Praxis Research zur Unterstützung von Patentanwälten mit KI-Tools

Armin

GOLD - Mitglied
Das so etwas funktioniert, bezweifele ich nicht. Die Frage ist nur, welche Qualität haben die Resultate?

Was da gezeigt wird, sind semantische Umstellungen von hoch-standardisierten Algorithmusansprüchen.

Die (angeblich) automatisch generierten "Zeichnungen" kann man als eine verfeinerte Version davon auffassen, wenn in Microsoft Word ein Text markiert wird, dann im Menü "Umwandeln" -> "Text in Tabelle" ausgewählt, und dabei auf geeignete Trennzeichen geachtet wird.

Patentzeichnungen im Sinne der Darstellung von Vorrichtungen, die üblicherweise bedeutend engere und detailliertere Ausführungsformen zeigen als alle Patentansprüche, lassen sich auf diese Weise natürlich nicht aus den Ansprüchen generieren, ebensowenig die zugehörige Figurenbeschreibung.

Der Beschreibungstext, der bei so etwas herauskommt, besteht dann in einer 5-maligen Wiederholung des Wortlauts der Patentansprüche, verschieden formatiert und an verschiedenen Stellen in Text und "Zeichnungen" verteilt.

Interessant auch, dass als eine der Begründungen für diese Software "Mangel an qualifiziertem Personal" genannt wird. Was die Zeichnungserstellung angeht, trifft dies ja auf den Gründer-Hund von IPWatchdog schonmal zu, wie wir gesehen haben.

Von daher kann ich mich Deiner o.g. rhetorischen Frage nur anschließen.
 

Progressive

SILBER - Mitglied
Will man darüber hinaus gehen, muss in irgendeiner Form Wissen über das technische Fachgebiet einfließen. Natürlich steckt in der ursprünglichen Erfindungsmeldung (hoffentlich) auch noch über die Ansprüche hinausgehende Detailinformation. Vielleicht kann man auch die stets notwendige Verknüpfung der abstrakten Anspruchsmerkmale mit den konkreten Beispielen automatisieren, oder sogar dazwischen liegende Abstraktionsebenen formulieren lassen.

Dann fehlt aber immer noch das (Erfahrungs-)Wissen des Patentanwalts, der sich über die rechtlichen Implikationen bestimmter Formulierungen, Hinzufügungen (oder Auslassungen) im Klaren ist, wie der_markus richtig anmerkt. Aber letztlich beruht das auch zu einem guten Teil auf Regeln, die sich möglicherweise integrieren lassen. Vielleicht kann das System diese ja auch lernen, indem ein paar hundert oder tausend KI-Anmeldungen von Patentanwälten überarbeitet werden.

Man könnte das System ggf. evaluieren, indem man aus alten EP-Patentanmeldungen die eingereichten Ansprüche nimmt, daraus automatisiert Anmeldungen generiert und diese mit den tatsächlichen Anmeldungen vergleicht. Insbesondere dahin, ob man für die tatsächlich erteilten Ansprüche eine Offenbarungsgrundlage in der KI-Anmeldung gehabt hätte ...

Und bevor das Ende der Patentanwaltschaft ausgerufen wird: Das Verfassen der Ansprüche ist offensichtlich aus guten Gründen ausgenommen, dafür braucht es immer noch den PA ;-)

Inwiefern ausgenommen?
Grundsätzlich sehe ich ein hohes Potential darin, weite Teile der Juristerei durch KI zu ersetzen. Es gibt >100 Jahre sehr gut dokumentierte Rechtsgeschichte und abermillionen an Fällen. Die KI dafür aufzusetzen erachte ich nicht einmal als wirklich herausfordernd, die Datenaufbereitung ist es aber sicherlich. Man muss bei allen Dokumenten halt (semi-)supervised vorgehen aber letztlich hat man eine ziemlich gute Trennschärfe, auf welche die KI trainieren kann. Im Gegensatz zu echten, physikalischen Systemen, wo es durchaus schwierig werden kann, weil sich mitunter dutzende Sensoren gegenseitig widersprechen und man in einem hochdimensionalen Raum nach der Wahrheit suchen muss, sind all die bestehenden Dokumente mit ihrer Eingangs- und Ausgangslage recht eindeutig. Wenn man dann noch jene Fälle separat klassifiziert, die vor Gericht verhandelt wurden, kann man durch die Vielzahl an Fällen bestimmt eine sehr hohe richtig positive Klassifikation erreichen.
Es gibt ja bereits zahlreiche Firmen, die sich darauf spezialisiert haben und deren Tools Anwälte outperformen. Bis das aber im Alltag eingesetzt wird, kann die aktuelle Generation Anwälte aber vermutlich noch aufatmen.
 

