DE Beglaubigung der Übersetzung von Anmeldungsunterlagen (§ 35a PatG iVm § 14 PatV)

Hans35

*** KT-HERO ***
Entsprechend §35a PatG können beim DPMA die Anmeldungsunterlagen in einer anderen Sprache als Deutsch abgefasst sein. In diesem Fall gibt es eine Frist für das Nachreichen einer deutschen Übersetzung (3 bzw.9 Monate). Für diese Übersetzung gilt, dass sie gem. § 14 Abs. 1 PatV von einem Rechtsanwalt oder Patentanwalt beglaubigt oder von einem öffentlich bestellten Übersetzer angefertigt sein muss.

Der juristische Senat des BPatG war nun zu der Auffassung gelangt, § 14 Abs. 1 PatV sei - zu mindest für den Fall der Anmeldungsunterlagen - wegen Verstoß gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nichtig und daher nicht anzuwenden (BPatG, GRUR 2019, 434 - Druckstück).

Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde der Präsidentin des DPMA hatte nun Erfolg (BGH X ZB 4/19 vom 14.7.2020); § 14 Abs. 1 PatV ist also weder verfassungswidrig noch nichtig.

Für besonders bemerkenswert halte ich hier die Absätze 50 und 51 der BGH-Entscheidung:
Dass die Übersetzung einer fremdsprachigen Patentanmeldung anspruchsvoll sein kann, ändert entgegen der Auffassung des Patentgerichts nichts an der grundsätzlichen Eignung der in § 14 Abs. 1 PatV aF geregelten Anforderungen an eine Übersetzung zur Erreichung des für die Prüfung der Anmeldevoraussetzungen erforderlichen Qualitätsstandards. Bei einer von einem öffentlich bestellten Übersetzer gefertigten Übersetzung kann schon aufgrund dessen beruflicher Qualifikation erwartet werden, dass die Übersetzung den nötigen Qualitätsanforderungen genügt. Aber auch der Beglaubigung einer Übersetzung durch einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt kann die grundsätzliche Eignung zur Qualitätssicherung der Übersetzung nicht abgesprochen werden, da diesem Personenkreis die Bedeutung der Übersetzung im Prüfungsverfahren und die damit verknüpften Anforderungen aufgrund der fachlichen Qualifikation vertraut ist.

Dass eine Falschbeurkundung nicht unmittelbar mit einer Sanktion belegt ist, lässt die Eignung einer Beglaubigung zur Qualitätssicherung ebenfalls nicht grundsätzlich entfallen. Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht, kommt Rechtsanwälten und Patentanwälten als unabhängige Organe der Rechtspflege eine Vertrauensstellung zu (§ 1 BRAO und § 1 PAO). Sie unterliegen der Verpflichtung, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben (§ 43 BRAO und § 39 PAO).​
Ich verstehe diese Absätze so, dass der beglaubigende Rechts- oder Patentanwalt nicht selbst die Qualität der Übersetzung verantworten, sondern den Anmelder nur über die ggf. eintretende Folgen einer fehlerhaften Übersetzung aufklären muss. Wie gut er die Sprache der Anmeldungsunterlagen beherrscht (oder ob überhaupt) spielt dafür offenbar keine Rolle.
 
Zuletzt bearbeitet:

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

wenn er die Übersetzung beglaubigen will, muss er zumindest glauben, dass sie korrekt ist.
Falls er die involvierten Sprachen nicht beherrscht und sich auch nicht sicher ist, dass der Übersetzer die Sprachen und die in dem Fachbereich gebräuchlichen Termini beherrscht und seine Übersetzungen fehlerfrei sind, hätte ich meine Probleme damit, eine Beglaubigung als gewissenhafte Berufsausübung zu bezeichnen.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Ich sehe hier zwei unterschiedliche Probleme:


Das eine, mit dem sich die Entscheidung befasst, ist die Frage ob das Amt eine Beglaubigung der Übersetzung verlangen darf. Das ist bejaht worden. Anscheinend war dabei diskutiert worden, ob man einer Beglaubigung glauben kann, wenn eine "fehlerhafte" nicht irgendeiner Strafe unterliegt; das ist auch bejaht worden.


Das sagt aber nicht zwingend etwas über das andere Problem, die Folgen einer "fehlerhaften" Beglaubigung aus. Sie wird jedenfalls nicht von Amts wegen sanktioniert. Wenn aber aus einer beglaubigten, jedoch fehlerhaften Übersetzung dem Anmelder ein Rechtsnachteil entsteht, ist dafür möglicherweise der beglaubigende Anwalt haftbar (insbesondere wenn er, wie Gerd erwähnt, die betroffenen Sprachen nicht hinreichend beherrscht).
 

Fip

*** KT-HERO ***
Den Satz in Rn. 49 der BGH-Entscheidung, nämlich (Hervorhebung und Anmerkung diesseits)

"Mit der Beglaubigung erklärt derjenige, der sie vornimmt [man könnte ergänzen: oder aufgrund eigener Sprachkenntnisse zu überprüfen befähigt ist], dass die Übersetzung nach seinem besten Wissen eine richtige und vollständige Übertragung der fremdsprachigen Unterlagen in die deutsche Sprache darstellt."

sollte sich jeder (Patent-)Anwalt hinter die Ohren schreiben.

