Allg. Eigenvalidierung & Aussichten

Carlifaxx

Schreiber
Guten Morgen sehr geehrte Forumsmitglieder,

ich bin mir bewusst, daß Ihr sicherlich schon einige Themen hattet, welche sich mit meinem Anliegen decken! Dennoch wäre ich sehr froh, wenn ich nicht gleich einen Link zu einem bereits bestehenden Foreneintrag bekäme; da jede Situation/Anfrage individuell ist.

Im Prinzip habe ich vier Anliegen: (i) Chancen auf dem aktuellen Markt, (ii) Pros & Contras Patentingenieur, (iii) finanzielle Genugtuung und (iv) PostDoc.

Zu (i): Im Prinzip möchte ich nur wissen, ob ich mit meiner Ausbildung überhaupt eine Chance hätte die Ausbildung zu beginnen! Zu meiner Person:

- 28 Jahre
- Promotionsstudent Biochemie im letzten Jahr
- Vertriebs- (IHK) und Patentigenieur (Hagen)
- Master of Science in Engineering (Biotechnologie)
- Diplom-Ing. (FH) Umwelttechnik

Wie ich mitbekommen habe, besitzen die meisten Kanzlein fachlich-spezialisierte "Subgroups"; diese sind jedoch meist nur Maschinenbau, E-Technik, Chemie, Biologie. Nur habe ich schon sehr viel (auch hier im Forum) gelesen, dass z.B. Biochemiker und Biotechnologen (was ich beiden in Theorie bin) oft als Biologen abgestempelt werden! Das möchte ich eigentlich nicht - weil es absolut nicht der Wahrheit entspricht! Ein reiner Chemiker sowie reiner Ingenieur bin ich jedoch auch nicht - was die praktischen Tätigkeiten angeht!

Deshalb: was meint ihr? Könnte ich dennoch die Ausbildung erwägen? Weil im Prinzip lebe ich zwischen den zwei Welten! Theoretisch - Ingenieur, Praktisch - Labor (Genetik, Molekularbiologie etc.)! Aber ich muss sagen, daß mir der Hagener Patentigenieur auch Freude bereitet hat und ich mir durchaus vorstellen kann, daß mal zu machen (obwohl das im Vergleich zur PA-Ausbildung Peanuts waren, nehme ich an).

Zu (ii): Warum eigentlich PA und nicht einfach PI? Ich habe viele Seiten von großen Kanzlein gesehen, wo promovierte Naturwissenschaftler und Ingenieure als PI arbeiten! Jedoch konnte ich die Kosten&Nutzen nicht wirklich herauslesen? Im Prinzip ist die tägliche Arbeit sowie das Gehalt doch durchaus vergleichbar, oder nicht!? Zumindestens bis zu den Punkt, daß der PI nicht vor Gericht treten oder selbstständig beraten darf, sehe ich das richtig. ABER es MUSS einen Vorteil geben, sonst würde ja keiner PA werden ... ist es die "größere Freiheit/ Verantwortung", der dickerer Geldbeute oder bessere Karrierechancen?

Zu (iii): Lohnt sich die Ausbildung finanziell (Ich weiß, die Frage kam viel)!? Mich interessiert nicht reich zu werden, sondern angemessen (besonders für die Ausbildung) entlohnt zu werden? Nach 10 Jahren Studium mit jetzt 1400,- Netto für ne 60 Stundenwochen, bin ich an einem Punkt wo ich die Promotion schnellstmöglich abschließen möchte, um ENDLICH mal bissl mehr auf die Hand zu haben (besonders hier in München).
Eine bekannte Personalerin meinte, dass man in der Ausbildung (in M) wohl mit 2500,- Netto rechnen kann; aber auch die Möglichkeit hat, sich mit Übersetzungen bis zu 500,- dazu zuverdienen. Mir ist durchaus bewusst, daß man noch einmal in "die Lehre geht" und deshalb nicht viel erwarten kann - aber mit 2500,- auf die Hand wäre ich durchaus zufrieden! Entspricht das euren Erfahrungen? Möchte keine Zahlen hören :), die Aussage, daß sich der "steinige Weg" am Ende, nach der Ausbildung auch finanziell lohnt, genügt mir!
Weil bei den ganzen Foren und Webseiten war alles dabei: Patentanwälte gehören zu den Bestverdienesten (> 80t Brutto) VS als Patentanwalt wird man nicht sonderlich reich (max. 50t Brutto). Also bei 50t Brutto (ca. 2500,- Netto monatlich) seh ich den Mehrwert der (zu) langen Ausbildung nicht ...

