Gemeinsame Inhaberschaft am Patent

Fip

*** KT-HERO ***
Ohne Dir zu nahe treten zu wollen, Lysios, aber manchmal habe ich das Gefühl, Du liest nicht, was Du zitierst. Ein Teil des Textes, auf den Du verweist, lautet:

"Analog zur Gemeinschaftserfindung von Einzelpersonen kommt es bei einer Gemeinschaftserfindung zwischen Hochschule und Industrie zu einer Anmledergemeinschaft (§ 705 BGB)."

Diese Aussage ist für sich allein stehend schlicht falsch (oder, besser ausgedrückt, unvollständig), denn:

"Gemäß § 6 Satz 2 PatG bilden Miterfinder eine Gemeinschaft nach Bruchteilen, wenn sie ihr Innenverhältnis nicht anderweitig durch Vereinbarung geregelt haben." (BGH, "Gummielastische Masse II", 2005)

Mit Verlaub: daran haben auch einige Juristen mitgewirkt.

Wenn ich aber den ersten Satz des Absatzes, auf den Du verweist, lese, dann steht dort:

"Es ist im Interesse des Industriepartners und der kooperierenden Hochschule mit Vertragsschluss zu definieren, wer die Rechte an Erfindungen, die im Rahmen der Forschungskooperationen gemacht werden, unter welchen Bedingungen erhält."

Wenn ich dann beide Sätze des Absatzes, auf den Du verweist, zusammen lese, dann trifft die Aussage zur GbR zu. Denn es bestand ja von vorne herein eine diesbezügliche Absprache.

Und natürlich hast Du Recht, dass es Konstellationen gibt, aus denen sich (konklundente) Pflichten/Nebenpflichten ergeben können, eine Erfindung in die GbR einzubringen, oder Konstellationen, in denen von vorne herein eine GbR besteht. Aber damit eine GbR in Anseheung der Erfindung bzw. der Erfinderrechte entsteht, muss es (zumindest konkludente) Absprachen in Ansehung der (möglicherweise zukünftig entstehenden) Erfindungen geben. Einer GbR ist liegt ein Gesellschaftsvertrag zugrunde, und ein Vertrag entsteht durch Willenserklärungen. Ohne Willenserklärungen kein Vertrag.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Wenn ich dann beide Sätze des Absatzes, auf den Du verweist, zusammen lese, dann trifft die Aussage zur GbR zu. Denn es bestand ja von vorne herein eine diesbezügliche Absprache.

Also wenn Du den Eindruck hast, ich lese nicht richtig, dann muss ich diese Rechtfertigung abgeben.

Auf Deine obige Interpretation wäre ich nämlich nun wirklich nicht gekommen. Wenn ich diesen Absatz wirklich isoliert vom Rest des Dokumentes lesen wollen würde, wäre ich nicht darauf gekommen, aus diesem Satz eine konkludente Willenserklärung im Rahmen eines konkreten Kooperationsprojektes zu folgern.

Diesen Absatz muss man m.E. aber im gesamten Kontext des Dokumentes lesen, der einen Kommentar zu den Regelungen der sogenannten "Berliner Verträge" darstellt. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, diesen Absatz oder Teile davon isoliert zu lesen.

Meine Lesart dieses Absatzes in diesem Kontext ist daher, dass es nach Auffassung der Verfasser der Berliner Verträge normalerweise zu einer Anmeldergemeinschaft im Sinne einer GbR kommt. Normalerweise heisst dann, es gelten die gesetzlichen Regelungen mangels anderweitiger expliziter oder konkludenter Abreden. Hier wird die allgemeine Forschungs-/Entwicklungskooperation zwischen Industrie und Hochschule angesprochen. Das beide Parteien das am Anfang erwähnte Interesse haben, folgt erst aus den nächsten Sätzen dieses Absatzes die gleichsam die Begründung für dieses erwähnte Interesse darstellen.

Mit Winzer und Kraßer habe ich zwei Referenzen, die nach und in Kenntnis der von Dir erwähnten BGH-Entscheidung veröffentlicht wurden, angegeben. Beide Referenzen teilen die Auffassung der Autoren der Berliner Verträge, dass in einer solchen Kooperation alle Entwicklungergebnisse nach den gesetzlichen Regelungen bei der durch die Kooperation gebildeten GbR liegen.

