Warum kann man den Prüfungsantrag nicht zurücknehmen?

Fip

*** KT-HERO ***
Ehrlich gesagt habe ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht und habe jetzt auch nur eine Antwort parat, die mir spontan einfällt: Es steht im Gesetz (§ 44 (5) S.1 PatG).


Welcher tiefere Sinn hinter dieser Regelung steckt, weiß ich allerdings auch nicht. Der Prüfungsantrag ist eine reine Verfahrenshandlung. Einmal wirksam gestellt, setzt der Antrag das Prüfungsverfahren nunmal in Gang. Vielleicht spielt auch so was wie öffentliches Interesse an der Prüfungs rein. Steht hierzu in den Kommentaren nichts?
 

pak

*** KT-HERO ***
Wie bereits von FIP gesagt, handelt es sich um eine rein prozessuale Handlung ohne materiell-rechtlichen Aspekt.

"Aus der Ordnungsfunktion des Prozessrechts und der Notwendigkeit der Rechtssicherheit im Prozess ist der allgemeine Grundsatz hergeleitet worden, dass Prozess- und Verfahrenshandlungen, sobald sie das Prozessverhältnis gestaltet haben, nicht der Lehre von den Willensmängeln des BGB unterliegen." ("Verfahrensrecht in Patentsachen", van Hees)


Auch mir scheint die Rechtssicherheit auf Seiten der Öffentlichkeit hier eine Rolle zu spielen.


Gruß


pak
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Wie immer hilft hier ein Blick in den Kraßer/Ann, Patentrecht, 7. Auflage 2016, § 25 Rn 51:

"5. Auf einen wirksamen Prüfungsantrag wird das Prüfungsverfahren auch dann durchgeführt, wenn der Antrag wieder zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 1 PatG). Eine vorzeitige Beendigung der Prüfung kann nur durch Zurücknahme der Anmeldung herbeigeführt werden. Der Anmelder soll bei ungünstigem Verlauf der Prüfung nicht versuchen, durch Zurücknahme des Prüfungsantrags den vorläufigen Schutz nach § 33 PatG möglichst lange aufrechtzuerhalten. Fussnote: Vgl. die Begründung zum Gesetz vom 4.9.1967, BlPMZ 1967, 260r."
 

Armin

GOLD - Mitglied
So gesehen ist es natürlich verständlich, vor allem in dem vom Kraßer gewählten Beispielfall.

Wenn man aber den Prüfungsantrag am selben Tag zurücknimmt, an dem man diesen gestellt hat?
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Wenn z.B. ein falsches Aktenzeichen angegeben wurde, unterliegt allerdings die Zahlung der Prüfungsgebühr der Irrtumsanfechtung. Die Unwirksamkeit der Zahlung führt dann zur Unwirksamkeit des Prüfungsantrags.
 

Armin

GOLD - Mitglied
Das kann ich der oben zitierten Literatur aber so nicht entnehmen. Auf diese Weise könnte man ja durch Nichtzahlung der Prüfungsgebühr den Prüfungsantrag durch die Hintertür doch wieder zurücknehmen.

Dann gilt aber womöglich die Anmeldung wegen Nichtzahlung von Gebühren als zurückgenommen.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
§6 Abs. 2 PatKostG

(2) Wird eine Gebühr nach Absatz 1 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt die Anmeldung oder der Antrag als zurückgenommen, oder die Handlung als nicht vorgenommen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.


Hier gilt nur der Prüfungsantrag als nicht gestellt.
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Das kann ich der oben zitierten Literatur aber so nicht entnehmen. Auf diese Weise könnte man ja durch Nichtzahlung der Prüfungsgebühr den Prüfungsantrag durch die Hintertür doch wieder zurücknehmen.

Dann gilt aber womöglich die Anmeldung wegen Nichtzahlung von Gebühren als zurückgenommen.

Das klappt so leider nicht. Die Patentprüfung beginnt natürlich erst, wenn die Prüfungsgebühr bezahlt ist (siehe Richtlinien für die Prüfung von Patentanmeldungen). D.h. wenn man den Antrag stellt ohne die Gebühr zu bezahlen wird mit dem Beginn der Prüfung gewartet bis die 3-Monatsfrist nach PatKostG abgelaufen ist und der Antrag als nicht gestellt gilt.
Und auf die Anhängigkeit der Anmeldung hat die Nichtzahlung der Prüfungsgebühr keinen Einfluss.
 

Armin

GOLD - Mitglied
OK, also dann komme ich ja einfach durch Nichtzahlung der Prüfungsgebühr ohne weiteres wieder raus aus einem versehentlich gestellten Prüfungsantrag, bzw. wenn ich es mir nach ein paar Tagen anders überlege. Natürlich nur, wenn die Gebühr nicht schon bezahlt ist.
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Nunja; für wie praxisrelevant hälst du die von dir genannten Fälle?

Außerdem ist die Fiktion der Nichtvornahme nach PatKostG nicht dasselbe wie die Rücknahme eines wirksam gestellten Antrags. Bei Nichtzahlung der Prüfungsgebühr liegt nämlich streng genommen kein wirksamer Antrag vor; die Prüfungsstelle wartet vielmehr dessen Wirksamwerden ab.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
In der Tat, solange die Gebühr nicht bezahlt ist, wartet das Amt auf die Zahlung. Und wenn innerhalb der Frist (3 Monate) keine Zahlung erfolgt, ist der Prüfungsantrag Makulatur geworden.

Anders die Rücknahme eines wirksam gewordenen Prüfungsantrags, bei dem also die Zahlung bereits erfolgt ist: Die ist wirkungslos, das Prüfungsverfahren wird fortgesetzt. Auch die Anfechtung des Prüfungsantrags nützt nichts. Das Schlupfloch ist hier die Anfechtung der Bezahlung der Prüfungsgebühr wegen Irrtum. Ist die erfolgreich, so liegt nur noch ein Prüfungsantrag vor, zu dem keine Gebühr bezahlt wurde. Auch der wird nach Ablauf der Zahlungsfrist Makulatur.

Dieser "Trick" dürfte durchaus praxisrelevant sein.
 

Fragender

GOLD - Mitglied
[...] Das Schlupfloch ist hier die Anfechtung der Bezahlung der Prüfungsgebühr wegen Irrtum. Ist die erfolgreich, so liegt nur noch ein Prüfungsantrag vor, zu dem keine Gebühr bezahlt wurde. Auch der wird nach Ablauf der Zahlungsfrist Makulatur.

Dieser "Trick" dürfte durchaus praxisrelevant sein.

Naja, dass müsste aber ein sehr spezieller Irrtum sein, wenn man erst Prüfungsantrag stellt und dann die passende Gebühr zahlt (oder gar das SEPA-Mandat beiliegt...). Aber vielleicht kann ich nur nicht kreativ genug denken. ;-)
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Wenn z.B. Aktenzeichen verwechselt wurden, läuft beides parallel falsch. Dann darf man halt nicht den falschen Antrag stellen.
 
Oben