DE Doppelschutzverbot

Hans35

*** KT-HERO ***
Habe ich es richtig verstanden:

Mit dem Inkrafttreten des "Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht" entfällt nach dem jüngst geänderten Art. II § 8 IntPatÜG (BGBl 2021 I Nr. 59 S. 3914) das "Doppelschutzverbot", d.h. das DPMA-Patent verliert seine Wirkung durch das EPA-Patent nicht mehr. Es kann aber die Übergangsregelung nach Art. 83 (Opt-Out) in Anspruch genommen werden, so dass dann alles bleibt wie bisher.

Ohne Inanspruchnahme von Art. 83 braucht bei der Formulierung der Ansprüche keine Rücksicht mehr auf die EP-Anmeldung genommen werden, bzw. eine DPMA-Anmeldung führt nun nicht mehr absehbar zu einem (fast) wirkungslosen Patent, so dass auch nicht mehr die DE-Anmeldung (bzw. das DE-Patent) nach der EP-Erteilung fallen gelassen werden braucht.

Demgemäß wird das DPMA aber auch keine mehrfachen Jahresfristen zur Bescheidserledigung unter Hinweis auf eine parallele EP-Anmeldung mehr gewähren, außer es wird geltend gemacht, dass Art. 83 in Anspruch genommen wird.
 

B_2020

GOLD - Mitglied
Ich hatte es etwas anders verstanden.
Zuvor aber zu meiner Terminologie:
EP-nUPC-Patent: Das bisherige EP-Patent ohne Einheitswirkung, bei dem die Opt-Out Option gezogen wurde;
EP-Patent: Das bisherige EP-Patent ohne Einheitswirkung, bei dem die Opt-Out Option (noch) nicht gezogen wurde, was ja nun zunächst das default sein wird.
UP-Patent: Das Einheitspatent

der neue Wortlaut des Art. II § 8 IntPatÜbkG lautet dann ja wohl:

(1) Soweit der Gegenstand eines im Verfahren nach dem Patentgesetz erteilten Patents eine Erfindung ist, für die demselben Erfinder oder seinem Rechtsnachfolger mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ein europäisches Patent mit derselben Priorität erteilt worden ist, das auf Grund der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung des Artikels 83 Absatz 3 des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht nicht der ausschließlichen Gerichtsbarkeit des Einheitlichen Patentgerichts unterliegt, hat das Patent in dem Umfang, in dem es dieselbe Erfindung wie das europäische Patent schützt, von dem Zeitpunkt an keine Wirkung mehr, zu dem

1. die Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen das europäische Patent abgelaufen ist, ohne daß Einspruch eingelegt worden ist,

2. das Einspruchsverfahren unter Aufrechterhaltung des europäischen Patents rechtskräftig abgeschlossen ist,

3. die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung nach Artikel 83 Absatz 3 des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht in Bezug auf das europäische Patent wirksam geworden ist, wenn dieser Zeitpunkt nach dem in den Nummern 1 oder 2 genannten Zeitpunkt liegt oder

4. das Patent erteilt wird, wenn dieser Zeitpunkt nach dem in den Nummern 1 bis 3 genannten Zeitpunkt liegt
.



(2) Der Eintritt der Rechtsfolge nach Absatz 1 ist endgültig.

Das bedeutet nun für mich, das bei einem EP-nUPC-Patent, also einem EP-Patent, das in den einzelnen Staaten validiert wird und bei dem die OPT-Out option wirksam gezogen wurde (also bei dem das UPC nicht ausschließlicher Gerichtsstand ist, da die 83(3) Ausnahmeregel in Anspruch genommen wurde) das "Doppelschutzverbot" noch immer gilt.
Lediglich bei EP und EP-Patenten wird die Wirkung des identischen deutschen Patents nicht aufgehoben.

Korrigiert mich, bitte, wenn ich falsch liege.
 

der_markus

*** KT-HERO ***
EP-nUPC-Patent: Das bisherige EP-Patent ohne Einheitswirkung, bei dem die Opt-Out Option gezogen wurde;
So wie ich das verstanden habe kannst du den Opt-Out nur bei einem EP erklären, für das du vorher einen Antrag auf einheitliche Wirkung gestellt hast.

Weiterhin wird die klassische Validierung erhalten bleiben, die wird nicht durch das Einheitspatent verdrängt. Was sich dann von diesen Möglichkeiten durchsetzen wird, wird sich zeigen. Für ein Europ. Patent bieten sich also folgende Möglichkeiten:
Variante 1: Nach der Entscheidung über die Erteilung erfolgt die klassische Validierung in einzelnen Vertragsstaaten. Zuständig sind dann die nationalen Gerichte.
Variante 2: Nach der Entscheidung über die Erteilung wird ein Antrag auf einheitlichen Patentschutz gestellt. Zuständig ist dann das neue EPG.
Variante 3: Nach der Entscheidung über die Erteilung wird ein Antrag auf einheitlichen Patentschutz gestellt. Es wird der Opt-Out erklärt, sodass das neue EPG nicht zuständig ist. Es bleiben die nationalen Gerichte zuständig.

