Allg. Eigenvalidierung & Aussichten

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Ja, es geht um den Zusammenschluss mit anderen rechtsberatenden Berufen.

Sowohl beim EuGH als auch bei den anderen Urteilen sollte man eben die Begründung lesen. Vielleicht ist es ja so, dass der niederländische Wirtschaftsprüfer keine Rechtsberatung tätigt und dass der Grund war!

Also Vorsicht mit Entscheidungen, es kommt auf die Begründung an.

Zusammenschluss rechtsberatender Berufe in Deutschland ist möglich. Es gibt eine abschließende Aufzählung. Aber ist es verfassungsmäßig OK einen anderen rechtsberatenden Beruf, der in Deutschland ausgeübt werden darf, WILLKÜRLICH durch Nichtaufzählung auszuschließen. Das ist und bleibt die spannende Frage.

Ich Wette 50,-€ darauf, dass das verfassungswidrig ist! :eek:)
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Dann mal eben Zitat:

Insoweit könne eine gewisse Unvereinbarkeit zwischen der Beratungstätigkeit des Rechtsanwalts und der Prüfungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers bestehen. Für Wirtschaftsprüfer, die mit der Abschlussprüfung betraut seien, gelte in den Niederlanden kein Berufsgeheimnis, das mit dem der Rechtsanwälte vergleichbar wäre.

In der niederländischen Regelung seien daher zu Recht Beschränkungen vorgesehen, da diese trotz der mit ihnen verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen für die ordnungsgemäße Ausübung des Rechtsanwaltsberufs erforderlich seien.

Aber im EPÜ ist der EPA Vertreter eben nun auch der Geheimhaltung verpflichtet. Ergo jeder Fall ist anders
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Aber im EPÜ ist der EPA Vertreter eben nun auch der Geheimhaltung verpflichtet. Ergo jeder Fall ist anders

Deshalb bitte die von mir zitierte LG München Entscheidung und/oder den Aufsatz von Fitzner lesen. Dort wird gerade dargestellt, dass diese Verpflichtungen nicht vergleichbar sind. Aber die wesentlichen Punkte habe ich sowieso schon oben genannt.
 

Karl

*** KT-HERO ***
@Alex:Jura: Also, es würde doch hier niemand ernsthaft empfehlen irgendetwas zu tun, was auch nur den Hauch eines Risikos hat, gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz zu verstoßen. Ob dieses vollständig Verfassungskonform ist kann und will ich nicht beurteilen, und ein wirklich sichere Beurteilung diesbezüglich (so sicher, dass man bereit wäre sein gesammtes Privatvermögen hierauf zu verwetten) ist hier vermutlich niemanden möglich.

Sich hierüber gerichtlich zu Streiten wäre blanker Wahnsinn und es macht ganz sicher keinen Spaß. Ich will mir garnicht ausmahlen, wie die Folgen hinsichtlich der Haftung aussehen für alles was man unter Missachtung des Rechtsdienstleistungsgesetzt gemacht hat....(Wenn ich Raten müsste würde ich sagen, die Haftpflicht wird Fälle, in denen man Rechtsdienstleistungen erbracht hat und nicht hätte erbringen dürften, nicht abdecken, während dann, wenn man auf dem Briefkopf wäre, die Anscheinshaftung bleibt.)

Also bleibt die ganz pragmatische Frage, wann nun etwas als Rechtsdienstleistung zählt und wann nicht. Wenn ich einem Mandanten empfehle, eine EPA-Anmeldung zu etwas einzureichen und ihn einen Anmeldetext hierfür ausarbeite, ist dies eine Rechtsdienstleistung? Wenn ich nur die Einreichung beim EPA Mache und die Korrespondenz mit dem Mandanten von nem DE Anwalt Unterschrieben wird, ist dies dann eine Rechtsdienstleistung? Wenn ich ihm ein Gutachten Schreibe, ob ein bestimmtes Produkt von ihm in den Schutzbereich eines bestimmten Europäischen Patents eingreift oder nicht, ist das dann Rechtsberatung?

Bezüglich dem Bereich Vertretung von dem Amt fand ich die Antwort von Lysios (siehe Seite 2) sehr Hilfreich (Auch wenn dies bedeutet, dass man idr. einfach weiterhin nen Anwalt mit DE und EP Zulassung unterschreiben lassen wird - die Außenwirkung gegenüber dem Mandanten, wenn man erst seine schriftliche Zustimmung für die Vertretung vorm EPA braucht, wäre sicherlich...suboptimal. Der fragt sich dann nämlich, warum seine Akten von jemanden bearbeitet werden, der nichtmal ein "richtiger" Patentanwalt ist, und warum er sich auchnoch hiermit einverstanden erklären soll.)
 
Zuletzt bearbeitet:

Lysios

*** KT-HERO ***
Ich Wette 50,-€ darauf, dass das verfassungswidrig ist! :eek:)

Dann lies Dir bitte einmal die Entscheidung des BGH zur Vorlage an das BVerfG für § 59a BRAO durch:

Az. II ZB 7/11, Beschluss vom 16. Mai 2013

http://juris.bundesgerichtshof.de/c....py?Gericht=bgh&Art=en&az=II ZB 7/11&nr=64628

Der BGH argumentiert hier gerade, dass es in Bezug auf Ärzte und Apotheker nur einen wesentlichen Unterschied gibt, nämlich dass der RA im Vergleich nur durch § 160a StPO privilegiert ist. (Dieses Privileg hat auch der deutsche PA nicht.)

