Patentanwaltliches Engagement im Ehrenamt

Wird der Beruf des Patentanwalts aussterben mangels Engagements aus den eigenen Reihen?

So krass wird es sicherlich nicht kommen, aber wir müssen in der sich doch sehr stark wandelnden Welt aktiv sein und bleiben. Das heißt, dass wir für unseren Berufsstand und die damit verbundenen Privilegien (hohe Bezahlung, sichere Jobs, Exklusivität des Berufsstands, Vertrauter der Mandanten durch unser Geheimhaltungsprivileg) auch eintreten und unsere Interessen vertreten müssen. Nur geht das nicht innerhalb der Kanzlei oder der Firma oder alleine dadurch, dass wir unsere Arbeit gut machen. Davon bin ich überzeugt und deshalb schreibe ich auf dem Kandidatentreff keinen Fachartikel, sondern einen Artikel, der ein wenig aufrütteln und zum Nachdenken anregen soll.

In unserer Ausbildung wird uns immer wieder vermittelt, dass der Beruf des Patentanwalts (stets w/m/d natürlich) unabdingbar für die deutsche Wirtschaft und deren Innovationskraft ist und deshalb ein sehr angesehener und hochbezahlter Beruf ist. Wir sitzen also angeblich auf einer rosaroten Insel, von der uns so leicht keiner entfernen kann.

Das stimmt grundsätzlich, aber dies wird hauptsächlich von unserem Berufsstand und von den sowieso Überzeugten (häufig auch als Mandanten bezeichnet) so gesehen. In der Politik und auch teilweise in der Wirtschaft (insbesondere in KMU’s, Kleinstbetrieben und Start-Ups) wird das Thema gewerblicher Rechtsschutz immer häufiger als lästig, anstrengend, zu langwierig im Verfahren, zu teuer empfunden. Manchmal ist auch die Meinung vertreten, dass Patente/Marken völlig sinnlos oder unwichtig für das Fortkommen der Wirtschaft oder der Firma sind. Das habe ich auch schon am eigenen Leib erfahren müssen, in etwa mit diesem Argument: „Wenn ich nicht 100% sicher sein kann, dass mir niemand an den Karren fahren kann, wenn ich ein Patent erteilt bekomme, ist mir das zu teuer und zu aufwendig und bringt nichts“. Auch wird häufig das Argument angebracht, dass das „ganze Thema gewerblicher Rechtsschutz“ ja auch Rechtsanwälte behandeln könnten – und das viel billiger! In Teilen ist das ja nicht ganz falsch, aber wir haben eben doch gerade im technisch/naturwissenschaftlichen Bereich eindeutig die Nase vorn – was dann aber gerne unter den Tisch gekehrt wird.

Diese Sichtweisen sind eine große Gefahr für unseren Berufsstand, insbesondere wenn hier ein größerer Lobbyverband oder eine größere Partei Lunte riecht und sich mit diesem Thema profilieren will. Deshalb brauchen wir eine starke Stimme, am besten eine so starke wie der (politisch sehr mächtige) Rechtsanwaltsverein.

Zusätzlich sind mittlerweile viele Dienstleister auf dem Markt, die bisher den Kanzleien vorbehaltene (und finanziell lukrative) Services anbieten: Einzahlung von Gebühren, Überwachung von Schutzrechten, Recherchen, Billiganmeldungen z.B. von Marken ohne Beratung etc. Diese haben schon einigen Kanzleien das Wasser abgegraben und sie damit durchaus in finanzielle Sorgen gestürzt.  Man kann hier natürlich über das Konzept der Kanzlei diskutieren, aber bis vor Kurzem gab es eben keine Konkurrenz.

Wofür benötigt man also noch die teuren Patentanwälte? Und wer macht dies dann der Politik und den Zweiflern bewusst, warum unser Berufsstand nicht nur wichtig für die Wirtschaft ist, sondern auch nicht so einfach von anderen, weniger qualifizierten Dritten ausgeübt werden kann und sollte?

Und hier kommt das Leitthema ins Spiel: Wir dürfen uns nicht auf unseren hart erarbeiteten Lorbeeren ausruhen. Wir müssen den Berufsstand erhalten und uns Gehör verschaffen. Dies gilt insbesondere gegenüber den Zweiflern und politischen Kräften. Nur so können wir das bewahren, was wir haben – eine Exklusivität, die eben auch hochbezahlt ist, weil keiner unsere Arbeit ohne Weiteres übernehmen kann.

Dies gelingt aber nur, wenn wir alle, sei es Patentanwälte in der Industrie, angestellte Patentanwälte, Freiberufler, Einzelkämpfer wie ich oder Partner von Kanzleien, uns bewusst machen, dass die „rosarote Insel“, auf der wir zugegebenermaßen lange Zeit mangels Konkurrenz gesessen haben, immer mehr von den Wogen von außen aufgefressen wird. Um dies zu verhindern, sollten wir uns langsam aus unserer Komfortzone bewegen und für unseren Berufsstand engagieren!

Und wie? Nein, wir gehen natürlich nicht mit Plakaten auf die Straße und demonstrieren vor dem Bundestag, das ist nicht unsere Art und auch nicht unser Verständnis unseres Berufes, wir sind schließlich Geheimnisträger und deshalb eher diskret. Aber eine starke Stimme kann auch ohne große, öffentliche Demonstrationen Gehör finden. Und zwar indem wir uns auch außerhalb unseres normalen Arbeitsalltags engagieren, z.B. in Verbänden wie dem BDPA, dem Bundesverband Deutscher Patentanwälte, oder dem WIP, Women in IP. Diese beiden Organisationen setzen sich neben den allgemein üblichen Themen zusätzlich dafür ein, den politischen Einfluss (BDPA) bzw. eine weniger vertretene Gruppe – die Frauen – in unserem Beruf (WIP) zu stärken.

