DE Geheimpatente und Stand der Technik

Lysios

*** KT-HERO ***
Es ist nicht absurd, oder wie ? Und wieso ist Dein Gedankengang dann bitte logisch und vollständig ?

Die Schlussfolgerung besagt, dass Geheimanmeldungen mit älterem Zeitrang neuheitsschädlicher Stand der Technik sein können, aber nicht für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden können. Ich dachte, dass das von niemanden (auch nicht von Dir) bezweifelt wird und nur die Begründung für diesen Sachverhalt zu diskutieren wäre.
 

Dr. X

GOLD - Mitglied
Die Schlussfolgerung besagt, dass Geheimanmeldungen mit älterem Zeitrang neuheitsschädlicher Stand der Technik sein können, aber nicht für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden können. Ich dachte, dass das von niemanden (auch nicht von Dir) bezweifelt wird und nur die Begründung für diesen Sachverhalt zu diskutieren wäre.

Naja, Asdevi sieht es wohl noch so, dass Geheimanmeldungen, die älter als 18 Monate sind, kein neuheitsschädlicher StdT sind. Aber egal... Es ging halt noch um die Frage mit dem Zeitabstand. Mittlerweile habe ich dazu eine Meinung, die ich ja geschrieben habe.

Aber zur Begründung muss ich sagen, dass Du immer - von Anfang an - meintest, dass die Fiktion des § 3 II 3 irgendwie in § 3 I mit reinspielt. Und ich habe geschrieben, dass das nicht sein kann. Begründung sieht oben. Ich warte immer noch auf Deine Antwort darauf.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Aber zur Begründung muss ich sagen, dass Du immer - von Anfang an - meintest, dass die Fiktion des § 3 II 3 irgendwie in § 3 I mit reinspielt. Und ich habe geschrieben, dass das nicht sein kann. Begründung sieht oben. Ich warte immer noch auf Deine Antwort darauf.

Du hast keine Begründung geliefert, da Du nur behauptest, dass das absurd ist. Warum das absurd sein soll, erschließt sich mir nicht.

Die Begründung für die Neuheitsschädlichkeit hat der Rechtsausschuss geliefert: Geheimanmeldungen sollen nach ihrer fingierten Veröffentlichung Stand der Technik und damit neuheitsschädlich sein.
 

Dr. X

GOLD - Mitglied
Du hast keine Begründung geliefert, da Du nur behauptest, dass das absurd ist. Warum das absurd sein soll, erschließt sich mir nicht.

Die Begründung für die Neuheitsschädlichkeit hat der Rechtsausschuss geliefert: Geheimanmeldungen sollen nach ihrer fingierten Veröffentlichung Stand der Technik und damit neuheitsschädlich sein.

Mein Argument ist, dass, wenn es die Fiktion des § 3 II 3 auch eine Fiktion nach § 3 I nach sich ziehen würde, könntest Du den StDt mit § 4 2 nicht ausschalten, da Du ja dann auch StdT nach § 3 I hättest. Dies ist aber aufgrund der Stellung des § 3 II 2 , nämlich unter § 3 II, also wegen der Gesetzessystematik nicht möglich

Nochmal: wenn Du eine Fiktion nach § 3 I hättest, müsstest Du auch auf eT prüfen. Dies ist aber offenbar nicht der Fall. Somit zieht die Fiktion des § 3 II 3 nur für § 3 II, also insbesondere für § 3 II 1. Das ist der (vielleicht gar nicht so un-) subtile Unterschied.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Nochmal: wenn Du eine Fiktion nach § 3 I hättest, müsstest Du auch auf eT prüfen.

Genau das adressiert doch Melullis. Und genau das habe ich doch auch adressiert. Also noch einmal.

Die Fiktion der Veröffentlichung macht aus der Geheimanmeldung keine Unterlage i.S.d. § 3 I, weil der § 3 I echten Stand der Technik meint. Nur über die Fiktion der Veröffentlichung in § 3 II wird die Geheimanmeldung aber erst Stand der Technik. Damit ist die Geheimanmeldung keine Unterlage i.S.d. § 3 I, sondern eine Unterlage i.S.d. § 3 II, dessen Sinn es ist, fingierten Stand der Technik zu schaffen. Erst wenn die Geheimanmeldung real veröffentlicht wird, wird sie zur Unterlage i.S.d. § 3 I und kann dann auch für die eT herangezogen werden.
 

