Berufsalltag

DerSucher

BRONZE - Mitglied
Hallo,
ich wollte mal fragen, wovon euer Berufsalltag denn geprägt ist. Ich studiere im MINT-bereich und interessiere mich für eine PA Ausbildung. Im Gegensatz zu Volljuristen machen PAs aber keine Verhandlungen vor Gericht. Da frage ich mich nun, ob man dann "bloß" Beratungen und Anträge macht. Ich würde es nämlich vermeiden wollen, dass ich den ganzen Tag dabei bin, Dokumente auszufüllen.

Dann würde mich noch interessieren, welche Art Erfindungen ihr am meisten habt. Sind das spannende Innovationen oder kleinschrittige Abänderungen an Geräten? Oder wie muss man sich das vorstellen?
 
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der_markus

*** KT-HERO ***
Schonmal vom Bundespatentgericht gehört? Verhandlungen in Beschwerde- und Nichtigkeitsverfahren gehören zum Alltag. Außerdem gibt es auch Verhandlungen vor dem DPMA.
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Wie komplex sind solche Verfahren?
Das hängt vom Verfahrensgegenstand und -verlauf ab. Spätestens in der Nichtigkeitsberufung vor dem BGH geht es ins Eingemachte.

Und so wie ich bisher gehört habe, kommt das wohl eher seltener vor
Das hängt von der Struktur / Ausrichtung / Größe der Kanzlei ab. Es gibt Kanzleien, die sind auch Verfahren/Verhandlungen spezialisiert und Kanzleien die fokussieren sich auf schriftliche Tätigkeiten. Dennoch muss jeder PA eine gewisse Verhandlungspraxis haben.
Wenn man als In-House-Anwalt in der Industrie beschäftigt ist, dürfte man wenig bis garnicht mit Verhandlungen konfrontiert sein, da Unternehmen gerne mit externen Kanzleien zusammenarbeiten, trotz dass die In-House-Anwälte beschäftigen.


Ich habe den Eindruck, dass deine Frage eher darauf abzielt ob es auch Abwechslung zum schnöden Büro-/Schreibtischalltag gibt. Ja, die gibt es. Dennoch ist der Beruf sehr dokumenten- und "antrags"lastig, da führt kein Weg dran vorbei.
 

DerSucher

BRONZE - Mitglied
Könnte vielleicht jemand einen Vergleich ziehen zwischen Patent- und Rechtsanwalt. Also unter dem Aspekt, wie der Alltag so aussieht und ob ihr den einen Beruf spannender findet, als den anderen
 

Matthias75

SILBER - Mitglied
Hallo,
ich wollte mal fragen, wovon euer Berufsalltag denn geprägt ist. Ich studiere im MINT-bereich und interessiere mich für eine PA Ausbildung. Im Gegensatz zu Volljuristen machen PAs aber keine Verhandlungen vor Gericht. Da frage ich mich nun, ob man dann "bloß" Beratungen und Anträge macht. Ich würde es nämlich vermeiden wollen, dass ich den ganzen Tag dabei bin, Dokumente auszufüllen.

Dann würde mich noch interessieren, welche Art Erfindungen ihr am meisten habt. Sind das spannende Innovationen oder kleinschrittige Abänderungen an Geräten? Oder wie muss man sich das vorstellen?
Standardantwort eines Juristen: Das kommt darauf an. ;-)

Was verstehst du unter "bloß Anträge und Beratung"?

Gerade die Beratung kann spannend und abwechslungsreich sein. Es geht ja nicht nur um juristische Sachverhalte, sondern vor allem auch um die Technik, die es zu schützen geht und darum, wie diese bestmöglich zu schützen ist. Das ist in den meisten Fällen schön mehr als ein bisschen juristische Beratung. Du musst dich in die Technik einarbeiten und dann zusammen mit dem Erfinder/Mandanten die für ihn ideale Lösung zum Schutz dieser Technik finden. Letzteres umfasst natürlich auch die patentrechtliche Beratung aber auch die richtige Formulierung einer Patentanmeldung. Schlussendlich bist du als Patentanwalt dafür verantwortlich, die Technik bestmöglich zu schützen, also nach der Beratung des Mandanten eine eine Patentanmeldung zu schreiben und diese bestmöglich durch das Prüfungsverfahren zu bringen.

Auch das "Anträge schreiben" ist ja nicht so, dass du nur standardisierte Formulare ausfüllst an die Ämter schickst. So ein "Patentantrag" ist ja z.B. kein reiner Antrag, sondern du musst eine Patentanmeldung schreiben, mit dem Mandanten abstimmen etc.. Auch im weiteren Prüfungsverfahren werden zum Teil umfangreiche Eingaben, in denen du auf technische oder juristische Sachverhalte eingehen musst. Auch hier musst du dich nicht nur patentrechtlich mit der Materie auseinandersetzen sondern häufig auch technisch, um dem Amt gegenüber entsprechend argumentieren zu können.

Das wären nur mal ein paar Anmerkungen zu "Anträge" und "Beratung". Natürlich findet das überwiegend am Schreibtisch/PC statt und davon wirst du viel Zeit für dich allein verbringen, um dich z.B. in die Technik einzuarbeiten, richtige Formulierungen zur Beschreibung oder zum Schutz dieser Technik zu finden oder die korrekte Strategie für einen Mandanten zu finden. Und natürlich wirst du auch Anträge ausfüllen oder zumindest prüfen, bevor diese zum Amt gehen. Das heißt aber nicht, dass das langweiliger Büroalltag ist.

