EPÜ Rechtliches Gehör und Gelegenheit auf neue Einwendungen zu reagieren

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

wie sieht es eigentlich im Prüfungsverfahren mit dem rechtlichen Gehör aus, wenn die Prüfungsabteilung sowohl im ersten Bescheid als auch im Bescheid, der zusammen mit der Einladung zur mündlichen Verhandlung ergeht, ihre Einwände zumindest zum Teil nur vage und verallgemeinert ausführt?

Weiter wären beispielsweise die Interpretationen des beanspruchten Gegenstandes objektiv falsch.
Ebenso die Interpretation der entgegengehaltenen Dokumente, zumindest zum Teil.
Da werden Merkmale der aktuellen Ansprüche gleichgesetzt mit Merkmalen aus dem Stand der Technik, obwohl die beanspruchten Merkmale weitere Eigenschaften aufweisen, die sie eindeutig von denen im St. d. T. abgrenzen. Und das sind

keine optionalen Eigenschaften oder bevorzugte Wertebereiche. Da wurden offensichtlich ganze Teilsätze der Ansprüche komplett ignoriert. So etwas kenne ich vielleicht vom USPTO, aber vom EPA hätte ich das nicht erwartet.

Natürlich geht man in der Erwiderung möglichst detailliert auf alle Einwände ein, die man nachvollziehen kann und spekuliert auch, was mit den vagen und verallgemeinerten Kommentaren gemeint sein kann, aber Gedankenlesen ist zumindest

nicht meine Stärke.

Die große Frage wäre nun, ob die Prüfungsabteilung diese m.E. bedeutsame Verletzung des Rechtes meines Mandanten auf rechtliches Gehör heilen kann, indem sie zumindest in der mündlichen Verhandlung die Einwände konkretisiert und

Gelegenheit gibt, dazu Stellung zu nehmen.

Es ist ja nun nicht so, dass man jeden erst in der mündlichen Verhandlung konkretisierten Einwand locker argumentativ erledigen kann und für berechtigte Einwände ad hoc eine passende Anspruchsänderung parat hat.
Zumal die Prüfungsabteilungen bei der Zulassung von neuen Hilfsanträgen während der Verhandlung auch immer restriktiver werden.

Kann mich da jemand erhellen, oder hat vielleicht jemand einschlägige Rechtsprechung der BKn parat, die sich mit dem Thema befassen?

Gruß
Gerd
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Beim rechtlichen Gehör geht es eher um formale Dinge, z.B. wenn eine beantragte Anhörung nicht durchgeführt wird, oder ein Beschluss Gründe nennt, die zuvor nicht angesprochen wurden und daher für den Anmelder überraschend kommen. "Falsche" Argumentation ist keine Verletzung des rechtlichen Gehörs.

Auch bei den Prüfern gibt es im Übrigen bei der Qualität eine Gauss-Verteilung.

Das rechtliche Gehör hat für den Anmelder im Prüfungsverfahren wohl eher theoretische Bedeutung. Dies deshalb, weil es im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden kann.

Wichtiger ist es für den Prüfer, denn wenn von einem Prüfer öfter festgestellt wird, dass er Beschlüsse unter Verletzung des rechtlichen Gehörs zu verantworten hat, dann ist seine Karriere in der Sackgasse.

Das dürfte bei EPA und DPMA ähnlich sein.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Beim rechtlichen Gehör geht es eher um formale Dinge, z.B. wenn eine beantragte Anhörung nicht durchgeführt wird, oder ein Beschluss Gründe nennt, die zuvor nicht angesprochen wurden und daher für den Anmelder überraschend kommen. "Falsche" Argumentation ist keine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Mir geht es dabei auch ein wenig darum, dass hier offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen wird.
Wenn ich in der mündlichen Verhandlung eines Einspruchs in der Verhandlung oder zu kurz vorher mit neuen relevanten Vorbringungen ankomme, dann bekomme ich die quasi regelmäßig mit der Begründung um die Ohren gehauen, dass das Vorbringen verspätet sei und der Patentinhaber sich nicht ausreichend hat darauf vorbereiten können.

