Zunftzwang? Schon eher Leibeigenschaft... Passend zu einer Zeit, in der Leute wie George Troubleyou das große Wort schwingen. Wie wäre es mit dem Ausdruck "Neomediaevalismus"?
Nein, jetzt mal im Ernst:
Irgendwie begreife ich den Sinn dieser BOPA-Novelle immer noch nicht. Abgesehen mal davon, daß es an sich schon höchst merkwürdig ist, wenn ein "unabhängiges Organ der Rechtspflege" sich selber Regulationen gibt, deren Verfassungsmäßigkeit zumindest fragwürdig ist -- mir dünkt, daß das doch gar zu leicht zu umgehen ist, es sei denn, daß ich irgendetwas grob mißverstanden habe.
Laßt mich nochmals zusammenfassen: A geht von der Kanzlei X zur Kanzlei Y, beide haben Fälle des Mandanten M (huch, es hagnet) bearbeitet. Das bedeutet nun zunächst, daß Y alle M-Fälle abgeben muß. Korrekt?
Wenn ja: So what? Ein abgegebenes Mandat fällt an den Mandanten zurück, der damit machen kann, was er will (Vertragsfreiheit!), also theoretisch doch auch gerade wieder am nächsten Tag den bisherigen Vertreter neu beauftragen, oder nicht? Schließlich machen sich ja auch abgetakelte Hollywood-Diven dadurch interessant, daß sie ihre abgelegten Exmänner wieder heiraten. Oder bedingt der Mandatsrückgabevertrag irgendwelche Nebenpflichten, die dadurch verletzt werden? Wenn ja, gegenüber wem wären diese Pflichten?...
Sinnvoll wäre das alles doch nur, wenn die Sache sich auf die Zukunft erstrecken würde, nämlich so, daß Y künftig, wenigstens für eine gewisse Zeit, überhaupt keinerlei Mandate von M mehr anzunehmen. Das ergäbe auch einen gewissen Sinn, weil auf diese Weise de facto nicht einmal mehr die Leute, die (sei es nun dank eines reichen Vaters oder eines süßen Hinterns :-@) die finanziellen Möglichkeiten hätten, um sich selbständig zu machen, noch neue Kanzleien gründen könnten. Aber so eine Regelung wäre doch wohl verfassungswidrig hoch zwei?
Aber das ist nur das eine. Mehr bewegt mich die Frage: Was soll damit denn erreicht werden? Die Anzahl aller Mandate, die vergeben werden, ist konstant (ich meine damit, von den internen Strukturen der PAschaft unabhängig). Ein Mandat, das von irgendjemandem abgegeben wird, taucht in jedem Fall bei irgendeinem anderen PA wieder auf. Wieso kann also irgendjemand irgendein Interesse an einer solchen Regelung haben, da jede einzelne Kanzlei doch die gleiche Chance hat, Mandate entweder zu gewinnen oder zu verlieren?
Ich meine damit: Wenn ich an einem solchen Entscheidungsprozeß beteiligt wäre, würde ich nicht nur die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß meine Leute woandershin gehen, sondern auch, daß andere zu mir kommen wollen -- womit die Folgen einer solchen Regelung auf mich zurückfielen. Keine Straße führt nur in einer Richtung.
Fragt man sich doch ganz gequält: Wieso geht offensichtlich neuerdings eine Mehrheit (>50% waren ja laut bisherigem Thread dafür) der PAs davon aus, daß ihnen demnächst die Leute davonlaufen werden? Auch wenn der Thread zum Thema Gehalt vielleicht ein paar idio
synkratische Beiträge enthält -- sooo glänzend sind die Zukunftsaussichten für PAs nun auch nicht, daß die Kanzleien ihren Absolventen keine angemessenen Angebote mehr machen können. Oder sollte es angehen, daß es neuerdings andere Gründe gibt, warum keine angemessenen Angebote mehr zu erwarten sind?
Oder allgemeiner:
Was ist hier eigentlich in letzter Zeit los?
Liebe Grüße von eurem
Reptil
PS. Weiterführende Literatur zum Thema BOPA:
http://www.darklyrics.com/lyrics/blacksabbath/tyr.html#2 ;-)