Vielleicht stehe ich auf dem Schlauch, aber ich kann mir da momentan nichts vorstellen - kannst Du mal ein Beispiel bringen?
Das kann dann passieren, wenn man nicht nur einen generischen Oberbegriff verwendet, sondern ein neues Merkmal, dass in der Prioanmeldung offenbarten Merkmale einerseits umfasst, gleichzeitig aber insgesamt eine andere Erfindung darstellt.
Beispiel (an realem Fall orientiert)
Prioanmeldung: Stoffgemisch mit Komponente A und B ist super zur Lösung von Problem X. Noch besser funktioniert das, wenn A und B noch Komponenten D und/oder E und/oder F zugegeben wird. Hauptsache aber, A und B sind vorhanden. Diese beiden Komponenten zusammen machen die Erfindung aus.
EP 54(3) SdT: Stoffgemisch mit A und B sowie mit C ist offenbart zur Lösung von Problem X.
Nachanmeldung EP1: Anmelder entwickelt die Erfindung weiter (ist ja Sinn und Zweck von Prio, wie in G1/15 zu lesen), und erkennt, dass Gegenwart von C zwar die Lösung von Problem X nicht verhindert, aber irgendwie ungünstig ist. Mit C funktioniert das Ganze deutlich schlechter. Er erkennt, dass erst das Weglassen von Komponente C der eigentliche Clou ist. Er beansprucht jetzt: Stoffgemisch A und B, dadurch gekennzeichnet, dass auf C verzichtet ist.
Teilanmeldung EP2 (von EP1): Beansprucht wird ABDEF
EP1 kann Prio von US1 nicht beanspruchen, weil die Erkenntnis, dass die Erfindung dadurch gekennzeichnet, ist, dass C weggelassen wird, in US1, die dies und auch Komponente C an keiner Stelle erwähnt, nicht drin steht. EP1 beansprucht insgesamt eine andere Erfindung. EP2 kann Prio hingegen beanspruchen und ist neuheitsschädlich für EP1.
Jetzt kann man sich natürlich darüber streiten, ob das nicht immer noch ein "generic OR-claim" ist. Ich meine nein, den so was ist keine Verallgemeinerung ein und desselben Erfidungsgedankens, sondern schlicht eine andere Erfindung (hat jedenfalls die Beschwerdekammer auch so gesehen).