Zu (iv): Auf den Punkt gebracht ... 1-2 Jahre PostDoc vor der Ausbildung - positiv/negativ!? Weil im Prinzip verkauft man sich noch einmal 2 Jahre für "unter Wert" und hat nicht wirklich nen Nutzen, wenn man nicht in der Academia bleiben möchte. Weil die Anzahl der Paper hat nicht wirklich ne Relevanz, oder liege ich da falsch?

Ich weiß .. da war jetzt viel! Dennoch: musst ich meine Neugier rauslassen! Ich hoffe, daß ihr so nett seid, mir einzelne Frage zu beantworten. Weil im Prinzip ist es wieder so ein Punkt im Leben, wo man bewusst ne große Veränderung generiert und einen Weg einschlägt! Ich möchte den richtigen Weg einschlagen & deshalb stelle ich merkwürdige Fragen!

Ich Danke Euch und wünsche noch einen angenehmen Tag.
LG, Carlo
 

Karl

*** KT-HERO ***
Also ich kann nur aus der Perspektive eines in einer Berliner Kanzlei arbeitenden Patentingenieurs was dazu sagen:

- Gehaltsvorstellungen als Kandidat sind sehr optimistisch. Selbst wenn ich da nochmal nen guten München-Bonus aus Berliner Perspektive draufschlage, sind 2.5k Netto sehr sehr optimistisch. Vieleicht in dieser Konstellation: Arbeiten in München, große renomierte Kanzlei mit sehr langen Arbeitszeiten + relativ einsitiger Arbeit (möglichst oft immer das selbe, da man so am schnellsten Gewinn einbringt...vom Lernen her ist das allerdings nicht so der hit), Ehefrau und hierdurch günstige Steuerklasse. In der Konstellation könnte ich mir vieleicht 2.5k als Kandidat vorstellen. Allerdings wirst du dann Abends kaum noch Übersetzungen machen wollen, und je Kanzlei wirst du dass auch gar nicht dürfen...

Beim Planen, wie lang du arbeitest musst du mit berücksichtigen, dass die Arbeitsdichte eine ganz andere ist als an der Uni. Früher konnte ich auch mal 12 Stunden am Stück im Labor stehen. Kein Problem. Typische Messarbeit ist ja alle 5 Minuten nen paar Knöpfe Drücken und warten, dass die Maschine mißt. Nach 9 Stunden Anmeldung schreiben oder Patentrecherchen ist man deutlich heftiger erledigt als nach 12 Stunden Labor. Am Anfang habe ich das völlig unterschätzt. Solltest du an sowas wie Übersetzungen am Feierabend wirklich denken, berücksichtige dies...

- Gehaltsvorstellungen als PA sind zumindest im realistischen Bereich (mit den ca 80k). 50k dürften dem Hörensagen nach in München eher so als Patentingenieur drinn sein.

- Wie das mit Biotechnologe gesehen wird, hängt sehr von der Kanzlei ab. Grade mittelgroße Kanzleien können das sogar ganz gut finden, wenn du überzeugend rüberbringst, dass du von Technik Ahnung hast. Wenn dann was Biolastiges als Auftrag rein kommt, weiß man wenigstens wohin damit ^^ Außerdem: Bei vielen Kanzleien betrefen 60-80% der Anmeldungen technich simple Gegenstände. Ich würde sagen, dass ich für den Großteil der Anmeldungen die ich schreibe eher das Grundlagenwissen aus Experimentalphysik 1 + 2 oder so + ne portion gesunden Menschenverstand brauchen als Wissen aus dem Hauptstudium. Und selbst wenn spezialwissen gefragt ist, musst du halt in der Lage sein dir das in einem Tag drauf zu schaffen. Wirklich wichtig ist, dass du in der Lage bist sehr sehr schnell neue dinge grundlegend zu verstehen.

- Zum Postdock: Wenn du jetzt schon weist, dass du in die Patentbranche willst, mach keinen Postdock. Das dankt dir keiner, ganz im Gegenteil fragt man sich dann, ob du vieleicht in die Patentbranche willst, weil du an der Uni nicht weiter kommst. Bestenfalls billigt dir derjenige, der deine Bewerbung liest zu, dass du in der Zeit gute Arbeit gemacht hast - wobei die entsprechende Berufserfahrung für das neue Tätigkeitsfeld leider wertlos ist. Außerdem ist nen hohes Einstiegsalter in der Patentbranche nicht so gern gesehen. Häufig sind ältere Einsteiger nicht mehr so gut in der Lage, sich an den mit dem Beruf verbundenen Stress zu gewöhnen. Bei uns werden Leute über 35 nur sehr sehr selten genommen.