Daneben gibt es natürlich auch Streitverfahren etc., die auch zum Alltag gehören können.

Ob und welche Tätigkeiten deinen Berufsalltag bestimmen, ob du große oder kleine Erfindungen auf dem Tisch hast und wie hoch die Reisetätigkeit ist, hängt davon ab, wie die Kanzlei aufgestellt ist und z.B. auch vom Mandantenstamm. Bei manchen Mandanten schaut man häufiger vorbei, bei manchen läuft alles elektronisch. Einige Kanzleien sind international aufgestellt, andere haben eher regionale Mandanten. Da das EPA und auch das DPMA mittlerweile auch viele Verhandlungen online machen (beim EPA mittlerweile Standard) gibt es auch weniger Gründe nach München zu reisen.

Ob ein Rechtsanwalt dagegen ständig vor Gericht unterwegs ist, kann ich nicht einschätzen. Ich vermute, bei diesen wird auch viel Arbeit im Büro stattfinden.

Falls du die Möglichkeit hast, ist ein Praktikum in einer Kanzlei sicher hilfreich, um mal einen Einblick zu erhalten, wie denn der Berufsalltag so aussieht.

M.
 
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patachon

GOLD - Mitglied
Meine Frage wäre auch, was Du Dir unter "Anträge und Beratung" vorstellst. Du wirst Formblätter und ähnliches eher selten oder nebenbei machen, das ist vor allem Aufgabe der Fachangestellten.
Beratung - ja, auch, aber nimmt selten den größten Teil des Jobs ein, höchstens vielleicht, wenn man sehr viel mit Einzelerfindern und Kleinunternehmen zu tun hat oder in komplexen Verletzungsverfahren sitzt.

Schau Dir doch einfach mal ein Patent an, wie das geschrieben ist. Das machen Patentanwälte.
Du bekommst vom Erfinder eine mehr oder weniger umfangreiche Erfindungsmeldung - das kann eine halbe Doktorarbeit sein, aber auch manchmal nur eine Zeichnung. Daraus schreibst Du dann eine Patentanmeldung, unter Berücksichtigung aller rechtlichen Kenntnisse. Daraus soll ja zum einen eine formal zulässige, erteilbare Patentanmeldung werden, zum anderen soll das Ding so geschrieben sein, dass es später gegen einen potentiellen Verletzer durchsetzbar und etwas wert ist.
Wenn die Patentanmeldung eingereicht ist, geht es vor den Ämtern weiter. Das sind im wesentlichen technische und rechtliche Diskussionen zu der Anmeldung, die meistens darum gehen, ob es das ganze nicht irgendwo, irgendwann im sogenannten Stand der Technik doch schon mal gab. Dazu noch die Diskussion, ob alle formalen Anforderungen erfüllt sind (klar genug, alles drin, was drin sein muss, ...) Dieser schriftliche Austausch kann kurz und einfach oder lang und komplex sein.
Wenn das Patent irgendwann erteilt ist, dann gibt es noch Einsprüche, Nichtigkeitsverfahren, je nach Kanzlei auch Verletzungsverfahren. Jetzt wird es ein bisschen anders, weil jetzt nicht mehr das Amt gegenübersitzt, sondern eine Gegenpartei - es bleibt aber zwangsläufig alles immer auch technisch.

Ja, definitiv ein Schreibtischjob. Wie oft man zu einer Verhandlung oder gar einem Gerichtsverfahren kommt, hängt ein bisschen von der Ausrichtung der Kanzlei ab, das kann von einmal im Jahr bis öfter reichen. Sonstige Gespräche führt man vor allem mit Mandanten oder Erfindern, z.B. um zu verstehen, was man da schreiben soll. Wenn man nicht gerade stark in Verletzungsverfahren eingebunden ist, wird >90% Deiner Arbeit alleine an Deinem Schreibtisch stattfinden. Reisen - früher mal sind wir noch öfter nach Den Haag zum EPA, das hat sich aber mit Einführung der Videokonferenzen erledigt. Die meisten Patentanwälte reisen vermutlich eher wenig, abgesehen von Partnern, die dann wieder zu Konferenzen und ähnlichen Händeschüttelveranstaltungen auf Mandantenfang gehen.

Schreibst Du gern Texte? Beschreibst Du gern technische Dinge und bist gut darin? Liebst Du exakte logische Argumente? Lernst Du gern was komplett neues in kurzer Zeit? Wenn ja, schau Dir das alles doch mal genauer an. Aber das wird 99% Deines Berufsalltags sein.
edit: Vergleich zu Rechtsanwälten? Im Leben möchte ich kein Rechtsanwalt sein. Aber sonst hätte ich wohl auch nicht Physik studiert. Ich liebe diese Verbindung aus Technik und Argumentation. Ich liebe es, jeden Tag was neues auf den Tisch zu kriegen, von dem ich noch nie gehört habe. Ich finde jedes Patent-Gerichtsverfahren spannender als alles, was Rechtsanwälte machen. Und diese Verfahren finde ich wesentlich komplexer als die meisten sonstigen Gerichtsverfahren, in denen ich schon Einblick hatte (und auch den Technik-Teil spannender als den reinen RA-Teil, der je nach Verfahren mit drin ist). Für mich ist die Verbindung aus Technik und Recht das, was es spannend macht.
 
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