Hallo franzp,
das, was Du suchst, das gibt es nicht. Wenn Du in die freiberufliche Tätigkeit wechseln und dort auch verantwortlich tätig sein willst,
um inhaltlich an allen Verfahren vor den Ämtern regelmäßig arbeiten zu können, d.h. eine gesunde Durchmischung der Themen (Mandantenkontakt, Erfindungsmeldung, Anmeldung, Bescheide, Einsprüche, Beschwerden, Verletzungsverfahren, Verhandlungen) vorherrscht (idealerweise ohne internen Verwaltungskram)
, dann gehört da eben absolut alles dazu und nicht nur das,
was man sich so vorstellt, wenn man sich für diesen Beruf entscheidet.
.
Du wirst dann kanzleiintern Fragen klären müssen, die Du als unerwünschten " internen Verwaltungskram" deklariert hast und die momentan nie an Dich herangetragen werden. Beispielsweise:
Welche netten Worte sprichst Du im Falle von Schwangerschaften? Was bei Todesfällen in der Familie der Mitarbeiter?
Zu welchen Beerdigungen auch im Mandantenkreis bei mittelständischen Unternehmen gehst Du?
Wie sorgst Du dafür, dass die Mitarbeiter in Deinem Büro die aktuelle Höhe aller Gebühren und den Ablauf von Fristen kennen?
Was unternimmst Du, wenn das Reinigungsunternehmen Euer Büro schlampig sauber macht?
Wenn die Heizung ausfällt?
Wie motivierst Du Mitarbeiterinnen, noch am Abend mit Dir bis 24 Uhr eine wichtige Sache fertigzumachen, nachdem der Mandant mal wieder viel zu spät mit den Weisungen herausgerückt ist?
Du wolltest das alles eigentlich delegieren? An wen denn, der Chef oder mindestens Unterchef bist Du. Und auch delegieren kostet Deine Zeit (und Dein Geld).
Wie willst Du dem Kandidaten erklären, dass Du nur die EQE hast und deshalb ein anderer Kollege die Markensachen, die Verletzungsfälle beim Landgericht und die Verhandlungen beim Bundespatentgericht wahrnehmen muss, er aber tunlichst alles lernt und die Prüfung absolvieren sollte?
Wie gehst Du mit dem Alkoholproblem einer Mitarbeiterin um? Es ist nicht nur ein Problem, sondern es kostet Dich Dein privates Geld, denn das Gehalt zahlst Du, für die Fehler haftest Du und die Arbeit musst Du außerdem umverteilen.
Was machst Du, wenn Dein größter Mandant Insolvenz anmeldet, und die Kanzlei (somit auch Du persönlich) viel Geld aus unbezahlten Rechnungen verliert und Du außerdem einen großen Anteil der zukünftigen Beschäftigung Deiner Mitarbeiter verlierst? Diese entlassen? Dein Häuschen verkaufen? Endlich mal im Paternoster des DPMA bis zum Stockwerk oberhalb der Kantine fahren und gucken, wie es da aussieht?
Zum Glück sind das nicht alles meine Probleme und auch nicht gleichzeitig, aber wer im Smalltalk auf Veranstaltungen zuhört, lernt einiges.
Zusammengefasst: Derjenige, der das Gehalt der erkrankten oder schwangeren Mitarbeiterin bezahlt, ist auch der, der entscheidet, wer was in einer Kanzlei so macht. Also auch das, was zu Deinen Vorstellungen von einer Kanzleitätigkeit gehört. Man muss das mögen, soviel sollte klar sein.
Und wie silvio h schon angemerkt hat: Auch in der Kanzlei kommen Fragen von Mandanten: "Ganz neue Sache, erzähle ich Ihnen nachher. Ich brauche das Patent aber bis heute Nachmittag. Aber vor 15 Uhr, dann habe ich einen Friseurtermin."
Frohes Schaffen
Blood für PMZ