Allg. 'Kandidatenschwemme'

S

Sachsenhauser

Guest
Hallo!

Ich spiele mit dem Gedanken eine Ausbildung zum Patentanwalt (Elektrotechniker) zu machen. Beim Durchlesen der Themen in diesem Forum wird öfter darauf hingewiesen, dass es zur Zeit sehr viele Kandidaten gibt. Mehr als der Arbeitsmarkt verträgt.
Wie ist eure Meinung dazu? Wird es in Zukunft arbeitslose bzw. unterbeschäftigte Patentanwälte geben? Oder wie darf man das verstehen?
 
G

gast

Guest
Hallo,

Es gibt zwar recht viele Kandidaten, aber

  • die Zahlen gehen inzwischen auch langsam zurück und
  • die Anmeldungszahlen (zumindest beim EPA) haben sich in letzter Zeit rasant erhöht (Verdopplung innerhalb der letzten acht Jahre).
Somit gibt es auch genug zu tun.

In unserer Kanzlei sind wir auch gerade auf der Suche nach einem Elektrotechniker zur Ausbildung. Wenn Du mir eine "private" Internetadresse geben könntest, würde ich mich mit Dir in Verbindung setzen.
 
K

Kandidat

Guest
So ein Quatsch,

natürlich stagnieren auch bei den Patentanwälten die Anmeldezahlen. Ist ja auch logisch, wenn die Industrie immer weniger Geld zur Verfügung hat.

Allen die jetzt noch eine Ausbildung beginnen wollen, kann ich nur raten sich die Kanzleien, die sagen sie hätten wahnsinnig viel zu tun sehr genau anzuschauen. Meist sind es Kanzleien, die auf der Suche nach billigen Kandiadten sind, eine spätere Übernahme ist zwar nicht ausgeschlossen aber sehr selten.

Die Anzahl der Kandidaten ist in den letzten Jahren regelrecht explodiert. Diese z.Zt. noch in der Ausbildung befindlichen Kandidaten drängen erst noch auf den Markt.

Die Kandidatenzahl nimmt zwar in den letzten Monaten etwas ab, das kommt aber nur davon, dass der Markt gesättigt ist.

Soviel dazu
 
E

Edmund

Guest
Mein Eindruck ist auch, dass die Anzahl der Kandidaten erheblich zugenommen hat.

Da viele Kanzleien über Bedarf ausbilden bzw. Kandidaten als billige Übersetzer oder Patentingenieure mißbrauchen, gilt auch die Aussage, dass die Anwaltschaft die Überschwemmung schon eindämme, wenn es zu schlimm wird, so nicht uneingeschränkt.
 
P

ppa

Guest
Es dürfte in Zukunft tatsächlich etwas enger werden.

Allerdings habe ich den Eindruck, dass es hier erhebliche regionale Unterschiede gibt; wer örtlich wechseln kann, hat schon mehr Möglichkeiten.

Auch stellt die Industrie immer noch mehr Patentassessoren ein, als sie ausbildet.

Der Markt ist daher etwas komplexer.
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi,

die meisten Kanzleien, die ich kenne, bilden nicht über Bedarf aus, sondern nur für den Eigenbedarf. Das mag sicher für die Großkanzleien in München anders sein, aber sieht man mal von denen ab, steht der Eigenbedarf hoch im Kurs.
Außerdem darf man auch nicht vergessen, daß am Anfang der Kandidat mehr Geld kostet als er ranschafft.

Ciao

arcd007
 
G

grond

Guest
Edmund schrieb:
Mein Eindruck ist auch, dass die Anzahl der Kandidaten erheblich zugenommen hat.
Meine Informationen besagen, dass etwa 2200 Patentanwälte bundesweit über 500 aktuell in der Ausbildung befindlichen Kandidaten gegenüberstehen. Wem es normal erscheint, dass über 20% des bestehenden Personalbestandes sich gegenwärtig in einer dreijährigen Ausbildung befinden, der weiß mehr als ich...


Da viele Kanzleien über Bedarf ausbilden bzw. Kandidaten als billige Übersetzer oder Patentingenieure mißbrauchen, gilt auch die Aussage, dass die Anwaltschaft die Überschwemmung schon eindämme, wenn es zu schlimm wird, so nicht uneingeschränkt.
Bei allen Regelprozessen gibt es eine Trägheit. Die wird noch genährt durch Überschätzung der eigenen Fähigkeiten im Vergleich zur nachwachsenden Konkurrenz und der Tatsache, dass es bisher noch nie harte Zeiten für Patentanwälte gab.