Langof

BRONZE - Mitglied
Ich finde die Idee ziemlich gut, besonders wenn Mandant in einer nicht bevorzugten Sprache die Anmeldung braucht. Wir müssten ziemlich oft die Prio Anmeldungen auf Französisch verfassen. Da ist jede Hilfe willkommen.

Oder funktioniert es nur auf Deutsch bzw. Englisch?

Lieber Luminovo: habt ihr Erfahrungen mit Biotech? oder Chemie? Da würde ich KI sinnvoll finden, um mir wenigstens zu zeigen, wo mir die Offenbarung in der Beschreibung noch fehlt. (Angesichts z.B. Agrevo).

Langof
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
@Progressive: War das jetzt ernst gemeint oder bullshit-bingo?

Im ersten Fall: erklär doch mal, wo der Zusammenhang mit dem Verfassen einer Patentanmeldung, insbesondere von Patentansprüchen, liegt (da hilft nämlich die Rechtsgeschichte herzlich wenig ...).

Im zweiten Fall: du hast den Ironie-Tag vergessen ;-)
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ich finde die Idee ziemlich gut, besonders wenn Mandant in einer nicht bevorzugten Sprache die Anmeldung braucht. Wir müssten ziemlich oft die Prio Anmeldungen auf Französisch verfassen. Da ist jede Hilfe willkommen.

Oder funktioniert es nur auf Deutsch bzw. Englisch?

Lieber Luminovo: habt ihr Erfahrungen mit Biotech? oder Chemie? Da würde ich KI sinnvoll finden, um mir wenigstens zu zeigen, wo mir die Offenbarung in der Beschreibung noch fehlt. (Angesichts z.B. Agrevo).

Langof

In diesem Fall kann man die Anmeldung in einer "bevorzugten" Sprache schreiben und auf Französisch maschinenübersetzen lassen. Ein besseres Ergebnis wird eine KI, die direkt auf Französisch schreibt, auch nicht liefern. Oder anders gesagt: Wenn es eine KI gibt, die perfekte französische Texte verfasst, kann diese KI auch in ein Übersetzungsprogramm implementiert werden.

Ich mache damit aber regelmäßig schlechte Erfahrungen. Ich habe einen japanischen Mandanten, der darauf besteht, beim EPA englische Maschinenübersetzungen seiner japanischen Anmeldungen einzureichen, weil das billiger kommt als richtig übersetzen. Das Ergebnis ist regelmäßig katastrophal. Teilweise ist die Beschreibung völlig unverständlich, und im Einspruch ist es ein großer Spaß, sich mit stark "auslegungsbedürftigen" Begriffsdefinitionen vom Stand der Technik abzugrenzen zu versuchen, während der Einsprechende bei jeder Anspruchsänderung "Klarheit, Klarheit, Klarheit!" brüllt (und das, wie ich zugeben muss, vollkommen zu Recht).

Mit der heutigen KI würde ich von so etwas besser die Finger lassen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Progressive

SILBER - Mitglied
@Progressive: War das jetzt ernst gemeint oder bullshit-bingo?

Wenn "bullshit-bingo" synonym für Fachsprache steht, ist es ernstgemeint.
Das Juristendeutsch wirkt auf Außenstehende auch nicht unbedingt gehaltvoll.

Mit der heutigen KI würde ich von so etwas besser die Finger lassen.
"Die heutige KI" ist keine Schnittmenge aller Technologien. Man sagt ja auch nicht "der heutige Maschinenbau". Gerade in dem Bereich sollte einem bewusst sein, dass das, was man selbst (im Alltag) erfährt o.ä. Stand etlicher vergangener Jahre ist. Der aktuelle Stand dürfte wohl den allerwenigsten bekannt sein.
 

