Ganz normaler Wahnsinn?

6to5

BRONZE - Mitglied
Das LG Düsseldorf hat auf Betreiben von Apple dem Konkurrenten Samsung das Anbieten des "Galaxy Tabs" einstweilig verboten, und das antragsgemäß europaweit mit Ausnahme der Niederlande (aus welchen Gründen auch immer, jedenfalls hatte Apple das auch so beantragt). Das LG Düsseldorf hat das trotz hinterlegter Schutzschrift ohne Anhörung des Verfügungsgegners getan. Das Begehren wurde auf ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster zum iPad gestützt.

Nun habe ich kaum praktische Erfahrung mit Geschmacksmustern, aber ich kann nicht finden, dass nach Abzug aller technisch bedingten Merkmale da soviel Design übrigbleibt, das kopiert hätte werden können und Eigenart besäße. Jedenfalls unterscheiden sich beide Produkte wenigstens auf der Rückseite sehr deutlich, die Vorderseite wird durch einen Bildschirm mit Rand dominiert, wobei der Rand für die Hintergrundbeleuchtung und das Halten in den Händen eher technische/ergonomische Gründe haben dürfte. Außerdem ist schwarz eine logische Farbe für den Rand, da sie am wenigsten vom Bildschirm selbst ablenkt. Die abgerundeten Ecken haben unterschiedliche Radien und unterscheiden sich auch durch die sichtbare Dicke der Hinterschale des Gerätes.

Die Antragsschrift von Apple findet sich hier:

http://www.scribd.com/doc/61993811/10-08-04-Apple-Motion-for-EU-Wide-
Prel-Inj-Galaxy-Tab-10-1

Man betrachte die Gegenüberstellung der beiden Geräte auf S. 28. Natürlich sind sich beide Geräte optisch ähnlich, bei einem Tablettcomputer wird es aber auch ziemlich schwierig werden, nicht optisch ähnlich zu wirken.

Ich hätte jedenfalls nie gedacht, dass selbst das LG Düsseldorf so weit gehen würde, eine so weitreichende Entscheidung auf dem Wege der einstweiligen Verfügung zu treffen. Wenn das Hauptsacheverfahren entschieden ist, sind jedenfalls beide Produkte längst Elektroschrott. Und Schaden durch entgangenen Gewinn ist eher schwierig zu beweisen.
 

union

*** KT-HERO ***
Das LG Düsseldorf hat auf Betreiben von Apple dem Konkurrenten Samsung das Anbieten des "Galaxy Tabs" einstweilig verboten, und das antragsgemäß europaweit mit Ausnahme der Niederlande (aus welchen Gründen auch immer, jedenfalls hatte Apple das auch so beantragt).

Weil in den Niederlanden der gleiche Rechtsstreit bereits anhängig ist.

Nun habe ich kaum praktische Erfahrung mit Geschmacksmustern, aber ich kann nicht finden, dass nach Abzug aller technisch bedingten Merkmale da soviel Design übrigbleibt, das kopiert hätte werden können und Eigenart besäße.
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Ich hätte jedenfalls nie gedacht, dass selbst das LG Düsseldorf so weit gehen würde, eine so weitreichende Entscheidung auf dem Wege der einstweiligen Verfügung zu treffen. Wenn das Hauptsacheverfahren entschieden ist, sind jedenfalls beide Produkte längst Elektroschrott. Und Schaden durch entgangenen Gewinn ist eher schwierig zu beweisen.

Das ist tatsächlich Wahnsinn.
 

grond

*** KT-HERO ***
Wirklich ein interessantes Verhalten seitens des LG Düsseldorf. Es wird aber noch erstaunlicher. Soeben lese ich, dass das LG Düsseldorf die Verfügung jetzt auf ein Vertriebsverbot nur in Deutschland gegenüber der koreanischen Muttergesellschaft eingeschränkt hat. Der deutschen Tochter bleibt weiterhin ganz Europa versagt. Wie ist das verfahrensrechtlich überhaupt möglich?

