Übergangsreglung EPÜ2000

grond

*** KT-HERO ***
Auf was für Ideen man so kommen kann, wenn man versucht, sein Wissen an möglichst bizarren Fällen zu testen:

welches Recht kommt zur Anwendung, wenn eine EP-Anmeldung vor dem 13.12.07 eingereicht wurde, aber nach dem 13.12. fehlende Teile nachgereicht wurden, so dass das Datum der Einreichung und der Anmeldetag auseinanderfallen? Der Anmeldetag müsste ja wohl entscheidend sein, oder?
 

Tiger-Pat-Ente

SILBER - Mitglied
Es gibt ein interessantes Dokument beim EPA über die Übergangsbestimmungen: http://documents.epo.org/projects/babylon/eponet.nsf/0/B06BBB6AE8C22ECCC125735B0052AD12/$File/EPC_2000_Transitional_Provisions_en.pdf

Die Antwort lautet wie immer: Es kommt auf den Fall drauf an.

Unter Punkt 1.4. (des oben genannten Dokuments) wird angemerkt, dass R56 nur für EP-Anmeldungen mit einem Einreichungstag ab 13.12.2007 angewandt werden kann.

Weiter heisst es aber, dass wenn sich der Anmelder für eine Nachdatierung der Anmeldung entscheidet (z.B. auf Antrag, wenn innert 1 Monat vor 13.12.2007 eingereicht), dann die R56 angewandt werden kann.

Falls die Anmeldung ein AT vor 13.12.2007 hat und die Zeichnungen fehlen, so ist die R43 (EPÜ 1973) auch nach dem Inkrafttreten des EPÜ 2000 anzuwenden.
 

grond

*** KT-HERO ***
Tiger-Pat-Ente schrieb:
Falls die Anmeldung ein AT vor 13.12.2007 hat und die Zeichnungen fehlen, so ist die R43 (EPÜ 1973) auch nach dem Inkrafttreten des EPÜ 2000 anzuwenden.
Das ist der Fall, den ich meine, und die Antwort ist spannend. Was heißt das für die Anwendung von Art. 54(4) EPÜ73, wenn eine Anmeldung vor dem 13.12.07 eingereicht wurde, aber aufgrund von fehlenden Zeichnungen wegen R.43 EPÜ73 sich der Anmeldetag auf den 13.12.07 oder später verschiebt?

Der parallele Fall unter Punkt 1.3.1 des Dokuments würde m.E. eine Anwendung des EPÜ2000 nahelegen. Dort geht es um Mängel unter dem EPÜ73, die unter dem EPÜ2000 nicht verhindern würden, dass ein Anmeldetag zuerkannt wird. Werden die Mängel vor dem 13.12. behoben, folgt ein Anmeldetag unter dem EPÜ73, wenn nicht, werden die Mängel sozusagen automatisch am 13.12. behoben, so dass dies der Anmeldetag wird. Dementsprechend wird dann diese Anmeldung unter dem EPÜ2000 behandelt. Ich denke, so müsste es dann auch hier laufen, wenn die fehlenden Zeichnungen erst am oder nach dem 13.12. nachgereicht werden.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Mit diesem Dokument (Transitional Practice) ist das auch so eine Sache.

Im CEIPI D-Teil Kurs habe ich gelernt, dass das EPA dieses Dokument wohlüberlegt nur in einer Amtssprache und nur online zur Verfügung stellt, und im Amtsblatt nur über eine Fußnote heranzieht. Man beachte nämlich Art. 129 b) (ggf. iVm. Art. 31 und 177).

Es soll nämlich hieraus keiner irgendwelche Ansprüche aus diesem Dokument ableiten können (Stichwort: Vertrauensschutz). Es handelt sich dabei nämlich um eine Interpretation des EPA der Entscheidungen der Diplomatischen Konferenz und des Verwaltungsrates zu den Übergangsbestimmungen. Insbesondere ist die Behandlung der Teilanmeldungen im Amt noch sehr umstritten.

Prinzipiell sollte man sich im klaren sein, dass die Diplomatische Konferenz eigentlich vorgesehen hatte, dass das EPÜ 2000 erst für neue Anmeldungen anwendbar ist, die ab Inkraftreten eingereicht werden. Das war dem EPA aber zuviel Arbeit, da dann 20 Jahre lang zwei EPÜs anzuwenden gewesen wären. Also hat dann der Verwaltungsrat den Beschluss der Diplomatischen Konferenz auf den Kopf gestellt. Heraus gekommen sind äußerst komplizierte Übergangsbestimmungen.

