EPÜ Berichtigung von (offensichtlichen) Fehlern

IPanema

Schreiber
Hallo zusammen,

ich komme gerade aus der Diskussion zum Thema „Korrektur der Nachanmeldung anhand der Priounterlagen“ und finde aus gegebenem Anlass das Thema „Berichtigung von (offensichtlichen) Fehlern in Anmeldungen“ recht spannend.
In den beiden parallelen Fällen, die mich umtreiben, ist im jeweiligen Hauptanspruch (Anspruch 1) je eine erste Formel angegeben, bei der der jeweilige Zahlenwert von zwei Schichtdicken (eIDL und ecoating) eingeht. Jeder der beiden Ansprüche 1 sagt, dass sich die Zahlenwerte aus der Angabe der entsprechenden Schichtdicke (eIDL und ecoating) in mm ergibt.
Dem aufmerksamen Leser der Anmeldungen, der „im Thema ist“ und die Formeln anhand typischer Schichtdicken überprüft, wird dabei schnell klar, dass sich der Zahlenwert aus der Angabe der entsprechenden Schichtdicke nur in einer kleineren Einheit (nach meinem Dafürhalten in µm) sinnvoll ergibt. Die absoluten Größen der entsprechenden Schichtdicken wird in den Anmeldungen jedoch nie erwähnt, auch nicht anhand von Beispielen. Und selbst wenn sie erwähnt wären, so bezieht sich die Formel des jeweiligen Hauptanspruchs ja nur auf den jeweiligen Zahlenwert aus der Angabe der entsprechenden Schichtdicke. Die Formel ist also ein reines Zahlenkonstrukt, bei dem der Anmelder/Autor seine Faktoren frei gewählt hat.

Ich denke, in Europa hat der Anmelder keine Chance auf eine Berichtigung der angegebenen Einheit zur Ermittlung der Zahlenwerte, aber wie sieht es in den USA aus?
Dort gibt es doch immer eine Suche nach dem „Spirit of the Invention“ und eine anschließende Interpretation im Sinne dieses „Spirit of the Invention“.
Hat der Anmelder wenigstens dort eine Chance auf eine Berichtigung des Fehlers?
Gruß
IPanema
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Don K. Schote

Vielschreiber
Zum Verständnis, die Formel ist also falsch, weil ein Faktor fehlt, der möglicherweise 1/1000 sein könnte, aber vielleicht auch 1/100 oder 1/10000 ist? Ohne Offenbarungsquelle, dass es definitiv 1/1000 ist, wüsste ich weder in EP noch in US, wo eine Korrektur herkommen soll. Andersherum, wenn dem Fachmann beim Lesen völlig klar ist, dass hier 1/1000 fehlt, warum sollte das nicht auch in EP funktionieren?

Für den Einzelfall wird dir hier niemand helfen und die Antwort bekommst du für den Einzelfall sowieso nur bei der jeweilig höchsten Instanz, aber grundsätzlich ist die Frage, ob die Korrektur des Fehler für den Fachmann offensichtlich und nur auf eine Art und Weise auflösbar ist. Könnte der Faktor auch wahlweise 1/100 oder 1,3467/1000 sein? Dass es offensichtlich falsch ist, reicht nicht, weder in EP noch in US. Die Korrektur muss offensichtlich sein. Inwiefern da US-Recht gegenüber EP-Recht helfen soll, sehe ich nicht.
 

IPanema

Schreiber
Zum Verständnis, die Formel ist also falsch, weil ein Faktor fehlt, der möglicherweise 1/1000 sein könnte, aber vielleicht auch 1/100 oder 1/10000 ist? Ohne Offenbarungsquelle, dass es definitiv 1/1000 ist, wüsste ich weder in EP noch in US, wo eine Korrektur herkommen soll. Andersherum, wenn dem Fachmann beim Lesen völlig klar ist, dass hier 1/1000 fehlt, warum sollte das nicht auch in EP funktionieren?

Für den Einzelfall wird dir hier niemand helfen und die Antwort bekommst du für den Einzelfall sowieso nur bei der jeweilig höchsten Instanz, aber grundsätzlich ist die Frage, ob die Korrektur des Fehler für den Fachmann offensichtlich und nur auf eine Art und Weise auflösbar ist. Könnte der Faktor auch wahlweise 1/100 oder 1,3467/1000 sein? Dass es offensichtlich falsch ist, reicht nicht, weder in EP noch in US. Die Korrektur muss offensichtlich sein. Inwiefern da US-Recht gegenüber EP-Recht helfen soll, sehe ich nicht.
Genau so ist es. Es fehlt bei eIDL und ecoating ein Faktor, der möglicherweise 1/1000 sein könnte, aber vielleicht auch 1/100, 1,3467/1000 oder 1/10000.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Dass die Angabe "in mm" jeweils falsch ist, dürfte offensichtlich sein und kann dann wohl auch gestrichen werden. Evtl. genügt es, wenn dann die Suche nach der richtigen Angabe (vermutlich: "in µm") der Auslegung des Patents überlassen bleibt. Das wäre nicht schön, aber besser als gar kein Patent, zumal wenn der Fachmann derartige Schichtdicken üblicher Weise in µm angibt.
 