Wie gesagt, alles nur meine persönliche Meinung aus dem fernen Berlin.
 

Carlifaxx

Schreiber
Hallo Karl! Vielen Dank für deine Ausführungen.

Gehaltsvorstellungen als Kandidat sind sehr optimistisch. Selbst wenn ich da nochmal nen guten München-Bonus aus Berliner Perspektive draufschlage, sind 2.5k Netto sehr sehr optimistisch. Vieleicht in dieser Konstellation: Arbeiten in München, große renomierte Kanzlei mit sehr langen Arbeitszeiten + relativ einsitiger Arbeit (möglichst oft immer das selbe, da man so am schnellsten Gewinn einbringt...vom Lernen her ist das allerdings nicht so der hit), Ehefrau und hierdurch günstige Steuerklasse.

Okay. Wie gesagt, kenne nur zwei Aussagen: (i) 2.5k Netto plus Aufschlag UND (ii) von einem Kanditaten, bei einer großen Kanzlei, welcher von bissl mehr als einem PostDoc-Gehalt (= 2.4k Netto mit TV-L13, Stufe 4 und Steuerklasse 1) sprach. Aber weiß jemand, wie das gerechtfertigt ist, dass man mancherorts als promovierter Akademiker nur (oder weniger) als 2k Netto bekommt ... ist eigentlich der Hammer!? Als Direkteinsteiger würde man locker das Doppelte bekommen; d.h. nach der PA-Ausbildung muss ja theoretisch ordentlich was reinkommen, damit sich schlussendlich die Promotion plus die Ausbildung auszahlt ... oder denke ich da mit einer rosa-roten Brille!

Nach 9 Stunden Anmeldung schreiben oder Patentrecherchen ist man deutlich heftiger erledigt als nach 12 Stunden Labor. Am Anfang habe ich das völlig unterschätzt.

Ne, das glaub ich Dir aufs Wort. Finde die Promotion, besonders aufgrund der Freiheiten, die man genießt, schon "gechilled" (solange es läuft). Aber ich bin mir auch durchaus bewusst, daß es nach der Forschung überall so sein wird; egal ob Trainee, Laborleiter, Abteilungsleiter oder eben PA.

Gehaltsvorstellungen als PA sind zumindest im realistischen Bereich (mit den ca 80k).

Okay. Na wenigstens! Aber ist das nur in M so bzw. verdient man überall anders (also in HH, B, D, L, S etc.)?

Grade mittelgroße Kanzleien können das sogar ganz gut finden, wenn du überzeugend rüberbringst, dass du von Technik Ahnung hast.

Naja ... hatte 6 Semester Mathematik und 5 Semester Physik bzw. technische Physik ... Ingenieursausbildung halt! Habe das nur nie 100% nutzen müssen - wie gesagt, bin kein Maschinenbauer oder E-Techniker!

Das dankt dir keiner, ganz im Gegenteil fragt man sich dann, ob du vieleicht in die Patentbranche willst, weil du an der Uni nicht weiter kommst. Bestenfalls billigt dir derjenige, der deine Bewerbung liest zu, dass du in der Zeit gute Arbeit gemacht hast - wobei die entsprechende Berufserfahrung für das neue Tätigkeitsfeld leider wertlos ist.

Jub. Bestätigt meine Überlegungen. Kam nur darauf, weil ich letztens bei Bayer auf ner Tagung war und diese dort meinten, dass es jetzt wieder gewünscht wird, dass ein Kandidat (Gruppenleiter etc.) auf eine höhere Position, zwischen Promotion und Gewerbung 1-3 Jahre PostDoc gemacht haben sollte! Komisch ... weil vor 5 Jahren war es noch total Wurscht bzw. nachteilig, weil man Zeit "verschwendet" hat und "älter geworden ist"!