Und im vorliegenden Fall sind die Einwendungen im schriftlichen Bescheid einerseits dermaßen diletantisch begründet und andererseits teilweise so verallgemeinert, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer ganzen Menge weiterer, dann anzunehmenderweise detailierter vorgebrachter Einwendungen zu rechnen ist, welche dann alle in der mündlichen Verhandlung ausgeräumt werden müssten, weil ich diese nicht einfach so als verspätet vorgebracht abweisen kann.

Ich hätte die Prüfungsabteilung daher schon (gerne) in der Pflicht gesehen, bereits im Vorfeld konkretere Angaben zu machen, als beispielsweise "... sowie ähnlich vage Begriffe gelten weiter als unklar und können als nicht ausreichend offenbart angesehen werden", so dass diese bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung berücksichtigt werden können.
Auch bei den Prüfern gibt es im Übrigen bei der Qualität eine Gauss-Verteilung.
Wie wahr, wie wahr...
Das rechtliche Gehör hat für den Anmelder im Prüfungsverfahren wohl eher theoretische Bedeutung. Dies deshalb, weil es im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden kann.
Zumindest bei weniger finanzkräftigen Mandanten hat das durchaus auch eine praktische Bedeutung.
Immerhin wäre die Verletzung des rechtlichen Gehörs ein Verfahrensfehler, welcher, wenn von der BK darauf erkannt wird, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr zur Folge hätte.
Wichtiger ist es für den Prüfer, denn wenn von einem Prüfer öfter festgestellt wird, dass er Beschlüsse unter Verletzung des rechtlichen Gehörs zu verantworten hat, dann ist seine Karriere in der Sackgasse.
Da dies mein erster Bescheid von diesem Prüfer ist, besteht die Hoffnung, dass er relativ jung ist und mit der Zeit bessere Bescheide liefert.

Gruß
Gerd
 

Hans35

*** KT-HERO ***
... mit zweierlei Maß gemessen ...
Zweierlei Maß wohl deshalb, weil im Einspruch der Eindruck vermieden werden muss, dass einer der Beteiligten benachteiligt wird. Im (einseitigen) Prüfungsverfahren ist das kein Gesichtspunkt.

"... sowie ähnlich vage Begriffe gelten weiter als unklar ..."
Da kann man schon verlangen, dass die unklaren oder sonstwie beanstandeten Begriffe vollständig aufgezählt werden. Die Zurückweisung darf sich jedenfalls nicht auf Unklarheiten gründen, die nicht explizit benannt wurden.

Zumindest bei weniger finanzkräftigen Mandanten hat das durchaus auch eine praktische Bedeutung.
Immerhin wäre die Verletzung des rechtlichen Gehörs ein Verfahrensfehler, welcher, wenn von der BK darauf erkannt wird, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr zur Folge hätte.
Die BK muss grundsätzlich alles in Ordnung bringen, was im Prüfungsverfahren nicht ordnungsgemäß gelaufen ist, egal ob es als Verfahrensfehler zu qualifizieren ist, oder nicht.

Wer dafür nicht hinlänglich finanzkräftig ist, wird auch keinen Verletzungsprozess wagen, und daher kann er das Patent gar nicht nutzen. D.h. er hätte Zeit und Geld für die Anmeldung besser für einen Urlaub verwendet. Oftmals genügt es auch, von vorn herein nur durch Offenlegung der Anmeldung Stand der Technik zu schaffen, ohne dass das Prüfungsverfahren bis zur Erteilung gebracht werden muss.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Ich freue mich ja auch, wenn Eingaben vom Einsprechenden nicht zugelassen werden, wenn ich die Patentinhaberin vertrete. Klar trifft es einen manchmal härter als die gegnerische Partei, aber im Großen und Ganzen gleicht sich das irgendwie aus.

