Berufstipp: Zukunftssicherheit österreichischer Patentanwalt

forlan

Schreiber
Hallo.

Ich bitte Euch um eine Hilfestellung bezüglich meiner beruflichen Zukunft.
Beendet habe ich Elektrotechnik an der TU Wien (Österreich). Habe den MSc.

Nun allerdings wurde mir eine Ausbildung angeboten zum österreichischen Patentanwalt und European Patent Attourney.
Die Ausbildung würde relativ lange dauern, daher meine Frage:

Würde es sich das lohnen, ist das Zukunftssicher?

Ich würde damit einen Weg einschlagen, der nur in eine Richtung führt. Eine Alternative wäre ein klassischer Ingenieursjob. Durch die lange Ausbildung würde ich mich stark an die juristische Sache binden, anstatt die technische. (Irgendwo stand in diesem Forum eh mal "Einmal PA, immer PA") Bei einem Technischen Beruf würde ich relativ einfach wechseln können in einen anderen Technischen Beruf, beim Patentanwalt ist das meiner Sichtweise nach nicht so.
(Also Produktentwickler bei Siemens hin zu Projektmanagement bei XYZ)

Meine derzeitige Sichtweise ist die:
Ja, die Sache ist interessant, aber mich plagen auch Zukunftsängste, dass ich mich damit in eine Einbahnstraße manövrieren würde.

Könntet Ihr mir dazu was sagen?

Weiters:
Können österreichische Patentanwälte und European Patent Attourneys beim Europäischen Patentamt in Wien, bzw. in München oder anderswo in Deutschland arbeiten? (Das würde aus meiner Sicht eine Alternative sein, so wie oben Siemens -> XYZ)

Vielen Dank im Vorraus
 

keta

SILBER - Mitglied
"Einmal PA, immer PA" stimmt weitgehend. Der Wechsel vom Patentanwaltsberuf an eines der Ämter ist denkbar und wird ab und an vollzogen, ist dann aber wohl endgültig eine Sackgasse.

Die Zukunft betreffende Vorhersagen sind bekanntlich schwierig. Dieses Forum vertritt mehrheitlich eine pessimistische Weltsicht. Nach meiner eigenen Einschätzung haben solide aufgestellte Kanzleien wenig zu befürchten. Das dürfte in Österreich nicht anders als in Deutschland sein. Deine persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten in einer solchen Kanzlei hängen stark von deinen Fähigkeiten und deiner Leistungsbereitschaft ab.

Bevor du dich entscheidest, recherchiere vielleicht noch einmal, wie man die angestrebte Berufsqualifikation schreibt.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Können österreichische Patentanwälte und European Patent Attourneys beim Europäischen Patentamt in Wien, bzw. in München oder anderswo in Deutschland arbeiten? (Das würde aus meiner Sicht eine Alternative sein, so wie oben Siemens -> XYZ)
Die Qualifikation als Patentanwalt gleich welcher Sorte erhöht deine Einstellungschancen beim EPA nicht. Eher verringert sie sie, weil das EPA Bewerber mit längerer praktisch-technischer Erfahrung bevorzugt (die du nicht hast, wenn du nach dem Master direkt PA wirst). Wenn du also Prüfer werden willst, solltest du ein paar Jahre in die Industrie gehen.

Und mit Wien hat das sowieso nichts zu tun, denn das ist kein richtiger Standort des EPA, sprich: da sitzen keine Prüfer, sondern irgendwelche PR- und Verwaltungsmenschen. Elektrotechniker haben da nichts verloren.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Fortan,

zu der von keta angedeuteten "pessimistischen Weltsicht" ist noch zu ergänzen, dass diese meist dann entsteht, wenn die zu optimistischen Erwartungen aus der persönlichen Sturm- und Drangzeit irgendwo gegen die Wand gefahren werden und in Frustration übergehen. Das gibt es aber in jedem Beruf.

Ich stimme ihm auch zu, dass es möglich ist, eine Patentanwaltskanzlei so zu managen, dass alle Beteiligten eigentlich ein ganz nettes Leben führen können. Das wird imho auch zukünftig so sein. Die doch regelmäßig festzuhaltenden Insolvenzen und "Gesundschrumpfungen" (auch "wir stellen uns neu auf" oder "wir wollen jetzt dynamisch wachsen" genannt) zeigen natürlich, dass das keine Selbstlaufenden Geldpumpen sind. Auch das ist aber überall so: Wenn Siemens meint, einen Standort schließen zu wollen, ist der betreffende M. Sc. auch gekniffen. Er muss den Ort oder den Arbeitgeber wechseln oder beides, und wenn er bei der Wahl der Fachrichtung und seiner bisherigen Karriereplanung nicht hinreichend Selbstmanagement betrieben hat, kann er viel Zeit für Yogakurse aufwenden.