Und das die Miterfinder originär eine Bruchteilsgemeinschaft bilden, hat doch hier noch niemand bezweifelt. Insoweit widersprechen wir uns doch gar nicht. Nur können die Erfinder hier nichts (mehr) an der Rechtslage beeinflussen, da Ihnen durch Inanspruchnahme die Rechte entzogen wurden. Diese Rechte liegen bei den Rechtsnachfolgern die eine GbR im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Projekt vor Fertigstellung der Erfindung gebildet haben. Die Rechtsnachfolger haben durch die Auswahl der Mitarbeiter an dem Projekt dafür gesorgt, dass die späteren Erfinder überhaupt mit dieser GbR in Berührung kamen. Erfinderabsprachen spielen daher überhaupt keine Rolle.

Bei der Entstehung der Erfindung haben die Erfinder selbst zuerst natürlich eine (originäre) Bruchteilsgemeinschaft gebildet. Sie waren aber aufgrund Ihrer Verträge mit Arbeitgeber oder Dienstherr verpflichtet, die Rechte diesen anzubieten, wovon diese auch Gebrauch gemacht haben. Wenn das keine anderweitigen Absprachen sein sollen, die der Erfindung voraus gingen, dann weiß ich auch nicht weiter.

Ich erinnere mich noch an einen Artikel in der letzten VPP-Festschrift zur Erfindergemeinschaft. Den werde ich am Montag noch einmal lesen. Danach gebe ich es hier aber auf.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Ich erinnere mich noch an einen Artikel in der letzten VPP-Festschrift zur Erfindergemeinschaft. Den werde ich am Montag noch einmal lesen. Danach gebe ich es hier aber auf.

Es handelt sich dabei um Bartenbach/Volz, Erfinderrechtliche Aspekte der universitären Auftragsforschung, S. 225 ff., Festschrift 50 Jahre VPP, 2005.

Wie aus dem Titel klar wird, erfolgt dabei leider nur eine Abgrenzung zum Kooperationsvertrag, bei der es sich nach Auffassung der Autoren wegen der gemeinsamen Zweckverfolgung regelmäßig um eine BGB-Gesellschaft handelt. Weiter auf Erfindungen in diesem Fall wird dann nicht eingegangen.

Allerdings habe ich noch Sekundärliteratur zu Winzer und Kraßer: Sebastian Wündisch in
Beck'sche Online-Formulare Vertragsrecht, 12.4 Kooperationsvertrag, Stand 1.1.2011, Edition: 15. Dort in Ziffer 2 der Anmerkungen:


"Zusammenarbeits- oder Kooperationsverträge haben zum Gegenstand, dass mehrere Beteiligte zur Erreichung eigener, jedoch gleich liegender Interessen oder eines gemeinsamen Zwecks zusammenwirken. Die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung der Kooperation ist eine Frage von Zweckmäßigkeitserwägungen und Parteipräferenzen, wobei eine Anwendung der Vorschriften über die BGB-Gesellschaft geltenden Regelungen nahe liegt (Kraßer Patentrecht 2004, 358). Die Parteien müssen dann sämtliche ihnen für die Kooperation unzweckmäßig erscheinenden Vorschriften der §§ 705 ff BGB explizit ausschließen, um deren Geltung auszuweichen. Für Verträge der vorliegenden Art betrifft dies besonders die vermögensrechtliche Seite. Eine Anwendung der §§ 705 ff BGB hätte inbes zur Folge, dass die entstehenden gewerblichen Schutz- und Urheberrechte nach § 705 BGB ins Gesellschaftsvermögen fallen (Kraßer Patentrecht 2004, 358). Ohne eine entgegenstehende vertragliche Regelung könnten die Parteien das Entwicklungsergebnis somit nur gemeinsam verwerten (vgl Winzer Forschungs- und Entwicklungsverträge 2006, 13). Das Formular schließt die Geltung der §§ 705 ff BGB daher in § 11 Abs 4 aus und ordnet in § 4 speziell die Arbeitsergebnisse den einzelnen Partnern zu."
 
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