Aber im Prüfungsverfahren nervt es eben manchmal.
Auch wenn die Einspruchsabteilung vielleicht "nur" pingelig ist, weil die andere Partei nicht benachteiligt werden soll, könnte sich das EPA im Prüfungsverfahren ein manchmal bisschen mehr an die eigene Nase fassen.
Vielleicht sind wir vom EPA aber auch ein bisschen zu verwöhnt, so dass es mehr auffällt, wenns mal nicht ganz so gut läuft.

Gerade bei Startups sind Patente schon wichtig, gerade auch für die nächste Runde beim Funding.
Mit solchen Bescheiden beißen die bei Investoren u.U. auf Granit und dann kann das Beschwerdeverfahren auch mal zum Sargnagel werden.

Da kann man schon verlangen, dass die unklaren oder sonstwie beanstandeten Begriffe vollständig aufgezählt werden. Die Zurückweisung darf sich jedenfalls nicht auf Unklarheiten gründen, die nicht explizit benannt wurden.

Ich gehe nicht davon aus, dass die gar nicht detailliert werden. Aber halt erst in der mündlichen Verhandlung. Fürs rechtliche Gehör bezüglich der Detaillierung wirds dann wohl reichen, aber was am Ende dabei rauskommt, wird eher suboptimal sein.
Erst recht wenns später Abend wird und die Prüfungsabteilung sich nach dem Feierabend sehnt.

Ist das bei Euch auch so, dass je später es am Verhandlungstag ist, die Einspruchsabteilungen eher zur Aufrechterhaltung tendieren, wogegen die Prüfungsabteilungen dann eher zur Zurückweisung neigen? Kann aber auch mein subjektiver Eindruck sein. Eine Statistik darüber habe ich noch nicht erstellt.

Gruß
Gerd
 

Hans35

*** KT-HERO ***
... wenn's später Abend wird und die Prüfungsabteilung sich nach dem Feierabend sehnt.

Ist das bei Euch auch so, dass je später es am Verhandlungstag ist, die Einspruchsabteilungen eher zur Aufrechterhaltung tendieren, wogegen die Prüfungsabteilungen dann eher zur Zurückweisung neigen?
Dieser Frage, wenn sie denn ernst gemeint ist, liegt m.E. ein krudes Verständnis von dem vor, was statistische Auswertungen leisten können.

Grundsätzlich braucht man zunächst eine These, für die man naturwissenschaftliche Zusammenhänge bereits nachgewiesen hat. Hiervon ausgehend kann man auf statistisch nachweisbare Effekte schließen und deren Größe vorhersagen, und zuletzt kann man schauen, ob diese sich auch im vorhergesagten Umfang auffinden lassen, was dann die Ausgangsthese weiter stützen würde.

Wenn man sich nicht an diese Vorgehensweise hält, kann man leicht "nachweisen", dass der Rückgang der Geburtenzahlen mit dem Rückgang der Zahl der Klapperstörche korreliert, um dann auf eine entsprechende Kausalität zu schließen. Namentlich bei den Geisteswissenschaften (Soziologie, Pädagogik u.ä.) finden man "Untersuchungen", die Ergebnisse auf diesem Niveau verkünden, und die es gern auch bis in die Tagespresse schaffen. Das führt dann unmittelbar dazu, dass das wissenschaftliche Ansehen der Autoren leidet.

Also: Es mag Effekte geben, die bewirken, dass die Beschlusstenor-Häufigkeit von der Tageszeit abhängt, vielleicht auch vom Wochentag, von der Jahreszeit oder vom Wetter. Einen Zusammenhang mit "Sehnsucht nach Feierabend", nach "Hunger vor der Mittagspause" o.ä. kann man daraus keinesfalls ableiten.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
So ähnlich wie das hier?

Könnte auch von der Richtung, in die es tendiert, passen.
Unausgeruht/hungrig werden Anträge wohl eher abgelehnt, was bei der Prüfungsabteilung in Richtung Zurückweisung gehen würde, bei der Einspruchsabteilung dagegen eher in Richtung Aufrechterhaltung.

