Verbesserungsvorschläge für die Ausbildung zum Patentanwalt

Technische Befähigung zum Ausgleich bringen

Für die Zulassung zur Patentanwaltsausbildung nach § 158 PAO verlangt die Patentanwaltskammer einen technischen bzw. naturwissenschaftlichen Diplom- oder Master-Abschluss einer Universität.

Bezüglich der Zulassungsvoraussetzungen ist fraglich, ob das Erfordernis eines Diplom- oder Master-Abschlusses mit dem sich aus Art. 20 GG ergebenden Rechtsstaatsprinzip vereinbar ist. Die erhöhten Zulassungsvoraussetzungen der Patentanwaltsausbildung im Vergleich zu entsprechenden Voraussetzungen für die europäische Ausbildung könnten eine unverhältnismäßige Belastung darstellen. Mit dem Abschlusserfordernis wird anscheinend eine ausreichende „technische Befähigung“ angestrebt, auf die § 158 Abs. 1 PAO verweist, und in § 6 PAO weiter erläutert ist. Der Patentanwalt braucht die technische Befähigung für die beruflichen Aufgaben nach § 3 II PAO, insbesondere,

1. in Angelegenheiten der Erlangung, Aufrechterhaltung, Verteidigung und Anfechtung eines Patents… andere zu beraten und Dritten gegenüber zu vertreten;
2. in Angelegenheiten, die zum Geschäftskreis des Patentamts … gehören, andere vor dem Patentamt … zu vertreten;“

§ 3 II PAO

Der BGH hat in seinem Urteil vom 29.11.2013 – PatAnwZ 1/12 betont,

dass der Patentanwalt nicht nur die erforderlichen technischen Kenntnisse, sondern auch auf Grund seiner Ausbildung die Fähigkeit besitzen sollte, der weiteren Entwicklung der Technik zu folgen, mit dem notwendigen Überblick zu beraten sowie den Kern von Erfindungen zu erfassen, und zwar vor dem Hintergrund der Vielzahl der dabei betroffenen Fachgebiete und Aufgaben.

Zusätzlich ist anzumerken, dass die technischen Aufgaben und Fähigkeiten eines europäischen Vertreters den oben genannten Aufgaben und Fähigkeiten eines Patentanwaltes ähneln. Für die europäische Ausbildung ist eine Zulassung nach einem 3-jährigen Bachelor Studiengang möglich[1]. Die technischen Zulassungsvoraussetzungen in der Schweiz[2] und in dem Vereinigten Königreich ähneln dem europäischen Vorbild. Es ist davon auszugehen, dass ein Diplom- oder Master-Abschluss nicht für die technische Befähigung eines Bewerbers zu der Patentanwaltsausbildung erforderlich ist und durch ein anderes, milderes Mittel ersetzt werden könnte. Insbesondere kann aus fachpraktischer Sicht einem Bachelorabsolventen, der in England oder der Schweiz seinen Abschluss erlangt hat und dort die jeweilige nationale Patentanwaltslaufbahn einschlug, gerade nicht die technische Befähigung abgesprochen werden. Vielmehr zeigen solche Absolventen im Hinblick auf die nationale Bestehensquote der EQE besonders gute Ergebnisse. Zudem sind englische und schweizerische Kanzleien für ihre qualitativ hochwertige Arbeit in Patentsachen in gleicher Weise bekannt wie deutsche Kanzleien.

Entsprechende Argumente sind ebenfalls bezüglich der vorgeschriebenen Voraussetzung für einen Abschluss von einer wissenschaftlichen Hochschule (Universität) im Vergleich einer Fachhochschule zu berücksichtigen.

Formalitäten reduzieren

Für einen Zulassungsantrag sind nach § 2 II PatAnwAPrV mit dem Antrag acht zusätzliche Unterlagen einzureichen. Zu diesen Unterlagen gehören eine Geburtsurkunde, ein Lebenslauf, ein Lichtbild. Nach Abschluss des Hagen-Studiums sind nach § 36 V PatAnwAPrV für eine Zulassung nach § 158 PAO diese Unterlagen nochmal einzureichen. Drei (für Einheimische) bzw. vier (für Ausländer mit Aufenthaltstitel) von den Dokumenten müssen amtlich beglaubigt werden. Für fremdsprachige und ausländische Unterlagen können nach § 2 III PatAnwAPrV Übersetzungen bzw. Apostillen verlangt werden, somit also auch ohne einen Grund, die Legitimität der Unterlagen angezweifelt werden.

