EPÜ Gründe für Einwendungen Dritter

Wassermelone

Vielschreiber
Ich bin auf der Suche nach einer Liste für Gründe, auf die man Einwendungen Dritter basieren kann. Die Einspruchsgründe (Art. 100) und Nichtigkeitsgründe (Art. 138) sind soweit ich weiß abschließende Listen - für Einwendungen Dritter gibt es so eine Liste meines Wissens nicht. Hier ist eine Auflistung, was ich bisher herausfinden konnte:

Die EPA Richtlinien E-VI, 3 listen folgende Gründe auf: Patentierbarkeit (Art. 52, 53), Neuheit (Art. 54, 55), erfinderische Tätigkeit (Art. 56), gewerbliche Anwendbarkeit (Art. 57), ausreichende Offenbarung (Art. 83), Klarheit (Art. 84) und unzulässige Änderungen (Art. 123(2)).

Was ist jedoch mit folgenden Fällen?
1) Anmelder ist nicht berechtigt (Art. 61; ein Nichtigkeitsgrund)
2) Erweiterung des Schutzbereichs (Art. 123(3); ebenfalls ein Nichtigkeitsgrund)
3) Einheitlichkeit (Art. 82; kein Einspruchsgrund)

Zu diesen Gründen habe ich hinsichtlich Einwendungen Dritter bislang noch keine Informationen gefunden und würde mich über Hinweise freuen!
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Ohne umfassend recherchiert zu haben meine vorläufige Einschätzung:

1) Es wird (darf!) nicht von Amts wegen geprüft (werden), ob der Anmelder berechtigt ist (Art. 60(3) EPÜ, dazu existiert m.W. auch einschlägige RS). Daher kann das m.E. auch nicht als Einwendung Dritter geltend gemacht werden (vor allem: was wäre die Rechtsfolge?). Vielmehr müsste hierzu eine (nationale) Vindikationsklage (Art. 61 EPÜ) oder, nach Erteilung, ein Nichtigkeitsverfahren (Art. 138 EPÜ) durchgeführt werden.
2) Da Art. 123(3) im Erteilungsverfahren keine Rolle spielt, fallen entsprechende Einwendungen hier aus. Bei anhängigem Einspruchsverfahren (mit geänderten Ansprüchen) sollte das aber möglich sein.
3) Einheitlichkeit ist ja eher ein formales Kriterium, also eigentlich nichts, was einer Einwendung Dritter zugänglich sein sollte (vgl. https://www.epo.org/en/legal/official-journal/2017/10/a86.html Nr. 3.4). Allerdings könnte es sein, dass ein Prüfer sich das doch zu Herzen nimmt ...

Bei 1) und 3) spielt m.E. auch der Wortlaut von Art. 115 eine Rolle, da dieser von "Einwendungen gegen die Patentierbarkeit der Erfindung" spricht, was hierbei gar nicht Thema wäre.

In der Praxis kann man vermutlich alles in einer Einwendung aufbringen, was von Amts wegen geprüft werden kann. Selbst wenn ein Anmelder argumentiert, eine Einwendung sei nach Art. 115, den Rilis oder der zitierten OJ EPO 2017, A86 nicht zulässig, kann ein Prüfer sie dennoch berücksichtigen (er könnte ja selbst draufgekommen sein). Andererseits muss der Prüfer sich auch nicht rechtfertigen, wenn eine Einwendung nicht berücksichtigt wird. Mit Einwendungen wegen Seitenrändern o.Ä. wird man wohl kaum etwas bewirken, mit unzulässiger Erweiterung oder Klarheit durchaus, wenn zutreffend.
 
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Hans35

*** KT-HERO ***
In der Praxis kann man vermutlich alles in einer Einwendung aufbringen, was von Amts wegen geprüft werden kann. Selbst wenn ein Anmelder argumentiert, eine Einwendung sei nach Art. 115, den Rilis oder der zitierten OJ EPO 2017, A86 nicht zulässig, kann ein Prüfer sie dennoch berücksichtigen (er könnte ja selbst draufgekommen sein). Andererseits muss der Prüfer sich auch nicht rechtfertigen, wenn eine Einwendung nicht berücksichtigt wird. Mit Einwendungen wegen Seitenrändern o.Ä. wird man wohl kaum etwas bewirken, mit unzulässiger Erweiterung oder Klarheit durchaus, wenn zutreffend.
In der Tat , so ist es. Der Dritte ist am Verfahren nicht beteiligt, er kann vorbringen, was er will, und der Prüfer muss sich dazu nicht äußern. Nur, wenn das Vorbringen Hand und Fuß hat, dann tut der Prüfer gut daran, das Vorbringen so zu berücksichtigen, als wäre ihm der fragliche Sachverhalt selbst aufgefallen, incl. etwaiger Druckschriften. Letztlich ist das Vorbringen das Dritten immer dann erfolgreich, wenn der Prüfer etwas "übersehen" hat und auch gewillt ist, das in Ordnung zu bringen.
 
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