DE Nachreichen von Teilen einer Anmeldung

Raskolnikov

BRONZE - Mitglied
Hallo miteinander,

Angenommen, ich habe in einer Anmeldung DE1 was vergessen und möchte den vergessenen Teil DELTA der Beschreibung nachreichen. In einigen Threads wurden bereits folgende Möglichkeiten diskutiert: Einreichen
i) eines Zusatzpatents oder
ii) einer Anmeldung DE2= DE1 +DELTA, die die Priorität von DE1 in Anspruch nimmt.

Ich weiß nicht, ob es im PatG eine Entsprechung zur R56(2) EPÜ gibt. Aber rein theoretisch erscheint mir folgende Option interessant:
DELTA wird als fehlender Teil der Beschreibung von DE1 definiert und innerhalb von 2 Monaten ab Anmeldetag von DE1 nachgereicht. Neuer Anmeldetag von DE1 wird der Tag, an dem DELTA eingereicht wird. Zusatzkosten= keine (oder?...)

Geht das? Ist diese Option durch das PatG gestützt?
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Geht das? Ist diese Option durch das PatG gestützt?

Das geht nur für Zeichnungen nach § 35 II 3 PatG. Schau Dir § 38 PatG und dort insbesondere auch Satz 2 und die jeweiligen Kommentierungen dazu an.

Es ging früher einmal bis zum Inkrafttreten des PatÄndG 1967 durch Ausscheidung einer Teilanmeldung mit dem neuen Zeitrang bzw. im Nichtigkeitsverfahren durch Prioritätsverschiebung für die Prüfung.
 

Raskolnikov

BRONZE - Mitglied
Danke Lysios. Die Figuren sind aber eine andere Baustelle. Mir geht es allein um eine Ergänzung der Beschreibung.

Am vernünftigsten erscheint es mir, i) eine Anmeldung DE2= DE1 +DELTA einzureichen, welche die Priorität von DE1 in Anspruch nimmt, ii) DE1 zurückzunehmen und iii) Rückerstattung der Prüfungsgebühren zu beantragen (in der Hoffnung, dass die Prüfung noch nicht begonnen hat / DE1 wurde vor 3 Wochen eingereicht).
 

pak

*** KT-HERO ***
(in der Hoffnung, dass die Prüfung noch nicht begonnen hat / DE1 wurde vor 3 Wochen eingereicht).

Wenn die erste Anmeldung erst drei Wochen zurückliegt und in dieser Zeit keine eigene Veröffentlichung der Erfindung stattgefunden hat, würde ich gar nicht lange zögern und den genannten Weg einschlagen! Insbesondere wenn zu erwarten ist, dass die Konkurrenz in der Zwischenzeit kein entsprechendes Schutzrecht angemeldet hat.

Gruß

pak
 

Fip

*** KT-HERO ***
Danke Lysios. Die Figuren sind aber eine andere Baustelle. Mir geht es allein um eine Ergänzung der Beschreibung.

Am vernünftigsten erscheint es mir, i) eine Anmeldung DE2= DE1 +DELTA einzureichen, welche die Priorität von DE1 in Anspruch nimmt, ii) DE1 zurückzunehmen und iii) Rückerstattung der Prüfungsgebühren zu beantragen (in der Hoffnung, dass die Prüfung noch nicht begonnen hat / DE1 wurde vor 3 Wochen eingereicht).


Wenn DE1 vor drei Wochen eingereicht wurde, hat die Prüfung noch nicht begonnen. Wenn schon Gebühren gezahlt worden sind (Zahlungsfrist ja eigentlich 3 Monate, für Prüfungs-/Recherchengebühr sogar 7 Jahre), dann ist meiner Meinung nach die Kohle futsch, weil ja keine Zahlung ohne Rechtsgrund vorliegt. Rückzahlung der Prüfungsgebühren ist meines Erachtens im deutschen Verfahren vor dem DPMA in einem solchen Fall schlicht nicht vorgesehen, egal ob die Prüfung schon begonnen hat oder nicht. So was gibt es nur beim EPA.


Bei Inanspruchnahme von Prio der DE1 durch die neue DE2 muss DE1 nicht zurückgenommen werden. Die gilt wegen innerer Prio automatisch als zurückgenommen.