Das Beste ist aber: Apple hat ein gefälschtes Bild in die Antragsschrift geschmuggelt, und zwar genau das der Gegenüberstellung auf S. 28 der Antragsschrift! Apple hat nämlich, um eine höhere Ähnlichkeit der beiden Produkte herzustellen, das Seitenverhältnis des Galaxy-Tabs verändert. Tatsächlich hat das iPad ja eine etwas gewöhnungsbedürftige Breite, die von dem üblichen 16:9-Kram abweicht. Das Galaxy-Tab ist hingegen deutlich "schlanker", weshalb Apple es einfach im Bild ein wenig gestaucht hat.

Das LG Düsseldorf ist wohl selbst schuld, wenn es sich wegen seines Rufs für solche unlauteren Machenschaften ausnutzen lässt...
 

6to5

BRONZE - Mitglied
Nicht nur das Seitenformat ist gefälscht, es gibt noch mehr "Fehler", die ein Versehen ausgeschlossen erscheinen lassen:

1. auf den echten Geräten ist ein SAMSUNG-Schriftzug zu sehen, Apple zeigt die Geräte immer ohne

2. der Bildschirminhalt des Galaxy Tabs auf S. 28, der demjenigen des iPads so schön entspricht, entspringt Apples ureigenster Phantasie. Tatsächlich hat ein Android-Gerät einen sogenannten "Home-Screen", dessen Inhalt vom Benutzer bestimmt wird. Typischerweise können dort allerlei Anzeigen wie Uhr, Kalenderblatt und Anwendungsstarter platziert werden.

Peinlich wird es für das LG Düsseldorf aber endgültig dadurch, dass es offenbar gar nicht zuständig war. Deshalb schweigt es sich wohl auch über die Gründe für die nachträgliche Einschränkung der eV aus. Hier steht mehr dazu und es gibt auch schöne Bilder zur Verdeutlichung:

http://www.androidnews.de/apple-vs-samsung-zwei-fehler-die-fur-apple-teuer-werden-konnten
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Soeben lese ich, dass das LG Düsseldorf die Verfügung jetzt auf ein Vertriebsverbot nur in Deutschland gegenüber der koreanischen Muttergesellschaft eingeschränkt hat. Der deutschen Tochter bleibt weiterhin ganz Europa versagt. Wie ist das verfahrensrechtlich überhaupt möglich?

Das habe ich mich auch gerade gefragt, nachdem ich die Meinung des bekannten Patentrechtsaktivisten auf Spiegel Online gelesen habe. Meiner Meinung nach haben sich Antragsteller und LG einen dicken Fehler geleistet, indem das LG Düsseldorf nicht zuständig für eine EU-weite Unterlassung gegen die Samsung Mutter ist:

Der Fehler liegt nicht an der Auslegung von "Niederlassung", wie der Aktivist glaubt. Man schaue sich die letzte Seite 44 des Antrags von Apple an. Dort wird die Internationale Zuständigkeit nicht mehr korrekt anhand der GGV ermittelt. Damit wird aber übersehen, dass nur Art. 82 Abs. 5 GGV für die Samsung Mutter anwendbar ist, da die Verletzungshandlung in Deutschland drohte. Damit können prinzipiell nur noch Verletzungshandlungen in Deutschland wegen Art. 83 Abs. 2 GGV gegen die Mutter geltend gemacht werden. Das gilt wegen Art. 90 Abs. 3 GGV auch für eine einstweilige Verfügung.

Für die Tochter bleibt es aber bei Art. 82 Abs. 2 GGV bzgl. der Zuständigkeit des LG Düsseldorf.
 

grond

*** KT-HERO ***
@Lysios: Du bringst mich immer wieder zum Staunen, wirklich erstklassig!

Aber noch einmal rein verfahrenstechnisch: wenn ich meine eV bekomme, habe ich doch mit dem Verfügungsurteil einen Titel in der Hand. Wie kann das Gericht den nachträglich einschränken? "Offensichtlicher Fehler"?

Ich bin sehr auf den 25. August gespannt...
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Aber noch einmal rein verfahrenstechnisch: wenn ich meine eV bekomme, habe ich doch mit dem Verfügungsurteil einen Titel in der Hand. Wie kann das Gericht den nachträglich einschränken? "Offensichtlicher Fehler"?