Für die EQE bin ich mir auch nicht im klaren, wie ich damit umgehen soll. Ein Tutor-Tenor scheint aber zu sein, dass man es auf jeden Fall zitieren kann. Die Frage bleibt, ob das ausreichend ist, oder man seine eigene Interpretation liefern muss?

Jetzt gibt es für die Regel leider keine Übergangsbestimmungen, außer für Regel 62. Folglich hängt die Anwendbarkeit der Regeln von den Artikeln ab, auf die sie sich beziehen.

Hier liegt m.E. ein etwas komplizierterer Fall vor: Regel 56 bezieht sich zwar primär auf Art. 90(4), die Erteilung des Anmeldetags aber auf Art. 80. Dies folgt m.E. durch den Verweis auf Regel 40, die ganz klar zu Art. 80 gehört. Nach Art. 7(1) der Revisionsakte gilt dann wegen Art. 80, dass die Regel nur auf Anmeldungen angewendet werden kann, die ab dem 13.12.2007 eingereicht wurden. Folglich ist die Regel 43 insoweit anzuwenden, als die Regel 56 nicht anwendbar ist. Eben aufgrund der Verweise auf Regel 40.

Ich würde es davon abhängig machen, wieviele Punkte es zu holen gibt. Wenn es wenige Punkte sind, würde ich RiLis und/oder Transitional Practice zitieren. Bei vielen Punkten würde ich das als Hinweis auf eine direkte Anwendung der Übergangsbestimmungen interpretieren.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Was heißt das für die Anwendung von Art. 54(4) EPÜ73, wenn eine Anmeldung vor dem 13.12.07 eingereicht wurde, aber aufgrund von fehlenden Zeichnungen wegen R.43 EPÜ73 sich der Anmeldetag auf den 13.12.07 oder später verschiebt?
Die Anmeldung war anhängig am 13.12.2007. Damit gilt Art. 1 (1) des Beschlusses des VR v. 28.06.2001 gestützt auf Art. 7(2) der Revisionsakte. D.h., Art. 54(4) EPÜ 1973 gilt für diese Anmeldung.

grond schrieb:
Der parallele Fall unter Punkt 1.3.1 des Dokuments würde m.E. eine Anwendung des EPÜ2000 nahelegen.
Ich denke, das ist ein anders gelagerter Fall. Dort ergibt sich das m.E. aus dem Prinzip des Vertrauensschutzes. Deshalb heisst es auch am Ende des Absatzes, dass eine Fiktion erzeugt wird, dass der Anmeldetag der 13.12.2007 ist.
 

grond

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Die Anmeldung war anhängig am 13.12.2007. Damit gilt Art. 1 (1) des Beschlusses des VR v. 28.06.2001 gestützt auf Art. 7(2) der Revisionsakte. D.h., Art. 54(4) EPÜ 1973 gilt für diese Anmeldung.
Dann vereinfacht der Kley an dieser Stelle unzulässig, er spricht nämlich ausdrücklich vom Anmeldetag. Allerdings steht rechts daneben (beides S. 41, unten, Stand Oktober 07) der korrekte Auszug, der auf die Anhängigkeit abstellt.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Die Anmeldung war anhängig am 13.12.2007. Damit gilt Art. 1 (1) des Beschlusses des VR v. 28.06.2001 gestützt auf Art. 7(2) der Revisionsakte. D.h., Art. 54(4) EPÜ 1973 gilt für diese Anmeldung.
Ist das Deine eigene Meinung oder gibt es dazu eine Zitierstelle?
Die Gesetzesstellen lassen sich natürlich hören, allerdings würde ich "anhängig" erst ab Anmeldetag interpretieren.

Ich würde also sagen, dass in jedem Fall der Anmeldetag ausschlaggebend ist und die Anmeldung nach EPÜ2000 zu behandeln wäre.

Als Begründung würde ich folgendermaßen argumentieren:

Der der Prüfung zugrunde liegende Stand der Technik ist im EPÜ2000 umfangreicher als im EPÜ1973 oder in einem nationalen Verfahren (aufgrund der neuen 54(3)-Regelung).

