Kurzform für unabhängigen Anspruch

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Hallo Forum,

ist die untenstehende Kurzform für einen unabhängigen Anspruch 4 sinnvoll bzw. zulässig?

1. System mit den Merkmalen A, B, C
gekennzeichnet durch
Merkmal D.

2. System nach Anspruch 1
gekennzeichnet durch
Merkmal E.

3. System nach Anspruch 1 oder 2
gekennzeichnet durch
Einrichtung U mit den Merkmalen X, Y, Z.

4. Einrichtung U für System nach dem Oberbegriff von Anspruch 1
gekennzeichnet durch
die Merkmale von Einrichtung U gemäß Anspruch 3.
[Kurzform von Anspruch 4]


Man könnte stattdessen auch schreiben:

4. Einrichtung U für System nach dem Oberbegriff von Anspruch 1
gekennzeichnet durch
die Merkmale X, Y, Z.
[Langform von Anspruch 4]

Wenn sich die in Anspruch 3 angegebenen Merkmale X, Y, Z jedoch über mehrere Zeilen erstrecken, erscheint es sinnvoll, die obige Kurzform für Anspruch 4 zu verwenden, anstatt die kennzeichnenden Merkmale von Anspruch 3 in Anspruch 4 nochmal komplett hinzuschreiben.

Unabhängig von Kurzform oder Langform, sollte der Oberbegriff von Anspruch 4 evtl. besser so formuliert werden:

4. Einrichtung U für System nach einem der Ansprüche 1 bis 3
gekennzeichnet durch...

Danke für Meinungen!
 
Zuletzt bearbeitet:

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Bei der Kurzform des Anspruchs 4 stört mich, dass gleich zwei Referenzen auf (nur) Teile von (verschiedenen) Ansprüchen auf einen anderen Gegenstand enthalten sind. Aus dem Stand würde ich sagen, dass die Formulierung an sich zulässig ist, könnte mir aber doch den einen oder die andere EPA-PrüferIn vorstellen, der/die hier Klarheitsbedenken hat. In einer potentiellen Verletzungsdiskussion müsste man das dann doch aufdröseln und setzt sich möglicherweise irgendwelchen Einwänden aus ("das passt doch nicht zusammen", "der Oberbegriff umfasst doch auch bla und blubb" etc.).
Nur um Textzeilen zu sparen, würde ich das nicht machen.

Generell würde ich das noch anders formulieren (vorzugsweise so, dass die Einrichtung U in der Anspruchsreihenfolge vorne steht):

3. System nach Anspruch 1 oder 2
gekennzeichnet durch
Einrichtung U nach Anspruch 4.

4. Einrichtung U für System mit den Merkmalen A, B, C,
gekennzeichnet durch
die Merkmale X, Y, Z.

Ganz nebenbei: wenn ein System mit den Merkmalen A, B, C bekannt ist, dann sind die unabhängigen Ansprüche auf das System mit Merkmal D und die Einrichtung U mit Merkmalen X, Y, Z uneinheitlich ;-)
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Danke & interessant, eine Anspruchsreferenzierung in Vorwärtsrichtung?

Generell würde ich das noch anders formulieren (vorzugsweise so, dass die Einrichtung U in der Anspruchsreihenfolge vorne steht):

3. System nach Anspruch 1 oder 2
gekennzeichnet durch
Einrichtung U nach Anspruch 4.

4. Einrichtung U für System mit den Merkmalen A, B, C,
gekennzeichnet durch
die Merkmale X, Y, Z.

Das ist mir neu.

Ist Vorwärts-Referenzierung in den Ansprüchen in allen Jurisdiktionen bekannt bzw. zulässig, erfahrungsgemäß?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Ich sehe keine grundsätzlichen Hindernisse für eine Vorwärtsreferenzierung im EPÜ oder im deutschen Patentrecht (Klarheit sollte m.E. kein Problem sein, solange man keine Zirkel erzeugt).
Beispielsweise denke ich nicht, dass man aus R 43(4), die von "abhängigen Patentansprüche, die sich auf einen oder mehrere vorangehende Patentansprüche beziehen" (Hervorhebung hinzugefügt) spricht, ableiten kann, dass eine Vorwärtsreferenzierung unzulässig wäre.
Die ED könnte vielleicht Einwände haben wie in GL F-IV 3.5 erwähnt: "Die Abteilung erhebt Einwände, wenn die Reihenfolge der Patentansprüche zu Unklarheiten bei der Definition des zu schützenden Gegenstands Anlass gibt." Aber bei einer simplen Vorwärtsreferenzierung sehe ich das noch nicht gegeben (das kann natürlich bei kompliziertem Hin- und Her-Verweisen anders sein).