Also beantragen, dass die Verhandlung auf den nächsten Tag vertagt wird, und dann ist der Antrag, der am Vortag keine Chance gehabt hätte, direkt gewährbar :D
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Genau. Es bedarf nur etwas Phantasie.

Wenn ich noch eine Veröffentlichung bräuchte, würde ich z.B. untersuchen, ob Erteilung oder Zurückweisung davon abhängen, wie die Entscheidung unmittelbar davor gelautet hatte. Bevorzugtes Ergebnis: Nach einer Zurückweisung kommt häufiger eine Erteilung als statistisch zu erwarten, und umgekehrt.

Der "Grund": Die Prüfer möchten sich selbst für besonders "gerecht" halten, und da darf es ja keine Häufung von Zurückweisungen oder Erteilungen geben.

Natürlich wird das noch ein bisschen "wissenschaftlicher", wenn mehr als nur eine vorherige Entscheidung einbezogen wird, und dafür kann ich dann eine exponentielle "Vergessensfunktion" annehmen und die "Zeitkonstante" bestimmen. Bei irgendeiner Zeitkonstanten wird die Korrelation ganz sicher am größten sein.

So ähnlich hätte man das bei der der Sache mit den Frühstückspausen auch machen können um festzustellen, wie schnell sich das "entscheidungserhebliche Glukose-Niveau" ändert. Aber das hätte den Autor vielleicht doch mathematisch überfordert.

Woher die Rohdaten stammen, ist bei einem so tollen Ergebnis sicher nicht mehr ganz so wichtig...
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Und im vorliegenden Fall sind die Einwendungen im schriftlichen Bescheid einerseits dermaßen diletantisch begründet und andererseits teilweise so verallgemeinert, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer ganzen Menge weiterer, dann anzunehmenderweise detailierter vorgebrachter Einwendungen zu rechnen ist, welche dann alle in der mündlichen Verhandlung ausgeräumt werden müssten, weil ich diese nicht einfach so als verspätet vorgebracht abweisen kann.

Wie von Hans schon angemerkt, muss du unterscheiden zwischen Versagen des rechtlichen Gehörs und einer falschen (im Sinne von nicht haltbaren) Begründung. Konkret erfordert das rechtliche Gehört, dass die Partei Gelegenheit hatte, zu allen Erwägungen, die später in der Entscheidungsbegründung auftauchen, angemessen Stellung zu nehmen.

Sollten also in der mündlichen Verhandlung plötzliche konkrete Beanstandungen vorgebracht werden, die im schriftlichen Verfahren noch nicht erwähnt wurden, kannst du eine Vertagung beantragen. Mit der Begründung, dass du auf die neuen Einwände in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht angemessen reagieren kannst. Wenn dem nicht gefolgt wird, kannst du die Beschwerdegebühr zurückfordern, falls die Zurückweisung allein auf den neuen Einwänden beruhte.

Natürlich kommt es immer auf den Einwand an, was angemessen ist. Für einen neuen added matter Einwand dürften zwei Stunden Unterbrechung ausreichen. Denn um das Problem zu lösen, braucht man nur die Anmeldung wie eingereicht. Entweder steht dort, was beansprucht wurde, oder nicht, und wenn nicht, reicht die Anmeldung auch, um eine Lösung zu finden, falls möglich. Bei Klarheitseinwänden ist das nicht mehr zwingend so. Insbesondere wird keine Unterbrechung am Verhandlungstag ausreichen, damit der Anmelder belegen kann, dass der beanstandete Begriff auf dem betreffenden Gebiet eine akzeptierte klare Bedeutung hat, da es dafür in der Regel neue Beweise braucht. In so einem Fall kannst du also die Vertagung beantragen.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Sollten also in der mündlichen Verhandlung plötzliche konkrete Beanstandungen vorgebracht werden, die im schriftlichen Verfahren noch nicht erwähnt wurden, kannst du eine Vertagung beantragen. Mit der Begründung, dass du auf die neuen Einwände in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht angemessen reagieren kannst. Wenn dem nicht gefolgt wird, kannst du die Beschwerdegebühr zurückfordern, falls die Zurückweisung allein auf den neuen Einwänden beruhte.

