Berechnung Vergütung nach RiLi 11

patatt

GOLD - Mitglied
Hallo, eine Frage zur Berechnung des Erfindungswertes.

Ich bin immer davon ausgegangen, dass man den Umsatz des Kalenderjahres oder des Geschäftsjahres zugrunde legt, zu dem die Vergütung berechnet werden soll, also:

V = Jahresnettoumsatz des Abrechnungsjahres (ggf. abgestaffelt) x Erfindungsanteil am Produkt x Lizenzsatz x Anteilsfaktor x Erfinderanteil

Nun habe ich eine andere Variante gesehen:

Hierbei wird zum Jahresnetto des abzurechnenden Jahres der Umsatz aller Vorjahre addiert, hierauf basierend dann der neue Erfindungswert ermittelt, anschließend der Errfindungswert des Vorjahres (welche wiederum alle Umsätze der Vergangenheit umfasst) subtrahiert, und dann mit diesem Differenzwert als Erfindungswert weitergerechte.

Ist das Richtlinienkonform ?
Spricht etwas dagegen, das abzurechnende Jahr isoliert zu betrachten ?
 

Expatriot

GOLD - Mitglied
Hallo patatt,

nach meinem Verständnis ist die von Dir sogenannte "andere Variante" die RiLi-konforme Berechnung.

Hintergrund der RiLi 11 ist ja, dass es bei der Abstaffelung darum geht, dass der große Erfolg der Erfindung zusehends nicht mehr von der Erfindung selbst, sondern von den Fähigkeiten des Unternehmens bei der Verwertung der Erfindung abhängt. Insofern halte ich es für sinnvoll, den gesamten Verwertungszeitraum der Erfindung zu betrachten. Im allgemeinen erwartet man ja anfänglich geringe Umsätze, die sich von Jahr zu Jahr steigern. Irgendwann ist dann der Punkt erreicht, an dem nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass die Steigerung überwiegend der Erfindung zuzuschreiben ist, sondern beispielsweise dem Marketing, der Verbesserung bei Produktionsabläufen, etc. Diese Umstände lassen sich aus meiner Sicht bei einem isolierten Blick Jahr für Jahr jedoch nicht zuverlässig ermitteln.

Ob die Berechnung RiLi-konform ist, spielt meiner Meinung nach nur eine Rolle, soweit es um Unbilligkeit geht. Da die Jahr-für-Jahr-Betrachtung den Erfinder bevorzugen dürfte, weil die Abstaffelung nicht zu sehr zum Einsatz kommt, sehe ich hier lediglich das "Problem", dass das Unternehmen "zu viel" bezahlt.

Viele Grüße,
Expatriot
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
Ich stimme Expatriot zu: um die Abstaffelung sinnvoll anzuwenden. müssen die Umsätze kumulativ betrachtet werden.
 

patatt

GOLD - Mitglied
Alles ok, danke für die Rückmeldungen. Noch eine Bitte, woraus ergibt sich dieses Vorgehen aus dem Gesetz und/oder aus den Richtlinien ?
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
als kostenlos zugängliche Quelle z.B.: Arb.Erf. 64/20

S. 10, letzter Absatz: "Damit verbunden ist dann auch das Zugeständnis im Lizenzvertrag zu einer Absenkung (Abstaffelung) des Lizenzsatzes ab regelmäßig über die Laufzeit kumulierten Umsatzgrenzen, da ein solches Unternehmen eben nicht nur aufgrund der patentgeschützten technischen Lehre, sondern auch aufgrund seiner Marktstellung in der Lage ist, hohe Umsätze zu generieren."
 

Matthias75

SILBER - Mitglied
Alles ok, danke für die Rückmeldungen. Noch eine Bitte, woraus ergibt sich dieses Vorgehen aus dem Gesetz und/oder aus den Richtlinien ?
Direkt aus der Richtlinie. Die Berechnung der zu zahlenden Vergütung und des Erfindungswertes ist unter Nr. 39 beschrieben:

V = E * A

V = zu zahlende Vergütung
E = Erfindungswert
A = Anteilsfaktor

E = B * L

B = Bezugsgröße
L = Lizenzsatz

Die Bezugsgröße kann der Umsatz in der entsprechenden Periode (z.B. Kalenderjahr) sein.