Ganz rosig sehe ich die Zukunft also auch nicht, aber immer noch gut genug. Und wenn den Arbeitstieren des Berufsstandes mit ihren 14-Stundentagen mal etwas Arbeit genommen wird, hat das vielleicht auch sein Gutes. Vielleicht hat man dann später mal eher eine Chance, nicht schief angeguckt zu werden, wenn man eine andere Lebensplanung propagiert...
 
G

Gert

Guest
  • Die Kandidatenschwemme ist überhaupt noch nicht im Markt angekommen, sondern kämpft gerade mit Amtsjahr, EPA-Prüfung, Kanzleiausbildung etc. Bis ein PA seine volle Arbeitsleistung entfaltet vergehen nach der Ausbildung noch ein paar Jahre.
  • In den letzten 8 Jahren haben sich die Anmeldungen verdoppelt, in den nächsten 8 Jahren verdoppeln sich wahrscheinlich die EPA-Vertreter, ob da die Anmeldungen nochmal mithalten können? Das sieht mir wie an der Börse im glorreichen Jahr 2000 aus: Die letzten Jahre ging es hoch also geht es auch so weiter...
  • Ich kenne massenhaft Kanzleien, aus denen fertige PAs ausgespuckt werden. In grossen Betrieben lohnt sich das Kandidatengeschäft sehr wohl, die Kandidaten bilden sich dort zu einem grossen Teil gegenseitig aus (wie gut, kann sich jeder selbst ausmalen).
  • Über das grosse Wehklagen wurde in einem anderen Thread hier von PA jung geschrieben. Es stimmt alles, was da zu lesen ist. Und: Der Verdienst in einer kleinen, neu aufgemachten Kanzlei geht im ersten Jahr gegen 0. Danach wirds dann besser, aber nichts für Leute mit großem Finanzbedarf.
  • Es gibt Kanzleien (nicht Einzel-PAs), die Übersetzungen als Kollegenarbeit annehmen. Das gabs vor 10 Jahren noch nicht.
Fazit: Nur zu! Es gibt auch immer noch haufenweise Leute, die sich für Jura einschreiben, warum weiss niemand so genau.
 
N

Noch-Kandidat

Guest
Nachdem unsere Ausbildungszeit nun zu Ende ist, gibt es etliche Kandidaten, die nicht mehr mit ihrer bisherigen Kanzlei weiter zusammenarbeiten können, also quasi "nicht übernommen werden" (Ausdruck passt nicht ganz, da ein Angestelltenverhältnis sowieso i.d.R. nicht folgt). Das liegt dann wohl daran, dass bei einigen Kanzleien unerwartet der Bedarf etwas geringer ist als ursprünglich angenommen. Bei anderen wurden tatsächlich Kandidaten lediglich als billioge Arbeitskräfte angeworben.
 
M

Martin

Guest
Zitat: Meine Informationen besagen, dass etwa 2200 Patentanwälte bundesweit über 500 aktuell in der Ausbildung befindlichen Kandidaten gegenüberstehen.

Das erscheint mir normal: Ich würde dann davon ausgehen, dass gut 300 von 500 die Ausbildung abschliessen, d.h. gute 100 pro Jahr. Wenn so ein fertiger Kandidat im Schnitt ca. 30 Jahre alt ist und bis ca. 60 arbeitet, dann sollte sich die Zahl aktiver PA bei diesen Zahlen langfristig auf ca. 3000 einpendeln. Vielleicht auch etwas mehr. OK? Oder habe ich mich verrechnet?

Was mich eher interessieren würde: Was passiert wenn es doch mal zuviele PAs gibt. Können weniger gute PAs auch einfachere Tätigkeiten übernehmen? Was machen derzeit eigentlich weniger erfolgreiche PAs? Oder gibt es so was gar nicht?
 
G

GAST_DELETE

Guest
Weniger gut soll hier wohl weniger erfolgreich heißen. Wobei auch das relativ ist.

Aber sagen wir so, die nicht so umsatzstarken PAs machen meist Kollegenarbeit. Das heißt idR Anmeldungen ausarbeiten ohne Kundenkontakt und ohne dass der Kunde davon erfährt. Das machen auch einige für Firmen direkt, wobei die Anmeldungen dann von den Firmen eingereicht werden. So kommt man nicht leicht auf große Umsätze.
 
P

PA

Guest
Wobei Kollegenarbeit i.d.R. bedeutet, dass das Grundhonorar zu 100% und das Honorar für die abgerechneten Stunden zu 50% bei dem PA bleiben, die den Mandanten haben.
 