Darüber hinaus (für andere Berufgruppen) hat der BGH keine Zweifel geäußert. Entscheidend ist (siehe letzter Absatz im Beschluss): Ärzte und Apotheker unterliegen gleichen Anforderungen an Ausbildung, Standesrecht und Verkammerung. Davon kann bei einem European Patent Attorney aber nicht die Rede sein.
 

macgyver01

SILBER - Mitglied
Deutsche PA können, wenn sie ein Geschäftsgeheimnis,z.B. den Inhalt einer beabsichtigten Patentanmeldung verraten, vom deutschen Staat verfolgt werden. European Patent Attorneys können nicht derart vom Staat verfolgt werden. Beispielsweise hierzu §203 StGB:

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als
[...]
3. Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft,
[...]
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Auch §365 StGB (Parteiverrat) ist nur auf Patentanwälte, aber nicht auf European Patent Attorneys anwendbar:
(1) Ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Ein European Patent Attorney ist kein Anwalt und auch kein Rechtsbeistand (siehe die weiteren gesetzlichen Definitionen hierzu). Deshalb heisst es auf Deutsch ja auch: Zugelassener Vertreter

Fazit: Ein European Patent Attorney kann vom Staat nicht strafrechtlich (also durch keine Spezialnorm) für sein Verhalten bestraft werden. Er kann nur, wie jede Person, zivilrechtlich haftbar gemacht werden.

Dies ist ein sehr, sehr großer Unterschied und begründet (wohl) die rechtlich unterschiedliche Behandlung von PA und European Patent Attorneys.
 
Zuletzt bearbeitet:

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Ich will das nun abschließen!

Ihr habt Recht. Alles was Ihr sagt ist systematisch richtig und in sich logisch konsequent. Nur scheint mir das eine ex post defacto Argumentation zu sein.

Folgendes Gedankenexperiment:

Angenommen es ist verfassungswidrig, dass ein EPA-Vertreter nicht in eine Soziätät als Partner aufgenommen werden darf, da er einen rechtsberatenden Beruf ausübt, dann müssten im Rahmen dessen die anderen Gesetze entsprechend angepasst werden!
Solche Dinge kommen vor.

Dem Verfassunggericht ist es vollkommen egal, wieviele Gesetze angepasst weren müssen. Hier bekommt der Gesetzgeber dann ein paar Auflagen und fertig.

Also, ich nehme die Wette immer noch an. Und früher oder später probiert es jemand und dann schauen wir mal.

Bis dahin frohe Schaffen
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Alex:jura,

wie Du in Deiner "abschließenden" Anmerkung wohl zutreffend feststellst, ist die rechtliche Situation ziemlich eindeutig und der noch bleibende Weg wäre es, die rechtliche Regelung als solche als verfassungswidrig anzugreifen.

Das LG hatte Deine Bedenken in dem von Lysios zitierten Verfahren offensichtlich nicht, sonst hätten sie die Frage ja dem BVerfG vorlegen können.

Damit aber stehst Du vor einer strategischen Falle: Jeder kennt den Weg, das individuelle Problem zu lösen. Man müsste nur die Patentassessorenprüfung bestehen. Der Zeit- und Kostenaufwand dafür ist für einen bereits qualifizierten European Patent Attorney berechenbar. Das Risiko ist für ihn auch überschaubar.

Vermutlich hat er die PAssprüfung bestanden, bevor das bekanntlich sehr gut überlastete BVerfG seine Akte auch nur weiter als bis zur Aktenzeichenvergabe bearbeitet hat. Und mit bestandener PAssprüfung hat er außerdem mehr, als mit einer irgendwie gewonnenen Verfassungssache.

Ein rational denkender Kollege wird das also wirklich nur dann durchziehen, wenn er unbedingt muss. Also wenn er endgültig durch die PAssprüfung gefallen ist oder aus irgendwelchen Gründen gar nicht erst zugelassen werden kann. Dass wären dann schon Ausnahmen.

Und sollte die Verfassungssache gut ausgehen, weiß nun wirklich jeder in der Kollegenschaft, wer das war und dass er es vermutlich nötig hatte. Peinlich. Und selbst wenn er es nicht nötig hatte: Welche Kanzlei könnte sich etwas davon versprechen, einen nicht rational denkenden Kollegen mit auf den Briefkopf zu nehmen, der ein Faible für überflüssige und der Kanzlei nichts einbringende Prozesse hat? Da wären wir sogar wieder bei der Ausgangsfrage dieses Threads: Eigenvalidierung & Aussichten.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

johnnyy

Gesperrt
Die meisten Kanzleien bieten ein leicht gestaffeltes Gehalt an. Zahlen von vor 1 Jahr: 2900€ brutto im ersten, 3100€ im zweiten und 3200-3400€ brutto im dritten Ausbildungsjahr.
 
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