Samsung wird ja wohl Widerspruch eingelegt haben. Als Resultat der nun erstmals erfolgten mündlichen Verhandlung dürfte das LG die eV eingeschränkt haben. Die hypothetische Möglichkeit der Hinterlegung einer Sicherheitsleistung von Samsung würde ich hier ausschließen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Am 25. August ist wohl doch erst die mündliche Verhandlung über den Widerspruch. Ich dachte, da geht es schon um die Verletzungsklage.

Im Heise News Ticker hieß es gestern nämlich:

"Das Gericht hatte die Einstweilige Verfügung vergangene Woche für die gesamte Europäische Union bis auf die Niederlande erlassen, wo ein separates Verfahren anhängig ist. Nach der Entscheidung hatten Experten bezweifelt, ob das LG Düsseldorf im Falle der koreanischen Muttergesellschaft dafür überhaupt zuständig war. Diese Zweifel haben nun auch das Gericht bewegt, die Verfügung entsprechend einzuschränken, erklärte ein Sprecher gegenüber der Tagesschau."

Also vermutlich doch offensichtlicher Fehler.
 

grond

*** KT-HERO ***
Also vermutlich doch offensichtlicher Fehler.

Damit wird es dann wohl erst richtig peinlich für das LG Düsseldorf. Ein offensichtlicher Fehler, den man leider beim Schwingen der ganz schweren Rechtskeule übersehen hat. Ich meine, ein offensichtlicher Fehler sollte doch eigentlich so etwas wie eine versehentlich hinzugefügte Null bei der Strafandrohung sein oder so, nicht die im klassischen Aufbau bereits eingangs zu prüfende rechtliche Frage der Zuständigkeit... :)
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Eine Möglichkeit ist mir gerade noch aufgefallen: § 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Das könnte der Rettungsanker gewesen sein, um ohne die Peinlichkeit der Berichtigung auszukommen. Das würde auch erklären, warum man nur von Zweifeln spricht und nicht davon, dass man einen Fehler gemacht hat. Wegen der Zweifel wird nach dem Widerspruch die eV mittels einer einstweiligen Anordnung wieder teilweise rückgängig gemacht.
 

grond

*** KT-HERO ***
Eine Möglichkeit ist mir gerade noch aufgefallen: § 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Dann wäre aber die Verfügung nicht abgeändert, sondern nur ihre Vollstreckung für das EU-Ausland gegenüber der Samsung-Muttergesellschaft ausgesetzt. Und gemäß §707 ginge das nur auf Antrag.
Scheint mir nicht unbedingt zu den Verlautbarungen zu passen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Scheint mir nicht unbedingt zu den Verlautbarungen zu passen.

Ja, stimmt. Ich bin nur mittlerweile völlig misstrauisch, was die Medien schreiben, da meist ein falsches Verständnis vorliegt. Und weil es nur hieß, Zweifel von Experten hätten das Gericht bewogen. Und die Anregung zu einem solchen Antrag lässt sich Samsung sicherlich einfach vermitteln.

Aber wahrscheinlich ist es doch wirklich § 319 ZPO und man hat nur nicht offen aussprechen wollen, dass man einen Fehler gemacht hat.
 

grond

*** KT-HERO ***
Ich bin nur mittlerweile völlig misstrauisch, was die Medien schreiben, da meist ein falsches Verständnis vorliegt.

Die Erfahrung lehrt, dass man juristische Laien auch fast nie davon überzeugen kann, dass sie mit ihrem Rechtsverständnis völlig falsch liegen. Einerseits ist die Rechtssprache bekanntlich Deutsch, so dass jeder meint, die Gesetzestexte verstehen zu können, andererseits spinnen Juristen ja sowieso grundsätzlich, so dass eine abweichende Auslegung dann nur entweder auf mangelndem logischen Denkvermögen, oder aber auf sinistren Motiven beruhen kann...

Der weitere Verlauf des Verfahrens wird jedenfalls spannend. Eigentlich bleibt kaum etwas anderes, als die eV am 25. August zu kassieren. Dann wird die Frage eines möglichen Prozessbetrugs diskutiert werden müssen. Dem LG Düsseldorf traue ich aber jederzeit zu, die mit einem unbedeutenden Mangel behaftete Verfügung später durch Urteil zu bestätigen. Sonst könnte ja noch jemand auf die Idee kommen, man sei fehlbar...
 