Der Wortlaut des neu gefassten Art. II § 8 IntPatÜG würde dann bedeuten, dass das Doppelschutzverbot bei Variante 1 und Variante 3 entfällt und nur noch bei Variante 2 besteht. Denn bei Variante 1 unterliegt das EP ja nicht wegen dem Opt-Out nicht der Zuständigkeit des EPG, sondern da schlicht kein einheitlicher Patentschutz beantragt wurde.

Sehe ich das richtig?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Markus, ich denke, da bist du ziemlich auf dem Holzweg.

- Zunächst ist bei deiner Variante 1 (klassische nationale Validierung ohne Opt-Out) das EPG ausschließlich zuständig, und gerade nicht die nationalen Gerichte.
- Bei der Variante mit einheitlichem Patentschutz ist zwingend das EPG zuständig; ein Opt-Out ist nicht möglich.
- Variante 3 wäre also "klassische nationale Validierung mit Opt-Out"; nur bei dieser Variante sind die nationalen Gerichte zuständig, und auch nur hier besteht das Doppelschutzverbot bzw. der Verlust der Wirkung des nationalen deutschen Patents.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
@Hans: Ich bin nicht sicher, dass man so pauschal sagen kann, wie das DPMA mit Fristen umgehen wird. Schließlich wird der Opt-Out in der Regel erst bei oder nach der EP-Erteilung erklärt (und ggf. sogar erst einige Zeit später), so dass das DPMA während der Anhängigkeit der EP-Anmeldung noch gar nicht wissen kann, auf welche Variante das später abzielt (außer es wird Einheitspatent benannt und die Benennung für DE zurückgenommen).
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Markus, ich denke, da bist du ziemlich auf dem Holzweg.

- Zunächst ist bei deiner Variante 1 (klassische nationale Validierung ohne Opt-Out) das EPG ausschließlich zuständig, und gerade nicht die nationalen Gerichte.
- Bei der Variante mit einheitlichem Patentschutz ist zwingend das EPG zuständig; ein Opt-Out ist nicht möglich.
- Variante 3 wäre also "klassische nationale Validierung mit Opt-Out"; nur bei dieser Variante sind die nationalen Gerichte zuständig, und auch nur hier besteht das Doppelschutzverbot bzw. der Verlust der Wirkung des nationalen deutschen Patents.
Danke für die Aufklärung, da hast du recht, da hatte ich was durcheinandergeworfen.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
@Hans: Ich bin nicht sicher, dass man so pauschal sagen kann, wie das DPMA mit Fristen umgehen wird. Schließlich wird der Opt-Out in der Regel erst bei oder nach der EP-Erteilung erklärt (und ggf. sogar erst einige Zeit später), so dass das DPMA während der Anhängigkeit der EP-Anmeldung noch gar nicht wissen kann, auf welche Variante das später abzielt (außer es wird Einheitspatent benannt und die Benennung für DE zurückgenommen).
Ich vermute, dass zur Fristgewährung zumindest vorgetragen werden muss, dass der Anmelder Opt-Out in Betracht zieht und dass nichts wirksam geworden ist, was dem entgegensteht. Aber vielleicht tut sich ja auch erst mal gar nichts. Trotzdem sollte man wohl standardmäßig einen solchen Hinweis bei einem Jahresfrist-Antrag dazuschreiben, es wird sicher nichts schaden.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Wenn ich es weiterhin richtig verstanden habe:
Nach dem neuen Doppelschutzverbot des § 18 IntPatÜG kommt es darauf an, dass eine Verletzungsklage (wegen ein und desselben Verletzungsgegenstands und bei prioritätsgleichen Patenten) zuerst aus dem DE-Patent anhängig gemacht wird; aus dem EP-Patent kann dann später noch zusätzlich geklagt werden. In umgekehrter Reihenfolge ist die nachgeschobene DE-Klage unzulässig, außer, der Beklagte verabsäumt die entsprechende Einrede.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
@Hans: auch eine nachträgliche Klageerhebung vor dem UPC führt zur Unzulässigkeit der DE-Klage (Zitat: "... oder wird es nach Klageerhebung vor dem deutschen Gericht zum Gegenstand eines solchen Verfahrens ..."). Eine Klage vor dem UPC kann also erst dann nachgeschoben werden, wenn das deutsche Verfahren abgeschlossen ist.
 
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