Folglich ist es im EPÜ2000 schwerer ein Patent zu bekommen als im EPÜ1973 oder in einem nationalen Verfahren.

Reicht nun jemand keine oder nur unzureichende Unterlagen im EPÜ1973 ein, die keinen oder nur einen unerwünschten (weil Unterlagen, etwa Zeichnungen fehlen) Anmeldetag begründen, gibt es keinen Grund ihn aufgrund dieser verfrühten Einreichung in den "Genuß" des EPÜ1973 kommen zu lassen.

Würde man also R.56EPÜ2000 anwenden und ihm die Nachreichung gestatten sowie den "alten" AT und damit Art.54(3)EPÜ1973 "schenken", findet m.E. eine völlig ungerechtfertigte doppelte Belohnung (R.56EPÜ2000 und damit besserer Zeitrang und Art.54(3) EPÜ1973) statt. Es werden nur die Rosinen rausgepickt.

Daher müsste man m.E. streng die R.40EPÜ1973 anwenden (neu festgesetzter AT) und damit dann Art.54(3)EPÜ2000, also doppelte Bestrafung, schließlich lag der Fehler beim Anmelder.


Zugegebenermaßen ist das aber meine eigene (harte) Sichtweise. Genauso kann auch die doppelte Belohnung vertreten werden.

Ist das nicht irgendwo geregelt? Die regeln doch sonst immer alles.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Habe meine Frage gerade selbst beantwortet:

R.56 gilt für anhängige Anmeldungen NICHT. Punkt 1.4 in den diesen Übergangsbestimmungen.

Also gibt es nach R.43EPÜ1973 einen späteren Anmeldetag und damit gilt Art. 54(3) EPÜ2000.

"Anhängig" ist eine Anmeldung also in diesem Sinne erst ab dem Anmeldetag.

Auch wenn ich zugeben muss, dass einige Formulierungen in den Übergangsbestimmungen ("vor dem 13.12.07 eingereicht") auch andere Schlüsse zulassen.

Die expliziten Hinweise, dass es alleine auf den Anmeldtag ankommt, lassen aber m.E. keinen anderen als obigen Schluß zu.
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Habe meine Frage gerade selbst beantwortet:

R.56 gilt für anhängige Anmeldungen NICHT. Punkt 1.4 in den diesen Übergangsbestimmungen.

Also gibt es nach R.43EPÜ1973 einen späteren Anmeldetag und damit gilt Art. 54(3) EPÜ2000.
Das ist halt die Frage, ob sich die Anwendung von EPÜ73/2000 nach dem verschobenen Anmeldetag richtet oder aber nach dem Tag der Einreichung. Welcher von den beiden Tagen ist der, an dem die Anmeldung anhängig wurde? Nach meinem Verständnis bedeutet "Anhängigkeit", dass ein Verwaltungsverfahren ausgelöst wurde. Das wurde m.E. bei Einreichung, so dass nach dieser Sichtweise das EPÜ73 anzuwenden wäre, auch wenn der verschobene AT erst am oder nach dem 13.12.07 ist.

Die Situation bei der Frage nach der Anwendbarkeit von R.43 EPÜ73 vs. R.56 EPÜ2000 ist komplexer, weil es, wie Du ausgeführt hast, zu einer Anwendung der jeweils vorteilhafteren Bestimmung hätte kommen können: wegen R.56 EPÜ2000 bleibt der frühere Anmeldetag u.U. erhalten, die Anwendbarkeit von R. 56 EPÜ2000 wäre aber nur durch die Verschiebung des Anmeldetags nach R. 43 EPÜ73 begründbar. Deine obige Argumentation hinsichtlich Art. 54 hat aber zur Folge, dass Art. 54 EPÜ2000 gelten soll, weil der AT wegen der geltenden R. 43 EPÜ73 verschoben wird. Auch das erscheint bizarr...
 

Lysios

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Das ist halt die Frage, ob sich die Anwendung von EPÜ73/2000 nach dem verschobenen Anmeldetag richtet oder aber nach dem Tag der Einreichung. Welcher von den beiden Tagen ist der, an dem die Anmeldung anhängig wurde?
Ich denke, die Anmeldung ist in jedem Fall anhängig. Allerdings muss man hier genau lesen, denn es heißt im Beschluss des VR "anhängige europäische Patentanmeldungen" und nicht einfach Anmeldungen.