Fip

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb weiter unten: "Für die Tochter bleibt es aber bei Art. 82 Abs. 2 GGV bzgl. der Zuständigkeit des LG Düsseldorf."

Ich frage mich gerade, wieso das LG Düsseldorf für ein EU weites Verbot gegen die Samsung Tochter aus DE zuständig ist. Soweit ich die Zuständigkeitsregelungen der GGsmV verstehe (Art. 79 GGsmV ff.), kann ich einen europaweiten Titel doch nur erwirken, wenn sich nach Art. 83 (1) die Zuständigkeit des Gerichts aus Art. 82 (1) bis (4) herleiten lässt.

Wenn ich aber nun die Samsung Electronics GmbH aus Schwalbach nehme, die zweifellos einen Sitz in Hessen/Deutschland hat, dann müsste sich die Zuständigkeit des LG Düsseldorf doch aus Art. 82 (1) herleiten lassen, um gemäß Art. 83 (1) eine Zuständigkeit für die gesamte EU begründen zu können, denn wenn das LG Düsseldorf nur wegen des Drohens der Verletzungshandlung in Deutschland wegen Art. 82 (5) zuständig ist, hat es i.V.m. Art. 83 (2) kein Recht, ein EU-weites Unterlassungsgebot auszusprechen. Soweit, so gut.

Was mir fehlt ist die Diskussion der örtlichen Zuständigkeit nach Art. 80 (2). Denn Deutschland hat schließlich mit dem LG Frankfurt auch ein Gericht in Hessen benannt (siehe hier auf S. 163: http://oami.europa.eu/ows/rw/resource/documents/CTM/legalReferences/national_law_de.pdf). Wäre dieses nicht ausschließlich für ein EU-weites Verbot gegen die in Hessen ansässige Samsung Electronics GmbH zuständig, weil sich nur dessen örtliche Zuständigkeit für Hessen auf Art. 82 (1) stützen kann, nicht aber die des in NRW ansässigen LG Düsseldorf?

Kann mich hier jemand hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit aufklären?
 

Fip

*** KT-HERO ***
Kurz zur Ergänzung meines Beitrags siehe hier: http://www.gesetze-im-internet.de/geschmmg_2004/__63.html

Frage: Hat die Landesregierung Hessen oder die hessische Landesjustizverwaltung nach § 63 (2) und (3) GeschmMG die örtliche Zuständigkeit für Schwalbach (zumindest auch) nach Düsseldorf gegeben? Soweit ich das sehe nicht (vgl. TABU, Band 1, Abschnitt 315, S.7 für Hessen).
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Kann mich hier jemand hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit aufklären?

Art. 82 GGV regelt nur die internationale Zuständigkeit, d.h. die Zuständigkeit deutscher Gericht wird damit geklärt. Nach Art. 82 Abs. 2 GGV sind aber deutsche Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte international für die Tochter zuständig.

Innerhalb Deutschlands regelt die örtliche Zuständigkeit die ZPO. Da ist natürlich der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung für ganz Deutschland nach § 32 ZPO einschlägig, weswegen der Kläger nach § 35 ZPO die Wahl hat. Natürlich kann er dann Düsseldorf wählen, welches auch Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Achso, die Formulierungen in der GGV sind natürlich deshalb etwas merkwürdig, da es nach Möglichkeit nur ein Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht pro Mitgliedsstaat geben sollte. Deutschland hat da wie üblich über die Stränge geschlagen, so dass in fast jedem Bundesland mindestens ein solches Gericht existiert.
 

grond

*** KT-HERO ***
Die Zulässigkeit eines fliegenden Gerichtsstandes für Gemeinschaftsgeschmacksmustersachen ist aber durchaus diskussionswürdig, auch wenn Lysios hier zweifellos die ganz überwiegende Meinung korrekt wiedergibt.