patachon

GOLD - Mitglied
Dass die Angabe "in mm" jeweils falsch ist, dürfte offensichtlich sein und kann dann wohl auch gestrichen werden. Evtl. genügt es, wenn dann die Suche nach der richtigen Angabe (vermutlich: "in µm") der Auslegung des Patents überlassen bleibt. Das wäre nicht schön, aber besser als gar kein Patent, zumal wenn der Fachmann derartige Schichtdicken üblicher Weise in µm angibt.
Das würde ich auf keinen Fall tun und könnte möglicherweise auch gar nicht erst möglich sein, weil es keine Offenbarung gibt, die eine solche Formel ganz ohne Maßeinheit zulassen würde. Das wäre dann ja (mit "raten oder auslegen") schlicht ein breiterer Anspruch als das, was ursprünglich in der Anmeldung offenbart wurde.

Ich finde es auch überhaupt nicht eindeutig. Da steht Millimeter bei den Schichtdicken und bei der Dicke des unverformten Metalls. Für die Metallplatte klingen 0,5 bis 3,5 mm richtig, also keine Korrektur nötig. Warum sollte die Fachperson dann sofort wissen, ob und wie die anderen Maßeinheiten zu korrigieren wären? Die Schichtdicken kommen ja nur in einer wirklich komplexen Formel vor, da sieht man auf den ersten Blick nicht, welche Größenordnung das Ergebnis hätte.
 

IPanema

Schreiber
Hallo zusammen,
ich habe tatsächlich eine Kleinigkeit unterschlagen (mea culpa). Es gibt jeweils einen Anspruch 14, der das Verfahren zur Herstellung angibt. Dort wird angegeben, dass man ursprünglich ein aluminium-/aluminium-alloy-precoating mit einer Dicke von 19,91 µm bis 40 µm (-721) beziehungsweise 8,0 µm bis 19,90 µm (-722) haben soll. Da es jedoch anschließend einen heating-Prozess mit 850 - 970° °C und einen hot-stamping-Prozess mit 720 - 820 °C gibt, sollte die resultierende Schichtdicke durch Interdiffusion (vgl. interdiffiusion layer eIDL in Anspruch 1) und das Heißpressen geringer sein als beim Pre-Coating.
Es fehlt bei eIDL und ecoating also ein Faktor, der möglicherweise 1/1000 sein könnte, aber vielleicht auch 1/100, 1,3467/1000 oder 1/10000.
Nach meiner Meinung ist der Fehler in den jeweiligen Ansprüchen 1 der Anmeldungen WO2024033721 und -722 (Stichwort: Angabe der Schichtdicke in mm) beim EPA höchstwahrscheinlich nicht berichtigbar, da einerseits
- keine konkreten Angaben zu Dicken von eIDL und ecoating in den Dokumenten zu finden sind und andererseits
- bei einer Berichtigung von Mängeln gemäß Regel 139 EPÜ „die Berichtigung derart offensichtlich sein [muss], dass sofort erkennbar ist, dass nichts anderes beabsichtigt sein konnte als das, was als Berichtigung vorgeschlagen wird“.

Ich gehe davon aus, dass das EPA diese Regel sehr streng auslegen und keine Berichtigung zulassen wird. In den USA könnte jedoch vielleicht doch nach der "wahrscheinlichsten Korrektur" als „Spirit of the Invention“ gesucht werden. Daher meine ursprüngliche Frage.
Gruß - IPanema
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Zuletzt bearbeitet:

Asdevi

*** KT-HERO ***
Wenn man sich die Formel in Anspruch 1 mal ansieht, sieht man ja gleich, dass bei eIDL=ecoating als Ergebnis 0 rauskommt. Das Ergebnis soll aber zwischen 40 und 80 liegen. Das erreicht man mit dem Glied mit Faktor 148, das positiv sein muss (also ecoating > eIDL!), um das Ergebnis der Wurzel über das letzte Glied ansteigen zu lassen. Da aber der 148er-Term mit unter der Wurzel steht, muss er schon ganz schön groß werden, um auf die 40 zu kommen. Wenn man eIDL vernachlässigt (gleich 0 setzt), braucht man immer noch ein ecoating von mindestens 20.

20 mm Beschichtung auf einer 0,6-3,5 mm Stahlplatte kann nicht richtig sein. Aber das Problem ist halt, dass nicht offensichtlich ist, wo der Fehler liegt. Müssen ja nicht die mm sein. Es könnte z.B. korrekt auch 3,33 statt 33,3 heißen, oder die Range sollte 4,0-8,0 statt 40-80 sein - dann käme man auf ganz brauchbare Werte.

Deshalb stelle ich mir eine Korrektur schwierig vor.
 
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