Im Übrigen meine ich, dass es die Möglichkeit, ein Zusatzpatent einzureichen, infolge der letzten Änderung des Patentgesetzes nicht mehr gibt (weiß allerdings nicht, wann das in Kraft tritt bzw. getreten ist).
 

Raskolnikov

BRONZE - Mitglied
Vielen Dank für eure Hinweise und Anmerkungen!

Bei Inanspruchnahme von Prio der DE1 durch die neue DE2 muss DE1 nicht zurückgenommen werden. Die gilt wegen innerer Prio automatisch als zurückgenommen.

Gibt es nicht Fälle, in denen die Fiktion der Rücknahme nach §40(5) nicht gilt? Beispielsweise:
i) für eine DE Anmeldung, wenn die spätere Anmeldung eine EP Anmeldung mit Benennung DE ist, oder
ii) wenn Vor- und Nachanmeldung nicht dieselbe Erfindung zum Gegenstand haben.

Fall i) ist für mich wahrscheinlich ohne Bedeutung. Wegen des Problems der Doppelpatentierung würde ich auf eine Benennung DE für eine spätere EP Anmeldung verzichten, sofern für DE2 ein Patent erteilt wurde.

Aber ii) könnte problematisch sein, weil DE2= DE1+Delta. Damit haben Vor- und Nachanmeldung nicht dieselbe Erfindung zum Gegenstand. Insbesondere dann, wenn ich im Erteilungsverfahren den unabhängigen Anspruch mit einem Merkmal aus DELTA einschränken muss.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Aber ii) könnte problematisch sein, weil DE2= DE1+Delta. Damit haben Vor- und Nachanmeldung nicht dieselbe Erfindung zum Gegenstand. Insbesondere dann, wenn ich im Erteilungsverfahren den unabhängigen Anspruch mit einem Merkmal aus DELTA einschränken muss.

Meinst Du, dass das Problem sein könnte, dass die Rücknahme nicht automatisch erfolgt und Du dann doch für die Rücknahme aktiv werden müsstest?

Bei der Rücknahmefiktion müsstest Du aber erst einmal behaupten, dass diese nicht eingetreten ist. Dann würde darüber durch gesonderten Beschluss entschieden und nur dann im Fall des Nichteintritts der Fiktion das Verfahren bei der früheren Anmeldung fortgesetzt.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Gibt es nicht Fälle, in denen die Fiktion der Rücknahme nach §40(5) nicht gilt? Beispielsweise:
i) für eine DE Anmeldung, wenn die spätere Anmeldung eine EP Anmeldung mit Benennung DE ist, oder
ii) wenn Vor- und Nachanmeldung nicht dieselbe Erfindung zum Gegenstand haben.

...

Aber ii) könnte problematisch sein, weil DE2= DE1+Delta. Damit haben Vor- und Nachanmeldung nicht dieselbe Erfindung zum Gegenstand. Insbesondere dann, wenn ich im Erteilungsverfahren den unabhängigen Anspruch mit einem Merkmal aus DELTA einschränken muss.



Da musst Du vorsichtig sein. Die Rücknahmefiktion tritt von Gesetzes wegen ein, wenn für eine deutsche Patentanmeldung formal die Priorität einer deutschen Patentanmeldung in Anspruch genommen wird, und zwar mit Zugang der Inanspruchnahmeerklärung beim Amt. Das hat nichts damit zu tun, ob es sich um "dieselben" Erfindungen im engeren Sinne handelt oder nicht. Insbesondere verhindert das Hinzufügen eines Merkmals in der Nachanmeldung den Eintritt der Rücknahmefiktion nicht. In Deinem konkreten Fall meine ich nicht, dass der Zusatz "DELTA" etwas daran ändert, dass DE1 als zurückgenommen gilt, weil es üblich ist, dass eine Nachanmeldung gegenüber der ersten Hinterlegung "weiterentwickelt" wurde. Wegen der Details empfehle ich das Studium der Kommentarliteratur.


Was die EP Anmeldung mit Wirkung für Deutschland angeht: das ist keine innere Prio nach § 40 PatG sondern eine ausländische "äußere" Prio nach § 41 PatG. Da gilt dann später ggf. Art. II § 8 IntPatÜG (Doppelschutzverbot). Die deutsche Anmeldung wird unwirksam, sofern sich die Schutzbereiche überschneiden. Das ist weniger dramatisch.
 