Für Wien und eigentlich ganz Österreich ist noch folgendes anzumerken: Die dortigen Kollegenbüros sind verglichen mit München klein. Es überwiegen Kanzleien mit 2 bis 5 Kollegen. Die Situation ist also ähnlich wie etwa in Frankfurt, Köln oder Hannover. Das hat einen Vorteil und gleichzeitigen Nachteil: Du wirst ziemlich schnell einer der Chefs. Und dann ist genau das Management der Kanzlei Deine Aufgabe und Deine Verantwortung. Du musst selbst für neue Mandanten sorgen und dazu Kontakte nach Übersee aufbauen und pflegen, in Alpentäler fahren und dort Vorträge halten, Beerdigungen der Firmensenioren langjähriger Mandanten der Kanzlei besuchen, den Kanzleiumzug anstoßen, planen und bewältigen, neue Gesetzgebung auf unserem Gebiet vorausahnen und entsprechende Kongresse besuchen, die Personalkostenstruktur der Mitarbeiter im Griff haben, etc. Ach ja, die normale Arbeit muss auch noch gemacht werden.

Das alles sollte man mögen oder jedenfalls guten Gewissens handhaben können, denn es erfolgt - bis auf den letzten Punkt ("normale Arbeit") - unbezahlt und ohne latentes Mögen und ein bisschen Talent dazu wird das nichts. Viele Kollegen ziehen einfach den letzten Punkt ("normale Arbeit") vor und machen das auch ganz prima. Um den Rest kümmert sich jemand anders in der Kanzlei. Das geht in Münchner Kanzleien und auch in großen Kanzleien andernorts oder auch in einer Patentabteilung eines Großunternehmens ganz hervorragend. In Wien und erst recht in den anderen Städten Österreichs könnte das sehr schwierig werden.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

forlan

Schreiber
Danke für die Antworten :)

Eine Frage noch:
Wenn man PA in Österreich macht, kann man dann auch als PA in anderen Ländern arbeiten?
(Die Technik hört überall auf dieselben Naturgesetze)
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Danke für die Antworten :)
Eine Frage noch:
Wenn man PA in Österreich macht, kann man dann auch als PA in anderen Ländern arbeiten?

Wenn Du die Zulassung als European Patent Attorney in AT erwirbst, wirst Du damit auch in anderen Ländern in Verfahren vor dem EPA arbeiten können.

Als Österreichischer Patentanwalt wirst Du nicht zwingend vor den jeweiligen nationalen Ämtern auftreten können, auch wenn das im Rahmen der EU-Dienstleistungsfreiheit durchaus möglich sein sollte - da fehlt mir die Erfahrung.

(Die Technik hört überall auf dieselben Naturgesetze)
Aber die Menschen hören nicht überall auf dieselben Patentgesetze ;-)

Wie auch immer, ich kenne z.B. einige italienische Patentanwälte, die bei deutschen Kanzleien arbeiten. Voraussetzung dürfte aber in der Regel die Zulassung als European Patent Attorney sein.

Da Du schon von der Arbeit beim EPA sprichst: Zur Zeit werden einige Stellen als Prüfer insbesondere im IT/TK Bereich angeboten - wenn Du also München oder Den Haag als Arbeitsort in Betracht ziehst, könntest Du da mal reinschauen. Vom EPA sind auch einige später in eine Kanzlei oder in eine Industriepatentabteilung gewechselt.
 
Zuletzt bearbeitet:

Asdevi

*** KT-HERO ***
Danke für die Antworten :)

Eine Frage noch:
Wenn man PA in Österreich macht, kann man dann auch als PA in anderen Ländern arbeiten?
(Die Technik hört überall auf dieselben Naturgesetze)

Du solltest als österreichischer Patentanwalt auch vor den nationalen Ämtern aller EU-Staaten auftreten können. Zumindest ist das nach europäischem Recht so (Dienstleistungsfreiheit), was in D auch umgesetzt ist und problemlos funktioniert. Ob es in anderen Ländern zu Problemen kommt, weiß ich nicht, aber rein rechtlich sollte es möglich sein.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Du solltest als österreichischer Patentanwalt auch vor den nationalen Ämtern aller EU-Staaten auftreten können. Zumindest ist das nach europäischem Recht so (Dienstleistungsfreiheit), was in D auch umgesetzt ist und problemlos funktioniert.

Im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit geht das aber nur, wenn es vorübergehend erfolgt, also die Kanzlei in Österreich ist. Das passt dann nicht zu der Frage "arbeiten in anderen Ländern".

Im Rahmen der Niederlassungsfreiheit kann dann zwar die Kanzlei als österreichischer PA auch in Deutschland errichtet werden, dann greift aber die Dienstleistungsfreiheit nicht mehr, so dass dann keine Vertretung vor dem DPMA mehr zulässig ist. Das wird in allen EU-Mitgliedstaaten so sein, bei denen die Vertretung Dritter vor dem nationalen Amt an eine bestimmte nationale Qualifikation gekoppelt ist.
 

