanspruch geben muss, kannst du ja nicht erst im Prüfungsverfahren erfüllen. Was du machen kannst, ist nur, einen patentfähigen nachreichen, wenn sich der ursprüngliche als nicht patentfähig herausstellt. Aber das Einreichen eines patentfähigen Anspruchs steht ja auch nicht im §34 ;-) ?).

Logisch findet doch bei jeder Anmeldung die Überprüfung, ob es fehlende in Bezug genommene Figuren gibt, als Teil der anfänglichen (Formal)Prüfung statt (wenn du dir den alten §35 anschaust, dann ist das noch leicht erkennbar, weil er im Gleichgang mit der Übersetzung geregelt war), weil die Regelung dem Anmelder die Möglichkeit gibt, den Anmeldetag zu verschieben (wenn er die entsprechenden Figuren einreicht). Das hätte doch spätestens nach 18 Monaten, wenn die ohne Figuren eingereichte (normale) Anmeldung veröffentlich würde, keinerlei Sinn mehr, weil die Nachreichung der Figuren, dann eine Totgeburt gegenüber sich selber wäre ;-). Die Situation würde ich als absurd bezeichnen (weswegen ja auch der Schulte zumindest in meiner alten Ausgabe mit seiner Aussage, dass die Mitteilung des Amtes jederzeit im Prüfungsverfahren ergehen kann, zwar formal gesetzeskonform ist, aber logisch ziemlich dämlich ist ;-) ). Wieso sollte das dann für die Teilanmeldung großzügiger geregelt sein? Die wäre doch dann immer eine Totgeburt gegenüber der Stammanmeldung, wenn du die Alternative der Nachreichung der Figuren in Anspruch nehmen würdest ;-). Also hat der Anmelder doch faktisch gar keine Alternative mehr und muss, wenn er noch etwas mit der Teilanmeldung erreichen will, die Bezugnahme auf die fehlenden Figuren streichen ;-). Wieso sollte er dann noch eine Wahl bzw. Zeitraum eingeräumt bekommen ;-). Auch bestehen keinerlei Billigkeitsgründe sowas anzunehmen, weil der Anmelder ja schon regelmäßig (aus der Stammanmeldung) weiß, dass keine Figuren eingereicht wurden, ferner die Stammanmeldung regelmäßig ja entweder schon länger anhängig war (er also lange Zeit hatte, die erforderlichen Unterlagen für die Teilanmeldung sauber zu erstellen) oder gar noch anhängig ist, so dass er ohne Probleme nochmals mit sauberen Unterlagen eine Teilanmeldung einreichen kann. Es besteht also keinerlei billiges Interesse des Anmelders, dass er nochmal (neben der Frist des §39(3)) Zeit eingeräumt bekommt, die erforderlichen Unterlagen sauber einzureichen. Im Gegenteil dazu besteht eher ein billiges Interesse des Drittens, dass der Anmelder endlich in die Pötte kommt, saubere Unterlagen einzureichen, damit der Dritte sich darauf einstellen kann, ob/was denn als weiterer Schutz möglich ist. Also setzt das Gesetz eine klare eindeutige Frist und wenn der Anmelder zu dumm ist, dass Gesetz zu lesen, dann hat er halt Pech. Es ist keinerlei schutzwürdiges Interesse seitens des Anmelders zu sehen.

Also wo bekommst du auch nur ein halbwegs plausibles Argument für deine gegen die Regelungen des §39 verstoßende Behauptung her: „dann ist das ein Mangel, der im Rahmen des Prüfungsverfahrens in Ordnung zu bringen ist“?

Übrigens wenn man deine Interpretation „dass sich der in den "erforderlichen Anmeldungsunterlagen" enthaltene Teil der Offenbarung möglichst verdeutlichen soll, worin die in der Teilanmeldung zu patentierende Erfindung bestehen soll“ wörtlich nimmt, brauchst du also nur die Patentansprüche einreichen, weil diese allein verdeutlichen, worin die zu patentierende Erfindung besteht ;-). Nein, die erforderlichen Unterlagen sind laut §39 die Unterlagen, die den §§34-36 genügen ;-). Und nein das „erforderlich“ bezieht sich nicht darauf, was der Anmelder als erforderlich ansieht, sondern bezieht sich laut Gesetz eindeutig auf „die nach den §§ 34, 35 und 36 erforderlichen Anmeldungsunterlagen“.

Lese doch bitte einfach mehr Gesetz und nicht so viele Entscheidungen ;-).
 

B_2020

GOLD - Mitglied
Hallo @Hans35

deine Überlegungen könnte ich folgen, wenn es die Gesetztesregelung des §39(3) PatG nicht gäbe. Ohne diese Regelung könnte man über den §38PatG diskutieren, und man käme evtl zu deiner Auffassung.

Jetzt gibt es aber eben den §39(3) PatG und der ist m.E. auch eindeutig, siehe Vorpost von @PatFragen .

Hinzuzufügen zu @PatFragen kann man hier noch auf die genauen Wortlaute des §§ 39(3) und 38. Die Rechtsfolge des §39(3) PatG ist ja gerade nicht bspw eine Zurückweisung oder dergleichen einer Teilungsanmeldung. Vielmehr wird die Willenserklärung der Teilung "vernichtet", es existiert somit bei Verstreichen der Frist keine Erklräung mehr und daher existiert auch keine abetrennte Anmeldung. Als nach §34, 35, 35a, 36 erforderliche Unterlagen kann aber eben nur das Eingereichte und nicht das möglicherweise nach §38 PatG Nachgereichte gelten. Damit besteht eine Problem hinsichtlich der nach §34(3) Nr.5 PatG erforderlichen Unterlagen, das man ja innerhalb der Frist auch lösen könnte. Bei fruchtlosem Verstreicht ist die Rechtsfolge des 39(3) PatG jedoch eindeutig, es existiert (nachträglich) dann eben gerade keine (Teilungs)Anmeldung, die man nach §38 PatG ändern könnte.
Es besteht daher auch nicht die Möglichkeit des Umwegs über §35(2) PatG (denn auch dieser stellt auf eine vorhandene Anmeldung ab. Zudem regelt §39(3) PatG den Umstand eines Fehlens schon.
Eine Regelungslücke oder dergleichen ist m.E auch nicht zu erkennen, da hier der Anmelder ja vollkommen frei ist, was und wie er einreicht. Man hätte die Teilung ja ja ohne Figuren und ohne den Bezug auf die Figuren einreichen/erklären können.
Oder alternativ eine neue Anmeldung ohne Figuren und mit Bezug zu den (nicht Existenen) Figuren.
Ob das inhaltlich sinnvoll ist (siehe Ausführungen von @PatFragen; eigene Anmeldung dann u.U. Neuheitsschädlich), ist ein Thema, das hier nicht weiter relevant ist, da es ja nur um das Grundsätzliche geht.

Es besteht meines Erachtens daher kein Raum für eine andere Entscheidung, zumindest nicht, solange das Gesetz nicht geändert wird (einen Grund hierfür kann ich aber auch gerade nicht erkennen, das hat @PatFragen auch schon gut dargelegt).
 
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