Wenn ein (Patent-)Anwalt nun mal z.B. kein koreanisch spricht, dann ist m.E. schon die Tatsache, dass der (Patent-)Anwalt überhaupt unter eine deutsche Übersetzung einer ursprünglich auf koreanisch eingereichten Übersetzung seine Unterschrift setzt, ein berufsrechtswidriges Verhalten.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
"Mit der Beglaubigung erklärt derjenige, der sie vornimmt, dass die Übersetzung nach seinem besten Wissen eine richtige und vollständige Übertragung der fremdsprachigen Unterlagen in die deutsche Sprache darstellt."
Woher er sein "Wissen" bezieht, ist Sache des Vertrauensverhältnisses des Anwalts zu seinem Mandanten. Der mag ja (in diesem Beispiel) einen Koreanisch-Muttersprachler dafür extra beschäftigen.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Woher er sein "Wissen" bezieht, ist Sache des Vertrauensverhältnisses des Anwalts zu seinem Mandanten. Der mag ja (in diesem Beispiel) einen Koreanisch-Muttersprachler dafür extra beschäftigen.

Ich weiß, dass es hierzu unterschiedliche Meinungen gibt. Aber genau das, was Du beschreibst, halte ich (streng genommen) für berufsrechtswidrig. Gerade aus berufsrechtlicher Sicht ist die Frage nicht auf "eine Sache des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant" zu reduzieren. Der (Patent-)Anwalt nimmt als Organ der Rechtspflege sozusagen eine Art öffentliche Garantenstellung ein, deren Funktion sich nicht nur im Mandantenverhältnis erschöpft, sondern auch die Funktion hat, für das Amt und die Öffentlichkeit sicherzustellen, dass die Übersetzung korrekt ist.

Nimmt man das BGH Zitat wörtlich, dann verlangt dieses, dass derjenige, der die Übersetzung vornimmt, sie nach seinem besten Wissen bestätigt. Ein Anwalt, der die Übersetzung seines (im Beispielfall koreanischen) Mitarbeiters bestätigt, bestätigt damit nicht eine Übersetzung, die er selbst vorgenommen hat, sondern die eines Dritten.

Aber klar ist natürlich auch: Am Ende wird es in so einer Sache keinen Kläger und damit auch keinen Richter geben. Eine vertiefende Diskussion wird daher nicht weiterführen, nicht zuletzt auch, weil die Meinungen, die es hierzu gibt, sich unversöhnlich gegenüberstehen dürften.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Aber klar ist natürlich auch: Am Ende wird es in so einer Sache keinen Kläger und damit auch keinen Richter geben.
Na ja, wenn der Anwalt reingelegt wurde, indem sich nach der Offenlegung herausstellt, dass die x-sprachigen Unterlagen sich als Anleitung zum Bombenbau (oder gar als Schlimmeres) erweisen und der Link auf die Akte im Land der x-Sprache entsprechend in "interessierten Kreisen" verbreitet wird, dann wird der Anwalt schon ein Problem bekommen. Ich denke, letztlich ist es wirklich Vertrauenssache, und dem Anwalt sollte bewusst sein, dass sich das DPMA auf die Beglaubigung verlassen muss. Eine weitere "Brandmauer" gibt es an dieser Stelle nicht.

Eine einfach nur mangelhafte oder schlechte Übersetzung hat jedoch m.E. keine Konsequenzen, die nicht durch eine (nicht zu beglaubigende) Berichtigung vor der Offenlegung behoben werden können. Ab der Offenlegung können natürlich sofort die Rechte nach § 33 PatG u.ä. betroffen sein.
 
Zuletzt bearbeitet:

Fragender

GOLD - Mitglied
...

Eine einfach nur mangelhafte oder schlechte Übersetzung hat jedoch m.E. keine Konsequenzen, die nicht durch eine (nicht zu beglaubigende) Berichtigung vor der Offenlegung behoben werden können. Ab der Offenlegung können natürlich sofort die Rechte nach § 33 PatG u.ä. betroffen sein.

Unter der Voraussetzung, dass der Fehler gefunden wird! Wenn der Anspruchsgegenstand sinnlos wird, ist das kein Problem (außer, dass dann im Erstbescheid Ausführbarkeit, unzulässige Erweiterung und nicht-wirksame Priorität auftauchen, was den Anmelder irritieren könnte). Viel gefährlicher sind die Fälle, in denen eine scheinbar sinnvolle Übersetzung vorliegt, aber dennoch eine Erweiterung oder gar ein aliud vorliegen. Da ist es dann reine Glückssache, ob der Prüfer (oder sonst jemand) die falsche Übersetzung bemerkt (bei englischsprachiger Einreichung - bei allen anderen Sprachen wird es noch schwieriger). Im Einspruch oder gar der Nichtigkeitsklage könnte es dann interessant werden - und womöglich auch für die Versicherung...

Eine Studie, wie viele Patente aufgrund Übersetzungsfehlern mit unzulässiger Erweiterung erteilt werden, wäre mal interessant - aber leider zu aufwändig.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Genau das ist aber der entscheidende Punkt, über den der Patentanwalt den Anmelder aufklären muss, wenn dieser die Beglaubigung benötigt. Wenn niemand da ist, der etwaige Übersetzungsprobleme identifizieren kann, dann ist das halt so, und der Anmelder muss sich darum kümmern, wenn er seine Anmeldung nicht gefährden will.

Der Patentanwalt ist sicher kein geprüfter Übersetzer für alle Sprachen der Welt, und der Anmelder muss auch nicht "auf Teufel komm raus" einen Patentanwalt finden, der persönlich die benötigten Sprachkenntnisse hat.
 
Oben