W204

Vielschreiber
Nach §25 Abs. 2 PatG in Verbindung mit der Anlage zu §1 PAZEignPrG können österreichische Patentanwälte als Vertreter bestellt werden.

Außerdem regelt §1 PAZEignPrG auch die Zulassung zum deutschen Patentanwalt (IMHO mit zusätzlicher Prüfung nach 3 Jahren Berufstätigkeit als österreichischer PA).
 

maroubra

*** KT-HERO ***
Was man auch sagen sollte: das sind alles eher theoretische Überlegungen. In der Praxis wird man kaum einen Mandanten in einem Land, dessen Gesetze man nicht genau kennt, vertreten. Das wäre haftungsrechtlich nicht weise und auch dem Mandanten nur schwer vermittelbar.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Nach §25 Abs. 2 PatG in Verbindung mit der Anlage zu §1 PAZEignPrG können österreichische Patentanwälte als Vertreter bestellt werden.

Das setzt aber eben zwingend voraus, dass diese nicht in Deutschland niedergelassen sind.

Eine Niederlassung, also eine Kanzlei, kann nach § 154a PAO beantragt werden. Die erlaubte Tätigkeit ist dann aber auf ausländischen und internationalen gewerblichen Rechtsschutz beschränkt.
 

forlan

Schreiber
Danke für die Antworten :)

Ich hatte heute ein Gespräch mit der Kanzlei.

* Denen ist daran gelegen, dass ich eine gute Ausbildung erhalte (wie in einem anderen Thread genannt, nach 2 Jahren nichtmal ne Anmeldung - gibts nicht)
* Es wurde klargemacht, dass sprachliche Genauigkeit zählt
* Fristen sind Deadlines. (Also wirklich ... Tod)
* Einzelarbeit. (Das war ich auch schon während des Studiums, ein Einzelgänger. Das meiste selber erarbeitet, nur wenige Vorlesungen in der Gruppe, wo ich meist der "Teamleader" war. Hat sich meist so ergeben, habe nicht dafür gekämpft)


Könntet Ihr mir bitte Fragen stellen, die ich mir selbst beantworten muss, um zu sehen, ob der Job für mich passen würde?
 

anwärter

SILBER - Mitglied
Ich hatte heute ein Gespräch mit der Kanzlei.

Spätestens jetzt weiß Dein zukünftiger Arbeitgeber, wer Du bist, denn dieses Forum wird auch in Ö gern gelesen :)

Ein wesentlicher Punkt, der bisher noch nicht hochkam: Du solltest Dich fragen, ob Du auch bereit bist, Dich intensiv mit der, wie Du sagst, "juristischen Sache" (siehe § 11 Abs 1 PatentanwaltsG) zu beschäftigen. Und zwar auf eigene Faust, denn ein strukturiertes Ausbildungsprogramm wie in D gibt es in Ö leider (noch) nicht.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Anwärter,
Spätestens jetzt weiß Dein zukünftiger Arbeitgeber, wer Du bist, denn dieses Forum wird auch in Ö gern gelesen :).

das sehe ich allerdings auch so...;-).

Hallo forlan,

es sind die gleichen Fragen, die sich bei jeder entscheidenden Veränderung im Berufsleben stellen. Es geht bei Dir um etwas, was Du in den nächsten rund 40 Jahren nahezu täglich tun wirst. Es wäre nicht schlecht, wenn man dabei auch Spaß dran hat, nicht immer, aber doch öfter. Ich hab ihn, also möglich ist das. Also:

Was möchtest Du denn eigentlich machen? Patentwesen war bisher offenbar nicht Dein Traum. Was bringt Dich dazu, dieses Gebiet doch in Erwägung zu ziehen?

Bist Du der Typ, der Sicherheit braucht? Regelmäßiges, risikoloses Einkommen? Als Patentanwalt kann man gutes Geld verdienen, aber weder regelmäßig noch risikolos. Wenn in Deiner Großfamilie Rechtsanwälte, selbstständige Handwerker, Landwirte, Inhaber eines Supermarkts oder sonstigen Ladens oder mittelständische Unternehmer sind: Sprich mal mit denen, wie die mit so etwas klarkommen, und übertrage das auf Deine Eigenschaften.

Was sagt die Lebensabschnittspartnerin (oder der Lebensabschnittspartner) dazu? Wenn Erfolg eintreten soll, ist das kein Job nur von 9 bis 17 Uhr und auch nicht nur werktags.

Wenn Du Jurist wärst (mal theoretisch angenommen), wärst Du dann lieber Anwalt und vertrittst die Interessen von Dritten oder lieber Richter und fällst gerechte Urteile? In letzterem Fall wäre eine Prüferlaufbahn vielleicht besser passend.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 
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