Ist Patenterteilung früher als 18 Monate seit Anmeldetag möglich?

Rex

*** KT-HERO ***
Ich habe zur Frage, ob eine Patenterteilung früher als 18 Monate seit Anmeldetag möglich ist, nichts im Gesetz oder in einschlägigen Kommentaren gefunden. Es müsste rein rechtlich also möglich sein.
Praktisch spricht dagegen aber § 3 Abs. 2 PatG, denn betreffende Entgegenhaltungen werden erst nach 18 Monaten veröffentlicht und dürfen wohl vorher im Prüfungsbescheid nicht zitiert werden (§31 Abs. 2 Nr. 2 PatG).
Fällt jemandem etwas dazu ein?
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Rex schrieb:
Ich habe zur Frage, ob eine Patenterteilung früher als 18 Monate seit Anmeldetag möglich ist, nichts im Gesetz oder in einschlägigen Kommentaren gefunden.
Uns was ist mit §49 Abs. 2?

Rex schrieb:
Es müsste rein rechtlich also möglich sein.
Praktisch spricht dagegen aber § 3 Abs. 2 PatG, denn betreffende Entgegenhaltungen werden erst nach 18 Monaten veröffentlicht und dürfen wohl vorher im Prüfungsbescheid nicht zitiert werden (§31 Abs. 2 Nr. 2 PatG).
Fällt jemandem etwas dazu ein?
Es geht hier wohl um ältere Anmeldungen, die bei der Patenterteilung noch nicht veröffentlicht wurden. Diese können aber wegen §3 Abs. 2 iVm. §4 nur neuheitsschädlich sein. Insoweit ist deren Zitierung unschädlich, weil diese nur dazu führen könnte, dass das vorliegende Patentbegehren eingeschränkt wird. Die jüngere Anmeldung kann aber durchaus selbst entsprechende Merkmale der älteren Anmeldung beinhalten.

Der Anmelder der jüngeren Anmeldung kann jedoch seine Anmeldung oder deren Inhalt jederzeit veröffentlichen. Insoweit kann dem Anmelder der älteren Anmeldung durch die Zitierung keinerlei Schaden entstehen. Die Zitierung wird ja nur mit der Anmeldenummer erfolgen, so dass keinerlei Rückschlüsse auf den sonstigen Inhalt der Akten der älteren Anmeldung möglich ist, solange diese ältere Anmeldung nicht veröffentlich ist.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Solange die ältere Anmeldung noch nicht veröffentlicht wurde, kann aber bei einem Einspruch gegen das Patent auf die jüngere Anmeldung keine Akteneinsicht in die Akte der älteren Anmeldung erfolgen. Vgl. Schulte, 8. Auflage, §31 Rdn 21, Punkt 4.

Das DPMA dürfte auch dem Anmelder der jüngeren Anmeldung keine Akteneinsicht gewähren, wenn es die ältere Anmeldung zitieren sollte. Der Anmelder könnte aber auch ohne Akteneinsicht von sich aus das Patentbegehren einschränken.
 

Rex

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Das DPMA dürfte auch dem Anmelder der jüngeren Anmeldung keine Akteneinsicht gewähren, wenn es die ältere Anmeldung zitieren sollte. Der Anmelder könnte aber auch ohne Akteneinsicht von sich aus das Patentbegehren einschränken.
Die Sache bleibt rätselhaft.

  • Das heißt doch, dass das Amt in seinem Prüfungsbescheid die ältere Anmeldung berücksichtigt, aber nur die Anmeldenummer aber nicht den Inhalt angeben darf. Sowas habe ich in der Praxis noch nicht erlebt. Man müsste sich also auf unüberprüfbare Behauptungen des Prüfers verlassen. Wer würde bei dieser Sachlage sein Patent "ins Blaue hinein" einschränken?
  • Solange die ältere Anmeldung nicht veröffentlicht ist, kann sie zurückgenommen werden und wird nicht SdT.
Dann hätte man sein Patent unnötig eingeschränkt.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Rex schrieb:
Dann hätte man sein Patent unnötig eingeschränkt.
Ich kenne diesen Fall auch nur vom Hörensagen. Man kann ja:

  • warten, bis die Veröffentlichung erfolgt (es kann sich ja nur um ein paar Monate handeln), oder
  • die Anmeldung teilen, wenn man schnellstmöglich Schutz haben will, und nur die eingeschränkte Teilanmeldung zu Erteilung führen.

 

Lysios

*** KT-HERO ***
Nur der Vollständigkeit halber: Solange die ältere Anmeldung nicht veröffentlicht ist, kann der Prüfer die jüngere Anmeldung nicht aufgrund der älteren Anmeldung zurückweisen. Das Patent müsste deshalb erteilt werden.

In der Praxis wird der Prüfer aber von sich aus vermutlich die Sache verzögern, bis die Frist abgelaufen ist.
 

eqe-berlin

SILBER - Mitglied
Lysios schrieb:
In der Praxis wird der Prüfer aber von sich aus vermutlich die Sache verzögern, bis die Frist abgelaufen ist.
Ich meine mich zu erinnern, einmal einen solchen Fall erlebt zu haben, wo im Recherchenbericht eine unveröffentlichte Anmeldung als Entgegenhaltung genannt war. Mein Ausbilder hat mir damals genau das Obenstehende erklärt, ich war allerdings noch ziemlich am Anfang meiner Ausbildung, so dass ich mir rückblickend nicht mehr absolut sicher bin, ob er mir das wirklich an einem praktischen Beispiel erklärt hat. Zum einen ist das ein paar Jahre her, zum anderen konnte ich mit den ganzen Umständen ohnehin noch nicht so viel anfangen.

Auf jeden Fall kenne ich aber ein DE-Patent, das vor der Offenlegung erteilt wurde: DE10101718. Solche Patente werfen aber eher die Frage auf, ob nicht irgendetwas an den unabhängigen Ansprüchen fürchterlich schiefgelaufen ist. Den meisten Mandanten kann man das als Supererfolg verkaufen, aber dennoch fühlt man sich da unwohl...
 

Fragender

GOLD - Mitglied
Bei den meisten meiner Erfindungen hat es die üblichen "Jahrhunderte" gedauert, bis sie durch die Patentämter durch waren und zum Patent wurden. Letztes Jahr hatte ich aber 2 (unterschiedliche) Fälle, in denen sowohl das USPTO als auch das DPMA geschafft haben, das Patent vor Ablauf der 18 Monate zu veröffentlichen. Beim US-Patent waren es 3 Tage, das DPMA hat immerhin 2 Monate vorher das Patent erteilt.

Inwieweit die Patentanwälte da schlechte Anmeldungen geschreiben haben (wie oben von einem Poster angedeutet) kann ich erst mal nicht so ohne weiteres beurteilen.

Zusammenfassend: Ja, es ist möglich.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
  • Ja, das ist möglich, wird als B3 veröffentlicht.
  • Manchmal gibt es eben echte "Erfindungen", dann ist eine sofortige Erteilung idR kein schlechtes Zeichen, sondern heisst eher, dass der Anspruch auch klar gefasst ist. Und auch sonst kommt das vor, nämlich dann, wenn a) vom richtigen SdT ausgegangen wird und b) der Prüfer mal gute Laune hat.

 
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