Art. 90 ist auch für anhängige europäische Patentanmeldungen anwendbar. Wenn gemäß Art. 90 (2) die Anmeldung nicht als europäische Patentanmeldung behandelt wird, ist sowieso alles egal. Deshalb muss man m.E. schlussfolgern, dass wenn ein Anmeldetag zuerkannt wird, auch wenn dieser ein Datum ab dem 13.12.2007 ist, die Anmeldung am 13.12.2007 eine anhängige europäische Patentanmeldung gewesen ist. Ergo gilt Art. 54(4) und Regel 23a EPÜ 1973.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Habe meine Frage gerade selbst beantwortet:

R.56 gilt für anhängige Anmeldungen NICHT. Punkt 1.4 in den diesen Übergangsbestimmungen.
VORSICHT! Das sind nicht die Übergangsbestimmungen sondern nur deren Umsetzung durch das EPA. Daraus kann man keine Ansprüche ableiten (ergänzend noch Art. 14(7) zu meinen obigen Ausführungen).
 

Lysios

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Was heißt das für die Anwendung von Art. 54(4) EPÜ73, wenn eine Anmeldung vor dem 13.12.07 eingereicht wurde, aber aufgrund von fehlenden Zeichnungen wegen R.43 EPÜ73 sich der Anmeldetag auf den 13.12.07 oder später verschiebt?
Es gilt hier normalerweise der Grundsatz, dass der Anmelder materiellrechtlich durch das EPÜ 2000 nicht schlechter gestellt werden darf als unter dem EPÜ 2000 (wohlerworbene Rechte). Da die Anmeldung unter dem EPÜ 1973 eingereicht wurde, muss sie materiellrechtlich nach dem EPÜ 1973 behandelt werden. Aufgrund von Art. 54(3) EPÜ 2000 kann der Anmelder nämlich sonst schlechter gestellt sein (bei entsprechenden älteren Rechten iVm. Art. 54(4), Regel 23a EPÜ 1973).

Nur für Teilanmeldung befolgt das EPA diesen Grundsatz nicht, obwohl diese am 13.12.2007 "virtuell anhängig" waren. Es gibt aber das Gerücht, die Präsidentin hätte angewiesen, in solchen Fällen den Anmelder trotzdem nicht schlechter zu stellen als unter EPü 1973.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Da die Anmeldung unter dem EPÜ 1973 eingereicht wurde, muss sie materiellrechtlich nach dem EPÜ 1973 behandelt werden.
Das ist eben die Frage, wenn etwa Zeichnungen nachgereicht werden, gibt es nach R.43EPÜ1973 nunmal einen neuen AT und dann wurde sie NICHT nach EPÜ1973, sondern nach EPÜ2000 eingereicht, weil der AT > 13.12.07 ist.

Wie gesagt, in diesen Übergangdingern (wie auch immer sie zu nennen sind), ist der Konflikt R.43EPÜ1973 und R.56EPÜ2000 geregelt, ebenso die Tatsache, dass der zugewiesene Anmeldetag und nichts anderes für die Behandlung 1973/2000 ausschlaggebend ist.

Ich maße mir in der Prüfung bestimmt nicht an, es besser zu wissen als diese Übergangsdinger (auch wenn man es vielleicht tatsächlich besser weiß).

Ich verstehe zwar alle Vorbehalte und Bedenken hinsichtlich Übergangsbestimmungen etc., aber diese Übergangsdinger sind nunmal m.E. nach EPA-D-Teil-Ansicht nicht nur die herrschende, sondern die einzige Meinung.

Also sind sie (wie auch die Richtlinien) quasi Gesetz. Basta, Punkt, Aus.

Alles andere ist schlecht für unsere Gehirne.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Das ist eben die Frage, wenn etwa Zeichnungen nachgereicht werden, gibt es nach R.43EPÜ1973 nunmal einen neuen AT und dann wurde sie NICHT nach EPÜ1973, sondern nach EPÜ2000 eingereicht, weil der AT > 13.12.07 ist.
Diese Argumentation ist doch in sich widersprüchlich: Nach EPÜ 1973 wird ein Anmeldetag erteilt, dann aber nach materiellrechtlich nach EPÜ 2000 verfahren? Beachte: Für Art. 80, R 40 gilt, dass diese nicht für anhängige Anmeldungen anwendbar sind.