Patentrezept

BRONZE - Mitglied
Hallo zusammen,

eine Anmerkung am Rande: Falls die Rücknahmefiktion durch die Inanspruchnahme der inneren Prio vermieden werden soll, wäre eine Abzweigung und Inanspruchnahme der Prio des abgezweigten Gebrauchsmusters möglich.

Viele Grüße
Patentrezept
 

Raskolnikov

BRONZE - Mitglied
Meinst Du, dass das Problem sein könnte, dass die Rücknahme nicht automatisch erfolgt und Du dann doch für die Rücknahme aktiv werden müsstest?
Ja. Ich wollte die Rücknahme sicher erwirken, um die Prüfung der Anmeldung ebenso sicher zu verhindern und um eine Chance auf Rückzahlung der Prüfungsgebühren zu wahren. Nachdem die Prüfungsgebühren aber offensichtlich unwiederbringlich weg sind, ist eine proaktive Rücknahme in diesem Zusammenhang kein Thema mehr.

Das hat nichts damit zu tun, ob es sich um "dieselben" Erfindungen im engeren Sinne handelt oder nicht.
Doch, hat es. Mein Hinweis, die Fiktion der Rücknahme nach §40(5) würde nicht eintreten, wenn Vor- und Nachanmeldung nicht dieselbe Erfindung zum Gegenstand haben, zitiert Schulte's Ausführungen zu den Fällen, in denen die Fiktion nicht eintritt.

Was die EP Anmeldung mit Wirkung für Deutschland angeht: das ist keine innere Prio nach § 40 PatG sondern eine ausländische "äußere" Prio nach § 41 PatG.
Ich weiß. Die Sache mit der EP Nachanmeldung hat mit der ursprünglichen Fragestellung nichts zu tun. Ist nur ein Hinweis auf das, was ich später vorhabe.
 
Zuletzt bearbeitet:

Fip

*** KT-HERO ***
Doch, hat es. Mein Hinweis, die Fiktion der Rücknahme nach §40(5) würde nicht eintreten, wenn Vor- und Nachanmeldung nicht dieselbe Erfindung zum Gegenstand haben, zitiert Schulte's Ausführungen zu den Fällen, in denen die Fiktion nicht eintritt.



Nein, hat es nicht. Wenn Du DE2=DE1+Delta anmeldest und DE2 die Prio von DE1 in Anspruch nimmt, ist DE1 weg. Jede Wette.


Was Schulte meint, sind grob und etwas übertrieben gesagt Fälle, in denen Du für eine Anmeldung, die einen Wirkstoff für eine Schlaftablette betrifft, die Prio einer Anmeldung in Anspruch nimmst, die sich mit einem Presslufthammer beschäftigt. Hier ist klar, dass das nicht geht und wohl auch nicht gewollt sein kann. Ähnlich sind Fälle, in denen die Inanspruchnahme der Prio rechtlich nicht möglich ist, z.B. weil Herr Meier eine Prio der Anmeldung von Frau Müller in Anspruch nimmt, obwohl er kein Recht hierzu hat und offensichtlich nicht derselbe Anmelder ist.


Wenn aber in DE2 die Offenbarung DE1 vollständig enthalten ist und damit das technische Gebiet, das technische Problem, etc. gleich oder vergleichbar ist, und nicht aus irgendwelchen Gründen ersichtlich ist, dass die Inanspruchnahme der Prio eigentlich nicht gewollt sein kann oder rechtlich erst gar nicht möglich ist, dann ist DE1 weg, weil, so steht es nämlich auch im Schulte, es üblich ist, dass Nachanmeldungen gegenüber den Ersthinterlegungen weiterentwickelt werden. Es findet keine Prüfung statt, ob Delta in DE1 eindeutig und unmittelbar offenbart ist und Dir die Prio tatsächlich auch zusteht oder nicht. Die Rücknahmefiktion tritt ein, von Gesetz wegen. Die Vorschrift stellt nur auf die Abgabe der Prioritätserklärung ab und nicht darauf, ob der Erklärende die Priorität zu Recht in Anspruch nimmt.
 
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