Fragender

GOLD - Mitglied
@Progressive:

"KI" ist noch nicht mal in der Lage, Patentanmeldungen sauber zu übersetzen (obwohl die Begriffe da relativ eindeutig sind), oft versteht man die Übersetzungen nur, wenn man schon genug Erfahrung hat (oder Kenntnisse der Ausgangssprache). Wie soll man mit "KI" dann neue Dokumente erstellen sollen, die den Anforderungen genügen? Und wie bringt man der "KI" bei, was bei einer Anmeldung die Erfindung ausmacht?

Ein nicht-fiktives Beispiel einer "KI"-erzeugten Anmeldung wäre super, ansonsten könnte man an § 34 Abs. 4 PatG denken...

Gruß, Fragender
 

Progressive

SILBER - Mitglied
"Noch nicht mal"?
"Die" KI tut schon längst ganz andere Sachen. Darüber hinaus stellt Deutschland im internationalen Vergleich im Bereich KI nun wirklich keine wahrnehmbare Position dar. Sprachliche Übersetzung ist ja wieder ein anderes Thema aber auch hier gibt es herausragende Ergebnisse. Sogar aus Deutschland.

Anhand von Zeichnungen, kombiniert mit Begriffen. Wie ich schon sagte: 100 Jahre (und mehr?) Rechtsgeschichte haben einiges an Daten produziert.
Die KI ist hier nicht einmal das aufwendige, aber das Anlegen und Strukturieren der Daten. Deshalb gibt es da m.E.n. bislang auch nur angelsächsische Unternehmen, die sich dem erfolgreich widmen. Im direkten Vergleich urteilen deren Technologien auch besser als Harvard-Anwälte. Und das war vor.. 3-4 Jahren?
Mir selbst ist ein Startup aus Berlin bekannt, das seit letztem Jahr dabei ist, rechtliche Angelegenheiten automatisiert anzugehen. Ist aber noch nicht nennenswert vorangekommen, sind auch nur 3-4 Leute. Aber wäre dann auch eh Mietrecht ;)
 
Zuletzt bearbeitet:

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Progressive,


dir ist schon klar, dass es etwas seltsam wirkt, wenn du einerseits schreibst, dass "Sprachliche Übersetzung [...] ja wieder ein anderes Thema [ist]", dann aber von vorgeblichen "Im direkten Vergleich urteilen deren Technologien auch besser als Harvard-Anwälte" ;-) ? Oder glaubst du das "Urteilen", wäre "näher" an der Tätigkeit eine Anmeldung zu schreiben als das Übersetzen einer solchen Anmeldung ;-) ?


So jetzt aber mal direkt. Du verstehst glaube ich nicht wirklich den Punkt, auf den Fragender hinaus wollte. Das Übersetzung einer bereits bestehenden Anmeldung ist im Prinzip eine viel einfacherer Aufgabe, da man dort auf vollständig bekannte Wortschschätze zweier Sprachen und deren Grammatik zurückgreifen kann. Im Prinzip wäre es ganz einfach, wenn da nicht das Problem der Zweideutigkeiten der Sprache/Wörter wäre. Und genau an diesen Zweideutigkeiten scheitern "normale " Übersetzungsprogramme. Übersetzungsprogramme, die lernen können (KI) kann das etwas besser, aber scheitert immer noch.


Im Prinzip ist da dein "Urteilen" noch einfacher, weil da ja der Sachverhalt (per Definition) vollständig bekannt ist und auch alle Gesetze (bei Civil Law Systemen) oder alle vorherigen Urteile (bei Common Law Systemen). Auch hier ist ein abgeschlossenes System an Eingaben bekannt.