Dr. X

GOLD - Mitglied
Wir drehen uns im Kreis.

Wenn die Geheimanmeldung kein StdT iSv § 3 I ist, dann gibt es auch keine Fiktion nach § 3 I oder ein wie auch immer geartetes Hereinspielen in § 3 I, so wie Du es immer behauptest. qed
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Allerdings muss doch §3 II in §3 I hineinspielen, damit der damit definierte SdT bei der Neuheitsprüfung berücksichtigt werden kann. Es gibt auch keinen Unterschied des Begriffs "Stand der Technik" nach §3 I und §3 II, da Absatz 2 doch nur den Kreis der nach §3 I S.1 zu berücksichtigenden Dokumente erweitert ("Als Stand der Technik gilt auch ...").

Daher bin ich inzwischen auch der Meinung, dass sich die Nichtanwendung von Geheimanmeldungen bei der Prüfung auf eT nur aus §4 S.2 ergeben kann. Bezüglich der generellen Eigenschaft "Stand der Technik" zu sein, gibt es nämlich keinen Unterschied zwischen §3 I S.2 und §3 II.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Wenn die Geheimanmeldung kein StdT iSv § 3 I ist, dann gibt es auch keine Fiktion nach § 3 I oder ein wie auch immer geartetes Hereinspielen in § 3 I, so wie Du es immer behauptest. qed

Habe ich Dich jetzt auch missverstanden, dass Du zumindest auch behauptest, dass eine Geheimanmeldung jedenfalls immer eine Unterlage i.S.d. § 3 II ist? Wenn es so ist, dann reicht das schon, um jedenfalls in jedem Fall die Prüfung auf eT mit § 4 Satz 2 für jede noch geheime Geheimanmeldung auszuschliessen. Ob man dann noch eine teleologische Reduktion benötigt, um festzustellen, dass Unterlagen nur entweder im Sinn des § 3 I oder im Sinn des § 3 II sein können, spielt dann gar keine Rolle.

Dann bleibt nur noch die Frage, ob und wann die Geheimanmeldung Stand der Technik ist. Die Legaldefinition dafür findet sich unstreitig in § 3 I 2. Darüber hinaus gibt es die Fiktion für den Stand der Technik aus § 3 II 1 i.V.m. § 3 II 3. Wenn ich Dich richtig verstehe, akzeptierst Du auch diese Fiktion.

Insoweit sind wir uns damit einig.

Fraglich ist damit nur noch, ob die Fiktion der Veröffentlichung in § 3 II 3 auch Stand der Technik gemäß der Legaldefinition in § 3 I 2 bewirken kann. Was ich nur sage, ist, dass § 3 II 3 auch den Tatbestand der Legaldefinition in § 3 I 2 bewirkt. So verstehe ich auch Pat-Ente in Post #50 eben.

Da die Geheimanmeldung dann nach ihrer fingierten Veröffentlichung Stand der Technik ist, kann sie nach § 3 I 1 neuheitsschädlich sein.
 
Zuletzt bearbeitet:

Dr. X

GOLD - Mitglied
Allerdings muss doch §3 II in §3 I hineinspielen, damit der damit definierte SdT bei der Neuheitsprüfung berücksichtigt werden kann. Es gibt auch keinen Unterschied des Begriffs "Stand der Technik" nach §3 I und §3 II, da Absatz 2 doch nur den Kreis der nach §3 I S.1 zu berücksichtigenden Dokumente erweitert ("Als Stand der Technik gilt auch ...").

Daher bin ich inzwischen auch der Meinung, dass sich die Nichtanwendung von Geheimanmeldungen bei der Prüfung auf eT nur aus §4 S.2 ergeben kann. Bezüglich der generellen Eigenschaft "Stand der Technik" zu sein, gibt es nämlich keinen Unterschied zwischen §3 I S.2 und §3 II.

Offensichtlich gibt es einen Unterschied zwischen Dokumenten, die zum StdT nach § 3 I gehören, und Dokumenten, die zum StdT nach § 3 II gehören.

