EPÜ Europäisches Patent erteilt -- nationaler Vertreter erforderlich?

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Hallo zusammen,

mal eine Frage des Theoretikers an die Praxis:
Zumindest in den Ländern, in denen nach dem Londoner Übereinkommen keine Übersetzung des erteilten Europäischen Patents mehr erforderlich ist - braucht man doch (zunächst) auch nicht unbedingt einen nationalen Vertreter vor Ort, richtig?

Danke vorab
Marc
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Ja, im Nationalen Recht zum EPÜ steht natürlich manches, um nicht zu sagen "vieles" drin................

Hauptsächlich geht es dort ja um Art und Umfang des Übersetzungserfordernisses.

Ich würde daraus für den ersten Überblick schließen (vor endgültiger Länderauswahl):

- Übersetzungserfordernis nein = nationaler Vertreter erstmal nicht unbedingt erforderlich?

- Übersetzungserfordernis ja oder teilweise = nationaler Vertreter sicherlich nützlich, aber auch nicht unbedingt erforderlich?

Sobald die Länderauswahl endgültig feststeht, muss dann in der Tat jeweils ein Blick in die entsprechende Spalte im Nationalen Recht zum EPÜ geworfen werden.

Soweit richtig?

Grüße
Marc
 

grond

*** KT-HERO ***
Vertreter vor Ort braucht man doch als EU-Bürger oder Unternehmen mit EU-Sitz in keinem EU-Land. Ansonsten kann man vom Wegfall des Übersetzungserfordernis nicht auf einen entsprechenden Wegfall der Notwendigkeit eines nationalen Vertreters schließen - siehe zum Beispiel Deutschland. Im "Nationalen Recht" steht da meiner Erinnerung nach nichts zu drin.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Die Antwort findet sich in Nat. Law Table IV, Spalte 3.

Wenn man das durchschaut, merkt man, dass Beitritt zum London Agreement keinesfalls notwendig mit dem Wegfall der Pflicht zum nationalen Vertreter korreliert. Beispielsweise sind Mazedonien, Lettland oder Kroatien dem London Agreement beigetreten, aber trotzdem ist zur Validierung jeweils ein nationaler Vertreter erforderlich. Auf der anderen Seite ist Estland nicht im London Agreement, verlangt aber trotzdem keinen nationalen Vertreter.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ich würde daraus für den ersten Überblick schließen (vor endgültiger Länderauswahl):

- Übersetzungserfordernis nein = nationaler Vertreter erstmal nicht unbedingt erforderlich?

- Übersetzungserfordernis ja oder teilweise = nationaler Vertreter sicherlich nützlich, aber auch nicht unbedingt erforderlich?

Ich verstehe die Fragen nicht. Wenn du noch nicht einmal die Länder zur Validierung ausgewählt hast, ist natürlich "kein nationaler Vertreter erforderlich" (du weißt ja noch nicht einmal in welchem Land der sein soll). Warum es nützlich sein soll, einen zu haben (wo denn überhaupt?) erschließt sich mir auch nicht.

Wenn man dann weiß, wo man validiert, weiß man auch, wo man einen Vertreter braucht, und dort ist es sicherlich "nützlich", ihn zu nehmen.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Die Antwort findet sich in Nat. Law Table IV, Spalte 3.

Super, vielen Dank -->
"Kaum macht man es richtig, schon klappt es"

vG Marc

PS:
Ich verstehe die Fragen nicht. Wenn du noch nicht einmal die Länder zur Validierung ausgewählt hast, ist natürlich "kein nationaler Vertreter erforderlich" (du weißt ja noch nicht einmal in welchem Land der sein soll).

Der Hintergrund hierzu wäre die Vorab-Kostenabschätzung für den Mandanten.
 
Zuletzt bearbeitet:

grond

*** KT-HERO ***
Wie schon oben gesagt: wegen des Verbots der Diskriminierung von EU-Bürgern brauchst Du in den EPÜ-Staaten, die auch EU-Staaten sind, ohnehin keinen Vertreter, sofern der Anmelder EU-Bürger ist beziehungsweise einen EU-Sitz hat und ein Vertreterzwang in jenem Land nicht auch für Inländer vorgeschrieben ist (wäre ähnlich dem RA-Zwang vor dem Landgericht, etwas Vergleichbares gibt es aber meines Wissens für das Patentverfahren in keinem EU-Land).
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Hmm also wie jetzt?
Wie schon oben gesagt: wegen des Verbots der Diskriminierung von EU-Bürgern brauchst Du in den EPÜ-Staaten, die auch EU-Staaten sind, ohnehin keinen Vertreter, sofern der Anmelder EU-Bürger ist.
Beispielsweise sind Mazedonien, Lettland oder Kroatien dem London Agreement beigetreten, aber trotzdem ist zur Validierung jeweils ein nationaler Vertreter erforderlich.