Genau darum ging es mir eigentlich.

Wobei eben das mit dem "noch nicht erwähnt wurden" so eine Sache ist. Etwas "erwähnen" oder etwas "konkret identifizieren (z.B. durch Zitat) und begründen" sind m.E. zwei paar Stiefel.

Naja, ich bin vom EPA auch schon negativ überrascht worden, vielleicht ist jetzt auch wieder mal Zeit für eine positive Überraschung...

Noch etwas anderes, wofür ich mich jetzt schon schäme, weil es eigentlich ein no-brainer ist, aber der Bescheid bringt mich noch dazu, an mir selbst zu zweifeln:

Wenn bei einem zweiteiligen Anspruch, in dem der allgemeine Teil aus dem Stand der Technik kommt, ich also quasi eingestehe, dass das, was im allgemeinen Teil steht, sozusagen direkt und unmittelbar dem Stand der Technik entnommen werden kann, muss doch nur der kennzeichnende Teil der Anmeldung in ihrer Gesamtheit direkt und unmittelbar (aber u.U. nur implizit) entnehmbar sein, oder?

Und wenn im kennzeichnenden Teil alle verwendeten Begriffe entweder im entsprechenden Fachgebiet eine klare Bedeutung haben oder in der Beschreibung nachvollziehbar definiert sind, und die für die mit diesen Begriffen definierten Strukturen geforderten Eigenschaften objektiv bestimmbar sind, kann eigentlich nichts unklar sein.

Ich denke da z.B. an T 231/01, wo die Prüfungsabteilung die Ansprüche für unklar und die erforderlichen Tests für unzumutbar gehalten hatte und die BK überhaupt keine Probleme mit der Erteilbarkeit sah.


Doofe Urlaubszeit, wenn man nicht einfach mal über den Flur gehen und kurz Rücksprache halten kann...

Gruß
Gerd
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Wenn bei einem zweiteiligen Anspruch .. der allgemeine Teil aus dem Stand der Technik kommt ... , muss doch nur der kennzeichnende Teil der Anmeldung in ihrer Gesamtheit direkt und unmittelbar (aber u.U. nur implizit) entnehmbar sein, oder?
Leider nein.

Die Anmeldung muss den Gegenstand des Anspruchs mit allen seinen Merkmalen offenbaren. Ob der Anspruch überhaupt zweiteilig ist und welche Merkmale im Oberbegriff stehen (bzw. dahin gehören) und welche im Kennzeichen, hat für die Frage der Zulässigkeit des Anspruchs (d.h. ob der Gegenstand des Anspruchs in der Anmeldung offenbart wurde) keine Bedeutung. In der Anmeldung nützt das Hinweisen auf den Stand der Technik also für die Frage der ursprünglichen Offenbarung nichts. Vielmehr müssen in der Anmeldung (d.h. in den Unterlagen vom Anmeldetag) alle Merkmale aus dem Stand der Technik, die auch in den Patentansprüchen vorkommen sollen, wirklich abgeschrieben (oder mit eigenen Worten beschrieben) worden sein.

Das Urheberrecht ist hier ausdrücklich keine Schranke. Vielmehr darf alles aus dem Stand der Technik für eine Patentanmeldung bedenkenlos übernommen und "geklaut" werden, solange nur zum Schluss noch Merkmale hinzukommen, die den beanspruchten Gegenstand als Ganzes neu und erfinderisch machen (vgl. BGH Fischdosendeckel). Das ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass das Patentrecht tatsächlich die Weiterentwicklung des Stands der Technik fördert.

Im zweiten Schritt gilt das genauso für die Patentfähigkeit, also für Neuheit und Nicht-Naheliegen. Auch da darf nichts unberücksichtigt bleiben, nur weil es im Oberbegriff steht.
 
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