G

grond

Guest
Martin schrieb:
Ich würde dann davon ausgehen, dass gut 300 von 500 die Ausbildung abschliessen, d.h. gute 100 pro Jahr. Wenn so ein fertiger Kandidat im Schnitt ca. 30 Jahre alt ist und bis ca. 60 arbeitet, dann sollte sich die Zahl aktiver PA bei diesen Zahlen langfristig auf ca. 3000 einpendeln.
Erstens arbeiten viele Patentanwälte, bis sie 70 sind, dann werden sie gewöhnlich durch die Altersbestimmungen in den Sozietätsverträgen rausgekegelt, zweitens ist die Quote von 300/500 viel zu optimistisch (je nach Sichtweise auch pessimistisch). Durch die Prüfung fallen gerade einmal durchschnittlich 5%, da werden wohl eher 500/3 Kandidaten pro Jahr fertig, da die Zahl der gemeldeten Kandidaten irgendwo bei 550 liegt. Die Rechnung würde bei 35 Berufsjahren 5800 Patentanwälte ergeben, bei 30 Jahren dann 5000. Gegenüber aktuell 2200 ein erheblicher Zuwachs!


Was mich eher interessieren würde: Was passiert wenn es doch mal zuviele PAs gibt.
Preisdruck, was sonst? Fängt ja auch schon an, viele Firmen proben schonmal, wie weit man nach unten gehen kann, und stellen erfreut fest, dass die Patentanwälte angesichts der Wirtschaftskrise das meist mitmachen. Natürlich werden die dann etwas dagegen haben, dass die Honorare wieder steigen, wenn es wirtschaftlich besser läuft.
 
P

ppa

Guest
grond schrieb:
Martin schrieb:
Ich würde dann davon ausgehen, dass gut 300 von 500 die Ausbildung abschliessen, d.h. gute 100 pro Jahr. Wenn so ein fertiger Kandidat im Schnitt ca. 30 Jahre alt ist und bis ca. 60 arbeitet, dann sollte sich die Zahl aktiver PA bei diesen Zahlen langfristig auf ca. 3000 einpendeln.
Erstens arbeiten viele Patentanwälte, bis sie 70 sind, dann werden sie gewöhnlich durch die Altersbestimmungen in den Sozietätsverträgen rausgekegelt, zweitens ist die Quote von 300/500 viel zu optimistisch (je nach Sichtweise auch pessimistisch). Durch die Prüfung fallen gerade einmal durchschnittlich 5%, da werden wohl eher 500/3 Kandidaten pro Jahr fertig, da die Zahl der gemeldeten Kandidaten irgendwo bei 550 liegt. Die Rechnung würde bei 35 Berufsjahren 5800 Patentanwälte ergeben, bei 30 Jahren dann 5000. Gegenüber aktuell 2200 ein erheblicher Zuwachs!


Was mich eher interessieren würde: Was passiert wenn es doch mal zuviele PAs gibt.
Preisdruck, was sonst? Fängt ja auch schon an, viele Firmen proben schonmal, wie weit man nach unten gehen kann, und stellen erfreut fest, dass die Patentanwälte angesichts der Wirtschaftskrise das meist mitmachen. Natürlich werden die dann etwas dagegen haben, dass die Honorare wieder steigen, wenn es wirtschaftlich besser läuft.
Wird bei diesen Dreisatz-Rechnungen nicht vergessen, dass auch PAss in die Industrie gehen?

Derzeit arbeiten in den Patentabteilungen oft noch PatIngs, die oft ohne Vorkenntnisse eingestellt worden - ich seh´s ja an den CEIPI-Seminaren. Falls mehr PAss ausgebildet werden und der Markt für PAs mal eng wird, könnte die Industrie einige aufnehmen. Das lohnt sich allemal, da die teure Einarbeitungszeit entfällt.
 
G

GAST_DELETE

Guest
ppa schrieb:
Falls mehr PAss ausgebildet werden und der Markt für PAs mal eng wird, könnte die Industrie einige aufnehmen. Das lohnt sich allemal, da die teure Einarbeitungszeit entfällt.
Nach meiner Erfahrung steigt mit der Firmengröße der Aufwand des Einarbeitens in die Prozesse. Bei entsprechend großen internationalen Konzernen braucht man Jahre für die Einarbeitung. Insbesondere, wenn man neben dem Ausarbeiten von Patentanmeldungen noch so Dinge wie Marken, Urheberrecht, Lizensierung, Vertragsfreigaben, Publikationsfreigaben, Produktfreigaben, etc. machen muß. Zudem muß man sich erst in die technischen Grundlagen der entsprechenden Fachgebiete der Firma einarbeiten, für die man verantwortlich ist. Die dafür notwendigen Erfahrung hat ein von außen kommender PA in der Regel nicht und muß sie sich auch erst langwierig erwerben. Da spielt die eigentliche Patentausbildung nur eine kleinere Rolle.