Gänzlich anders sieht es aus, bei dem Formulieren einer neuen Anmeldung. Hier kann man nicht auf ein abgeschlossenes System von Eingaben zurückgreifen. Es soll ja gerade etwas neues geschaffen werden, nämlich eine noch nicht bekannte Anmeldung, die eine neue und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhende Erfindung beschreibt ;-). Die kann KI ja noch gar nicht in seinem Training berücksichtigt habe ;-). Wie soll, sie etwas unbekanntes gut abstrahieren können, was zur Ausarbeitung des unahängigen Anspruchs notwendig ist. Das ist (so dämlich sich das anhört) ein schöpferischer Art. KI wäre im Prinzip noch eher möglich, neue Erfindungen d.h. technische Lösungen, selber zu "erschaffen" als ihr vorgegebene Erfindungen in eine sinnvolle Patentanmeldung zu überführen. Und nur als Randbemerkung noch, zusätzlich zu dem Problem des "schöpferischen Akts" der Abstraktion kommt ja dann noch das obige Problem, Des-eindeutig-in-eine-saubere-Sprache-Packens, was bei der Zweideutigkeit der Sprache auch nicht so einfach ist (s.o.) ;-) . Und genau darauf dürfte sich das "nicht einmal" bezogen haben. Bei dem Schreiben einer sinnvollen Neuanmeldung ausgehend von einer Erfindung hast du das Sprachproblem (wie beim Übersetzen) und dazu noch das Abstrahierungsproblem ;-). Wenn du das Sprachproblem an sich nicht sauber gelöst bekommst, schaffst du das saubere sprachliche Formulieren einer Neuanmeldung auf Grundlage einer vorgegebenen Erfindung schon gar nicht ;-).
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Ich stimme PatFragen uneingeschränkt zu.


Lass doch mal eine KI den A-Teil einer EQE lösen, dann reden wir weiter. Wobei zu beachten ist, dass diese Aufgabe immer noch wesentlich einfacher ist als eine vernünftige Anmeldung aus einer typischen Erfindungsmeldung zu generieren, weil in der EQE der Kern der Erfindung (und die daraus möglichen Abstraktionen) sowie die Unterschiede zum Stand der Technik relativ gut erkennbar sind, was in der Realität oft nicht der Fall ist.
 

Fragender

GOLD - Mitglied
"Noch nicht mal"?
"Die" KI tut schon längst ganz andere Sachen. [...]

Leider "Noch nicht mal". Schau Dir zu Patentanmeldungen Übersetzungen von Hand und per Maschine an und Du wirst feststellen, dass es sehr häufig zu Fehlübersetzungen kommt. Ich will nicht sagen, dass "KI" da im Durchschnitt schlechter ist als der Durchschnitt der menschlichen Übersetzer, aber ein Patent ist schnell wertlos, wenn ein Aliud im Anspruch steht. In meinem Bereich (Elektronik) gibt es da ein paar typische Probleme (control = Steuerung oder Regelung?, inverter = Wechselrichter oder Nicht-Gatter und noch ein paar andere).
Eine Untersuchung, wie viele erteilte Patente eine unzulässige Erweiterung aufgrund von Übersetzungsfehlern enthalten wäre durchaus interessant (der Prüfer wird es meist nur bemängeln, wenn es aus irgendeinem Grund auffällt, aber sicher nicht die gesamte Übersetzung prüfen.

Und dann soll ein "KI"-Programm in der Lage sein, aus einer Erfindungsmeldung eine saubere Anmeldung zu generieren? Oder muss die Erfindungsmeldung erst von einem Experten in Form gebracht werden? Wo ist dann die Ersparnis? Und wo die Verbesserung?

"KI" kann im Bereich Mustererkennung schon einiges (wenn genug menschliche Intelligenz ins Training gesteckt wird), aber im Erzeugen von neuen Werken?
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
In meinem Bereich (Elektronik) gibt es da ein paar typische Probleme (control = Steuerung oder Regelung?, inverter = Wechselrichter oder Nicht-Gatter und noch ein paar andere).

Solche gibt es auf jedem Gebiet. Man findet ja manchmal lustige Sachen in den deutschen Ansprüchen englischsprachiger EP-Patente, wo die Mode aufgekommen zu sein scheint, Maschinenübersetzungen zu verwenden. Ich habe mal Einspruch gegen ein Patent eingelegt, wo in den deutschen Ansprüchen "bacterial strain" als "bakterielle Belastung" übersetzt war. Nun ja. ;)
 
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