Dennoch: Vielen Dank.
 

maroubra

*** KT-HERO ***
Kandidat in München ca. 3000 +/- 10% Brutto. Gibt vielleicht die eine oder andere Abweichung nach oben, aber das ist der Standard. Macht dann ca. 2000 Netto.
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi allerseits,

die meisten Kanzleien bieten ein leicht gestaffeltes Gehalt an. Zahlen von vor 1 Jahr: 2900€ brutto im ersten, 3100€ im zweiten und 3200-3400€ brutto im dritten Ausbildungsjahr. Bei letzterer Spanne kam es darauf an, wieviel Umsatz man macht/gemacht hat.

ICh denke nicht, daß sich an den Zahlen viel geändert hat. 2500€ netto scheinen mir aber nicht so recht erreichbar zu sein...als Kandidat.

Ciao

arcd007
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Aber weiß jemand, wie das gerechtfertigt ist, dass man mancherorts als promovierter Akademiker nur (oder weniger) als 2k Netto bekommt ... ist eigentlich der Hammer!? Als Direkteinsteiger würde man locker das Doppelte bekommen;

Wie in einer Marktwirtschaft Gehälter generell gerechtfertigt sind: Durch Angebot und Nachfrage. Solange Leute für 3000 brutto arbeiten, muss man ihnen auch nicht mehr bezahlen. Wem das nicht gefällt, kann ja "Direkteinsteiger" werden und das Doppelte verdienen. Jedem das Seine.

Bruttogehälter von 3000-3500 sind realistisch (oft gestaffelt über die Ausbildungszeit). Ich kenne einen Kandidaten, der 3800 kriegt und noch in guten Monaten bis zu 1000 mit Übersetzungen schafft. Das ist aber die absolute Ausnahme, und mit Freizeit ist dann nicht mehr viel.
 

Carlifaxx

Schreiber
An Asdevi:

Wem das nicht gefällt, kann ja "Direkteinsteiger" werden und das Doppelte verdienen. Jedem das Seine.

Ist schon klar! Darum gehts mir ja nicht! Und am Ende verdient man dann ja wieder mehr als durch "Direkteinstieg".

Ich kenne einen Kandidaten, der 3800 kriegt und noch in guten Monaten bis zu 1000 mit Übersetzungen schafft.

Aber das scheint in einer Kanzlei, deren Namen ist nicht nennen möchte, die Regel zu sein; d.h. wer schaffen will - kann & bekommt! Wer das "Standardprogramm" mit Freizeit möchte, bekommt halt den "Standard".

Aber noch einmal zu dem Hagener PI: bringt diese Qualifikation ohne prakt. Erfahrung irgendeinen Vorteil/Nutzen (und wenns zur Bewerbung ist)!? Kann mir dazu jemand etwas berichten?

Danke & schönen Abend
 

maroubra

*** KT-HERO ***
BTW: Es gibt auch den von vielen genutzten Karrriereweg, als Patentingenieur (d.h. nicht als Patentanwaltskandidat) einzusteigen, wodurch ein höheres Einstiegsgehalt möglich ist (die Kanzleien lassen sich die Ausbildungsbestätigung durch niedrigeres Gehalt indirekt bezahlen), und dann nach drei Jahren die Prüfung zum "Vertreter vor dem Europäischen Patentamt" abzulegen, wodurch es einem ermöglicht wird, "europäischer Patentanwalt" zu werden.

-Vorteile dieser Option:
+höheres Einstiegsgehalt, da kein "Azubi" sondern Patentingenieur
+kein unbezahltes Amtsjahr
+in der Praxis macht es in größeren Kanzleien kaum einen/keinen Unterschied, welche Zulassung man hat, sofern man zumindest eine hat.
+Langfristig kann man dann auch deutscher Patentanwalt/Patentassessor werden, ohne jemals "Kandidat" mit den damit verbundenen Nachteilen gewesen zu sein.

-Nachteile:
+Man darf sich nicht Anwalt nennen ;-)
+???
 

Carlifaxx

Schreiber
... nach drei Jahren die Prüfung zum "Vertreter vor dem Europäischen Patentamt" abzulegen, wodurch es einem ermöglicht wird, "europäischer Patentanwalt" zu werden.

Interessant! Also bedarf es für den europäischen Patentanwalt weder ein Amtsjahr noch das Hagen "Studium"?

Nachteile: Man darf sich nicht Anwalt nennen ;-)

Ist klar. Aber darf man die ersten 3 Jahre als Kandidat ja auch nicht! Oder meinst du das generell, daß man mit "europäischer Zulassung" in D nicht als Anwalt auftreten darf!?