Bei KMUs mag das vielleicht noch leichter sein.
 
P

Prinz John

Guest
Gast schrieb:
Insbesondere, wenn man neben dem Ausarbeiten von Patentanmeldungen noch so Dinge wie Marken, Urheberrecht, Lizensierung,
Das sind bis hierhin alles reguläre Inhalte der PA-Ausbildung (bei UrhR mit Einschränkungen, aber wo soll das im technischen Bereich eine Rolle spielen?). Gerade PAs sind hier von vornherein besser ausgebildet als z. B. jeder Rechtsanwalt.

Gast schrieb:
Vertragsfreigaben, Publikationsfreigaben, Produktfreigaben, etc. machen muß.
Das scheinen mir nicht die komplexesten Aufgaben zu sein. Zum Rest siehe oben.

Gast schrieb:
Zudem muß man sich erst in die technischen Grundlagen der entsprechenden Fachgebiete der Firma einarbeiten, für die man verantwortlich ist.
Das muss man für jede einzelne Patentanmeldung üblicherweise auch. Das Denken der PAs ist daran gewöhnt, behaupte ich.

Spezielle Details gibt es immer, aber die kann ein intern von Null an Ausgebildeter auch nicht im Voraus kennen, sonst könnte er die meisten Erfindungen einfach selbst machen.
 
G

GAST_DELETE

Guest
@Prinz John

Natürlich ist ein PA prinzipiell für diesen Themen ausgebildet.

Aber es ist schon eine ganz andere Welt, wenn man in einem großen Konzern mit Strukturen und Prozessen konfrontiert wird, die sich über Jahrzehnte ausgebildet haben. Da steckt hinter jedem Teil, jedem Prozessschritt eine Menge Vorgeschichte, die man sich erarbeiten und verstehen muß.

Und neben den üblichen Freigaben gibt es auch noch Firmenübernahmen und Firmenverkäufe. Auch da muß das rechtliche Risiko analysiert werden.

Und wenn man ein Produkt, z.B. eine Software, urheberrechtlich freigeben muß, dann sollte man schon die Fallen kennen, in die die Entwickler in der Firma üblicherweise tappen. Das notwendige Wissen zu erwerben dauert einfach seine Zeit. Patentrechtliche und markenrechtliche Freigabe der Software kommt noch dazu.

Zusammenfassend: Die notwendige Erfahrung erwirbt man erst nach Jahren der konkreten Firmenmitarbeit. Da sind langjährige Firmenmitarbeiter, die sich die notwendigen rechtlichen Kenntnisse z.B. als Kandidat erwerben, auf jeden Fall begünstigt. Bei Ihnen fällt die ganze Einarbeitungszeit in die sonstigen Firmenprozesse weg, mit denen man als Mitarbeiter sowieso konfrontiert wird.
 
J

Justus2

Guest
@Martin: "Das erscheint mir normal: Ich würde dann davon ausgehen, dass gut 300 von 500 die Ausbildung abschliessen.."

Mich würde mal interessieren, wo alle diejenigen bleiben, die ihre Ausbildung nicht abgeschlossen haben (aus welchen Gründen auch immer: persönliche Gründe, Unverträglichkeit" mit der Kanzlei oder weil sie festgestellt haben, daß Patente doch nicht ihre Materie sind), d.h. die eben auch keinen neuen Aubilder gesucht/-funden haben etc.
Was läßt sich dann machen, welche Wege gibt es bzw. werden/wurden eingeschlagen?
 
G

Gert

Guest
Zurück unter die alten Fittiche ist der Weg, den die meisten Abbrecher gehen. Raus ist grundsätzlich schwierig, wobei unter 6 Monaten noch unproblematisch sein dürfte. Bitter sind die Fälle, die erst nach Jahren oder durch Zwang (Durchfallen durch die EPA-Prüfung, mehrmals) erfahren, dass für sie der Weg kein Zuckerschlecken ist.

300 Abbrecher von 500 ist viel zu wenig, die allermeisten werden auch fertig. Eher 450 von 500 also.
 
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