Ich persönlich bin in beiden (und auch noch anderen) Organisationen Mitglied bzw. Vorstandsmitglied und bin überzeugt davon, dass man sich in einer oder mehreren Organisationen aktiv einbringen sollte, und andere wenigstens mit einem Mitgliedsbeitrag unterstützen sollte, damit die Aktiven auch Spielraum haben, um die Interessen durchzusetzen.  

Nachfolgend stelle ich beide Organisationen und deren Ziele kurz vor. Wichtig ist für mich stets, dass nicht nur ein abstraktes Netzwerk vorhanden ist, das ja alle Organisationen irgendwie bewerben. Vielmehr engagiere ich mich dort, wo ich der Meinung bin, dass ich fachlich, menschlich und unternehmerisch profitiere und meinen Horizont erweitern, vielleicht sogar etwas bewegen kann.

Beim BDPA (Bundesverband Deutscher Patentanwälte) bin ich Vorstandsmitglied. Dieser ist im Wesentlichen ein Lobbyverband, der sich politisch engagiert, um den Interessen der Patentanwälte in der Politik Gehör zu verschaffen – auch in Bereichen, in denen sich die Patentanwaltskammer nicht äußern darf oder aus diversen Gründen erst sehr spät äußert (z.B. Thema Gewerbesteuer). Der BDPA wird z.B. vom BMJV einbezogen, wenn es darum geht, z.B. Stellungnahmen zu neuen Gesetzesentwürfen einzureichen. Wir sind auf allen politischen Ebenen aktiv, halten möglichst engen Kontakt zu Bundestagsabgeordneten und Abgeordneten auf Landesebene, hinterfragen hier aktiv und melden uns möglichst rechtzeitig zu Wort, um bereits in Vorabdiskussionen unseren Standpunkt zu vertreten. Außerdem haben wir es uns auch auf die Fahnen geschrieben, die Patentanwalts-Kandidaten zu unterstützen, indem wir an unserem jährlichen Herbstseminar eine kostenlose Kandidatenfortbildung anbieten und jederzeit ein offenes Ohr für deren Belange haben. Ich wünsche mir, dass schon von den Kandidaten mehr Engagement und Aktivität gezeigt wird. Traut euch!

Der WIP (Women in IP) wiederum ist ein Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, ein Netzwerk von Frauen für Frauen, die im IP Bereich arbeiten, zu bilden. Hier wird z.B. ein Mentoring-Programm angeboten, bei dem jede Tandem-Partnerin von den Erfahrungen der jeweils anderen Partnerin lernen kann. Meine Tandem-Partnerin und ich haben uns sehr gut verstanden und sind immer noch in gutem Kontakt, tauschen uns aus und profitieren so voneinander. Das neueste Format ist „Wednesdays for Women in IP“, bei dem in einem Webinar über unterschiedlichste Themen referiert wird und danach ein Austausch stattfindet. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass manchmal Türen geöffnet werden, die ansonsten in der doch sehr Männer-dominierten Welt (insbesondere in den Bereichen der Ingenieure und Physik) vielleicht verschlossen bleiben würden. Auch hier ist die Devise, dass sich Engagement auszahlt.

Und ja, ich kenne die Argumente, warum man sich nicht engagieren will oder meint, es nicht zu können: „Ich habe aber keine Zeit, weil ich so viel arbeite/Freizeit haben will/Familie habe….“ und bin auch manchmal versucht, sie anzubringen.

Aber dann führe ich mir vor Augen, was ich für einen Job hätte, wenn es den Beruf nicht mehr oder in einer sehr abgespeckten Art geben würde – für mich nicht vorstellbar.

Zusätzlich ist mir mittlerweile auch klar, dass ein politisch engagierter Verband wie z.B. der BDPA auch darauf angewiesen ist, dass möglichst viele unseres Berufsstands Mitglied sind, da man nur dann in der Politik gehört wird, wenn man als Repräsentant des jeweiligen Berufsstands gilt.

Das sind neben den bereits erwähnten Vorteilen die wichtigsten Gründe, warum ich mich ehrenamtlich engagiere.

Und noch ein kleiner Seitenhieb auf die Knausrigen unter uns: Wir verdienen allesamt als Patentanwälte genug, um in mehreren Verbänden oder Vereinen jeweils die Mitgliedschaft zu bezahlen, auch wenn „die Kanzlei“ nicht bezahlt und/oder wir uns nicht engagieren. Schließlich trägt man dann wenigstens als Teil der Masse zu mehr Gehör in der Welt da draußen bei. Und damit zur Stärkung unseres Berufsstands.

Eine Kollegin aus der Industrie hat mir einen sehr schönen Satz zum Thema Ehrenamt und warum man sich engagieren soll, geschrieben, den ich hier gerne zitieren möchte und mit dem ich diesen Artikel abschließe, um hoffentlich zum Nachdenken anzuregen, dem ein oder anderen Verband/Verein beizutreten und sich vielleicht sogar aktiv zu engagieren, und wenn es nur ein paar Stunden im Jahr sind:

„Ehrenamt bedeutet, etwas der Gesellschaft zurück zu geben, was man selbst erhalten hat.“

Über Linda Nowack 1 Artikel
Frau Dr. Linda Nowack ist Deutsche Patentanwältin sowie European Patent, Trademark und Design Attorney mit dem technischen Hintergrund Elektro- und Informationstechnik.