Gibt es eine Aussage der Prüfungskommission, das die Transitional Practice in der EQE verwendet werden können, wo diese noch nicht einmal im Verfahren vor dem EPA wenig mehr darstellen, als einen Hinweis ohne rechtliche Bedeutung? Nur die RiLis sind m.E. ganz sicher für die EQE verbindlich.
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
ebenso die Tatsache, dass der zugewiesene Anmeldetag und nichts anderes für die Behandlung 1973/2000 ausschlaggebend ist.
Wo steht denn das in dieser Klarheit?


Also sind sie (wie auch die Richtlinien) quasi Gesetz. Basta, Punkt, Aus.

Alles andere ist schlecht für unsere Gehirne.
Information overflow? :)

Spannend würde es, wenn im C-Teil ein wundervolles 54(4)-Dokument für einen Neuheitsangriff auf ein Patent mit wie in unserer Diskussion verschobenem AT verführerisch lockt. Sollte es einen anderen Angriff geben, ist der womöglich der gewünschte. Im Zweifelsfall aber lieber beide abarbeiten... :)
 

Lysios

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Horst schrieb:
ebenso die Tatsache, dass der zugewiesene Anmeldetag und nichts anderes für die Behandlung 1973/2000 ausschlaggebend ist.
Wo steht denn das in dieser Klarheit?
Es steht tatsächlich in der Transitional Practice, man muss es nur richtig verstehen können (es hat bei mir recht lange gedauert). Ob man sich dann darauf berufen kann, ist eine andere Frage.

1.4 verweist darauf, dass gemäß 1.3.1 und 1.3.2 die Regel 56 anwendbar werden kann. Jetzt heißt es dort "not entitled to a filing date under the EPC 1973". Dies muss man so interpretieren, dass kein Anmeldetag vor dem 13.12.2007 erteilt werden kann.

In unserem Beispiel kommt es ja auch nicht dazu, dass jemals ein solcher Anmeldetag erteilt werden kann.

Jetzt wird dann aber plötzlich Regel 56 doch anwendbar (siehe 1.4).

Die Begründung, warum Regel 56 nun anwendbar wird ist, dass die Anmeldung tatsächlich erst mit dem Anmeldetag anhängig wird (Visser sagt bei Art. 80 auf S. 192, dies folgt aus Art. 80 iVm. Art. 90(1) und 90 (2)). Damit war die Anmeldung am 13.12.2007 nicht anhängig. Damit kann Regel 56 wegen Art. 7(1) der Revisionsakte angewendet werden, weil der Beschluss des Verwaltungsrates nach Art. 7(2) der Revisionsakte hierfür nichts bestimmt. Zwar lautet der Art. 7 (1) auf "ab Inkrafttreten eingereichte Anmeldungen", aber dies muss so interpretiert werden, dass damit auch Anmeldungen mit Anmeldetag ab diesem Datum erfasst sind, weil andernfalls gar keine Anwendbarkeit des EPÜ gegeben wäre. Dies widerspricht aber Art. 175 (wohlerworbene Rechte), da diese Situation vergleichbar ist. Es würde auch generell Rechtsprinzipien widersprechen. Zudem wäre auch keine Absicht des Gesetzgebers erkennbar, dass dies beabsichtigt gewesen ist.

