Smith-O schrieb:
1. Darf V das Produkt jetzt auch verkaufen? (Ist "verkaufen" eine "Nutzung für die Bedürfnisse des eigenen Betriebs"?)
Siehe Kraßer Patentrecht 6. Auflage, § 34, II c):
"Wer ein VBR erworben hat, ist befugt, die Erfindung, ohne der Erlaubnis des Patentinhabers zu bedürfen oder dem Anmelder Entschädigung zahlen zu müssen, für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 PatG). Welche Benutzungsformen ihm dabei offenstehen, richtet sich nach der Art der vor dem maßgebenden Zeitpunkt ausgeübten oder vorbereiteten Tätigkeit. Handelt es sich um die Herstellung von Erzeugnissen, so dürfen diese weiterhin hergestellt, aber auch angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht oder zu diesen Zwecken eingeführt und in Besitz gehalten werden."
Smith-O schrieb:
2. Dürfen die Käufer, die das Produkt von V erwerben, das Produkt besitzen, benutzen etc. ? Mit anderen Worten: Tritt hier eine Art Erschöpfung des Patentrechts ein, obwohl hier der Patentinhaber nicht bewusst die Verfügungsgewalt über das Produkt aufgegeben hat?
Aus den Regelungen zum Binnenmarkt in der EU folgt die Erschöpfung des Verbreitungsrechts und das Werbehinweisrechts für das konkret verkaufte Erzeugnis. Allerdings meine ich, dass für ein Erzeugnis damit auch dessen bestimmungsgemäße Benutzung durch den Erwerber umfasst sein muss, da sonst die Erschöpfung wertlos wäre.
Dies wird m.E. auch indirekt im Kraßer a.a.O. bestätigt, indem es nämlich für die mittelbare Vorbenutzung heißt:
"Eine mittelbare Vorbenutzung, der der erforderliche Erfindungsbesitz zugrundeliegt, rechtfertigt es, die von ihr betroffenen Mittel zur Erfindungsbenutzung anzubieten und zu liefern. Das bedeutet aber nicht, daß die Abnehmer zur (unmittelbaren) Erfindungsbenutzung berechtigt sind. Praktisch bleibt der mittelbare Vorbenutzer deshalb auf Abnehmer angewiesen, die ihrerseits ein VBR haben oder Lizenznehmer sind. Insoweit benötigt er aber kein eigenes VBR, weil er Benutzungsberechtigte nach § 10 PatG ohne Zustimmung des Patentinhabers beliefern darf. Von Bedeutung wäre ein VBR für den mittelbaren Benutzer nur dann, wenn es ihm das Recht gäbe, seinen Abnehmern die Befugnis zur Erfindungsbenutzung zu verschaffen. Vertretbar ist eine solche Annahme, wenn der mittelbare Vorbenutzer Vorrichtungen angeboten oder geliefert hat, die nicht ohne Benutzung eines patentierten Verfahrens gebraucht werden können. In diesem Fall könnte der Patentinhaber selbst die Lieferung der Vorrichtung praktisch nicht vornehmen oder gestatten, ohne gleichzeitig die Erlaubnis zur Verfahrensausübung zu erteilen; das kann eine im Ergebnis der Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes entsprechende Behandlung rechtfertigen (vgl. oben § 33 V e 3). In sonstigen Fällen ist jedoch kein Raum für eine Lizenzierungsbefugnis kraft mittelbarer Vorbenutzung."
Damit wird klar, dass für ein direktes VBR erst Recht die obige Erschöpfung eintreten muss.