Tatsächlich hat Deutschland alles andere als eine "möglichst geringe Anzahl nationaler Gerichte" benannt (Art. 81 (1) GGV). Art 81 (2) GGV setzt dann eine örtliche Zuständigkeit jedes einzelnen Gerichts voraus, die der Kommission mitzuteilen ist. Ich finde, Fip bemerkt ganz richtig, dass Art. 82 (5) GGV eine (optionale) Sonderregelung für genau diejenigen Fälle trifft, die im deutschen Recht den fliegenden Gerichtsstand eröffnen. Der Fall der örtlichen Zuständigkeit ist in Art. 82 Abs. 1 bis 3 geregelt.

Die EU-Logik bezügl. internationaler Zuständigkeit lautet verkürzt: wenn Bezug zum Wohnort einer Partei, dann ist das Gericht auch EU-weit zuständig; wenn jedoch nur Bezug auf den Ort einer tatsächlichen oder drohenden Verletzungshandlung, dann ist das Gericht nur national zuständig.

Die Regelung hat meines Erachtens eine Schutzfunktion für den Beklagten: wenn ich mir schon ein EU-weites Verbot einfange, dann soll doch wenigstens das am Sitz des Beklagten zuständige Gericht darüber entscheiden. Handelt es sich bei der Beklagten um ein nicht-EU-Unternehmen, dann gönnen wir dem Kläger eine örtliche Zuständigkeit an seinem Sitz, da er ohne Art. 82 (2) praktisch gar keine Möglichkeit hätte, mit einem einzelnen Verfahren seinen EU-weiten Schutz gegen einen pösen Importeur durchzusetzen. Kann der nicht-EU-Kläger nun aber plötzlich in Deutschland wieder einen Gerichtsort wählen, dessen Zuständigkeit nicht nach dem Wohnsitzprinzip bestimmt wird, wird die Schutzfunktion ausgehöhlt. Für den Fall eines fliegenden Gerichtsortes soll ich nach EU-Willen ja gerade nur ein örtlich beschränktes Verbot befürchten müssen, kein EU-weites. Dem nicht-EU-Kläger hingegen ist jeder Gerichtsort örtlich gleichwertig. Die deutsche Regelung stellt den deutschen Beklagten daher schlechter als vom EU-Recht vorgesehen. Zwar ist Inländerdiskriminierung zulässig, dies gilt aber nur im Vergleich zum EU-Ausländer, nicht zum "echten" Ausländer. Von daher scheint eine Zulässigkeit der Anwendung des fliegenden Gerichtsstandes allein auf die durch Art. 82 (5) bestimmten Fälle beschränkt nicht unlogisch. Dann muss aber auch maximal ein örtlich beschränktes Verbot drohen.

Das ist zweifellos ein eher dünnes Brett, aber falls das Importverbot nach der Verhandlung am 25. aufgehoben wird, wäre es für die Beklagte eigentlich nicht uninteressant, diese Rechtsfrage mal langwierig klären zu lassen...
 
Zuletzt bearbeitet:

Lysios

*** KT-HERO ***
Ich finde, Fip bemerkt ganz richtig, dass Art. 82 (5) GGV eine (optionale) Sonderregelung für genau diejenigen Fälle trifft, die im deutschen Recht den fliegenden Gerichtsstand eröffnen. Der Fall der örtlichen Zuständigkeit ist in Art. 82 Abs. 1 bis 3 geregelt.

Also ich unterscheide internationale, sachliche, funktionelle und örtliche Zuständigkeit eines Gerichtes.

Art. 82 GGV regelt m.E. eindeutig nur die internationale Zuständigkeit. Art. 82 Abs. 5 GGV bezieht sich daher nur auf die Zuständigkeit deutscher Gerichte. Dafür ist wiederum die EuGVVO heranzuziehen, insbesondere für die Auslegung, was internationaler Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist.

Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich in Deutschland aus Art. 81 GGV, § 63 GeschmMG und den jeweiligen Verordnungen der Länder.

Die örtliche Zuständigkeit in Deutschland ergibt sich aus §§ 12 ff. ZPO. Diese ist eine andere als die internationale Zuständigkeit, somit ist auch der örtliche Gerichtsstand der unerlaubten Handlung etwas anderes als der internationale.

Eichmann/v. Falckenstein, 4. Auflage GeschmMG 2010, § 52 Rn 6 ff. sollte hier hilfreich zum Verständnis sein.

Mir waren bislang keine Mindermeinungen hierzu bekannt :)
 
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