Dass die Anmeldung dann auch insgesamt und insbesondere in Bezug auf Art. 54(3) komplett dem EPÜ 2000 unterworfen ist, widerspricht auch nicht dem Prinzip der wohlerworbenen Rechte. Denn solange kein Anmeldetag nach EPÜ 1973 erworben wurde (das EPÜ 1973 ist nicht mehr in Kraft), kann sich der Anmelder auch nicht auf die materiellrechtliche Stellung gemäß des EPÜ 1973 berufen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Zwar lautet der Art. 7 (1) auf "ab Inkrafttreten eingereichte Anmeldungen", aber dies muss so interpretiert werden, dass damit auch Anmeldungen mit Anmeldetag ab diesem Datum erfasst sind, weil andernfalls gar keine Anwendbarkeit des EPÜ gegeben wäre.
Nachdem ich mir den Art. 7(1) noch einmal genau angeschaut habe, fürchtete ich schon, meine Argumentation wäre falsch. Da die Anmeldung bei Inkrafttreten nicht anhängig ist, aber schon vorher eingereicht wurde, müsste eigentlich hier genau der Fall vorliegen, den das EPA vermeiden wollte: Nämlich 20 Jahre lang noch das EPÜ 1973 anwenden zu müssen. Es bliebe dann nämlich bei der Anwendbarkeit des EPÜ 1973, wenn es keinen Beschluss gibt, dass dieses EPÜ 1973 außer Kraft setzt. Genau das erledigt aber Art. 8 (2) der Revisionsakte. Damit müsste jetzt alles passen.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Ich fasse nochmal zum Verständnis zusammen:

Anmeldung wird vor 13.12. eingereicht, es fehlen aber Teile, dann sind folgende Fälle zu unterscheiden:

a) es kann kein AT nach EPÜ1973 erteilt werden, aber einer nach EPÜ2000(etwa durch R.56) => 13.12. wird Anmeldetag und es gilt EPÜ2000.

b) es kann ein AT nach EPÜ1973 erteilt werden. Nun gilt erstmal EPÜ1973 und R.43/1973, allerdings ohne die fehlenden Teile. Entschließt sich der Anmelder, doch noch Teile nachzureichen (nach dem 13.12) ist R.43/1973 anzuwenden und der AT wird neu festgesetzt. M.E. gilt dann EPÜ2000 mit dem neuen AT, die Anmeldung ist so zu behandlen, als ob sie am neuen AT so eingereicht worden wäre. Für eine Behandlung nach EPÜ1973 bei einem AT nach dem 13.12. ist m.E. kein Raum.

In so einem Fall wäre wohl zu raten, die alte Anmeldung ohne die fehlenden Teile nach EPÜ1973 "leben zu lassen" und eine neue Anmeldung mit den Teilen nach EPÜ2000 einzureichen.

c) es kann weder nach EPÜ1973 noch nach EPÜ2000 ein AT erteilt werden. Pech gehabt, neu einreichen.

Der knifflige Fall ist wohl b). Teilt ihr da meine Meinung oder gibt es noch eine andere Aufassung?
 

Pattex

Vielschreiber
Zur Anwendung 54(3) alt / neu zielt:

1.) RiLi C III 8.1 auf den Anmeldetag ab
2.) RiLi D VII 4.2 auf den Tag der Einreichung
3.) Transitional Provisions 10.1 auf den Anmeldetag
4.) Art 7 Übergangsbestimmungen auf Tag der Einreichung (nach 13.12.2007 -> neues Recht) bzw. Anhängigkeit (sofern am 13.12. anhängig -> altes Recht).

Anscheinend ist lt Visser (habe ich nicht, siehe aber oben):
anhängig = Anmeldetag zugesprochen.

Somit passen 1.) 3.) und 4.) wohl zusammen.
Aber 2.) ???
Tag der Einreichung kann man ja wohl nicht mit Anmeldetag gleichsetzen.
 

Pattex

Vielschreiber
Pattex schrieb:
Zur Anwendung 54(3) alt / neu zielt:

1.) RiLi C III 8.1 auf den Anmeldetag ab
2.) RiLi D VII 4.2 auf den Tag der Einreichung
3.) Transitional Provisions 10.1 auf den Anmeldetag
4.) Art 7 Übergangsbestimmungen auf Tag der Einreichung (nach 13.12.2007 -> neues Recht) bzw. Anhängigkeit (sofern am 13.12. anhängig -> altes Recht).

Anscheinend ist lt Visser (habe ich nicht, siehe aber oben):
anhängig = Anmeldetag zugesprochen.

Somit passen 1.) 3.) und 4.) wohl zusammen.
Aber 2.) ???
Tag der Einreichung kann man ja wohl nicht mit Anmeldetag gleichsetzen.
Noch was: Amtsblatt 10/2007, Seite 505 zielt ebenfalls zunächst auf den Tag der Einreichung ab, erwähnt dann aber, dass maßgebend der Anmeldetag sei ("nicht der Prioritätstag")
 
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