Nr. 11 sagt, dass der Lizenzsatz bei Überschreiten bestimmter Umsatzgrenzen für den darüber hinausgehenden Umsatz reduziert werden kann, um maximal 80% bzw. auf maximal 20%. Hier kommt dann nicht der Umsatz in der Abrechnungsperiode zum tragen, sondern der Gesamtumsatz. Das ist dann die Abstaffelung.

Du betrachtest also jeweils den Umsatz im Abrechnungszeitraum, für den Lizenzsatz kommt aber auf den Gesamtumsatz an.

Anders ausgedrückt: Der Umsatz kann über Jahre konstant sein, trotzdem kann der Erfinder mit zunehmendem Gesamtumsatz weniger Vergütung erhalten, weil die Abstaffelung zum tragen kommt.

M.
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
Die Bezugsgröße ist kein Umsatz, sondern gibt letztlich die Einheit am Produkt wider, auf die die Erfindung Einfluss hat. Abhängig davon, welche Bezugsgröße man wählt, kann der Lizenzfaktor variieren.

In die Rechnung geht sicher immer der (Netto-)Umsatz der fraglichen Bezugsgröße ein, aber die Bezugsgröße ist einfach kein Umsatz, sondern eine Definition, welchen Teil des Produkts ich denn für die Vergütung betrachte und was das für einen Einfluss auf den Lizenzfaktor hat.

Nicht jedes Unternehmen berechnet das jährlich, viele kleinere und mittlere auch eher in 2-Jahresscheiben oder noch größeren Intervallen.
 

patatt

GOLD - Mitglied
Nr. 11 sagt, dass der Lizenzsatz bei Überschreiten bestimmter Umsatzgrenzen für den darüber hinausgehenden Umsatz reduziert werden kann, um maximal 80% bzw. auf maximal 20%. Hier kommt dann nicht der Umsatz in der Abrechnungsperiode zum tragen, sondern der Gesamtumsatz. Das ist dann die Abstaffelung.

Ok, nur wer sagt, dass der Gesamtumsatz der akkumulierte Umsatz aller Vorjahre inkl. des Berechnungsjahres ist, der zitierte Text kann sich auch auf den Umsatz im Abrechnungszeitraum beziehen, der ggf. auf seine Höhe ja auch abzustaffeln wäre.

Also m.E. müsste das schon explizit im Gesetz oder in den RiLi so stehen, wenn das so offensichtlich sein soll.
 
Zuletzt bearbeitet:

silvio_h

GOLD - Mitglied
OK, es gibt zweierlei Bezugsgrößen:

rechnerische Bezugsgröße (RL 7)
technisch-wirtschaftliche Bezugsgröße (RL 8)

"Soweit die betriebliche Praxis den Begriff >Bezugsgröße< im Rahmen der Vergütungsberechnung verwendet, ist damit im Regelfall nicht die rechnerische i.S. der RL Nr. 7 gemeint, sondern die technisch-wirtschaftliche Bezugsgröße i.S. der RL Nr. 8." (Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindervergütung, zu RL Nr. 7 RdNr. 2)
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
Ok, nur wer sagt, dass der Gesamtumsatz der akkumulierte Umsatz aller Vorjahre inkl. des Berechnungsjahres ist, der zitierte Text kann sich auch auf den Umsatz im Abrechnungszeitraum beziehen, der ggf. auf seine Höhe ja auch abzustaffeln wäre.

Also m.E. müsste das schon explizit im Gesetz oder in den RiLi so stehen, wenn das so offensichtlich sein soll.

Laut Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindervergütung, 4. Auflage (2017), RL11 Rdnr. 12 ist es offensichtlich:
"Angesichts des eindeutigen Wortlauts in Abs. 1 der RL Nr. 11 ("Gesamtumsatz") ist - in bewuster Abkehr von Rln. 1944 - nicht auf den jedes Jahr erneut anfallenden Jahresumsatz abzustellen und mit einer neuen Abstaffelungsrechnung zu beginnen; vielmehr erstreckt sich die Abstaffelungsberechnung auf den Gesamtumsatz während der gesamten Nutzungszeit (ggf. Schutzdauer)[18] einer Erfindung (vgl. auch Rdn. 18)."

Lit 18: diverse Rechtsprechung, BGH, viele Schiedsstellenurteile etc.
 
Oben