EPÜ Mehr als ein unabhängiger Verfahrensanspruch zur Herstellung eines Produktes

Dokument42

BRONZE - Mitglied
Hallo zusammen,

ich bin über eine kleine Frage gestolpert bzgl. der Regel 43 (2) c) nach dem EPÜ.

Laut der Regel ist es zulässig, mehr als einen unabhängigen Verfahrensanspruch zur Herstellung eines chemischen Erzeugnisses anzumelden (GL, F-IV, 3.2). Vorausgesetzt natürlich das chemische Erzeugnis selbst ist auch Teil der Erfindung.

Meine Frage hierzu wäre: Gilt dies auch, wenn ich mit zwei unabhängigen Verfahren zur gleichen Vorrichtung komme? Beispielsweise ein Verfahren A und ein Verfahren B zur Herstellung eines Stuhls.

Danke euch!
 

kronion

GOLD - Mitglied
Hallo,
R. 43(2)c) ist nicht auf chemische Erzeugnisse beschränkt und daher im Prinzip auch auf Herstellungsverfahren für Stühle anwendbar.
Ob es sich bei den Herstellungsverfahren dann tatsächlich um "Alternativlösungen für eine bestimmte Aufgabe" handelt, für die es "unzweckmäßig ist, diese Alternativen in einem einzigen Anspruch wiederzugeben", hängt natürlich vom Einzelfall ab.
Viele Grüße!
 

patachon

GOLD - Mitglied
R. 43(2) ist ja noch viel allgemeiner und auch nicht auf Verfahren oder gar Herstellungsverfahren beschränkt, es heißt ja einfach nur:

"...mehr als einen unabhängigen Patentanspruch in der gleichen Kategorie (Erzeugnis, Verfahren, Vorrichtung oder Verwendung) enthalten, wenn sich der Gegenstand der Anmeldung auf einen der folgenden Sachverhalte bezieht:
a) mehrere miteinander in Beziehung stehende Erzeugnisse,
b) verschiedene Verwendungen eines Erzeugnisses oder einer Vorrichtung,
c) Alternativlösungen für eine bestimmte Aufgabe, sofern es unzweckmäßig ist, diese Alternativen in einem einzigen Anspruch wiederzugeben. "

Aber Achtung: Einheitlichkeit der Ansprüche muss natürlich trotzdem auch zusätzlich noch gegeben sein ("Unbeschadet des Artikels 82"). Es müssen also Alternativlösungen sein, die man nicht in einen einzigen Anspruch fassen kann, die aber dennoch unter dieselbe erfinderische Idee fallen.

Häufiger ist da jedenfalls außerhalb der Chemie (a) zu finden, die klassischen Ansprüche auf Schlüssel/Schloss, Sender/Empfänger etc. Aber natürlich könnte es auch alternative Herstellungsverfahren für Vorrichtungen geben, die getrennt beansprucht werden können. Ich habe nur gerade kein Beispiel parat.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Aus Sicht des Erteilungsverfahrens dürften die Varianten
1. Gegenstand A gekennzeichnet durch B oder C.
und
1. Gegenstand A gekennzeichnet durch B.
2. Gegenstand A gekennzeichnet durch C.
gleichwertig sein, wobei der "Gegenstand" ein Erzeugnis, ein Verfahren, eine Vorrichtung oder eine Verwendung sein kann.

In jedem Fall muss die Einheitlichkeit gegeben sein, wobei diese Frage ist unabhängig davon ist, welche der beiden Fassungen der Anmelder für "zweckmäßiger" hält.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Lustigerweise wird man in der Praxis für die zweite Variante (zwei nebengeordnete Ansprüche) höchstwahrscheinlich eine Beanstandung erhalten (R43(2) und/oder Einheitlichkeit), für die erste (Alternativen in einem Anspruch) hingegen häufig nicht.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Ich denke gerade an folgende Fallgestaltung:

1. PKW, gekennzeichnet durch Reifen, die die Komponente X aufweisen.
2. PKW mit einem Lenkrad, das eine rutschfeste Beschichtung mit der Komponente Y aufweist.

Für X ungleich Y wird das Zusammenfassen in einem Oder-Anspruch die Einheitlichkeit nicht retten können. Für X=Y könnte hingegen die Einheitlichkeit in beiden Fällen gegeben sein, zumal, wenn der Stoff X bereits neu ist.
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Bei einer Diskussion, wie man Einheitlichkeit herstellen kann, sollte man nicht an dem Klassiker GB 1 426 698A vorbeigehen:


PHOTON PUSH-PULL RADIATION DETECTOR FOR USE IN CHROMATICALLY SELECTIVE CAT FLAP CONTROL AND 1000 MEGATON EARTH-ORBITAL PEACE-KEEPING BOMB
 
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