Für die Ausbildund sind ja u.a. folgende Bedingungen notwendig:
Zur Prüfung werden auf Antrag u.a. Bewerber zugelassen, die ein natur- oder ingenieurwissenschaftliches Hochschuldiplom erworben haben. ... Die Dauer des Praktikums, des Angestelltenverhältnisses oder der Assistenzzeit muß mindestens 3 Jahre betragen

D.h. mindestens 3 Jahr als PI in einer Kanzlei plus die abgeschlossene Prüfung, welche ja nicht einfach sein soll, und man bekommt in Theorie die EU-Zulassung!? Hmmm ... was ich nicht verstehe ist, daß wenn man ne EU-Zulassung hat, doch theoretisch in der EU in jeden Land vertreten darf (einschl. Deutschland), oder sehe ich das falsch!? Warum dann eigentlich noch der Dt. PA (Ausbildung, Fernstudium, Amtsjahr etc.) ... ??? Wo ist der Hacken?
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Interessant! Also bedarf es für den europäischen Patentanwalt weder ein Amtsjahr noch das Hagen "Studium"?
Genau.

Ist klar. Aber darf man die ersten 3 Jahre als Kandidat ja auch nicht! Oder meinst du das generell, daß man mit "europäischer Zulassung" in D nicht als Anwalt auftreten darf!?
Genau. Ein Europäischer Patentanwalt ist vor dem Europäischen Patentamt zugelassen und sonst nirgends. (Das EPA hat zwar Sitze in München und Berlin, so dass man geographisch gesehen oft/meistens in Deutschland "auftritt", aber das meinst du ja wohl nicht).

D.h. mindestens 3 Jahr als PI in einer Kanzlei plus die abgeschlossene Prüfung, welche ja nicht einfach sein soll, und man bekommt in Theorie die EU-Zulassung!? Hmmm ... was ich nicht verstehe ist, daß wenn man ne EU-Zulassung hat, doch theoretisch in der EU in jeden Land vertreten darf (einschl. Deutschland), oder sehe ich das falsch!? Warum dann eigentlich noch der Dt. PA (Ausbildung, Fernstudium, Amtsjahr etc.) ... ??? Wo ist der Hacken?
Der "Hacken" ist, dass das Europäische Patentamt überhaupt nichts mit der EU zu tun hat. Es ist eine eigenständige internationale Organisation mit seinem eigenen Vertragswerk (dem EPÜ, Europäische Patentübereinkunft). Auch die Mitgliedschaften decken sich nicht. Alle EU-Länder sind zwar EPÜ-Vertragsstaaten, aber noch viele andere mehr (Türkei, Albanien, Norwegen, Schweiz, etc.). Du bekommst also keine EU-Zulassung, sondern eine EPA-Zulassung.

Dass man das allerdings im PI-Studium in Hagen nicht beigebracht bekommt, bestätigt meine eigenen Eindrücke über diese Kasperle-Uni.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Nachtrag: Ob man die deutsche Zulassung überhaupt braucht, darüber lässt sich streiten. Maroubra hat ja auch schon angedeutet, dass man zumindest eine Zeit lang gut auf sie verzichten kann.

Kommt wohl auf die Kanzlei und die Fachrichtung an. Die mittelständischen Maschinenbauer melden oft noch beim DPMA deutsche Patente an. Wenn man mehr für Big Pharma tätig ist, sieht man eine deutsche Akte seltener als einen Wolpertinger beim Wanderausflug.

Der Grund dafür, dass die meisten sie machen, ist wohl Tradition. Wird vielleicht doch mal irgendwo erwartet.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Der Grund dafür, dass die meisten sie machen, ist wohl Tradition. Wird vielleicht doch mal irgendwo erwartet.

Ich würde eher erwarten, dass die meisten eben doch irgenwann irgendwo Partner werden wollen. Eine Assoziierung mit deutschen Patent- und oder Rechtsanwälten geht nur dann, wenn man selbst Patent- oder Rechtsanwalt ist. Stellvertretend siehe § 52a PAO.

Selbst als freischaffender European Patent Attorney ist es nicht unkritisch als freier Mitarbeiter, wenn die Zuarbeit von Dauer ist. Da wird es wohl ganz konkret vom Einzelfall abhängen, was noch nicht als Verbindung zur gemeinschaftlichen Zusammenarbeit anzusehen ist.
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi allerseits,

zudem man ja als Patentanwalt auch z.B. bei Gebrauchsmustern, Marken, Geschmacksmuster beraten darf, was als zugelassener Vertreter vor dem EPA nicht geht.