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Asdevi

*** KT-HERO ***
Wie schon oben gesagt: wegen des Verbots der Diskriminierung von EU-Bürgern brauchst Du in den EPÜ-Staaten, die auch EU-Staaten sind, ohnehin keinen Vertreter, sofern der Anmelder EU-Bürger ist beziehungsweise einen EU-Sitz hat und ein Vertreterzwang in jenem Land nicht auch für Inländer vorgeschrieben ist (wäre ähnlich dem RA-Zwang vor dem Landgericht, etwas Vergleichbares gibt es aber meines Wissens für das Patentverfahren in keinem EU-Land).

Wir hatten das Ganze hier schon mal.

Das Diskriminierungsverbot richtet sich nicht gegen Diskriminierung des Anmelders (denn der wird nach Wohnsitz diskriminiert, was nicht verboten ist; Beispiel: Wahlrecht), sondern gegen die des Anwalts. Daher spielt es keine Rolle, ob der Anmelder aus dem EU-Ausland oder außereuropäischen Ausland kommt. Es wird lediglich verboten, ausländische EU-Anwälte von der Inlandsvertreterschaft auszuschließen, also ihre berufliche Freizügigkeit einzuschränken (s. auch §25 II PatG).

Ein deutscher Patentanwalt kann daher prinzipiell als Inlandsvertreter in Bulgarien oder Kroatien bestellt werden. Allerdings darf das bulgarische/kroatische Gesetz sehr wohl verlangen, dass er dort auch eine Niederlassung hat.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Allerdings darf das bulgarische/kroatische Gesetz sehr wohl verlangen, dass er dort auch eine Niederlassung hat.

Und warum ist das dann trotzdem keine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit? Deswegen ist doch gerade das Erfordernis des inländischen RA oder PA als Zustellungsbevollmächtigten für den EU Ausländer-Anwalt in § 25 II PatG weggefallen.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Und warum ist das dann trotzdem keine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit? Deswegen ist doch gerade das Erfordernis des inländischen RA oder PA als Zustellungsbevollmächtigten für den EU Ausländer-Anwalt in § 25 II PatG weggefallen.

OK, dann darf also eine Niederlassung nicht verlangt werden. Aber es darf sehr wohl verlangt werden, dass sich ein EU-Ausländer einen Vertreter nimmt (der dann aus seinem eigenen Land stammen kann).
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Aber es darf sehr wohl verlangt werden, dass sich ein EU-Ausländer einen Vertreter nimmt (der dann aus seinem eigenen Land stammen kann).

Ja, denn das ist zwar eine offene Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, die aber keinen Eingriff in die Grundfreiheiten des AEUV wie der Dienst- oder der Niederlassungsfreiheit darstellt. Bliebe nur noch eine Diskrimierung im Sinne von Art. 18 AEUV sowie Art. 6 I UAbs. 1 EUV i.V.m. Art. 21 II GRC sowie eine willkürliche Ungleichbehandlung, die gegen Art. 20 GRC verstossen könnte. Das Verfahren vor den nationalen Patentämtern fällt jedenfalls nicht in den Anwendungsbereich der EU-Verträge und willkürlich ist das Erfordernis auch nicht, da es eine effektive Arbeit der Erteilungsbehörde sicherstellen soll (bei Ausländern können mangelhafte Sprach- und Rechtskenntnisse unterstellt werden).
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Wenn ich genauer darüber nachdenke, ist es nur eine mittelbare Diskriminierung.

Eigentlich ist es überhaupt keine Diskriminierung nach Staatsangehörigkeit. Es sind ja immer nur Anmelder betroffen, die keinen (Wohn)Sitz im jeweiligen Land haben. Auch ein im Ausland lebender Deutscher braucht einen Inlandsvertreter, wenn er in Deutschland anmelden will. Die Diskriminierung findet nach Wohnsitz statt, und ich wüsste nicht, wo das verboten wäre.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Eigentlich ist es überhaupt keine Diskriminierung nach Staatsangehörigkeit. Es sind ja immer nur Anmelder betroffen, die keinen (Wohn)Sitz im jeweiligen Land haben

Das wirkt sich aber doch mittelbar auf die Ausländer aus, die keinen Wohnsitz in Deutschland haben. Gerade das Kriterium des Wohnsitzes kann sich hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen der anderen Mitgliedstaaten auswirken. Vgl. dazu EuGH Rs. C-388/01.
 
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