Im Vergleich dazu sind für die Anmeldung zur Prüfung für Europäische Vertreter nach Regel 1 (2) IPREE mit dem Antrag drei zusätzliche Unterlagen einzureichen. Die Unterlagen können von einem europäischen Vertreter beglaubigt werden. Sie müssen lediglich einmal eingereicht werden.

Möglicherweise könnte das DPMA bzw. die Patentanwaltskammer auf einige Dokumente verzichten. Es ist auch nicht klar, warum ein europäischer Vertreter hinreichend vertrauenswürdig ist, um Unterlagen gegenüber dem EPA zu beglaubigen, aber ein deutscher Patentanwalt keine entsprechende Beglaubigung gegenüber dem DPMA vornehmen kann.

Patentsachbearbeiter und Kandidaten auf das gleiche Niveau bringen

Mit mehr Erfahrung bekommt ein Patentsachbearbeiter nach § 158 PAO weniger Unterstützung als ein Kandidat in der Patentanwaltsausbildung. Übrigens muss nach § 158 PAO bereits eine deutlich höhere Studiengebühr entrichtet werden. Daher bezahlt der Patentsachbearbeiter mehr Geld für weniger Ausbildung.

Diesbezüglich wäre es hilfreich, wenn der Patentsachbearbeiter auch Zugriff auf die Kandidatenunterlagen hätte, zum Beispiel durch einen Dropbox-link. Der Zugriff würde weder die Kandidaten benachteiligen, noch einen relevanten Mehraufwand beim DPMA verursachen. Vielmehr würde eine Angleichung bei der Qualität der Ausbildung durch das DPMA erfolgen.

Umfang des TABUs reduzieren

Bei der Patentanwaltsprüfung sind als Hilfsmittel die Textsammlung und der Ergänzungsband von Schönfelder, sowie das Taschenbuch des gewerblichen Rechtsschutzes (TABU) zugelassen.

Das TABU kostet 188 € mit Abonnementverpflichtung oder € 348 für das Grundwerk ohne Fortsetzung. Das Buch hat 4 Bände mit nationalem, internationalem und europäischem Recht. Das TABU erscheint zu umfangreich im Vergleich zum abgefragten Prüfungsstoff. Insbesondere überlappt der Inhalt des TABU deutlich mit dem des Schönfelders, z.B. das Patentgesetz, das Markengesetz und das Designgesetz. Vielmehr ergeben sich keine erkennbaren Gründe, warum nicht auch ein Beck-Text (wie bei dem Zivilrechtsstudium in Hagen) oder ein Textbuch Deutsches Recht Verwendung finden sollten. Das TABU ist im Hinblick auf seinen Nutzen (insbesondere nach der Prüfung), seiner Handlichkeit und seines Preises nicht ideal. Insbesondere beschäftigt sich ein Patentanwalt grundsätzlich nicht mit dem Urheberrecht (deutsches, europäisches oder internationales), Wettbewerbsrecht (z.B. UWG) oder Kartellrecht (z.B. GWB).

Es ist auch fraglich, ob alle mehrseitigen Abkommen nötig sind. Ein Vorschlag wäre die Stockholmer Zusatzvereinbarung zum MHA, sowie die WTO und TRIPS Abkommen zu behalten und die anderen wegzulassen. Es wäre vielleicht auch möglich, die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern und die Gebührenordnung des EPÜ wegzulassen.

Dazu kommen die Mitteillungen des Präsidenten DPMA. Viele Mitteilungen sind entweder schon veraltet (sogar aus 1978) oder in der Richtlinie berücksichtigt. Wenn die Mitteilungen überhaupt in dem TABU bleiben sollten, dann vielleicht nur die letzten drei Jahre.


[1] Regel 11 IPREE, Zusatzpublikation 2 – ABl. EPA 2019
[2] Art. 2 Abs. 1 PAV vom 11. Mai 2011

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Herr Samuel Adams ist Patentanwalt, European Patent Attorney sowie US Patent Agent mit der Fachrichtung Informatik.