Darüber hinaus müssen zugelassene Vertreter keine Berufshaftpflicht nachweisen, selbst wenn sie in EPA-Angelegenheiten beraten, was sehr kritisch sein, wenn was schief geht.

Ciao

arcd007
 

Aktenwaelzer

SILBER - Mitglied
Ich würde eher erwarten, dass die meisten eben doch irgenwann irgendwo Partner werden wollen. Eine Assoziierung mit deutschen Patent- und oder Rechtsanwälten geht nur dann, wenn man selbst Patent- oder Rechtsanwalt ist. Stellvertretend siehe § 52a PAO.

Selbst als freischaffender European Patent Attorney ist es nicht unkritisch als freier Mitarbeiter, wenn die Zuarbeit von Dauer ist. Da wird es wohl ganz konkret vom Einzelfall abhängen, was noch nicht als Verbindung zur gemeinschaftlichen Zusammenarbeit anzusehen ist.

Dass reine EPA-Vertreter (meist) nicht als Partner aufgenommen werden, liegt wohl eher an den Kanzleien selbst, als an rechtlichen Hindernissen.

Laut EPÜ, Art. 134(6), darf jeder in der Liste eingetragene zugelassene Vertreter (egal, ob Patentanwalt oder nicht) zum Zwecke der Durchführung von Verfahren nach dem EPÜ in jedem Vertragsstaat einen Geschäftssitz gründen. Zusammenschlüsse sind nicht ausdrücklich erwähnt (ausser bei Vollmachten vor dem EPA; R. 152(11)), aber in der Praxis üblich; schliesslich gibt es sogar einen Antrag zur Registrierung von Zusammenschlüssen auf der EPA- Homepage. Kein Vertragsstaat kann wohl verbieten (auch nicht durch eine PAO), dass sich mehrere derartige Vertreter (egal, ob Patentanwälte oder nicht) zur Gründung eines Geschäftssitzes in einem Vertragsstaat (also auch in Deutschland) gemäss Art. 134(6) EPÜ zur Durchführung von Verfahren nach dem EPÜ zusammenschliessen.

Ob das dann auf dem Briefkopf so gut ausschaut oder Probleme im Innenverhältnis der Partner aufwirft oder die Trennung der Durchführung von Verfahren nach dem EPÜ und anderer (Rechts-)Beratung schwierig ist, steht auf einem anderen Blatt. Ein derartiger Partner ist natürlich in seinen Einsatzbereichen eingeschränkt. Das müsste aber, je nach Mandantenstruktur, nicht unbedingt ein unüberwindliches Hindernis sein.
 

Karl

*** KT-HERO ***
BTW: Es gibt auch den von vielen genutzten Karrriereweg, als Patentingenieur (d.h. nicht als Patentanwaltskandidat) einzusteigen, wodurch ein höheres Einstiegsgehalt möglich ist (die Kanzleien lassen sich die Ausbildungsbestätigung durch niedrigeres Gehalt indirekt bezahlen), und dann nach drei Jahren die Prüfung zum "Vertreter vor dem Europäischen Patentamt" abzulegen, wodurch es einem ermöglicht wird, "europäischer Patentanwalt" zu werden.

-Vorteile dieser Option:
+höheres Einstiegsgehalt, da kein "Azubi" sondern Patentingenieur
+kein unbezahltes Amtsjahr
+in der Praxis macht es in größeren Kanzleien kaum einen/keinen Unterschied, welche Zulassung man hat, sofern man zumindest eine hat.
+Langfristig kann man dann auch deutscher Patentanwalt/Patentassessor werden, ohne jemals "Kandidat" mit den damit verbundenen Nachteilen gewesen zu sein.

-Nachteile:
+Man darf sich nicht Anwalt nennen ;-)
+???

Ich hab diesen Weg gemacht und bin grade mit dem EP Teil durch. Durch die Entzerrung des Lernens für EP und (muss ich irgendwann ja noch) DE Prüfung ist dieser Weg deutlich Familienfreundlicher. Auch das Amtsjahr ist hinsichtlich Familienfreundlichkeit ein Albtraum, der einem so erspaart bleibt. Man mutet sich ja nicht nur selbst das Amtsjahr zu sondern auch seiner Frau.