In den USA habe ich so etwas schon gesehen, wenn ich mich richtig erinnere.

Weil das aber in der Tat eher ungewohnt ist und bei komplexeren Anspruchssätzen zu Problemen führen (und fehlerträchtig sein) kann, habe ich geschrieben, dass vorzugsweise die Einrichtung U vorne (also in Anspruch 1) stehen sollte.
 
Zuletzt bearbeitet:

Hans35

*** KT-HERO ***
Ich kann mir nicht vorstellen, dass einen Prüfer gibt, der die Vorwärtsreferenzierung angesichts von R 43 (4) durchwinkt. Wenn die Sache wirklich inhaltlich einfach und klar ist, sollte es möglich sein, die Ansprüche zu vertauschen.

Mehr noch könnte aber m.E. im A. 4 die Unklarheit von "... für ein System ..." zum Problem werden. Wird hier ein Gegenstand beansprucht, der auch die Merkmale A, B und C tatsächlich aufweist, oder einer, der sich im Zusammenhang mit einem Gegenstand mit A, B und C benutzt werden könnte, der aber auch ohne diesen seinen Sinn hat? Hier wäre eine klare Formulierung ("... geeignet für ein System ..." bzw. " ... als Bestandteil eines Systems ...") vorzuziehen.

Und im Übrigen: Warum "System" statt "Vorrichtung"? Was ist z.B. ein "System zur Warmwasserversorgung"? Was muss im Verletzungsfall also alles dabei sein, und was nicht, damit das "System" realisiert ist?

Zulässig oder nicht, ich würde solche Angriffspunkte für einen Unklarheitseinwand nach Möglichkeit vermeiden.
 

Matthias75

SILBER - Mitglied
Unabhängig von dem oben Geschriebenen und dem oben erwähnten Beispiel, sollte man bei der Verwendung von Rückbeziehungen als "Kurzform" immer vorab bedenken, wie sinnvoll man mit diesen Rückbeziehungen im Prüfungsverfahren, insbesondere bei Änderungen der Ansprüche, auf die man sich rückbezieht, weiterarbeiten kann.

Z.B. wirkt sich bei einer Rückbeziehung nur auf den Oberbegriff oder den kennzeichnenden Teil eines anderen Anspruch schon eine andere Abgrenzung auch auf den abhängigen Anspruch und dessen Schutzbereich aus, selbst wenn diese für den abhängigen Anspruch gar nicht erforderlich wäre.

Auf das obige Beispiel bezogen (und unabhängig von der schon erwähnten problematischen Einheitlichkeit):

Eine Einschränkung des Anspruchs 1, die mit einer Änderung des Oberbegriffs einhergeht (z.B. A+B+C+D gekennzeichnet durch E) würde sich auch direkt auf A4 auswirken, selbst wenn dieser geg. für ein System mit A+B+C gewährbar wäre. Gleiches gilt, falls in A3 eine Umformulierung der Einrichtung U erforderlich sein sollte.

Das kann Vorteile haben, kann aber auch im Prüfungsverfahren zu deutlicher Mehrarbeit führen, wenn man dann die Ansprüche aufwändig umschreiben muss (und diese Umformulierungen dann auch begründen muss).

Wenn möglich, vermeide ich daher solche Kurzfassungen und schreibe lieber ein paar Zeilen mehr.

M.
 

DMX

SILBER - Mitglied
Wenn möglich, vermeide ich daher solche Kurzfassungen und schreibe lieber ein paar Zeilen mehr.

Sehe ich genauso, zumal der Aufwand für die Mehrzeilen ja dank Copy-Paste extrem überschaubar ist. Solange die Einheitlichkeit gegeben war, habe ich im deutschen Verfahren noch nie Einwände wegen nebengeordneter Ansprüche gesehen (da gibt es ja keine fiese Regel 43(2) EPÜ).
 
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