Es ist so offensichtlich.

Zum einen stehen die einen unter § 3 I, die anderen unter § 3 II. Ferner wird auch in § 4 2 genau zwischen diesen beiden Arten unterschieden.
 

Rex

*** KT-HERO ***
Darüber hinaus gibt es die Fiktion für den Stand der Technik aus § 3 II 1 i.V.m. § 3 II 3.

Das Problem liegt wohl in der falschen Verwendung des Begriffs "Fiktion".

Die vorliegende Fiktion ist in § 3 II der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Es wird aber kein SdT fingiert!Vielmehr entsteht der SdT erst als Folge des fingierten Zeitpunkts der Veröffentlichung.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Es wird aber kein SdT fingiert!Vielmehr entsteht der SdT erst als Folge des fingierten Zeitpunkts der Veröffentlichung.

Es ist zugegeben eine Doppelfiktion. Einmal für den Zeitpunkt der Veröffentlichung und einmal für den Stand der Technik (§ 3 II 1 beginnt "Als Stand der Technik gilt auch").
 

Rex

*** KT-HERO ***
Es ist zugegeben eine Doppelfiktion. Einmal für den Zeitpunkt der Veröffentlichung und einmal für den Stand der Technik (§ 3 II 1 beginnt "Als Stand der Technik gilt auch").


Das sehe ich nicht so. Die Formulierung "Als Stand der Technik gilt auch" ist zu lesen als "Stand der Technik ist auch". Denn § 3 I beginnt genauso mit: "Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört." Trotzdem wird die Neuheit der Erfindung nicht fingiert, sie ist neu.
 

Dr. X

GOLD - Mitglied
Habe ich Dich jetzt auch missverstanden, dass Du zumindest auch behauptest, dass eine Geheimanmeldung jedenfalls immer eine Unterlage i.S.d. § 3 II ist? Wenn es so ist, dann reicht das schon, um jedenfalls in jedem Fall die Prüfung auf eT mit § 4 Satz 2 für jede noch geheime Geheimanmeldung auszuschliessen. Ob man dann noch eine teleologische Reduktion benötigt, um festzustellen, dass Unterlagen nur entweder im Sinn des § 3 I oder im Sinn des § 3 II sein können, spielt dann gar keine Rolle.

Dann bleibt nur noch die Frage, ob und wann die Geheimanmeldung Stand der Technik ist. Die Legaldefinition dafür findet sich unstreitig in § 3 I 2. Darüber hinaus gibt es die Fiktion für den Stand der Technik aus § 3 II 1 i.V.m. § 3 II 3. Wenn ich Dich richtig verstehe, akzeptierst Du auch diese Fiktion.

Insoweit sind wir uns damit einig.

Fraglich ist damit nur noch, ob die Fiktion der Veröffentlichung in § 3 II 3 auch Stand der Technik gemäß der Legaldefinition in § 3 I 2 bewirken kann. Was ich nur sage, ist, dass § 3 II 3 auch den Tatbestand der Legaldefinition in § 3 I 2 bewirkt. So verstehe ich auch Pat-Ente in Post #50 eben.

Da die Geheimanmeldung dann nach ihrer fingierten Veröffentlichung Stand der Technik ist, kann sie nach § 3 I 1 neuheitsschädlich sein.

Ich dachte, Du hättest den Benkard verstanden. Du hattest doch mir vorgeworfen, dass ich ihn nicht verstanden hätte.

Dort steht:

"Geheimanmeldungen werden trotz fehlender Veröffentlichung entsprechend der älteren nachveröffentlichten Patentanmeldung als Stand der Technik im Sinne des § 3 Abs. 2 behandelt, vgl. Bericht des Rechtsausschusses zu Art. IV Nr. 3 IntPatÜG, Bl. 76, 347, 350. Sie finden nur bei der Neuheitsprüfung Berücksichtigung, §§ 3 Abs. 2, 4 Satz 2."

Vielleicht müsste man ergänzen:

Geheimanmeldungen werden trotz fehlender Veröffentlichung entsprechend der älteren nachveröffentlichten Patentanmeldung "ausschließlich" als Stand der Technik im Sinne des § 3 Abs. 2 behandelt.