Bei mir kam noch als Grund hinzu, dass der Kandidatenweg versperrt gewesen wäre, da ich kein Jahr praktische technische Tätigkeit nach dem Studium vorweisen konnte (bin 28 und habe direkt mit 24 Jahren nach dem Dipl. in einer Kanzlei angefangen - da hätte man auch nicht durch Rechnerbetreuung etc. nen Jahr herausquetschen können, da war einfach allein schon aufgrund des Alters nix möglich.)

Insgesamt sehe ich den Weg aber durchaus positiv und ich bin froh, dass ich nicht erstmal noch sinnlos irgendwo nen Jahr praktisch gearbeitet habe, um dann in einer Kanzlei anzufangen. (Dies wäre für den Kandidaten weg nötig gewesen)

Allerdings sind da schon einige Nachteile:

- Ohne Deutsche Zulassung kann man unmöglich auf den Briefkopf (wegen dem Rechtsdienstleistungsgesetz). Mir ist das zwar egal (ehrlich gesagt schläft man Nachts ruhiger, wenn man nicht in der Anscheinshaftung drinn ist) aber für Leute mit etwas größerem Ego könnte das störend sein.

- Ohne Doppelzulassung ist man mit den fertigen Anwälten noch nicht gleichgestellt. Beim Patentingenieurweg dauerts bis dahin zumindest mal 8 Jahre (bei EP-"Stammgästen" evtl. sogar länger)

- Bei uns in der Kanzlei ist es noch eine unbeantwortete Frage, was man mit EP aber ohne deutsche Zulassung nun eigendlich darf - denn Rechtsberatung darf man aufgrund des RDG wohl nicht geben.

Beim letzten Punkt wäre ich für diesbezügliche Aufklärung durchaus dankbar.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Dass reine EPA-Vertreter (meist) nicht als Partner aufgenommen werden, liegt wohl eher an den Kanzleien selbst, als an rechtlichen Hindernissen.

Leider nein. Nach § 134 BGB ist ein entsprechender Vertrag teilnichtig. Dazu gibt es sogar OLG Entscheidungen (siehe Feuerich/Weyland BRAO, 8. Auflage, § 59a BRAO).

Kein Vertragsstaat kann wohl verbieten (auch nicht durch eine PAO), dass sich mehrere derartige Vertreter (egal, ob Patentanwälte oder nicht) zur Gründung eines Geschäftssitzes in einem Vertragsstaat (also auch in Deutschland) gemäss Art. 134(6) EPÜ zur Durchführung von Verfahren nach dem EPÜ zusammenschliessen.

Natürlich dürfen sich European Patent Attorneys zusammenschließen. Wenn aber einer davon deutscher PA ist, gilt für den Zusammenschluss insgesamt § 52a PAO. Das verstösst noch nicht einmal gegen Art. 12 GG. Hintergrund dieser Regelung ist, dass nach § 39a Abs. 2 PAO, der PA zur Vertraulichkeit gesetzlich verpflichtet ist. Bei den European Patent Attorneys ergibt sich das nur aus Art. 2 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern, die aber nur als Standesregel gelten. Zudem gilt das Zeugnisverweigerungsrecht im Strafprozess nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO explizit nur für PAs aber nicht für European Patent Attorneys. Das Zeugnisverweigerungsrecht nach Regel 153 EPÜ gilt nur für Verfahren vor dem EPA.

Durch § 52a PAO soll sichergestellt werden, dass nur entsprechend zur Vertraulichkeit verpflichtete Personen in Kontakt mit vertraulichen Informationen des PA kommen können.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
- Bei uns in der Kanzlei ist es noch eine unbeantwortete Frage, was man mit EP aber ohne deutsche Zulassung nun eigendlich darf - denn Rechtsberatung darf man aufgrund des RDG wohl nicht geben.

Beim letzten Punkt wäre ich für diesbezügliche Aufklärung durchaus dankbar.

Interessante Frage. Entspricht aber weitgehend schon dem Fall angestellter RA oder PA.

