DE Frage zu § 3 (2) PatG in Zusammenhang mit Neuanmeldung

Patentspecht

Vielschreiber
Hallo zusammen,

in § 3 (2) PatG steht, dass als Stand der Technik auch die "nationalen Anmeldungen in der beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereichten Fassung" gelten.
Folgende Annahme:
Es ist ein Teil aus einer Stammanmeldung ausgeschieden worden. Nun soll der ausgeschiedene Teil erneut beim DPMA angemeldet werden (um für diese neue Anmeldung wieder 12 Monate für eine PCT-Anmeldung zu haben).
Wenn ich mir nun den § 3 (2) PatG ansehe, so würde ja die ursprünglich eingereichten Fassung als offenbart gelten und meine Frage ist:
Zählt der ausgeschiedene Teil mit in den Offenbarungsgehalt der Stammanmeldung und ist darum eine Neuanmeldung eines ausgeschiedenen Teils mit neuer Priorität nicht möglich?
Natürlich gäbe es auch das Mittel der Ausscheidungsanmeldung, aber diese würde ja dieselbe Prioriät wie die Stammanmeldung haben. Das ist nicht das Ziel.
 

pak

*** KT-HERO ***
Zählt der ausgeschiedene Teil mit in den Offenbarungsgehalt der Stammanmeldung und ist darum eine Neuanmeldung eines ausgeschiedenen Teils mit neuer Priorität nicht möglich?
Ja und Jein. Letzteres, weil man ja die "Stammanmeldung" (die hier keine ist) noch vor deren Veröffentlichung zurücknehmen kann. Das dürfte hier wohl aber auch nicht in Betracht kommen.

Gruß

pak
 

Patentspecht

Vielschreiber
Okay, eine andere denkbare Möglichkeit wäre dann aber:
  • einen Teil auszuscheiden
  • den ausgeschiedenen Teil in einem anderen Land national anzumelden, es besteht ja keine Kommunikation zwischen dem DPMA und Patentämtern im Ausland
Auf den im ausland angemeldeten Teil könnte dann dank neuer Priorität auch in Deutschland ein Schutz erwirkt werden, selbst wenn in der zwischenzeit (nach der Anmeldung im Ausland) der ausgeschiedene Teil durch die Offenbarung bekannt wird.
Was denkt ihr?
 
  • Skeptisch
Reaktionen: pak

pak

*** KT-HERO ***
Ich würde zunächst einmal den Begriff „Ausscheidung“ weglassen, da es sich schlicht um eine erneute Anmeldung derselben Erfindung handelt.

Auf den im ausland angemeldeten Teil könnte dann dank neuer Priorität auch in Deutschland ein Schutz erwirkt werden, selbst wenn in der zwischenzeit (nach der Anmeldung im Ausland) der ausgeschiedene Teil durch die Offenbarung bekannt wird.

Auch für dieses auf dem Umweg über Ausland und Priorität geschaffene deutsche Patent wäre die ursprüngliche deutsche Anmeldung nachveröffentlichter Stand der Technik im Sinne des §3 II PatG. Man muss eben ein einschränkendes „selbstverständliches“ Merkmal ergänzen, um die Neuheit herzustellen und den nachveröffentlichten Stand der Technik aus dem Spiel zu nehmen.

Gruß

pak
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Vielleicht sollte man auch noch anmerken, dass von der neuen Anmeldung, egal ob im In- oder Ausland angemeldet, keine wirksame Priorität beansprucht werden kann. Denn die Priorität kann man nur von der ersten Anmeldung, in der der Anmelder den Gegenstand offenbart hat, beanspruchen. Das war die Stammanmeldung.

Der ganze Plan ist also von vornherein schon zum Scheitern verurteilt.
 

Patentspecht

Vielschreiber
Die einzig sinnvolle Lösung ist also die Anmeldung komplett zurückzuziehen und nocheinmal neu beim DPMA anzumelden. Damit gilt wieder eine neue Priorität, denn es ist nichts im Vorhinein offenbart worden.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Ich vermute, in der Ausgangsfrage wurde der Begriff "ausgeschieden" im Sinne einer teilweisen Rücknahme der Anmeldung verwendet. Denn wie könnte dieser "ausgeschiedene Teil" sonst "erneut beim DPMA angemeldet" werden?

Eine teilweise Rücknahme der Anmeldung gibt es aber beim DPMA nicht, die Anmeldung kann nur ganz oder garnicht zurückgenommen werden. Die richtige Bedeutung des Begriffs "Ausscheidung" ist vielmehr eine Aufteilung der Anmeldung in zwei Anmeldungen, die aber beide vom ursprünglichen Anmeldetag an laufen, wobei - im Unterschied zur Teilung nach § 39 - bereits im Rahmen der Ausscheidungserklärung genau angegeben werden muss, was in welchem Teil weiterverfolgt werden soll.

Eine neue Anmeldung irgendeines Teils einer bereits getätigten Anmeldung mit "neuer Priorität" ist nicht möglich, da gibt es keinen Trick.

Die Rücknahme der kompletten Anmeldung ist zwar möglich, aber auch das führt nur dann zu dem Ziel, zu einem einen späteren Prioritätstag zu kommen, wenn die erste Anmeldung noch nicht offengelegt ist und von ihr wirklich keinerlei Rechte zurückbleiben. Insbesondere die Inanspruchnahme der Priorität aus der zurückgenommenen Anmeldung in irgendeinem Land würde bereits dazu führen, dass die spätere Anmeldung nicht mehr als erste Offenbarung der Erfindung gelten kann, und dass daher aus ihr auch keine Priorität beansprucht werden kann, d.h. dass dann das Prioritätsjahr (für die gewünschte PCT-Anmeldung der Erfindung) nicht erneut beginnt.
 
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