Meiner Meinung ergibt sich aus dem Benkard klar, dass Geheimanmeldungen kein Stand der Technik iSv § 3 I sein können, auch kein fiktiver. Also wieso diskutieren wir darüber denn ?

Also nochmal Klartext: Geheimanmeldungen können kein StdT nach § 3 I sein, weder echt noch fingiert. Ausnahme: sie sind irgendwann nicht mehr geheim und werden veröffentlicht.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Trotzdem wird die Neuheit der Erfindung nicht fingiert, sie ist neu.

OK, das kann man so sehen. Ich tendiere aber trotzdem eher zur Fiktion, da in § 3 I 2 schon eine Legaldefinition für den Stand der Technik gegeben wurde (die das Wort "gilt" oder "gelten" nicht enthält) und sich § 3 I 2 und § 3 II 1 gegeneinander ausschließen. Aber letztlich spielt das keine Rolle.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Meiner Meinung ergibt sich aus dem Benkard klar, dass Geheimanmeldungen kein Stand der Technik iSv § 3 I sein können, auch kein fiktiver. Also wieso diskutieren wir darüber denn ?

Dein Fehler ist m.E., dass Du die Legaldefinition in § 3 I 2 mit dem "Sinn des § 3 I" gleichsetzt. Aber da werden wir uns wohl nicht mehr einigen können.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Geheimanmeldungen werden trotz fehlender Veröffentlichung entsprechend der älteren nachveröffentlichten Patentanmeldung "ausschließlich" als Stand der Technik im Sinne des § 3 Abs. 2 behandelt.

[...]

Geheimanmeldungen können kein StdT nach § 3 I sein, weder echt noch fingiert. Ausnahme: sie sind irgendwann nicht mehr geheim und werden veröffentlicht.

Wenn man schon zwischen "SdT i.S.v. §3 I" und "SdT i.S.v. §3 II" unterscheidet, dann muss man strenggenommen auch zwischen "SdT i.S.v. §3 I S.1", "SdT i.S.v. §3 I S.2" und "SdT i.S.v. §3 II" unterscheiden.

Denn §3 I S.2 und §3 II definieren, was unter welchen Voraussetzungen zum SdT gehört, während §3 I S.1 bestimmt, was dieser SdT für eine Wirkung hat. §3 I S.1 macht aber keinen Unterschied, ob der SdT aus §3 I S.2 oder aus §3 II stammt.

Und natürlich müssen Geheimanmeldungen SdT nach §3 I S.1 sein, sonst könnten sie keine Relevanz für die Neuheit einer anderen Anmeldung haben.
 

Dr. X

GOLD - Mitglied
Wenn man schon zwischen "SdT i.S.v. §3 I" und "SdT i.S.v. §3 II" unterscheidet, dann muss man strenggenommen auch zwischen "SdT i.S.v. §3 I S.1", "SdT i.S.v. §3 I S.2" und "SdT i.S.v. §3 II" unterscheiden.

Denn §3 I S.2 und §3 II definieren, was unter welchen Voraussetzungen zum SdT gehört, während §3 I S.1 bestimmt, was dieser SdT für eine Wirkung hat. §3 I S.1 macht aber keinen Unterschied, ob der SdT aus §3 I S.2 oder aus §3 II stammt.

Und natürlich müssen Geheimanmeldungen SdT nach §3 I S.1 sein, sonst könnten sie keine Relevanz für die Neuheit einer anderen Anmeldung haben.

Jungs, Jungs, Jungs. Was habt ihr denn im Amtsjahr gemacht ???

Was für eine Sinn macht es denn, den StdT nach § 3 I 1 zu erwähnen ? Dort ist zum einen nichts definiert, sondern dort wird die Neuheit fingiert (bitte zuhören, Rex), wenn die Erfindung nicht zum Stand der Technik gehört.

Der Stand der Technik wird definiert in § 3 I 2 und § 3 II, das wird landläufig verkürzt zu § 3 I und § 3 II. Der StdT, der in § 3 I 1 erwähnt wird, ist natürlich die Summe aus § 3 I 2 und § 3 II. Das sollte doch jedem klar sein. Warum müssen wir jetzt hier Korinthen kacken ?
 
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