Natürlich kann der angestelle European Patent Attorney die Sozietät nicht nach außen vertreten, insbesondere keinen Anwaltsvertrag abschliessen. Es braucht dafür also immer einen Partner. Der Partner kann natürlich Untervollmacht erteilen, wenn dies nicht explizit ausgeschlossen ist. Da aber der Anwaltsvertrag im Zweifel immer höchstpersönlich ist, also hier von der Sozietät und damit nur von den Partnern, ausgeführt werden darf, muss sich die Sozietät vom Mandanten genehmigen lassen, dass der angestellte European Patent Attorney diesen vor dem EPA vertreten darf. Also einfach eine schriftliche Vollmacht geben lassen. Dieser wird dann natürlich nicht ggü. dem Mandanten haften, sondern nur als Angestellter ggü. der Sozietät. Letztere bleibt voll haftbar ggü. dem Mandanten für die Tätigkeit des European Patent Attorneys. Insoweit muss man sicherlich Verfahren zur Überwachung des European Patent Attorneys in der Sozietät finden, damit sichergestellt ist, dass diese nicht fahrlässig handelt. Das muss aber nicht immer bedeuten, dass jedes Schriftstück von einem Partner überprüft und unterzeichnet werden muss.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Dazu gibt es sogar OLG Entscheidungen (siehe Feuerich/Weyland BRAO, 8. Auflage, § 59a BRAO).

Da hat mir die Erinnerung wohl einen Streich gespielt; ich kann die OLG-Entscheidungen nicht mehr finden.

Was es aber gibt, ist eine LG München Entscheidung, die dieses Thema in der Begründung abhandelt:

Die Nennung von Mitarbeitern, die nicht Berufsträger eines gemäß § 52a PAO sozietätsfähigen Berufs sind, auf dem Briefkopf eines Patentanwalts, ist mit geltendem Recht nicht vereinbar. Dies gilt nicht nur für Mitarbeiter mit akademischem Berufsabschluss, sondern auch für European Patent Attorneys.

LG München I, Beschl. vom 5. Januar 2007 - Pat 4/04
zu finden in Mitt. 2007, 183

Ansonsten siehe auch noch Fitzner, Die berufliche Zusammenarbeit von Patentanwälten, GRUR 2009, 252, mit vielen weiteren Erläuterungen.
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Zwei Anmerkungen:

ersten das Rechtsberatungsgesetz hat sich in der Zwischenzeit geändert. Somit ist fraglich, ob Zusammenschlüsse nun nicht doch möglich sein könnten.

zweitens sehe ich verfassungsrechtliche Schwierigkeiten. Die Kammer behauptet, dass das Ausarbeiten von Patentanmeldungen und Vertreten vor dem Patentamt eine rechtsberatende Tätigkeit ist. Dies ist die Begründung dafür, dass Zusammenschlüsse mit Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern möglich ist. Und? ... Was tut ein EPA Vertreter? Genau! Anmeldungen Ausarbeiten von Patentanmeldungen und Einreichen und Vertreten beim Amt. Da würde ich nach dem offiziellen Rechtsweg äußerst gerne mal eine Verfassungsklage einreichen. Auch europäische Aspekte sind nicht zu vernachlässigen. Ich muss nur ein Land in der EU finden in der Zusammenschlüsse mit EPA Vertretern möglich sind, dann wird das schwierig zu begründen, warum ein deutscher Zusammenschluss zwar mit einer ausländischen Soziätät (mit EPA Vertreter) tätigen darf, jedoch ein EPA-Vertreter in DE nicht. Auch der EuGH ist eine tolle Adresse und entscheidet bei solchen Sachen sehr gern gegen restriktive Mitgliedsländer. (Ich weiß, dass eine Inländerdiskriminierung teilweise zulässig ist).

Leider bin ich schon deutscher Patentanwalt, aber das Verfahren hätte mir durchaus Spaß gemacht!
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Ich muss nur ein Land in der EU finden in der Zusammenschlüsse mit EPA Vertretern möglich sind, dann wird das schwierig zu begründen, warum ein deutscher Zusammenschluss zwar mit einer ausländischen Soziätät (mit EPA Vertreter) tätigen darf, jedoch ein EPA-Vertreter in DE nicht. Auch der EuGH ist eine tolle Adresse und entscheidet bei solchen Sachen sehr gern gegen restriktive Mitgliedsländer. (Ich weiß, dass eine Inländerdiskriminierung teilweise zulässig ist).

Verstehe ich nicht. Ein Zusammenschluss von EPA-Vertretern ist doch auch in DE möglich. Nur wenn einer zusätzlich deutscher PA oder RA ist, entsteht das Problem.

Im übrigen hat der EuGH schon entschieden, dass das Verbot der Zusammenarbeit von Anwälten mit Wirtschaftsprüfern in den Niederlanden mit EU-Recht vereinbar ist.

Im übrigen schau Dir mal § 1 Abs. 2 RDG an. Und das RDG setzt sowieso eine Registrierung voraus.
 
Oben